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Landeübungen

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10.03.2006
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Landeübungen

Als Single hat man es zuweilen schwer, sich als erfolgreicher Mensch zu fühlen. Überall, im Fernsehen, in der Werbung, auf der Straße, ja und sogar bei Familienfeiern wird einem suggeriert, dass man am besten immer paarweise auftreten sollte. Dieses Gefühl, unvollständig zu sein, kommt besonders dann deutlich hervor, wenn man alleine und ohne Freunde oder Familie in eine neue Stadt gezogen ist. Ich habe in Köln einen Ausbildungsplatz als Schneiderin bekommen und möchte einmal Modedesignerin werden. Während der Ausbildung will ich mir schon mal Geld fürs Studium finanzieren. Beruflich gesehen läuft bei mir also alles super, aber mein Privatleben ist nichts als ein armseliger Trümmerhaufen: Gescheiterte Beziehungen, Freunde, die weit weg sind, noch mehr gescheiterte Beziehungen und die Familie macht einen immer wieder darauf aufmerksam. Willkommen in meinem Leben, im Leben der zweiundzwanzigjährigen Nora.
Ich möchte kein Mitleid erzeugen, ich bin lediglich ein wenig sarkastisch, doch das ist eine Eigenschaft, die bei Männern eher selten auf der Wunschliste für potenzielle Freundinnen steht. Diese Gedanken kreisen oft durch meinen Kopf, während ich allein in meinem Zimmer sitze, genau wie an jenem schicksalhaften Tag in meinem Leben, an dem mir die Erleuchtung quasi mit dem Lichteinschalten kam. Es war Samstagabend und eigentlich sollte man dann ausgehen, Spaß haben oder noch besser verabredet sein, aber nichts davon war der Fall. Ich spielte stattdessen Flipper und nicht mal das konnte ich besonders gut. Das Ziel des Flipperspiels besteht darin, verschiedene Aufträge zu erfüllen. Ich schaffte höchstens die ersten drei Übungen, spätestens danach stürzte mein Ball ab. Doch diese drei kleinen Grundvoraussetzungen für ein funktionierendes Flipperspiel waren wirklich nicht allzu schwer, wenn es bei Beziehungsfragen doch auch nur so wäre …
Doch warum wäre? Das war die Idee! In drei Schritten zu einer Beziehung, ich brauchte nur noch ein genaueres System und am besten würde ich mich auch hierbei an dem Flipperspiel orientieren, das sich nunmehr als Orakel herausstellte. Also klügelte ich folgendes System aus:
1. Im Flipper gibt es drei Startübungen, also brauche ich höchstens drei Dates um an einen tollen Typen zu kommen.
2. Es gibt Zielübungen, in denen man achtmal die Rückstoßelemente treffen muss. Diesen Auftrag lege ich für mich jedoch folgendermaßen aus: Ich betrachte die Zielübungen als Zielübungen auf mich und nach acht Rückschlägen ist ein Typ als unpassend abzuhaken.
3. Es gibt drei Landeübungen, also habe ich mit meinen drei Startübungen auch dreimal die Chance einen Treffer zu landen und einen netten Typen an meiner Seite zu haben, ob nun eine feste Beziehung daraus wird, sei mal dahingestellt, aber immerhin würde ich dann nicht mehr so viele einsame Wochenenden verbringen müssen.
Das nächste Wochenende ließ nicht allzu lange auf sich warten und schon am folgenden Freitagabend düste ich wie ein wild gewordenes Wiesel durch die Wohnung, um ein einigermaßen vernünftiges Styling hinzubekommen. Und hier versteckt sich der Nachteil an „das nächste Wochenende ließ nicht allzu lange auf sich warten“.
Es war Donnerstag gewesen und ich hatte immer noch kein Date aufgegabelt, doch ich wollte mein neues Datingsystem nicht gleich mit einer Ausnahme beginnen, also organisierte ich in einem Chatforum ein Blind Date mit dem Erstbesten, es musste ja auch nicht gleich die Crème de la Crème der männlichen Welt sein.
Jetzt aber zurück zum Freitagabend, ich durchwühlte gerade meinen Kleiderschrank, als die urhässliche Kuckucksuhr an meiner Wand 18 Uhr schlug. Meine Oma hatte darauf bestanden, sie mir zum Abschied zu schenken und immer wenn ich einkaufen ging, fand ich tausend tollere Sachen als eine neue Wanduhr. Diese kleine Anekdote, die mir durch den Kopf schoss, erinnerte mich auch direkt an meinen letzten Einkaufsbummel, ich hatte mir ein tolles Kleid gekauft, das war das perfekte Outfit. Aber wo war es?! Ich verfiel fast in Panik, aber dann fand ich es doch noch: Es war vom Kleiderbügel gerutscht und lag zerknüllt auf dem Schrankboden, wo ich in einem Moment der Unachtsamkeit auch noch meine Turnschuhe darauf gestellt hatte. Da es auf der ganzen Welt keine Wäscherei gibt, die einem ein Kleid in 30 Minuten wäscht, verfiel ich jetzt doch in Panik. Alles, was ich daheim hatte, waren Jeanshosen und T-Shirts.
Notgedrungen zog ich eine Bluejeans und ein schwarzes Top an, als mir erneut ein kleiner Geistesblitz kam. Ich war doch beinahe Schneiderin und letztens hatte mir eine liebe Kollegin gezeigt, wie man einen Poncho strickt und mein Übungsexemplar hatte ich daheim, wenn auch unfertig, aber es war da. Ich schmiss mir das tannengrüne, fransige Ding über und peppte mein Outfit noch mit einem goldenen Gürtel auf, der locker über meinen Hüften hing. Für eine Notfalllösung gar nicht schlecht. Ich schmiss noch schnell alles, was ich zu brauchen glaubte, in meine Handtasche und sprintete aus dem Haus.
Mein Date war um 18.30 Uhr und ich musste noch Busfahren und das Restaurant finden, das er vorgeschlagen hatte, aber ich war optimistisch, dass ich nicht mehr als 15 Minuten Verspätung haben würde. Der Bus kam und ich setzte mich an einen Platz am Fenster. Draußen wurde es schon dunkel, was hieß, dass ich meine Frisur noch mal in der Scheibe begutachten konnte, wenigstens die saß perfekt, doch irgendwie sah mein Gesicht seltsam aus, so asymmetrisch. Ich neigte den Kopf von links nach rechts und als ich näher an die Scheibe rückte, merkte ich auch, woran das lag. Mein eines Auge war mit Wimperntusche und Kajal geschminkt, das andere hatte irgendwie nur Wimperntusche abgekriegt. War ich wirklich so dämlich und konnte mich nicht mal mehr schminken?! Fast, aber in diesem Fall trug meine Freundin eine erhebliche Mitschuld, sie hatte am Abend angerufen, als ich mich gerade schminkte, ich war mit einem Auge fertig gewesen, als ich zum Hörer rannte. Als wir aufgelegt hatten, widmete ich mich gleich meinem Outfit.
Na das fing ja toll an, mein Outfit war ein halbfertiges Versuchskaninchen und ich sah aus wie ein Werk von Picasso, es konnte also nur noch besser werden (ich versuche mir ein bisschen mehr Optimismus anzugewöhnen). In Gedanken notierte ich mir all die Fehler, die ich gemacht hatte, um sie nicht zu wiederholen, schließlich hatte ich noch zwei Dateversuche, falls es an dem Abend nicht klappen sollte.
Als ich das Restaurant gefunden hatte, war ich zugegebenermaßen überrascht. Ich hatte damit gerechnet, in eine Pizzeria oder einfach ein gutbürgerliches Restaurant zu kommen, aber kaum war ich durch die Tür gegangen, da fand ich mich in einem noblen Sternerestaurant wieder. Ich versuchte meine Verwunderung nicht allzu arg nach außen zu kehren, doch es war trotzdem mehr als offensichtlich, dass ich nicht dorthin gehörte. Man betrachtete mich argwöhnisch und das Personal tauschte vielsagende Blicke. Der Maître de Luc kam auf mich zu und ich befürchtete schon, herausgeschmissen zu werden, als ein adrett gekleideter, junger Mann plötzlich neben mir stand, mir seinen Arm entgegen streckte um meinen Mantel zu nehmen und mit leicht unsicherer Stimme „Nora?“ fragte.
Ich ließ meinen Mantel von den Schultern rutschen und der Maître de Luc, der eben noch ein leicht höhnisches Grinsen gehabt hatte, wandte sich enttäuscht ab. „Komm, ich zeige dir unseren Tisch“, der junge Mann war wieder neben mir aufgetaucht und führte mich in das Restaurantinnere. Die anderen Gäste betrachteten mich genauso hochnäsig wie auch das Personal, aber ich versuchte, mich einfach auf einen entfernten Punkt an der Wand zu konzentrieren. Das war schon mal der erste Rückstoß, ein so spezielles Restaurant auszuwählen, ohne vorher Bescheid zu sagen.
„Dein Outfit ist ähh, sehr interessant“, sagte mein Begleiter, kaum dass wir uns gesetzt hatten.
Da war auch schon der zweite Rückstoß, mir Komplimente für etwas total Falsches zu machen, half mir nicht gerade dabei, mich wohler zu fühlen: „Na ja, danke, aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob mein Outfit hier so passend ist.“
„Ach was, es ist toll“, das war Nummer drei, seine heuchlerischen Ansichten auch noch zu verteidigen, klingt verdächtig nach sich lustig machen. „Ich laufe normalerweise auch nicht im Anzug herum, aber mein Vater hat mir dieses exquisite Haus empfohlen und meine Familie speist hier aufs Haus.“
Ein Rückstoß nach dem anderen, das Date hatte nicht mal richtig angefangen und schon war die Hälfte schief gelaufen. Wie klischeehaft ist das bitte, wenn ein erwachsener Mann sich von Papi noch ausbezahlen lässt?! Mein Pessimismus drohte unwillkürlich aus mir herauszusprudeln, doch ich wollte ihm noch eine Chance geben: „Also, erzähl doch mal ähh (der Name, der Name, der Name …) ähm …“
„Tobias.“
„Tobias. Also Tobias, was machst du so, wenn du nicht gerade bei den Franzosen speist?“
„Oh, die Franzosen machen köstliches Essen, du wirst es lieben!“
Das war nicht die Frage gewesen, eigentlich wollte ich genau von diesem Thema weg, dieser Fauxpas (wenn wir schon bei Frankreich sind) war bereits der fünfte Rückstoß!
Dieser Mensch, dieser Tobias, der da gegenüber von mir saß, provozierte mich zunehmend und um es ihm nicht noch schwerer zu machen, beschloss ich, vorerst nichts mehr zu sagen. Sein Aussehen, ja sogar sein Aussehen provozierte schon, er hatte dackelbraunes Haar und sah wie ein typischer, langweiliger Snob aus. In meinem entnervten Zustand erlaubte ich mir, das als sechsten Rückstoß zu verbuchen.
Die Vorspeise kam und die leeren Teller wurden abgeräumt, ohne, dass jemand ein Wort gesagt hatte. Während wir auf den Hauptgang warteten, startete Tobias einen neuen Versuch, so etwas wie eine funktionierende Konversation zu führen: „Selbst die Vorspeise schmeckt so gut wie ein Hauptgericht, aber genug jetzt vom Essen.“ Sollte er etwa kapiert haben? „Ich interessiere mich viel mehr für dich, im Chat hast du erwähnt, dass du dich sehr für Mode begeisterst, das sieht man auf jeden Fall. Und darf ich dir sagen, dass du wunderschöne Augen hast?!“
„Ach, ist das so?!“ Nein, er hatte nichts kapiert, schon wieder fing er von den Klamotten an und als ob das nicht genug war, jetzt erinnerte er mich auch noch an mein verkorkstes Make-Up. Noch einen Rückstoß und dieses Date würde als absolutes Desaster in die Geschichte eingehen.
Auf Tobias war Verlass, was unangebrachte Bemerkungen betraf, das konnte selbst ein Blinder mit einem Krückstock erkennen. Der Hauptgang, oder die „plat principale“, wie er mir stolz erklärte, war zwar sehr lecker, aber unsere Unterhaltung war erneut eingeschlafen. Kaum waren wir fertig, da brachte Tobias einen Hammer, den nicht mal ich ihm zugetraut hätte.
„Dir scheint es ja richtig gut gemundet zu haben, so wie du reingehauen hast!“
Reingehauen?! Hatte er wirklich reingehauen gesagt? Das war zu viel, dieses Statement hätte alleine schon als acht Rückstöße und mehr gezählt; da es bereits sieben gegeben hatte, reichte es, um diesen absolut schrecklichen Abend zu beenden. Männer lasst euch eins gesagt sein: Macht nie Witze über das Essverhalten einer Frau. Und sagt ihr nie, niemals, dass sie reinhaut, das bedeutet nämlich so viel wie gierig, was wiederum viel essen bedeutet. Das löst bei uns dann nur Komplexe aus, man sei zu fett, man fühlt sich unattraktiv und bekommt fast Lust, es den Bulimiekranken gleichzutun. Und deswegen, haltet euch mit Äußerungen bezüglich Essen ganz stark zurück!
„Weißt du Tobias, da ich ja so „reingehauen“ habe, habe ich jetzt gar keinen Hunger mehr auf den Nachtisch in diesem ach so feinen Baguettefresserrestaurant, aber falls es dir zu viel wird, lass den Rest doch einfach für Papi einpacken!“
In meiner wütenden Erregung war ich aufgestanden und stand drohend über Tobias, der erschrocken auf seinem Stuhl zusammengesunken war und nervös an seiner Serviette herumzuppelte, die auf seinem Schoß lag. Als ich tief durchatmete stand der Maître de Luc neben mir und streckte mir meinen Mantel entgegen, als wäre er etwas Ekliges: „Wollen Mademoiselle jetzt bitte das Restaurant verlassen?!“, raunte er mir entgegen. Ich schnappte meinen Mantel und rauschte aus dem Restaurant, ich glaube, ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass der Abend die Definition eines misslungenen Dates war. Ob ich wohl auch Hausverbot habe?
Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich mich total blamiert hatte. Ich hätte einfach gehen sollen, ohne eine dramatische Szene zu machen. Der Kerl hatte mir ja eigentlich gar nichts getan, er war einfach nur falsch, ja das war er, aber so cholerisch zu reagieren war auch falsch.
Notiz an mich selbst: Unbedingt einen Yogakurs besuchen, um ausgeglichener zu werden und sich bei der Suche nach dem nächsten Date mehr Zeit nehmen, um eine durchdachte Auswahl zu treffen. Gleiches gilt auch für die Wahl des Outfits und der geplanten Aktivität.
Ich hatte keine Lust, auf den nächsten Bus zu warten, also lief ich nach Hause, außerdem hoffte ich, dass mir die frische Luft gut tun würde. Frische Luft ist schließlich das Patentrezept für alles (neben Schlaf), nur bei Alkohol hilft es nicht, mit einem zugedröhntem Schädel bleibt man lieber in der verräucherten Bude, in der man gerade ist.
Ich war keine zwei Meter von dem Restauranteingang entfernt, als meine Frischluftgedanken jäh unterbrochen wurden.
„Du warst doch nicht wirklich in dem Aufzug in dem Schuppen?“
Ein Typ stand lässig an der Hauswand gelehnt und schaute erst mich grinsend an und drehte dann seinen Kopf kurz und mit verachtendem Blick in Richtung französische Fresshölle. Ich hätte ihm einen coolen Spruch entgegenbringen können, doch ich stand nur da und starrte ihn an, irgendwie war er wie aus dem Nichts aufgetaucht und redete da plötzlich etwas, redete mit mir. Er sah wirklich gut aus, wie er da an der Wand lehnte, an seiner Zigarette zog und mich mit seinen wirklich schönen Augen ansah. Er schien meine Verdutzung bemerkt zu haben und beendete die kurze, aber peinliche Gesprächspause (sofern das überhaupt bis dato ein Gespräch war): „Ich arbeite da als Küchenhilfe, oder wohl eher als „Mädchen für alles“, der Maître de Luc ist ein richtiges Ekel, aber wenn er nicht da ist, lasse ich manchmal ein bisschen Schale an den Kartoffeln, da schäumt er vor Wut.“
Sein Grinsen war wirklich sexy und alles was ich zustande brachte war ein kurzes „Hehe“.
„Du warst also in dem Schuppen?“
Reiß dich zusammen Nora und krieg endlich den Mund auf!
„Ja, aber das Vergnügen war nicht allzu lange. Blödes Date, Blind Date“, rede in ganzen Sätzen Nora, „na ja und er war irgendwie ein Loser, der totale Langweiler des Typs „Papis Lieblingssohn“ und natürlich bin ich für das Restaurant sowieso total falsch angezogen und er redete die ganze Zeit davon und von dem Essen und das war wirklich öde und alle Leute haben mich so komisch angeguckt und“, Wasserfall Nora, Wasserfall, beende deinen Monolog! „Also ja, ich war in dem Schuppen“, fügte ich jetzt nicht mehr mit Informationen heraussprudelnd dazu.
„Sieh an, sie kann ja doch sprechen“, feixte er, worauf ich sofort rot anlief und verstummte. Er grinste mich an: „Und dieses Blind Date ist jetzt schon zu Ende?“
„Ja, ich habe es beendet, denn er war wirklich langweilig und ein Loser und“, Nora, Wasserfall, „na ja, jetzt ist es vorbei ja“. Normalerweise führe ich keine Gespräche, die dermaßen daneben sind, eigentlich flirte ich sogar recht gut, aber dieses Grinsen machte mich echt nervös. Mann, der war echt heiß! In diesem Moment begriff ich, was Leute meinten, wenn sie sagten, dass alles einen Grund habe. Ganz klar, hätte ich nicht dieses bescheuerte Date gehabt, wäre ich nie diesem überaus schmucken Typen begegnet. Ich erkannte, dass ich mir diesen Leckerbissen von Mann nicht entgehen lassen durfte, also versuchte ich in meinem Gehirn irgendwie die Schublade „Flirten“ wieder zu öffnen: „Und ein Typ wie du arbeitet also in so einem Restaurant, ich muss ehrlich zugeben, dass mich das doch stark verwundert. Wie kommt denn ein Typ wie du an diesen Job?“
„Also, ein Typ wie ich heißt übrigens Dirk und der Job fiel mir eher durch Zufall in die Hände. Ich jobbte mal hier mal da als Aushilfskellner und dabei lernte ich Chloé kennen, die Tochter eines französischen Restaurantbesitzers. Süß, aber ihr Akzent ging mir mit der Zeit ganz schön auf den Geist, also verließ ich sie. Dummerweise hatte mich ihr Vater in seinem Restaurant angestellt und ich verlor meinen Job mit dem Versprechen, nie mehr irgendeinen Job in irgendeinem Restaurant zu bekommen. Aber die Konkurrenz schläft nicht und um sich an Chloés Dad zu rächen, stellte mich der Besitzer dieses Ladens hier ein und deswegen schrubbe ich jetzt hier die Teller und schäle Kartoffeln.“
„Wenn auch manchmal unsauber.“
„Ha und zuhören kann sie auch.“
Da war es wieder, dieses breite, unwiderstehliche Grinsen. Ich holte gerade Luft, um eine weitere peinliche Gesprächspause zu vermeiden, doch eine Gestalt, die ganz plötzlich zwei Meter neben uns aus dem Restaurant torkelte, zog unsere Aufmerksamkeit auf sich: „NORAAAAAAA, du, du, DU! Blam- blamiert hast du mich, blamiert, BLAMIERT! Und ich hab gedacht, du, du, DU! Du magst mich, aber du bist genau ss ss sssoo wie jede andere Frau auch. Weißt du was, verpiss dich doch einfach!“, sprachs und sackte in sich zusammen.
„Ist, war das dein Blind Date?“
„Wohl eher ein Blindgänger.“
„Was hältst davon: Du bringst dieses Häufchen Elend nach Hause oder irgendwo ins Warme und in einer Stunde bist du wieder hier, da hab ich Feierabend und dann, wer weiß …“
Dann drückte er mir noch einen Zwanziger in Hand.
„Wofür ist der denn?“
„Fürs Taxi, damit du den hier wegschaffst“, er machte erneut eine abwertende Kopfdrehung, nur diesmal Richtung Tobias.
„Kannst du dir das denn leisten, als unsauberer Kartoffelschäler?“
„Nein, aber ich tu’s trotzdem, bis gleich!“
Er schenkte mir noch ein letztes Mal sein unwiderstehliches Grinsen, bevor er durch die Hintertür im Gebäude verschwand. Ich kniete mich neben Tobias und fragte ihn nach seiner Adresse, die ich jedoch bei dem ganzen Gestammel beim besten Willen nicht verstand. Dann kam mir noch eine sehr gemeine Idee: Ich wusste mittlerweile wie sein Vater hieß und der würde sich sicherlich wenig über einen betrunkenen Sohn auf der Türschwelle freuen, aber nach allem, was ich diesem armen Kerl anscheinend angetan hatte, besann ich mich eines Besseren und lieferte ihn in einem Obdachlosenauffanglanger ab.
Ich hatte noch genug Zeit, einen kleinen Abstecher bei mir daheim zu machen, um mein Make Up zu überarbeiten, das Outfit behielt ich an. Pünktlich, wie es nicht mal die Feuerwehr sein könnte, stand ich wieder vor der Hintertür des französischen Restaurants, dem Schauplatz des ersten miesen Dates mit meinem neuen System, aber ich hoffte am selben Abend bereits auf ein zweites, mit Mister-Perfektes-Grinsen.
„Komm mit!“ Dirk stürmte aus der Hintertür heraus, packte meine Hand und zog mich hinter sich her, bis wir ums Eck gebogen waren.
„Warum rennen wir denn so?“
„Denkst du etwa wirklich, dass ich jetzt schon Feierabend habe, wo das ganze Restaurant noch voll ist? Sicher nicht. Aber jetzt hab ich mir eben frei genommen.“
„Und dagegen kann nicht mal der olle Maître de Luc was machen.“
„Richtig. Hey, ich kenne ’ne nette Bar in der Nähe, wie wär’s mit einem Drink?“
Ich harkte mich bei ihm ein und folgte ihm in eine echt moderne und fesche Kneipe, wir setzten uns an einen kleinen Tisch am Rand und bestellten uns Cocktails. Startübung Nummer zwei konnte also beginnen!
Ich durfte mein neues System jedoch nicht vergessen, obwohl ich große Lust hatte, mich einfach so auf Dirk und sein Grinsen einzulassen. Doch genau das durfte ich nicht tun, Dirk ist wahrscheinlich der Typ Mann, vor dem einen die Mütter immer warnen und ich mochte Muttis Ratschläge noch nie. Um mein Gewissen zu bereinigen und das Bild meiner schimpfenden Mutter aus dem Kopf zu bekommen, verbuchte ich seine Unzuverlässigkeit in Bezug auf seinen Job und die Tatsache, dass er mir erzählte, wie leicht er seine Ex abserviert hatte, als Rückstoß Nummer eins.
Der Abend war wirklich der totale Hammer, wir becherten fleißig weiter und es knisterte immer mehr zwischen uns. Meine schimpfende Mutter und das elende Häufchen Tobias waren komplett aus meinem Kopf verschwunden, ich konnte nur noch an Dirk denken. Scheinbar fühlte er sich auch zu mir hingezogen und gegen 1 Uhr war ich so nahe an ihn herangerutscht, dass wir leidenschaftlich knutschen konnten. Boah, das hatte er wirklich drauf.
Der Alkohol tat sein Übriges und gegen 3 Uhr teilten wir uns ein Taxi, denn wir nahmen die gleiche Strecke, er nahm mich mit in seine Wohnung.
Wie ungezogen Nora, und das, nachdem du ihn nur ein paar Stunden kennst! Da war sie wieder, die schimpfende Mutter, aber ein Blick, ein Kuss von Dirk und weg war sie wieder.
Am nächsten Morgen wachte ich auf und mein Schädel brummte, es war aber nicht so wie der übliche Kater, denn auch das überaus wohlige Gefühl, das mir Dirk mehrmals in der Nacht beschert hatte, war immer noch da.
„Morgen. Katerfrühstück? Ich hab dir was übrig gelassen, steht im Kühlschrank.“
Als ich mir den Schlaf aus den Augen gerieben hatte, musste ich feststellen, dass es wahr war, dass im grauen Morgenlicht alles anders aussieht. Dirk sah zwar immer noch unwiderstehlich gut aus, aber in ausgewaschenen Boxershorts, Unterhemd und Tennissocken machte er deutlich weniger her als am Abend zuvor. Ich fand mich in einer Wohnung wieder, die ich am Abend gar nicht wahrgenommen hatte. Ein kleines Appartement, auf das weniger der Spruch „klein aber fein“ zutrifft, dafür aber „klein aber gepimpt“ umso mehr.
Die Musikanlage, der Fernseher und der Computer (an dem Dirk gerade herumklickte) waren vom Feinsten, ich will gar nicht wissen, wo er das Geld dafür her hatte. Er hatte sogar eine kleine Bar, dafür war das Sofa ganz schön durchgesessen und die Wände waren mit allerlei Zeug verziert: Bob-Marley-Bildern, Gangsterpostern, undefinierbaren Gegenständen, Alkoholreklamen (die er wahrscheinlich irgendwo abgegriffen hatte) und, das wunderte mich sehr, ein eingerahmtes Bild einer sehr alten Dame.
„Oma ist eben die Beste“, sagte Dirk grinsend, als er meine Verwunderung bemerkt hatte.
Ich nahm mir lediglich eine Tasse Kaffee und ließ das Katerfrühstück wo es war. Dirk tippte weiter auf der Tastatur herum und würdigte mich keines Blickes. Ich hätte natürlich eingeschnappt sein können, aber mit meinem brummenden Schädel war mir ohnehin nicht nach Konversation zu Mute. Danach musste ich mich leider schon wieder verabschieden, da ich einen der dämlichsten Jobs überhaupt angenommen hatte: Ich verteilte Flyer in der Fußgängerzone.
Ich verteilte keineswegs irgendwelche Flyer, ich verteilte Flyer für ein Dessous- und Erotikaccessoire-Geschäft. Dementsprechend zog ich mich sexy an und verteilte meine Zettel, selbstverständlich nur an potenzielle Kunden. Bei Pärchen die zusammen unterwegs waren, kam die Werbung zum Beispiel richtig gut an. Irgendwann ging das Zettelverteilen dann ganz automatisch und meine Gedanken schweiften ab. Ich dachte an Dirk. Er hatte versprochen, sich wieder zu melden und wollte nächstes Wochenende wieder mit mir auf die Piste gehen. In Gedanken versunken, verteilte ich meine Flyer und gab sie einfach jedem, der nahe genug an mir vorbeilief. Dummerweise war darunter auch ein kleines Kind, dessen Mutter mir sogleich den Zettel empört vor die Füße schmiss und mir eine Standpauke hielt. Ich hörte ihr aber kaum zu, sondern blieb in meinen Gedanken an Dirk versunken.
Ein paar pubertierende Mädchen kicherten, als ich ihnen einen Flyer gab. Ich wiederum amüsierte mich über sie, wie seltsam man doch als dreizehnjähriges Mädchen ist. War ich etwa auch so gewesen? Nein, ich war immer eine von den untypischen Mädchen, ich hatte erst sehr spät meinen ersten Freund, schwärmte nur heimlich für einen Jungen und hasste die Mädchen, die das immer gleich an die große Glocke hingen, dafür, wie lächerlich sie sich benahmen.
Am Nachmittag war ich fertig und ging nach Hause, um mich ein bisschen hinzulegen, aber meine Großmutter machte mir einen Strich durch die Rechnung.
„Na, meine kleine Nora! Wie läuft denn die Ausbildung?“
„Joa ganz gut, es läuft eben. Wie geht’s dir denn?“
„Gut, aber erzähl doch mal, wann stellst du mir die netten jungen Kölner vor?“
Ach die vielen Tausend oder was, die ich selbstverständlich alle kenne. Oma ging immer noch davon aus, dass ich ihr bald von einer Verlobung erzählen würde. Ich ging davon aus, das ich ihr bald von einer Verlobung erzählen musste.
„Da gibt’s nicht viel vorzustellen, wie geht’s denn Opa?“
„Dem geht’s gut und dem Rest der Familie auch.“ Mist, damit hatte sie meine nächsten Fragen schon beantwortet. „Aber du stellst uns doch sicherlich bald deinen Freund vor?“
„Ja Oma, sobald es da einen gibt, aber ich empfehle dir, geduldig zu sein.“
„Claudi hat mir Gerd vorgestellt, da war sie 19.“
Da war sie wieder, die altbekannte Geschichte, dass meine ältere Schwester Claudia ihren Mann Gerd bereits mit 17 kannte, mit 18 waren sie zusammen und mit 19 verlobt. Aber mal ganz ehrlich, das klingt für mich ganz schön unspannend und konservativ. Kein Wunder, dass meine Oma das toll findet.
„Ja Oma, aber ich bin nicht Claudia, hör zu, ich hab noch einiges zu tun, wir sprechen uns sicherlich bald wieder, grüß die anderen von mir. Ciao.“
Herzliche Gespräche wie dieses gab es öfter und anschließend waren sowohl meine Oma als auch ich schlecht gelaunt und beleidigt. Jetzt war mir auch nicht mehr nach Schlafen, also räumte ich mein Zimmer auf. Ich hatte ja auf der Suche nach meinem Outfit alles total verwüstet. Das war der einzige Vorteil daran, nur ein Zimmer gemietet zu haben, es ging schneller aufzuräumen. Eine Küche brauchte ich sowieso nicht, damit kann ich nicht umgehen und für die Mikrowelle ist auch noch Platz.
Am Samstag des nächsten Wochenendes bekam ich dann eine SMS von Dirk: Heute Abend, 22 Uhr, Real:X Lounge! Ich hatte mittlerweile gemerkt, dass er kein Mann vieler Worte ist, also schickte ich einfach ein „ :-) “ zurück.
Die Woche verging elendig langsam, wie das eben ist, wenn man es vor Vorfreude kaum noch aushält, aber dann endlich kam der Samstag und ich war perfekt vorbereitet. Ich hatte ein scharfes Outfit, das Make Up war perfekt und überpünktlich war ich auch noch. Meine Stimmung war bestens und ich konnte es kaum erwarten, Dirk wieder zu sehen.
Der Abend war einfach genial, Dirk und ich verstanden uns super, amüsierten uns prima und er nahm mich erneut mit in seine Wohnung. Das Wochenende darauf gingen wir wieder zusammen weg und unter der Woche trafen wir uns zum Mittagessen. Wir waren praktisch kurz davor, richtig offiziell zusammenzukommen. Sollte mir wirklich bereits die zweite Landeübung glücken? Es sprach eigentlich nichts dagegen.
Eigentlich, dieses Wort kann ich leiden wie mein Bauchweh, eigentlich bedeutet nein und ist immer der Haken bei der ganzen Sache. Eines schönen Morgens bekam ich eine SMS von Dirk. Ich rechnete damit, wieder eine seiner wortkargen Einladungen zu lesen, aber denkste:
“Hey Nora, ich hab nen neuen Job in Berlin, bin gestern Abend gefahren, C ya“
Ich fühlte mich, als hätte mir jemand mit einem Brett eins übergebraten. Ich saß geschockt da und starrte mit offenem Mund auf mein Handy. Der Mensch mit dem Brett hörte gar nicht mehr auf draufzuhauen.
Darauf war ich nicht vorbereitet, ich hatte keinen Plan dafür. Beim Flipper würde das wohl „Kugel abgestürzt“ bedeuten. Als ich meine Fassung wieder gefunden hatte, heulte ich wie ein Schlosshund. Warum musste so etwas immer mir passieren?!
Meine Lust am Dating war erst mal vergangen, ich wollte nichts mehr sehen und nichts mehr hören von der Männerwelt. Ich gönnte mir zwei Wochen Auszeit, bevor ich wieder ausging, ich hatte zwar eigentlich immer noch keine Lust auf einen Kerl, aber ich lehnte es aus Prinzip ab, mich wegen eines Arschloches daheim zu verkriechen und ich musste noch eine Startübung absolvieren. Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei. Ich war fest entschlossen, mein System bis zum bitteren Ende zu testen.
An einem Mittwochabend ging ich in ein kleines, spanisches Lokal um einen Happen zu essen, meine Startübung hatte ich fürs Wochenende geplant. Ich setzte mich an den Singletresen (das musste ich zwar nicht tun, aber alleine an einem Tisch kam ich mir so verloren vor, irgendwie wird von einem erwartet, dass man nicht alleine essen geht und alleine am Tisch sitzt) und studierte die Speisekarte. Während ich auf den Kellner wartete und mich im Lokal umblickte, bemerkte ich einen gut aussehenden Spanier neben mir, wirklich eine Sahneschnitte.
Ich war noch nie ein Kind von Traurigkeit gewesen. Kaum hatte ich das Antlitz dieses Adonis’ erblickt, da war Dirk schon wieder vergessen. Hatte ich mir wirklich eingebildet, mit einem Weltenbummler und Tagträumer wie Dirk eine ernsthafte Beziehung zu führen?! Wohl kaum, ich hakte ihn als kurzes Abenteuer ab und schielte zu dem Spanier herüber. Ich weiß, Frauen sollten dieses Auf-zum-Nächsten-Verhalten nicht unbedingt an den Tag legen, aber das Leben ist zu kurz um einem Kerl hinterherzuweinen.
Als Torero beim Stierkampf würde er bestimmt auch eine gute Figur machen. Mir schossen alle spanischen Wörter durch den Kopf, die ich kannte: Senorita, te quiero, Paella. Okay, letzteres sollte ich beiseite lassen, wenn ich mich heißen Fantasien hingebe.
Der feurige Spanier musste meine Blicke bemerkt haben, denn er sah mich ebenfalls an, streckte mir seine Hand entgegen und sagte: „Hallo söne Frau“, sein Akzent war nicht zu überhören, „ich heiße Pedro.“
„Nora, angenehm.“
„Hast du son bestellt?“
„Nein, irgendwie bin ich für den Kellner unsichtbar.“
„Ich bin hier ein, wie sagt man, Stammkunde, mich übersieht er sicher nicht. Wollen wir uns an einen Tis setzten?“
„Klar, gerne.“
Tja, unverhofft kommt oft und eher als ich dachte startete ich meine dritte Startübung. Die musste jetzt klappen, sie musste einfach. Wir bestellten, aßen und unterhielten uns prächtig, es war also ein rundum gelungener Abend und er lud mich für Sonntag zum Brunchen ein. Was will man mehr?!
Die Zeit bis zum Sonntag verbrachte ich mit Tagträumen von dem feurigen Pedro und Shoppen, so viel zum Thema „für das Studio sparen“. Am Sonntag spazierte ich dann mit einem kleidlangen, grauen Pullover, einer sexy Strumpfhose, in der jede Frau tolle Beine hat, einem schwarzen Hüftgürtel und schwarzen High Heels in ein schickes Café in der Innenstadt. Sieh an, der Spanier hatte Geld und das ganz ohne snobistisch zu wirken oder seinen Vater zu erwähnen, Respekt.
Das Date war wunderbar und wir verabredeten uns erneut, er lud mich zu sich ein. Genau, ich sollte zu ihm nach Hause kommen, in seine Wohnung, in sein Reich. Ich strapazierte mein Konto vorher natürlich erneut und bestellte mir ein luftiges, verspieltes Kleid aus einem Katalog. Erstens sah ich darin nicht aus wie eine Seekuh und zweitens war es aufreizend genug, um Lust auf mehr zu machen (natürlich ohne nuttig zu wirken), denn ich erhoffte mir etwas mehr von dem Abend. Man konnte es dem Spanier durchaus anmerken, dass er auch Lust auf mehr hatte, sich aber gentlemanlike zurückhielt. In seiner Wohnung würde das wohl nicht so bleiben.
Am besagten Abend klingelte ich und prompt öffnete er die Tür, er hatte also schon sehnsüchtig auf mich gewartet und konnte es kaum noch abwarten, gut so. Ich trat ein und fand mich in einer geschmackvoll eingerichteten Wohnung wieder. Sie war groß und trotzdem gemütlich, was will man mehr?
„Möchtest du etwas trinken?“
„Klar gerne, was hast du denn … wow“, begann ich meinen Satz, als er auch schon mit dem Champagner ankam. Ich muss gestehen, dass ich wirklich beeindruckt war, doch dann geschah etwas, dass ich nicht erwartet hatte. Er begann mich zu langweilen.
Das durfte nicht sein, ein toller Kerl wie er ist einfach nicht langweilig. Lass das Nora, rede dir das sofort wieder aus. Es ging nicht, er erzählte haargenau das, was er mir bei den vorigen Dates schon erzählt hatte, ich versuchte ein paar andere Themen anzuschneiden, aber es funktionierte nicht, er war wirklich schlicht und ergreifend langweilig.
Während ich diese Zeitschleife durchlebte, fiel mir sein Akzent zunehmend negativ auf. Nein Nora, nein! Hör auf! Jede Frau würde dir bestätigen, dass ein spanischer Akzent sexy ist, er spricht ja gutes Deutsch, das ist heiß! Dieses schnell-entnervt-vom-Akzent-sein erinnerte mich extrem an Dirk. Hatte er mich schon nach so kurzer Zeit beeinflusst? Oh nein, Nora, das geht nicht, hör auf mit dieser Spinnerei! All das gute Zureden von mir selbst half nichts, er war ein Langweiler, ein Langweiler mit Akzent. Ich verbuchte das als ersten Rückstoß und versuchte es damit abzuhaken, da das allerdings nicht ging, fiel ich einfach über ihn her.
Na also, geht doch dachte ich mir. Uns küssend schob er mich in sein Schlafzimmer und wir landeten auf dem Bett. Eine Minute später lag er entspannt neben mir und ich starrte verwirrt an die Decke. Das sollte alles gewesen sein? So stellt man sich doch keinen feurigen Liebhaber vor!
Ich gab vor, noch arbeiten zu müssen und verabschiedete mich. Das mit dem Arbeiten stimmte, aber eigentlich hätte ich schon noch mehr Zeit gehabt. Ich fuhr nach Hause, um mich erst mal wieder zu sortieren.
Leicht gesagt, aber daraus wurde nichts. Es war einer jener Momente, in denen ich beschloss, bald zu studieren und wie der Teufel zu arbeiten, um mir eine eigene Wohnung leisten zu können. Ich hatte schließlich nur ein Zimmer gemietet und meine beiden Mitbewohnerinnen feierten eine rauschende Party. Eigentlich kann das auch ein Vorteil sein, wenn nette Mitbewohnerinnen eine Party geben, man zu Hause ist und mitfeiert, als würde man dort nicht wohnen, aber ich hatte wirklich keine Lust auf Party.
Ich packte also mein Zeug zusammen und fuhr einfach mit dem Bus durch die Gegend. Das kann durchaus entspannend sein, wenn man einen klaren Kopf bekommen möchte. Ich überlegte. Laut meinem System hatte mein Spanier erst zwei Rückstöße verursacht, eigentlich nicht viel, erst ein Viertel von dem, was er sich leisten könnte, es müsste also alles bestens sein. Aber was will ich mit einem Mann, der langweilig ist, mich nervt und zudem auch noch schlecht im Bett ist?! Es gibt keine Gründe zu versuchen, so etwas in eine Beziehung umzuwandeln.
Ich reflektierte weiter. Einmal hatte ich gewartet, bis es wirklich ganze acht Rückstöße gegeben hatte, aber es war lange vorher klar gewesen, dass besagter Typ in den Wind zu schreiben war. Dann war da noch Dirk, mein System half mir nicht zu erkennen, dass mit ihm nichts Dauerhaftes zu erreichen war und es bewahrte mich auch nicht davor, dass er mich einfach sitzen ließ. Jetzt war ich bei meiner dritten Landeübung und auch diese würde nicht glücken, das war schon nach zwei Rückstößen glasklar.
Ich denke, ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass das Experiment Landeübungen gescheitert, ja, wenn ich ehrlich bin, sogar gehörig gescheitert ist. Ein snobistisches Papasöhnchen, ein treuloser Weltenbummler und ein Spanier, der so unfeurig ist, dass die Hölle einfriert. Ja, das bezeichnet der normale Mensch als gescheitert.
Ich tröste mich, wie sich die meisten Singlefrauen trösten, ich glaube fest daran, dass ER irgendwo da draußen ist und ich die große Liebe auf den ersten Blick erkennen werde. Und nicht nach einem Dreistufenprogramm, dass sich ein verwirrtes Mädchen von einem Flipperspiel abguckte. Das mit der Torschlusspanik kann echt warten.

 

Hallo Steeerie,

erst einmal Herzlich Willkommen bei kurzgeschichten.de

Zu deiner Geschichte: ganz nett! Aber irgendwann langweilig, sorry. Ab etwa der Hälfte des Textes habe ich diesen nur noch überflogen. Ich finde dass das Ganze eine ordentliche Straffung vertragen könnte. Zum Beispiel zu Anfang: Der ganze Absatz bis du zu dem Flipper kommst ist Einleitung und eher öde, da weder für die Geschichte relevant noch, dass da gute Gags drin wären. Ist sicherlich Geschmackssache (mit den Gags), aber mir gefiel das eher nicht so.

Typ als unpassend abzuharken.
abzuhaken...oder der Typ ist ein Beet :D

aufgetaucht und führte mich in das Restaurantinnere.
Unglücklich, Restaurantinnere suggeriert, dass du vorher noch nicht im Restaurant bist....?!

verkorkstes Make Up.
Make-Up

Gruß
Lemmi

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Steeerie,

habe deine Geschichte gelesen,sehr Witzig finde ich sie nicht.

will mir schon mal Geld fürs Studium finanzieren

soll der so sein?
An sonsten ist sie gut zu lesen .
Gruß Babylon

 

@ Babylon: Ob der Satz so sein soll? Ja, ist eben kein Hochdeutsch sondern so geschrieben, als ob sie das wirklich erzählt. Meintest du das?
Das mit dem "witzig oder nicht witzig finden" ist so eine Sache, ich glaube da hat wirklich jeder eine andere Ansicht. Danke für deine ehrliche Meinung und fürs lesen.
Freut mich, dass die KG für dich gut zu lesen ist, das nehme ich mal als Kompliment :-)

 

Hallo Steeerie,

es hat schon Spaß gemacht, deine Geschichte zu lesen, auch wenn sie jetzt nicht zum brüllen komisch war. Dein Schreibstil gefällt mir aber sehr gut und gelangweilt hab ich mich dabei auch nicht.

mfg
pina colada

 

Als Single hat man es zuweilen schwierig, sich als erfolgreichen Menschen zu fühlen.

Frage an die Experten.
Muss es nicht heißen: Als Single hat man es zuweilen schwer, sich als erfolgreicher Mensch zu fühlen. bzw Als Single ist es zuweilen schwierig, sich als erfolgreicher Mensch zu fühlen ?
Bin mir auch nicht 100%ig sicher.
Hab erst mal nicht weitergelesen.

 

@ pina colada: DANKE für den Kommentar, freut mich wenn es dir gefallen hat. Sollte auch keine zum Brüllen komische geschichte sein, sondern einfach unterhaltsam. Also nochmal dankeschön!

@ Plasticbrain: Mmh bei der zweiten Hälfte bin ich mir auch nicht sicher, ob es erfolgreichen oder erfolgreicher heißt, aber bei der ersten Hälfte hast du Recht. Konnte mich wohl nicht zwischen ist und hat entscheiden und hab beides vermischt, passiert mir leider öfter, wenn ich mehrere Varianten für einen Satz im Kopf hab :-/ Danke fürs Draufaufmerksammachen.

Wegen der zweiten Satzhälfte wende ich mich jetzt auch mal an die Experten: Wie heißt es denn richtig und warum?

 

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