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Kunststoff fault nicht
Es stank nach verwesenden Materialien. Hermann wunderte sich, warum gerade an diesem Tag der Gestank so unerträglich war. Jürgen öffnete die Seitentür und winkte Hermann heran, sodass er loslief und sagte: „Hier stinkt es Alden, Jürgen, du Socke hast wieder mal einen fahren lassen, oder was?“. Jürgen schaute entnervt und erwiderte „Du bist doch bekloppt, du hättest den Job nicht annehmen müssen. Das ist das verflixte Berufsrisiko, Mann. Das war doch zu erwarten, dass es hier stinkt und irgendwann bring ich dich um, wenn du noch einmal so einen flachen Witz von dir gibst.“ Hermann schaute nach oben und sagte cool: „Die Vier ist ausgefallen.“ „Toll, der Adlerblick. Ich kümmre mich drum.“ Sie gingen durch die Tür und setzten sich an den Tisch, der sich in der Mitte des Raumes befand. Sabine, die Sekretärin und Frau für alles, stand an dem Kaffeeautomat und lächelte Hermann wild an. Der Chef saß am Kopfende des Tisches und befahl: „Hermann, du nimmst heute nicht die Fuhre um 13.45 sondern nimmst das Zeug von der Lilienstraße an, kapiert?“ „Für eine Straße einen Umweg, seit wann machen wir das denn?“, sagte Hermann überrascht. „Mach es einfach, das ist ein Befehl!“ gab der Chef zurück und fügte für Hermann unverständlich hinzu: „Umso weniger es wissen umso besser, Jürgen.“ Bevor Hermann hinausging, sah er durch das Sicherheitsglas und dachte, dass es verwunderlich ist, dass die Kunststoffsachen relativ gut erhalten sind. Als er die Tür hinter sich schloss, bemerkte er, dass die Vier gerade ansprang. Da sah er oben im Fenster Jürgen, der sich hinaus lehnte, um der Vier den Stecker richtig Reinzustecken und sagte: "Gut, jetzt stinkt es nicht mehr so, Alden.“ Und Jürgen sagte: „ Du bist ein Müllmann, du Idiot.“ Die Vier brummte laut, sodass die ganze, nach Müll stinkende, Luft restlos abgesaugt wurde.
Hermann war mit dem Müll der Lilienstraße fertig und fuhr Richtung Müllverbrennungsanlage. Das Vorhaben seines Chefs fand er sehr merkwürdig, da in der Lilienstraße nur kleine bis mittelgroße Softwarefirmen vertreten waren, die höchstens ein paar Kaffeebecher und kaputte CDs in den Müll werfen würden. Dementsprechend leer war das Müllauto, als er Richtung Verbrennungsanlage fuhr. Er bog in eine kleine Straße ein, die für Insider als begehrte Abkürzung galt, und sah, dass ein nicht unbeachtliches Polizeiaufgebot die Straße verstopfte, ja sogar das Haus belagerte. Ein dicker Polizist trug einen Computer hinaus, der in Plastiktüten gewickelt war, und ein weiterer hatte einen Sack voll mit CDs und tragbaren Festplatten. Das Haus hatte einer alten Dame gehört, das wusste Hermann, da sie den Müllmännern zu Weihnachten besonders gütige Spenden gab, wenn sie an der Haustür klingelten. Die Verwunderung über das hohe Technikaufgebot im Hause der gutherzigen Dame war schnell verflogen, als Hermann einen etwa 12-jährigen Jungen sah, der ein Notebook unterm Arm trug und aus dem Seitenfenster stieg. Der Junge schaute Hermann flehend an. Er verstand sofort und öffnete das Müllauto vorsichtig. Ehe er sich versah war der Junge in dem Einwurfschlitz verschwunden und Hermann fuhr rückwärts aus der Straße, um auf einen großen Industrieparkplatz zu gelangen.
Der Junge hatte ihm kurz und bündig erzählt, dass die „Bullen“ nur „unwichtige“ Raubkopien „holen“ wollten und, dass sein Notebook ihnen nicht in die Hände fallen dürfe. Außerdem habe er jetzt nichts mehr außer dem Notebook mit der Webcam drauf, der alles was geschieht direkt auf den Webspace des Jungens überträgt. „Jetzt bin ich fett am Arsch, Alter.“ „Auf jeden, Alden“, erwiderte Hermann. Normalerweise benutzte er diesen Ton nur, wenn er Jürgen vor sich hatte, denn Jürgen mag das Verhalten der Jugend heutzutage überhaupt nicht. Bei dem Jungen dort aber war es sicher nicht so ganz falsch diesen Ton anzuschlagen, um sein Mitgefühl auszudrücken. Dennoch kam Hermann die Sache ziemlich komisch vor und in dem Jungen schien mehr zu stecken, als nur ein kleiner Raubkopierer. Das Gefühl ließ ihn nicht los, weil er immer die Polizisten mit den Computersachen vor seinem geistigen Auge sah. Es war doch ungewöhnlich für einen so kleinen Jungen ein derart kostspieliges Equipment zu haben, es sei denn… „Bist du ein Hacker?“ fragte Hermann wie in Gedanken. Und der Junge, dessen Namen Hermann immer noch nicht wusste, erwiderte: “So sieht’s aus, Alter. Ich hab für so Fuzzis ein Virus geschrieben, dass bei Sicherheitskopien bei jedem ersten Versuch das Medium so verschlüsselt, dass die Opfer denken die CD ist kaputt und sie wegschmeißen. Warum weiß ich auch nicht, aber das Virus habe ich auf Befehl des Auftraggebers in diverse Softwarefirmen eingeschleust. Irgendwie will ich raus aus dem Deal, aber die Auftragsgeber drohen mich umzubringen wenn ich ihnen die Entschlüsselung nicht gebe.“ „Verdammt du bist genial, Alden, ein Wunderkind“, sagte Hermann, der schon längst mit dem Müllwagen in die Verbrennungsanlage gefahren war.
Jürgen schaute aus dem Fenster. Endlich war das Müllauto mit dem „Material“ da. Er stutzte, griff zu seinem Schusseisen, entsicherte…
Als er die Tür öffnete stand Jürgen schon vor ihm „Wo ist der Junge?“, sagte Jürgen und Hermann drehte sich verdattert um und sah, dass der Beifahrersitz leer war. Hermann wurde es zu heiß, denn er hatte die Waffe in Jürgens Hand entdeckt. Er rannte so schnell er konnte in das Gebäude. Dass der Junge wie vom Erdboden verschluck war, scherte ihn nicht „Schön für ihn“ dachte er sich und rannte durch die Große Verbrennungsanlage. Plötzlich fand er Sabine, die gerade ein Ventil am größten Ofen reinigte dabei stand die Nottür von der Brennkammer offen. „Sabine, ich bin am Arsch. Irgendwas stimmt hier nicht. Da ist ein kleiner Hacker, der ein bizarres Virus geschrieben hat, dass die Leute ihre Sicherheitskopien wegschmeißen lässt und Jürgen will ihn oder mich abknallen. Was haben wir denn mit der Scheiße zu tun?“ „Du Vollidiot, das hättest du dir denken können. Du hast einfach kein Kombinationsvermögen, deswegen bist du wahrscheinlich auch Müllmann geworden. Verdammt, Kunststoff fault nicht und das nutzen wir halt aus.“ „Wer bietet für die Daten Geld?“, fragte Hermann. Jürgen erschien vor dem Tor, stieß Hermann in den Ofen, warf ein getränktes Taschentuch hinterher, das brannte und sagte: „der Chef sagt das die Firma Meiko-Stoff dafür ordentlich zahlt, da sie hinter dem System das leistungsfähiger als Flingoes ist her sind, um den Quellcode in ihr eigenes System zu implantieren, oder so ähnlich war das.“ Auf einmal kam der Chef von hinten und sagte, als ob Hermann nicht da sei „Der kleine Scheißer hat sich hinten in Hermanns Wagen verkrochen und die ganzen Disks verkratzt. Das heißt, dass der Deal geplatzt ist, aber das Schlimmste ist, dass der Scheißer die Bullen bei sich zuhause angerufen hat. Die stehen schon vor der Tür. Dem Scheißer glauben die nicht, aber den Hermann müssen wir ausschalten.“ Der Chef knallte die Tür zu, Sabine gab Hermann einen Handkuss und die Flammen breiteten sich aus, als die Drei verschwanden.
Ich weiß zwar, dass der Müll verbrennt ohne das man was dazugibt, einfach nur anzünden, aber das hilft mir jetzt nicht mehr. Wenigstens hat der (heiß) Junge die Aufnahmen (heiß) der Webcam (heiß). Die Bullen (heiß) werden (heißer) besser (Heißer) kombinieren (AM HEIßESTEN) als ich. (tot)…