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Leichenschmaus
Leichenschmaus
Rainer Gotman, 35, ledig, Chefkoch in einem der gehobenen Hamburger Restaurants, nahm den Teller mit dem Nachtisch, den er angerichtet hatte und wollte in gerade einem der Kellner in die Hand drücken, als er, weil er auf einen am Boden liegenden Lappen trat, ausrutschte. Als er fiel gab es diesen kurzen Moment, in dem er sich seines Fallen vollständig Bewusst war und in dem die Zeit still zu stehen schien. Der Teller glitt ihm langsam aus der Hand und der Boden kam auf ihn zu. Er steckt die Hände aus um sich abzufangen.
“Scheiße!”
“Alles klar, Chef?”
“Ja, schon okay, ich bin nur ausgerutscht, nicht passiert. Und wem ist der scheiß Lappen runtergefallen?”
“Keine Ahnung, mir nicht.”
Gotman stand auf und sah, dass er sich die Hand an einer der Porzellanscherben geschnitten hatte. Er ging zum Waschbecken um sich die Hand zu waschen und dann zum Erste Hilfe Schrank. Er sah sich im Spiegel. Dabei hatte der Tag so gut angefangen.
Er war gutgelaunt, nichts ahnend um Halbsechs aufgestanden, hatte geduscht, gefrühstückt, die Zeitung auf dem Klo durchgeplättert und war dann ins Auto gestiegen um zur Arbeit zu fahren. Es regnete heftig, aber das war man hier gewohnt. Er wohnte in einem der eher beschaulichen Vororte Hamburgs und um diese Uhrzeit waren die Straßen außerhalb der City noch nicht befahren und er musste sich nicht auf den Verkehr konzentrieren. Er hörte laut Radio und sang mit. Dann war der Empfang weg. Gotman beugte sich nach unten um am Drehregler dien Frequenz zu verändern. Es krachte. Metall verbog sich kreischend. Dann rumpelte es und das Auto wurde erschüttert.
Gotman erschrak und fuhr mit dem kopf nach oben. Er stieß sich an der der Wagendecke. Dann trat er auf die Bremse. Er war nicht sehr schnell gefahren, der Wagen blieb sofort stehen.
Er stieg aus und sah nach hinten auf die Straße. Dort lag etwas großes, rotes, unförmiges.
“Ein Reh”, schoss es Gotman durch den Kopf, was aber wenig Sinn machte. In der Vorstadt gibt es nicht Bäume und Rehe sondern Einfamilienhäuser und kleine Kinder. Das wurde Gotman auch recht schnell klar. Er ging auf den Menschen zu, den er überfahren hatte und sah sein rotes, eingedelltes Gesicht und seine seltsam verbogenen Arme. Er war definitiv Tod.
Gotman sackte auf die Straße und blieb eine Weile sitzen. Dann stand er auf, sah noch mal die Leiche an und überlegte. Er konnte nicht zur Polizei gehen. Er war schuld. Er würde wahrscheinlich ins Gefängnis kommen und sicher seinen Job verlieren. Er war sich sicher, dass niemand den Unfall bemerkt hatte. Die Leute schliefen noch, hätte in jemand gesehen, wäre der hergekommen um zu helfen.
Gotman nahm die Decke aus dem Kofferraum und wickelte sie um die Leiche. Dann zog er das sie in den Kofferraum. Die beträchtlichen Blutflecken auf der Straße und auf seiner Motorhaube wurden langsam vom Regen weggeschwemmt.
Gotman stieg wieder ein und fuhr weiter. Er hatte einen perfekten Plan. Für ihn würde es sehr einfach werden die Leiche loszuwerden.
Als er beim Restaurant angekommen war, stieg er aus und sah nach, ob schon einer seiner Kollegen da war. Er war der Erste. Er trug die Leiche ins Restaurant und dann in die Küche. Gotman war nicht unsportlich, aber als er die Leiche in die Küche getragen hatte, musste er sich ermal setzen und ein Glas Wasser trinken. Dann machte er sich an die Arbeit. Er war im zerlegen von Tieren routiniert, weshalb es ihm keine großen Schwierigkeiten machte, die Leiche zu zerhacken. Er zerlegte die Leiche soweit, bis man unmöglich erkennen konnte, dass es sich dabei mal um einen Menschen handelte. Die Knochen entsorgte er in dem Behälter für Tierknochen. In der Masse an Tierknochen die schon darin lag, würde das zerlegte Menschengerippe Keinem auffallen, der nicht danach suchen würde. Die blutige Decke brachte er wieder ins Auto, er würde sie daheim im Kamin verbrennen.
Gotman legte das Fleisch in die Tiefkühltruhe und ging dann seinen normalen Tätigkeiten nach.
Die Abendgäste kamen und Gotmans Unfall hatte sich in Gulasch verwandelt und kam scheinbar gut an, denn keiner der Gäste beschwerte sich.
“Chef?”
Gotman wurde aus seinen Gedanken gerissen.
“Ja, ich bin hier hinten.”
“Ein Gast möchte Sie gerne Sprechen.”
“Was, warum denn?”
“Er möchte sich wohl über sein Gericht erkundigen.”
“Ja, ich komme gleich.”
Gotman machte sich ein Pflaster auf die Hand.
Keine Panik, der wird sich nur über zu viel oder zu wenig Salz oder sonst was beschweren wollen.
Er ging zu dem älteren Herrn zu, auf den der Kellner gezeigt hatte.
“Guten Abend, kann ich etwas für Sie tun?”
“Ja. Sehen Sie, ich hab diesen vorzüglichen Gulasch bestellt und er war wirklich sehr gut. Wissen Sie, ich Feinschmecker, hobbymäßig, und ich denke ich kenne mich mit Essen schon ganz gut aus. Aber so ein Fleisch hab ich noch nie gegessen.”
“Das hoffe ich…ähm, da bin ich mir ganz sicher. Es ist…etwas ganz spezielles. Eine sehr seltene Art von mongolischem Bergrind. Es war noch ganz frisch und selbst geschlachtet. Hat es ihnen den geschmeckt?”
“Oh ja, es war wirklich sehr gut, nur eben ungewohnt.”
Spät am Abend fuhr Gotman wieder heim. Als er ausstieg warteten die Polizisten schon auf ihn.