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Kunst macht frei

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14.11.2005
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Kunst macht frei

Er hat zwar keine Ahnung mehr, wer Edward George Bulwer-Lytton genau war, aber vor dem Spiegel stehend kommt Daniel sein Lieblingszitat in den Sinn. »Die Feder ist mächtiger als das Schwert.« Eigentlich ein Satz für die Ewigkeit.
Über die Jahrhunderte hat die Feder über das Schwert gesiegt, den Kampf gegen die Tastatur aber sang- und klanglos verloren. Wenn Kunst dazu auserkoren ist, die Welt zu verbessern, stellt sich zweifellos die Frage, was mit ihr passieren würde, sobald das Ziel erreicht ist. Gibt es im Paradies Bücher?
Der Professor hat sie gelehrt, dass Kunst frei macht, aber nicht bloß dem Selbstzweck dienen soll. Kunst ist nie verkehrt, wenn sie etwas ausdrückt. Kunst hat immer ihre Daseinsberechtigung, wenn sie die Menschen zum Nachdenken herausfordern kann.

Das klingt nach edlen Motiven, auch wenn sie Kunst über die Kunst definieren – der Kern zählt. Und der hat Daniel irgendwie hierher geführt. Vor dem Waschbecken stehend schaut er in das Sammelsurium aus Wasser, Schweiß und Panik, die ihm im Gesicht stehen. Er musste noch nie vor Publikum sprechen, geschweige denn alleine auftreten, und doch hat es ihn auch am heutigen Termin des allmonatlichen Literatur-Zirkels seiner Fachschaft verschlagen. Thema heute: »Eigene Werke«.

Standen bei den letzten Treffen dieser Art noch Lesungen der großen Dichter und Denker wie Goethe und Grass im Vordergrund, sind nun die wirklich wichtigen Ergüsse am Zug, und Daniel hat sich gefragt, warum man sich an alten Schinken derart aufgeilen soll. Schiller ist toll, ja, und dieses Genie der Schreibkunst zu zitieren, beeindruckt ganz sicher irgendwelche Erstsemester-Girlies, aber einen selbst bringt das keinen Schritt weiter. Nein, letzten Endes zählen nur die eigenen Werke, seine hausgemachten Gedanken, der persönliche Versuch, die Welt zu verändern.

In dieser seltsamen Kombination aus Studentenkneipe, Café und Swingerclub wird er der Erste sein, der auf die Bühne tritt. Max kommt in den Waschraum und fragt, ob sein Schützling soweit sei. Daniel nickt, macht aber keine Anstalten, sich vom Fleck zu bewegen. »Kannst Du mir noch eine Cola bringen?« fragt er Max. Wortlos zieht dieser wieder von dannen und verschwindet zurück im wirren Durcheinander von gut drei Dutzend Anwesenden. Zusätzliche Sekunden zur emotionalen Einstimmung, bis es kein Zurück mehr gibt.
Max bringt ihm die gewünschte Cola. »Hier, mein Freund«, sagt er, »ich kündige Dich in einer Minute an. Halt Dich bereit!«

Daniel leert das Glas in einem Zug, und die Meute im Nebenraum ist mit einem Schlag andächtig still, als sei ihr der Herrgott höchstselbst erschienen. Er kann nur vermuten, dass dem nicht so ist, und erlangt Gewissheit, als Max laut rufend den ersten Autor des Abends auf die Bühne bittet. »Daniel, hier wartet Dein Publikum.«
Ein letzter Blick in den Spiegel, ein plötzliches Phantom-Gefühl sich anbahnender Diarrhoe. Er geht die Checklist durch – Selbstzweck? Nein. Ausdruck? Wahrscheinlich. Nachdenken? Erwünscht. –, atmet noch einmal tief durch und betritt dann den Hauptraum.

Die ruhige Atmosphäre ist einem Flüstern und Kichern gewichen, aber das tut Daniels Konzentration keinen Abbruch. Er schreitet wie ein Oscar-Gewinner auf die Bühne zu und blickt in neugierige Gesichter. Sein Laudator macht Platz und zieht sich zurück.
Nun steht Daniel ganz alleine im schalen Scheinwerfer-Kegel. Seine Angst spürt er bis in die Haarspitzen, aber das kann er geschickt überspielen. Er zittert nicht, und wenn er es täte, dann nicht, weil er befürchtet, dass sein Werk nicht als solches akzeptiert wird, viel eher macht ihn einfach die Menge nervös. »Du musst das Publikum für Dich gewinnen«, hat seine Mutter ihm mit auf den Weg gegeben, »Du musst Selbstsicherheit ausstrahlen und den Leuten Honig ums Maul schmieren«. Wenn er eins an der Uni gelernt hat, dann ist es abgrundtief höfliches Schleimen.

»Hallo, Welt«, beginnt Daniel.
»Hallo, Daniel« ertönt zurück. Verhalten, aber nicht unfreundlich.
»Jetzt stehe ich also vor Goethes Erben, wenn man so will, vor der intellektuellen Zukunft unserer Gesellschaft.« Die Mehrheit des Publikums lässt plötzlich einen Hauch von Stolz in den Augen aufblitzen, als hätte der Nachwuchs gerade ein Bäuerchen gemacht. »Da ist es natürlich nicht einfach, das passende Stück auszuwählen. Aber ich habe etwas Adäquates gefunden. Es trägt den Titel: ›Negation elitärer Konventionen‹« Daniel beugt sich recht weit nach vorne, holt ganz tief Luft, vernimmt einen wohlklingenden Applaus. Und Bruchteile, nachdem das Geklatsche versiegt ist, gibt er sein Werk zum besten. Die Cola hat ihren Zweck erfüllt. Daniel rülpst einmal quer über die Bühne, dass man denken könnte, er muss sich gleich übergeben. Eine Minute später steht er bereits vor dem Lokal. Alleine.

Zu behaupten, dass Daniel heute die Welt verbessert habe, ist sicherlich überzogen. Vielleicht aber auch nicht. Zumindest hat er seine eigene Welt verändert. Sein Professor hatte Recht: Kunst macht frei. Frei genug, einen Abend im Monat etwas Sinnvolleres zu tun.

 
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Hallo Meddin,

deine Geschichte hat mir leider nicht so dolle gefallen. Ein Grund dafür findet sich in der Grundidee deiner kg. Künstlerschelten können originell sein, kommen in der Regel aber eher platt daher. Letzteres empfinde ich auch bei deinem Text so.
Das mögen ja fpr den einen oder anderen Leser recht clevere Gedanken sein, die du da philosophisch zum Besten gibst, für meinen Geschmack ist das zu beliebig und nicht zu Ende gedacht.
Bereits dieser Absatz macht es mir schwer, mich auf den Ton der Gedanken einzulassen

Über die Jahrhunderte hat die Feder über das Schwert gesiegt, den Kampf gegen die Tastatur aber sang- und klanglos verloren. Wenn Kunst dazu auserkoren ist, die Welt zu verbessern, stellt sich zweifellos die Frage, was mit ihr passieren würde, sobald das Ziel erreicht ist. Gibt es im Paradies Bücher?
den ersten Teil kann ich nicht anders als einen müden Gag auffassen, geht es doch nicht um die Feder an sich, sondern um das Schreiben, sowas nennt man auch Metapher ;)
Zudem finde ich den Gedanken unreif, dass Kunst dazu auserkoren sein soll, die Welt zu verbessern. Das ist nicht der Auftrag der Kunst. Alles, was sie vermag, ist die Welt zu spiegeln.
So kann ich auch mit Ende der Gedanken nichts anfangen. Das ist wieder ein müder Gag, der im Kontext wenig Daseinsberechtigung findet.

Der Professor hat sie gelehrt, dass Kunst frei macht, aber nicht bloß dem Selbstzweck dienen soll. Kunst ist nie verkehrt, wenn sie etwas ausdrückt. Kunst hat immer ihre Daseinsberechtigung, wenn sie die Menschen zum Nachdenken herausfordern kann.
Gut, das sagt dein Professor und darüber gibt es verschiedene Ansichten, aber dennoch finde ich das ganz schön platt hingewischt. Auch wenn Kunst sich selbst genügt, drückt sie etwas aus. Da stimmt dein Gedanke also nicht so recht.
Das klingt nach edlen Motiven, auch wenn sie Kunst über die Kunst definieren – der Kern zählt. Und der hat Daniel irgendwie hierher geführt
was sind die edlen Motive? Was ist der Kern? Das wird nicht deutlich. Das sind alles leere Phrasen.
Wahrscheinlich willst du zum Ausdruck bringen, dass Daniel die Leute zum Nachdenken anregen will?
Mit seiner Rülpseinlage kommt er da zumindest zu spät. Das haben die Dadaisten schon lange vor ihm gewagt. Insofern schafft er es vielleicht zu einem Ärgernis. Viel Reflektion wird er damit kaum auslösen können.

Der resumierende Schluss der kg bleibt mir übrigens auch ein Rätsel.

Klar, diese Gedanken sind die deines Prots, von daher haben sie ihre Berechtigung. Ich wollte dir nur aufzeigen, weshalb ich damit wenig anfangen kann.
Auch vom Schreibtechnischen finde ich den Text nch stark ausbaufähig. Insbesondere solltest du dir mal deinen Umgang mit Persoalpronomen angucken. Oft sprichst du von sie, aber es ist nicht klar, wen oder was du meinst.

Wortlos zieht dieser wieder von dannen und verschwindet zurück im wirren Durcheinander von gut drei Dutzend Anwesenden. Zusätzliche Sekunden zur emotionalen Einstimmung, bis es kein Zurück mehr gibt
das geht ja mal so gar nicht. Lies dir das noch mal durch ;)

grüßlichst
weltenläufer

 

Guten Abend, Maddin.com,

Kunst kommt von Können. Wenn es von Wollen kommt, ist es Wulst.

Dein Held fabriziert da also Wulst der sinnlosesten Sorte. Weder schockiert er das Publikum, noch regt er es zum Nachdenken an. Er macht sich nur lächerlich, macht sich zum Depp, brüskiert vielleicht noch denjenigen, der ihn eingeladen hat, beweist schlechten Geschmack nebst schlechten Manieren und fliegt dann raus (nehme ich an). Und vorher räsonniert er fade über Kunst und hat Lampenfieber. Was für ein Waschlappen!

Gut, vielleicht nimmt er das in Kauf. Wollte das so, fand es wichtig, meinetwegen. Aber warum ist er da überhaupt hingegangen, möchte ich wissen? Er hätte ja auch tanzen oder Skat spielen können. Wandern. Turnen, Frauen anbaggern, was weiß ich, das Sinnvolle aus dem letzten Satz, und zwar in Gesellschaft, die ihm zusagt. Er wollte doch nicht ernsthaft mit einem Rülpser die Welt verändern?

Aus der Geschichte geht nicht klar hervor, ob Du Autor das Verhalten Deines Helden gut oder doof findest. Daß ich es doof finde, muß auch nicht heißen, daß die Geschichte schlecht ist, sie ist ganz ordentlich geschrieben, und wenn mein Humor ganz anders wäre, fände ich sie vielleicht witzig.

Wenn The Who ihre Gitarren nach dem Auftritt zerdepperten, nannte man das "Sichtbaren Konsum". Umstritten, zweifellos, wenn man bedenkt, daß das Herstellen von Gitarren Arbeit ist und es haufenweise Menschen gibt, die sich keine Gitarre leisten können und denen man die Gitarren stattdessen hätte schenken können. Trotzdem hatten The Who eine ganz andere Berechtigung zum Instrumentenzerdeppern, denn vorher hatten sie ordentlich darauf gespielt, konnten also was.

Ob Daniel was kann, weiß ich nicht. Ich bezweife es. Er kennt ein Zitat, das fast jeder kennt, er schwafelt über Schiller und Weltveränderung und hat eine Fachschaft mit Literatenzirkel, das heißt aber rein gar nichts. Er hält sich aus irgendeinem Grund für befugt oder beauftragt, in einer Szene mitzumischen, die ihn gleichzeitig langweilt und auf die er heruntersieht. Nagut naja.
Vielleicht war der Colarülpser sein erstes eigenes Werk. Rrrespekt!

Vor einem Literatenpublikum auf der Bühne zu rülpsen ist weder revolutionär noch originell, egal wie doof das Publikum ist. Das ist pubertär und peinlich, die stillose Tat eines gelangweilten Milchbubis und geistigen Habenichts (3 Cola! Und "Hallo, Welt!" Wie öde. Live und wortlos drei Liter Bier zu kippen und gleichzeitig zu kotzen oder in drei Minuten 20 trockene Brötchen zu fressen, das wären wenigstens Künste gewesen, die man vorher üben muß, die nette Auflockerung eines öden Abendprogramms, wenn auch nicht weniger dämlich).

Eventuell wolltest Du ja genau das dem Leser verdeutlichen. Das Publikum war nicht ganz so doof, sonst hätte es geklatscht und gesagt: "Wow, das hat uns wirklich zum Nachdenken angeregt! Welcher Mut!" etc. Stattdessen steht er alleine draußen, weil Thema verfehlt und doof. Damit war doch hoffentlich wirklich Rauswurf und nicht etwa glamouröser Abgang des unverstandenen Lone Wolf gemeint?

Was will ich eigentlich sagen? Der Schreibstil ist nicht atemberaubend, aber auch nicht schlecht. Die Absicht der Geschichte wird mir nicht klar, aber Dein Protagonist, das ist genau so eine Type, die ich ansehe und schnell wieder weggucke, damit ich nicht vor Überdruss und Langeweile meine gute Erziehung vergesse.
Ein Rotzlöffel, der einem die Atemluft aufbraucht und die Zeit verschwendet, so empfand ich ihn. Nervtötend, dümmlich, zur Nebensächlichkeit verdammt und nichtssagend, dabei aber der Meinung, er habe etwas zu sagen, gar eine Botschaft an die Welt womöglich. Ein Abwinker auf der ganzen Linie.

Sahst Du ihn auch so? Dann: Kompliment. Selten habe ich mich über einen Protagonisten mehr geärgert. Und gleich werde ich ihn lustvoll vergessen.

Aber ich weiß nicht, ich weiß nicht, ich weiß nicht. Ich ahne Schreckliches.
Ich ahne, daß man Daniel hätte verstehen und mit ihm sympathisieren sollen. Daß die Geschichte den Leser kritisch über Literatur und Literaten oder gar generell über Kunst hätte nachdenken lassen sollen.
Das wäre dann bei mir hiermit ungeheuerlich danebengegangen.

Freundliche Grüße!
Makita.

 
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Guten Abend zurück,

bevor ich mit meiner eigentlichen Antwort beginne, will ich vor allem einen Satz zitieren, der mich - entschuldigt bitte die Ausdrucksweise - tierisch ankotzt.

den ersten Teil kann ich nicht anders als einen müden Gag auffassen, geht es doch nicht um die Feder an sich, sondern um das Schreiben, sowas nennt man auch Metapher ;)
Es tut mir Leid, vor allem, falls Ihr nun denkt, ich sei absolut unempfänglich gegenüber Kritik, aber diese gerade von weltenläufer an den Tag gelegte Arroganz geht mir sowas von gegen den Strich, dass ich ins Essen brechen könnte.
Finde meine Geschichte scheiße, zeige mir Fehler auf, weise mich auf No-Go's hin, auf nicht konsequent zu Ende gebrachte Gedanken, meinetwegen auch auf schlampige Ausführungen, aber bitte erkläre mir nicht, was eine Metapher ist bzw. den Sinn des o.g. Zitats. Ich sage Dir auch nicht, dass Du nicht gegen den Wind pissen sollst.

Wahrscheinlich war das nur ein "müder Gag" Deinerseits, aber sich schlichtweg verarscht zu fühlen (und das hast Du in Kauf genommen), ist eine denkbar schlechte Voraussetzung für eine konstruktive Diskussion, und den Schuh ziehe ich mir nicht alleine an, nur weil ich gerade derjenige bin, auf dessen Schlips getreten wurde.

Gute Kritiker sollten auch gute Pädagogen sein, aber durch diesen schlechten Stil verliere ich einfach gänzlich die Lust an kg.de. Für Dich wahrlich kein großer Verlust, aber darüber hinaus einfach unnötig wie ein Kropf.

Nichtsdestotrotz hast Du Dir Gedanken gemacht und mir eine ausführliche Rückmeldung gegeben, und darum verdienst Du selbstredend auch eine Antwort.

Das mögen ja fpr den einen oder anderen Leser recht clevere Gedanken sein, die du da philosophisch zum Besten gibst, für meinen Geschmack ist das zu beliebig und nicht zu Ende gedacht.
Bereits dieser Absatz macht es mir schwer, mich auf den Ton der Gedanken einzulassen

den ersten Teil kann ich nicht anders als einen müden Gag auffassen, geht es doch nicht um die Feder an sich, sondern um das Schreiben, sowas nennt man auch Metapher ;)

Es ist als Gag gedacht gewesen, ja, schade, dass es bei Dir nicht so angekommen ist. Man muss nicht immer absolut tiefgründige Dinge zum Besten geben, manchmal ist es auch vollkommen legitim, ein wenig mit der Sprache zu spielen. Es war ein Wortspiel. Die philosophische Komponente war eher ein Beibrot, nicht in dieser Form beabsichtigt, aber wahrscheinlich erscheint der "Gag" dadurch erst recht als Stilbruch und ging deshalb voll in die Hose.

Zudem finde ich den Gedanken unreif, dass Kunst dazu auserkoren sein soll, die Welt zu verbessern. Das ist nicht der Auftrag der Kunst. Alles, was sie vermag, ist die Welt zu spiegeln.
Ich denke nicht, dass es unreif ist. Antquiert und/oder idealistisch passen meines Erachtens besser. Im Idealfall ist es so, dass eine Geschichte, ein Bild oder ein Lied einen Stein ins Rollen bringen und eine Welle der Begeisterung beschwören können. Ist selten der Fall, aber nicht gänzlich unmöglich.
Ich persönlich sehe Kunst übrigens in welcher Form auch immer vor allem in der Pflicht, zu unterhalten. Der Rest fällt unter "Zugabe".

Gut, das sagt dein Professor und darüber gibt es verschiedene Ansichten, aber dennoch finde ich das ganz schön platt hingewischt. Auch wenn Kunst sich selbst genügt, drückt sie etwas aus. Da stimmt dein Gedanke also nicht so recht.
Mein Gedanke war das Klischee eines kunstverliebten Professors, der lose Regeln formuliert ("platt", wie Du sagst), um sich selbst in ein gutes Licht zu rücken und seine Studenten beim Erschaffen ihrer Werke jeglicher Art nicht zu überfordern. Ich bin weder Daniel, noch dessen Professor, der übrigens auch nicht mein eigener ist. Sollte einem geübten Leser eigentlich klar sein. (Oder ich habe Dich falsch verstanden.)

was sind die edlen Motive? Was ist der Kern? Das wird nicht deutlich. Das sind alles leere Phrasen.
Jop. Leere Phrasen, inhaltlose Plattitüden, die mir selbst aus den Ohren wieder rauskommen. Die Kernaussage kommt scheinbar wirklich nicht zum Tragen, aber dahinter steht: "Jeder kann ein Künstler sein." Überhaupt nicht meine Meinung, sondern die des Professors, der damit bei einem Jugendlichen in irgend einer Form Eindruck geschindet hat.

Wahrscheinlich willst du zum Ausdruck bringen, dass Daniel die Leute zum Nachdenken anregen will?
Nein.

Mit seiner Rülpseinlage kommt er da zumindest zu spät. Das haben die Dadaisten schon lange vor ihm gewagt. Insofern schafft er es vielleicht zu einem Ärgernis. Viel Reflektion wird er damit kaum auslösen können.
Das Witzige ist in dem Zusammenhang, dass in der ersten grottig schlechten Version der Geschichte in meinem Notizblock statt des Rülpsers ein dadistisches Lautgedicht zu finden war.
Aber ich gebe Dir Recht, sein Auftritt eignet sich nicht sonderlich zur Reflexion - vielleicht aber seine gesellschaftlichen Hintergründe, die dazu geführt haben. Würde mich aber auch nicht interessieren, warum irgend so ein Arschlochkind auf der Bühne zu rülpsen anfängt. Hängt letzten Endes trotzdem davon ab, wie sehr er in den Zirkel involviert ist und wer wirklich anwesend war.

Der resumierende Schluss der kg bleibt mir übrigens auch ein Rätsel.
Mir nicht. Er interessiert sich für Kunst, fühlt sich in dem Rahmen aber einfach unwohl. Dennoch hat er aus seiner Sicht Kunst zelebriert, etwas ausgedrückt, und zwar die Kombination des Rülpsens mit dem Titel.
Das ist nicht sehr subtil, sondern die absolut post-pubertäre Holzhammer-Methode, für ihn hat es aber gepasst, er hat seine Visitenkarte abgegeben und sich gleichzeitig verabschiedet.

Auch vom Schreibtechnischen finde ich den Text nch stark ausbaufähig. Insbesondere solltest du dir mal deinen Umgang mit Persoalpronomen angucken. Oft sprichst du von sie, aber es ist nicht klar, wen oder was du meinst.
Kann ich Deinen anderen Argumenten noch folgen und großteils zustimmen, "geht das ja so gar nicht". Es werden zwei Männer mit Namen genannt, einer beim Titel, die Mutter kommt kurz vor und darüber hinaus wird nur von der Menge berichtet. Ich habe es mir auf diesen Einwand nochmal durchgelesen, und kann Dir versichern, dass es nur ein einer Stelle mit Max und Daniel nicht zu 100% eindeutig ist, wer gemeint ist (nur zu 98%), der Rest ist eindeutig.

das geht ja mal so gar nicht. Lies dir das noch mal durch ;)
Der von Dir zitierte Satz ist aber echt Bullshit und gehört verboten. Geht wirklich nicht. Schande über mein Haupt. Und das als Sohn einer Germanistin! Das kommt davon, wenn man mal eben ein Wort streicht, ein neues hinzufügt, ohne sich den Satz danach nochmal im Kontext durchzulesen. (Null Ironie meinerseits, solche Bullshitsätze gehen echt mal so gar überhaupt nicht. Passend dazu: In meiner letzten, erfolgreichen Bewerbung habe ich einen ähnlichen Bock geschossen. Kann ja passieren, aber nicht, wenn man im nächsten Absatz seine sprachliche Potenz anpreist! ;))

Dennoch danke, dass Du Dir die Mühe gegeben und mir Deine Sicht der Dinge erläutert hast. Mit Ausnahme des Ärgernisses oben und einem Punkt, der einfach nicht zutreffend ist, hast Du in fast allen Anklagepunkten Recht. Schuldig!

So, und nun weiter im Text.

Guten Abend, Maddin.com,
Guten Abend, Makita. Bitte nur Maddin. Das angehängte .com stammt aus meiner Domain und war ein fauler Kompromiss ("Maddin" schon weg), der hoffentlich beseitigt wird, sobald der Webmaster aus dem Urlaub zurück ist.

Vorab tausend Dank für die wohl kurioseste Antwort, die ich je auf einen Beitrag erhalten habe, und da bewegen wir uns im fünfstelligen Bereich.
Du magst die Geschichte nicht sonderlich, kannst den Protagonisten nicht leiden, findest einige Gedanken nicht ausreichend durchdacht, findest die Story nicht witzig und traust mir bis zuletzt zu, dass ich mit dem Typen sympathisiere (vielleicht sogar identifiziere), aber dennoch hast Du Dich in die Geschichte einfinden können und Dich sogar von Daniel ärgern lassen.

Ich hoffe, Du bist Dir im Klaren darüber, dass ich Dich nicht damit ärgern will. Ich empfinde es als großes Lob, dass Du nicht nur eine Meinung zu dem Text, sondern auch Empfindungen hast. Mir war überhaupt nicht klar, dass man den armen Nichtsnutz derart als Antihelden empfinden kann.
Und mir war nicht klar, dass jemand spontan über die Geschichte mehr nachgedacht hat als ich. Das ist ein Armutszeugnis für mich, ohne Frage, das will ich auch gar nicht schönreden.

Dein Held fabriziert da also Wulst der sinnlosesten Sorte. Weder schockiert er das Publikum, noch regt er es zum Nachdenken an. Er macht sich nur lächerlich, macht sich zum Depp, brüskiert vielleicht noch denjenigen, der ihn eingeladen hat, beweist schlechten Geschmack nebst schlechten Manieren und fliegt dann raus (nehme ich an). Und vorher räsonniert er fade über Kunst und hat Lampenfieber. Was für ein Waschlappen!
Ich frage mich, was Dich zu solch einem extremen Bild geführt hat. Dass der Junge nicht der Weisheit letzter Schluss ist, ja, aber warum siehst Du in ihm den personifizierten Versager? Woher diese extreme Wertung?

Gut, vielleicht nimmt er das in Kauf. Wollte das so, fand es wichtig, meinetwegen. Aber warum ist er da überhaupt hingegangen, möchte ich wissen? Er hätte ja auch tanzen oder Skat spielen können. Wandern. Turnen, Frauen anbaggern, was weiß ich, das Sinnvolle aus dem letzten Satz, und zwar in Gesellschaft, die ihm zusagt. Er wollte doch nicht ernsthaft mit einem Rülpser die Welt verändern?
Ich hatte im Kopf, dass er nach Hause geht und dort einfach weiter schreibt. Für sich. Die Konventionen, das Korsett ablegt, das er nur einmal kurz konterkariert hat. Er hätte es sich in der Tat sparen können, aber ich denke, dass jeder seine eigene Art hat, mit Dingen abzuschließen. Er ist mehrmals dort gewesen, konnte damit nichts anfangen, wollte dann aber mit einem großen Knall abtreten. Vielleicht ist ihm das gelungen, wahrscheinlich aber nicht. Er wollte einfach einen Grund haben, dort nicht mehr hingehen zu können, und auch wenn er (meines Erachtens) nicht rausgeflogen ist, kann er sich dort nicht mehr blicken lassen. Er hat eine Entscheidung getroffen, um in Zukunft nicht mehr mit sich kämpfen zu müssen, ob er hingeht oder nicht. Ein rückgratloses Weichei, ja.

Aus der Geschichte geht nicht klar hervor, ob Du Autor das Verhalten Deines Helden gut oder doof findest. Daß ich es doof finde, muß auch nicht heißen, daß die Geschichte schlecht ist, sie ist ganz ordentlich geschrieben, und wenn mein Humor ganz anders wäre, fände ich sie vielleicht witzig.
Doppelter Konjunktiv, ganz böse. :D
Danke für die Einschränkung, dass Du trotz des nervtötenden Charakters nicht automatisch die Geschichte schlecht findest.
Ich bin in vielen Fällen nicht der beste Geschichtenerzähler, das weiß ich selbst, aber darum versuche ich mich ja auch zwischendurch an solch kurzen Fingerübungen. Es ist übrigens überhaupt nicht mein Stil, ich schreibe derzeit nur, um mal was Neues zu probieren. Lieber 100 schlechte Sachen schreiben, als sich zehnmal zu kopieren. (Ich habe mich bisher zwar nicht kopiert, aber ich hoffe, es wird klar, was ich meine.)

Überdies: Spielt es eine Rolle, wie der Autor das Verhalten seines Prots bewertet?

Ob Daniel was kann, weiß ich nicht. Ich bezweife es. Er kennt ein Zitat, das fast jeder kennt, er schwafelt über Schiller und Weltveränderung und hat eine Fachschaft mit Literatenzirkel, das heißt aber rein gar nichts. Er hält sich aus irgendeinem Grund für befugt oder beauftragt, in einer Szene mitzumischen, die ihn gleichzeitig langweilt und auf die er heruntersieht. Nagut naja.
Vielleicht war der Colarülpser sein erstes eigenes Werk. Rrrespekt!
Ich denke, er kann mehr als rülpsen.
Ich denke, er sieht hinauf.
Ich denke, er fühlt sich dort einfach nicht "richtig".
Und davon ab denke ich, dass er einfach ein junger Bursche ist, der Fehler machen darf. Er weiß nicht so recht, wo er hingehört. Wenn er Lebenserfahrung hätte, wäre ihm die ganze Sache einfach nicht soviel Wert gewesen.

Eventuell wolltest Du ja genau das dem Leser verdeutlichen. Das Publikum war nicht ganz so doof, sonst hätte es geklatscht und gesagt: "Wow, das hat uns wirklich zum Nachdenken angeregt! Welcher Mut!" etc. Stattdessen steht er alleine draußen, weil Thema verfehlt und doof. Damit war doch hoffentlich wirklich Rauswurf und nicht etwa glamouröser Abgang des unverstandenen Lone Wolf gemeint?
Er ist einfach hinausgegangen, weil es letztlich keine Sau interessiert hat.
Also weder Rauswurf, noch Glamour, sondern einfach nur weg, raus, aus den Augen, aus dem Sinn. Er gehört dort nicht hin, das Publikum braucht ihn nicht, eine letzten Endes kurze und gütliche Trennung, und alle sind glücklich.

Was will ich eigentlich sagen? Der Schreibstil ist nicht atemberaubend, aber auch nicht schlecht. Die Absicht der Geschichte wird mir nicht klar, aber Dein Protagonist, das ist genau so eine Type, die ich ansehe und schnell wieder weggucke, damit ich nicht vor Überdruss und Langeweile meine gute Erziehung vergesse.
Ein Rotzlöffel, der einem die Atemluft aufbraucht und die Zeit verschwendet, so empfand ich ihn. Nervtötend, dümmlich, zur Nebensächlichkeit verdammt und nichtssagend, dabei aber der Meinung, er habe etwas zu sagen, gar eine Botschaft an die Welt womöglich. Ein Abwinker auf der ganzen Linie.
Wenn er so langweilig und Dir so egal wäre, würdest Du nicht derart schlecht über ihn reden. Das sind schon echt verhältnismäßig extreme Emotionen, die Du beschreibst, die ich mir in dem Maß nicht erklären kann.

Sahst Du ihn auch so? Dann: Kompliment. Selten habe ich mich über einen Protagonisten mehr geärgert. Und gleich werde ich ihn lustvoll vergessen.

Aber ich weiß nicht, ich weiß nicht, ich weiß nicht. Ich ahne Schreckliches.
Ich ahne, daß man Daniel hätte verstehen und mit ihm sympathisieren sollen. Daß die Geschichte den Leser kritisch über Literatur und Literaten oder gar generell über Kunst hätte nachdenken lassen sollen.
Das wäre dann bei mir hiermit ungeheuerlich danebengegangen.

Ganz ehrlich? Weder noch.
In dem Fall bin ich neutral. Ich kann die Beweggründe des Jungen aus seiner Sicht nachvollziehen, und ich kann verstehen, weshalb er dem Publikum mit einem Mal völlig egal ist.
Es gibt hier (für mich) keine Schwarz-Weiß-Malerei. Der Junge ist genauso wenig "schlecht" wie das Publikum "gut" oder umgekehrt, und mir sind beide im Grunde herzlich egal. Es ist eine Partnerschaft, die einfach nicht gepasst hat und die am Ende einvernehmlich geschieden wurde. Er geht und kommt nicht wieder, und der Literaturzirkel vermisst nichts und niemanden.

In dem Zusammenhang will ich aber klarstellen (es ist nur fair, das zuzugeben), dass ich mir die meisten Gedanken erst nach Lesen Eurer beiden Beiträge und beim Schreiben der Antwort gemacht habe.
In dem Fall habe ich meine Hausaufgaben nicht gemacht, wenn man so will, aber ich denke, es ist völlig in Ordnung, auch äußerst kurzweilige Geschichten in den Raum zu werfen, ohne immer ein Meisterwerk zu erwarten.

Damit der Text gut wird, muss ich ihn sicherlich u.a. in den von Euch kritisierten Punkten verbessern, aber er ist trotzdem ganz nett (wie war das? "Nett ist der kleine Bruder von scheiße"?), liest sich flüssig und bietet trotz aller "Unoriginalität" eine Wendung, mit der man nicht unbedingt rechnet.

So, und nun verschwinde ich mal langsam gen Bettchen, muss ja morgen arbeiten.

Freundliche Grüße zurück

Maddin

 

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