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Kurze Freiheit
Ruhig saß sie da. Der Lehrer war gerade dabei einen Test auszuteilen. Immer näher kam er und dann lag das Blatt auch schon vor ihr. Ihr wurde heiß. Vorsichtig senkte sie den Blick auf das Papier. Als sie sich die Aufgaben durchlesen wollte, verschwammen die Buchstaben vor ihren Augen. Konzentrieren konnte sie sich nicht und ihre Gedanken schweiften ab...
Leicht wehte der Wind durch ihr Haar und kühlte ihr warmes Gesicht. Die Augen hielt sie fest geschlossen. Mehrmals atmete sie tief durch und ihr Körper entspannte sich.
Die Hände, die sie die ganze Zeit über unbemerkt zu Fäusten geballt hatte, lockerten sich.
Dann öffnete sie die Augen.
Sie stand auf einem kleinen Berg, von dem aus sie auf die Stadt blicken konnte. Weit vor ihr lag die Schule, in der ihre Klassenkameraden gerade über einen Test ins Schwitzen kamen. Ein Lächeln huschte über ihre Lippen, denn sie stand hier oben, hatte den Stress hinter sich gelassen. Sie stand hier oben und war frei.
Nie wieder würde sie einen Test schreiben müssen. Nie wieder würde ein Lehrer mit ihr schimpfen, weil sie etwas falsch gemacht oder etwas vergessen hatte.
Ein weiterer Windhauch umschmeichelte ihren Körper und zerrte leicht an ihrer Kleidung. Die Haare wehten ihr ins Gesicht.
Sie drehte sich um. Behutsam setzte sie ihre nackten Füße auf den feuchten Boden und spürte dabei, wie das hohe Gras sie kitzelte.
Langsam verließ sie den Berg und kehrte dabei der Stadt den Rücken zu.
Das Gefühl zu gehen, das alte Leben hinter sich gelassen zu haben, war für sie einfach unbeschreiblich.
Plötzlich hörte sie Schritte. Langsam kam sie wieder zu sich. Ihr Blick klärte sich und noch immer lag der Test vor ihr. Vorsichtig griff sie nach einem Stift und fing an zu schreiben.