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LEIPZIG - eine wahre Geschichte

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LEIPZIG - eine wahre Geschichte

Leipzig
Eine wahre Geschichte

12.05.1996 / 0:50 Uhr
Der alte Landstreicher hatte ihn nicht kommen hören und als er ihn schließlich bemerkte, war es schon zu spät. Zwei starke Hände packten ihn am Kragen und warfen ihn mit voller Wucht gegen die Außenwand der verlassenen Bushaltestelle. Als ihn die schweren Stiefel wieder und wieder trafen, fing er stumm an zu beten. Seine verschmutzten Wollhandschuhhände bedeckten das bärtige Gesicht. Er spürte die regennasse Straße unter sich, während Rotz und Blut wie Sturzbäche aus seiner Nase schossen. Der alte Mann versuchte nicht einmal, sich zu wehren. Er hatte solche Momente schon zu oft erlebt und die Erfahrung hatte ihn gelehrt, in Augenblicken wie diesen einfach ruhig liegen zu bleiben und seine Fresse zu halten. Irgendwann würde es schon vorbei sein. Irgendwann. Und dann würde alles wieder gut.
Sein Angreifer hielt plötzlich inne, beugte sich über ihn, griff erneut zu und brachte ihn unsanft auf die Beine zurück, die Finger eisern im Stoff des Parkas verkrampft. Nun waren sie auf gleicher Augenhöhe und der Alte sah zum ersten Mal das Gesicht des Schlägers. Blass sah es aus. Blass und wütend. Und natürlich kahl rasiert. Wie immer!!
Seine Nase schmerzte fürchterlich. Er bekam kaum Luft, musste husten und ein roter Klumpen aus Schleim und Blut erwischte seinen direkt vor ihm stehenden Gegner am Kinn. Dieser zog den Alten nun noch näher an sich heran, während kalte Blitze des Hasses aus seinen dunklen Augenhöhlen zuckten. Dann bewegten sich, kaum wahrnehmbar, die schmalen Lippen des Tieres und ein zischendes Etwas drang durch die Ohren des alten Mannes direkt in dessen Gehirn. Die Stimme war heiser und eisig: „Hey Zecke. Wie fühlt es sich an, ... wenn man weiß,....dass der Tod direkt vor einem steht?“

1:10 Uhr
Er hatte den Alten auf einen der Plastiksitze des Bushäuschens gesetzt und an die Wand gelehnt. Selbst wenn man direkt vor ihm stand, konnte man nicht erkennen, dass er tot war. Er wirkte eher wie jemand, der friedlich seinen Rausch ausschlief. Zudem würde er in dieser einsamen Gegend frühestens in fünf bis sechs Stunden entdeckt werden. Gerd hatte dem Landstreicher mit einem Tuch aus dessen Rucksack provisorisch das Gesicht gereinigt und ihm zudem die Schirmmütze weit über die Augen geschoben. Nach vollendeter Arbeit betrachtete er stolz sein Werk. Eine Ratte weniger, dachte er sich und spuckte dem Alten angewidert auf den Schirm seiner Mütze.
„Letzter Gruß vom Sensenmann“, flüsterte er beschwörend und rümpfte die Nase. Dann suchte er in der Innentasche seiner grünen Bomberjacke nach Zigaretten, fand schließlich welche und zündete sich genüsslich eine an.
1:25 Uhr
Gerd marschierte durch die menschenleeren Straßen. Seine mit Eisen beschlagenen Stiefelabsätze verursachten einen fast hypnotischen Klang in den tiefen Schluchten menschlicher Ex-Hochbehausungen. Sie ragten links und rechts von ihm 15 Stockwerke in die Höhe; und alle waren sie leer, unbewohnt und ohne Besitzer. Der goldene Westen war noch zu nah und das Gute in der Heimat schon zu weit weg. Der Stadt Leipzig, die wenige Jahren später mit ihrer völlig überzogenen und utopischen Selbstinszenierung vergeblich versuchen würde, die Olympischen Spiele nach Sachsen zu holen, fehlte es heute, sechs Jahre nach der Einheit, allem Anschein nach sowohl an Attraktivität, um diese ruinösen Kolosse mit Leben zu füllen als auch an dem nötigen Kleingeld, um sie einfach abreißen zu lassen. Und so starben nach und nach ganze Straßenzüge einfach aus. Moderne Geisterstädte; frisch renoviert, einige noch mit Baugerüsten verkleidet, bezugsfertig und doch verwahrlost und verkommen. Doch nie ganz ohne Leben. Die Hochhäuser waren, nachdem auch die letzten braven und desillusionierten Bürger das Weite gesucht hatten, schnell zum perfekten Paradies und Rückzugsort für Penner, Hausbesetzer ohne politisches Rückgrat, Autonome, Zigeuner, Dealer, gesuchte Verbrecher, illegale Ausländer, Menschenhändler und ihre osteuropäischen Bettel- und Prostitutions-Opfer, Drogenabhängige, Straßengangs und herumstreunende Jugendliche geworden. Aber auch normale Kinder liebten es, in den leer stehenden Hochhäusern „Verstecken“ oder „Räuber und Gendarm“ zu spielen. Sie liefen dann stundenlang wie unerschrockene Abenteurer mit ihren Spielzeugpistolen durch die tristen Treppenhäuser, erkundeten Keller, Fahrstuhlschächte und Dächer oder gingen einfach in eine der ca. 3500 verlassenen, meist offen stehenden Wohnungen, um sich dort einen Unterschlupf oder eine geheime Höhle zu bauen. Wenn man die Fenster mit Decken abhängte, konnte man nachts sogar Kerzen, Taschenlampen oder kleine Lagerfeuer entzünden, ohne dass es auch nur eine Seele mitkriegte oder mitkriegen wollte.
Gefährlich wurde es nur dann, wenn sich rivalisierende Gruppen oder Gangs in den Gemäuern begegneten oder zum sogenannten Hauen verabredeten. Es war in den Jahren seit 1993 des öfteren zu regelrechten Schlachten innerhalb der "Toten Riesen" gekommen und nicht selten ließen dabei junge Menschen ihr Leben.
Wenn es auf dieser verdreckten Welt überhaupt etwas gab, was Gerd mochte, dann waren es diese menschenleeren Hochhäuser, diese menschenleeren Straßen. Hier gab es nur besprühten Beton, verrammelte Geschäfte, zerstörte, völlig veralterte Telefonzellen, ausgebrannte Mülltonnen, keinen Strom und in der Regel auch keine Bullen. Obwohl er in der Innenstadt, nahe des Hauptbahnhofes, eine Zwei-Zimmer-Wohnung direkt unter dem Dach eines alten Hauses gemietet hatte, hielt er sich die meiste Zeit über in seinem „Adlerhorst“ auf, welcher sich im 15.Stock der Kieler Straße 9 befand. Von dort hatte er über eine schmale Treppe einen direkten Zugang zum Dach und von dort aus den perfekten Blick über den Stadtwald hinweg bis zum Völkerschlachtdenkmal und weiter bis zur City. Wie oft hatte er einfach nur allein dort gesessen und sich sinnlos betrunken. Und wie viele Stunden hatte er dort mit seinen aufrechten Kameraden verbracht, während sie Überfälle und Hauereien geplant oder über das Zustandekommen einer neuen, arischen Rasse diskutiert hatten. Doch am liebsten war er allein. Dort auf seinem Dach. Dann waren die Wut und der Hass nicht ganz so groß.

Im Treppenhaus von Nr. 9 war es dunkel und feucht. Hier war noch nichts von der warmen und frischen Frühlingsnachtluft zu merken; stattdessen roch es nach Schimmel, Moder und menschlichen Exkrementen. Wie immer blieb Gerd kurz unten im Eingangsbereich bei den herausgetretenen Briefkästen stehen und lauschte. Wie ein Wolf reckte er dabei den geschorenen Schädel nach oben und wanderte im Geiste alle Stockwerke ab. Nichts zu hören. Er schien allein zu sein.
Dann begann er mit dem Aufstieg. Er hatte oben in seinem Horst noch eine halbe Kiste Bier gebunkert und er freute sich auf die wohlverdiente Erfrischung. Was würde das für eine Aufregung unter seinen Kameraden geben, wenn diese von seiner Heldentat erfuhren. Auf die Schultern klopfen würden sie ihm und ihm die Hände mit dem Gruß ihres Idols entgegen strecken. So wie sie es immer taten. Und wieder einmal würde er sich als ihr alleiniger Anführer, als ihr alleiniger Kopf und Vordenker erweisen. Und Diana würde sich an ihn schmiegen und ihn ihre großen, festen Brüste spüren lassen. Und dann würden sie in den Nebenraum gehen und sie würde ihn auf der verdreckten Matratze ranlassen. Und alles, während die anderen nebenan grölten und soffen. Ein kaltes Lächeln lag auf seinem kantigen Gesicht, als er vor einer völlig zersplitterten Wohnungstür im fünften Stock plötzlich inne hielt und erstarrte. Wie ein Jagthund verharrte er. Den Schädel nach vorn gestreckt, den Oberkörper leicht gebeugt. Witterung aufnehmend.
Er hatte etwas gehört. Etwas, das definitiv nicht hier her gehörte. Da war es wieder. Und es schien direkt aus der Wohnung vor ihm zu kommen. Fast unbewusst glitt seine rechte Hand unter die Bomberjacke und umschloss den Griff der aufgebohrten Gaspistole, die er seit einiger Zeit immer und überall dabei hatte. Da! Etwas Hohes, Helles, Wimmerndes. Und es kam wirklich aus der Wohnung. Es klang wie ein verletztes Tier oder wie das entfernte Kichern eines Wahnsinnigen.

1:47 Uhr
Mit erhobener Pistole und gespanntem Hahn setzte Gerd vorsichtig einen Schritt vor den nächsten. Dabei vermied er jegliches Geräusch. In der Wohnung war es wegen der vielen Fenster etwas heller als im Treppenhaus und seine an die Dunkelheit gewöhnten Augen hatten keine Probleme, ihrem Besitzer die nötige Orientierung zu liefern. Er durchschlich einen engen Flur. Da! Da war es wieder. Diesmal noch heller, noch leidender, noch unheimlicher. Es kam aus dem Zimmer am Ende des Korridors. Wenn das wieder einer dieser bekloppten Junkies ist, verpasse ich ihm direkt `ne Ladung, dachte sich Gerd. Dann kriegt er seinen Goldenen Schuss direkt von mir. Den blas` ich weg.
Die Tür hing nur noch halb in den Angeln und in dem Raum schien es ein wenig dunkler zu sein als in den übrigen Zimmern. Vielleicht hatte jemand Vorhänge zugezogen oder Pappe in die Fenster geklebt. Gerd stand nun ruhig atmend neben dem Türrahmen. Stille! Er spürte seine Anspannung und er spürte, wie gut ihm das tat. Er brauchte den Kick, die Spannung, den Kampf. Und zum Kampf würde es kommen, wenn sich so ein asozialer Drogenkrüppel in seinem Revier aufhielt, keine Frage. Junkies hasste er fasst noch mehr als Ausländer, Schwule und Penner nachdem sich seine kleine Schwester vor etwa drei Jahren totgefixt hatte. Den Dealer, der seine Schwester fast zwei Jahre lang mit Stoff versorgt hatte, fischte man einige Wochen später mit eingeschlagenem Schädel, gebrochenem Genick und unzähligen Knochenbrüchen etwa 50 Kilometer östlich von Leipzig aus der Elbe. Neben den zugefügten Blessuren hatte man ihm einen etwa 30x30 cm großen Judenstern in die Brust eingebrannt. Die Täter wurden nie überführt.

Im Geiste überprüfte er die Waffe und jeden Muskel seines Körpers. In dem Raum war es nun still. Zu still. Hatte der Eindringling Verdacht geschöpft? Hatte er ihn gehört? Oder war er schon völlig weggetreten? Gerd atmete tief aus und schloss dabei für einen Moment seine Augen. Dann plötzlich entfuhr seinem Mund ein wütender, markerschütternder Schrei. Er hob die Waffe, trat die Tür mit seinem Kampfstiefel berstend aus der letzten Angel und rannte wie ein Stier mit hochgezogenen Schultern und gesenktem Kopf direkt in die Mitte des abgedunkelten Raumes. Nichts. Da hörte er auf einmal wieder dieses asthmatische Ächzen und Stöhnen. Dieses Wimmern. Direkt hinter ihm. Wie ein Raubtier drehte er sich herum und ließ sich dabei zu Boden fallen. Und noch bevor er diesen berührte, hatte er auch schon geschossen.

1:55 Uhr
Gerd hatte die Vorhänge von den Fenstern gerissen und helles Mondlicht durchflutete das fast leere Zimmer. Er saß noch immer völlig fassungslos und gelähmt vor dem wimmernden Häufchen Mensch, das da, in blutige Handtücher gewickelt, vor ihm lag. Der Säugling schlief jetzt. Um ihn herum nur Blut, Taschentücher und eine leere Flasche Cola. Gerd suchte unbewusst nach einer Zigarette, zündete sie an und inhalierte tief. Dann stand er jedoch auf und entfernte sich mit der Zigarette von dem Kind. Er trat ans Fenster und öffnete es, so dass der Qualm abziehen konnte. Frische, herrlich duftende Nachtluft strömte in die Wohnung. Er lehnte sich auf die Fensterbank und versuchte seine Nerven zu beruhigen. Der Mond sah gnädig auf ihn herab. Immer und immer wieder schüttelte Gerd den Kopf; das gibt’s doch nicht, das kann doch nicht sein. Da wär` mir ja jeder verwichste Drücker lieber gewesen. Was mach` ich denn jetzt, verdammt noch mal?

2:20 Uhr
Der Säugling war wieder erwacht und begann zu schreien. Gerd schmiss seine Zigarette aus dem Fenster und bewegte sich unbeholfen auf ihn zu. Er fühlte sich mit seinen 28 Jahren plötzlich unfassbar hilflos und unfähig. Vorsichtig kniete er sich auf den verdreckten Teppich und berührte das Gesicht des Kindes mit seinem Zeigefinger. Unterhalb des linken Ohres hatte es ein kleines aber deutlich sichtbares Feuermal. „Pssst, psssst. Ist alles gut. Alles gut.“ Er fasste sich ein Herz und nahm den Säugling, der noch immer in ein altes Stofftuch gewickelt war, zum ersten Mal auf den Arm. Dieser wollte sich jedoch nicht beruhigen lassen. Gerd stand auf und ging langsam im Zimmer auf und ab, das Baby behutsam in seinen Armen wiegend. Er hatte noch niemals ein Baby getragen und kam sich irgendwie albern vor. Was sollte er tun? Die leibliche Mutter, wahrscheinlich so eine völlig kaputte Drogenkuh, würde bestimmt nicht plötzlich hereingeschneit kommen, um sich des ausgesetzten Säuglings anzunehmen. Und der oder die Kleine musste doch was trinken. Während das Baby immer weiter schrie, spürte Gerd, wie eine innere Unruhe in ihm heranwuchs. Er trat ans Fenster und verschloss es mit einer Hand. Dann ging er zurück zu den blutgetränkten Handtüchern. Das Blut wirkte im Mondlicht schwarz und bedrohlich. Er legte das Kind zurück auf den Boden. Es war plötzlich ganz ruhig geworden und sah ihn mit großen, lebendigen Augen an. Und dann fasste er seinen Entschluss. Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, schenkte dem Säugling einen letzten Blick und drehte sich um.
„Verzeih`!“ Dann ging er aus dem Zimmer hinaus. Seine Schritte hallten durch den schmalen Flur. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Im Treppenhaus stürzte er die Stufen nach unten. Vorsichtig sah er durch die Haustür. Es war niemand zu sehen. Niemand, der ihn verraten oder wiedererkennen konnte. Niemand, der ihm einen Vorwurf machen konnte. Er verließ die Kieler Straße Nr. 9 ohne sich auch nur einmal umzudrehen.
6:20 Uhr
Er wachte schweißgebadet auf. Der Traum war fürchterlich gewesen. Immer und immer wieder hatte er den toten Landstreicher in der Bushaltestelle gesehen und immer wieder war er auf ihn zugegangen. Immer wieder hatte er ihm die Schirmmütze vom Kopf geschlagen und immer wieder hatten ihn dann große, anklagende Babyaugen angestarrt. Er fuhr sich mit der zitternden Hand über die Glatze, langte neben sich und fand eine Zigarette. Draußen wurde es langsam hell. Er hörte einen einfahrenden Zug im Hauptbahnhof. Er warf die Zigarette in eine leere Bierflasche und stand, noch immer unruhig und fahrig, auf. Er trug nur Shorts. Auf seiner muskulösen Brust war ein großes Hakenkreuz eintätowiert. Auf seinem linken Oberarm stand in verschnörkelten Lettern die Botschaft "Krieg macht frei" und auf seinem rechten die Zahl „88“. Langsam ging er ins Badezimmer und setzte sich auf den Rand der Wanne. Laurie, so hatte er die Kleine einfach mal genannt, schlummerte friedlich in einem Meer aus Kissen und T-Shirts mitten in der Badewanne. Er hatte Laurie vor etwa einer Stunde mit der Spezialmilch aus der Notapotheke gefüttert und mit neuen Windeln unbeholfen gewickelt. Dann war sie friedlich in seinen Armen eingeschlafen und auch jetzt schlief sie noch immer.

Er war keine 100 Meter weit gekommen. Dann hatte er sich umgedreht und war wie ein Irrer zurück zu seinem Toten Riesen gerannt. Völlig außer Puste hatte er die Wohnung erreicht und sich sofort vor dem Säugling auf den Boden geworfen. Wimmernd und flehend hatte er ihn in die Arme genommen, fest an sich gedrückt und hemmungslos zu weinen begonnen. Zum ersten Mal seit dem Tod seiner Schwester sackte er wieder völlig in sich zusammen und kauerte hilflos und klein in einer schwarzen Welt, die er schon lange nicht mehr verstand und noch nie verstanden hatte.

9:01 Uhr
"In der Braunstein-Allee hat es heute Nacht allem Anschein nach einen brutalen Mord gegeben. Wie ein Polizeisprecher unserem Sender auf Anfragen mitteilte, wurde heute morgen gegen 7:00 Uhr eine männliche Leiche in einer Bushaltestelle entdeckt. Es scheint sich dabei um einen Obdachlosen zu handeln. Nach Polizeiangaben wies der Mann starke Verletzungen im Gesicht und im Halsbereich auf. Die Spaziergängerin, die den Toten gefunden hatte, wurde mit einem Schock ins Krankenhaus eingeliefert. Wer Angaben zu diesem Verbrechen machen kann, möge sich bitte an eine örtliche Polizeidienststelle wenden.

Und auch im nächsten Fall bittet die Kripo Leipzig um Ihre Mithilfe. Heute Morgen meldete sich eine junge Frau mit ihren Eltern im Samariter-Krankenhaus. Sie gab an, in der Nacht heimlich ein Kind zur Welt gebracht zu haben. Aus Angst vor ihrer Familie geschah dieses in einem der "Toten Riesen" in der Kieler Straße. Aus Verzweiflung ließ sie ihr Kind zurück. Einige Stunden später vertraute sie sich jedoch ihren Eltern an, die sie dann sofort zu dem Ort der Niederkunft fuhren.
In der leer stehenden Wohnung fanden sie dann jedoch nicht mehr den Säugling, sondern nur noch einige Wickeln und Tücher vor. Daraufhin fuhren sie zum schon erwähnten Krankenhaus, in der Hoffnung, dass das Baby dort vielleicht in die Babyklappe gelegt worden war. Doch weder in diesem als auch in den anderen Krankenhäusern der Stadt und der näheren Umgebung war in dieser Nacht ein Baby abgegeben worden. Die Polizei geht mittlerweile von einer Kindsentführung aus. Wer Angaben zu diesem Vorfall machen kann, möge sich bitte ebenfalls bei einer Polizeidienststelle melden...und nun zum Wetter..."

9:03 Uhr
Während Gerd mit der friedlich träumenden Laurie in einem abgewetzten Sessel saß und immer wieder sein Gesicht in ihre kurzen, schwarzen Haare drückte, kam die Sonderermittlungsgruppe „Braunstein-Allee“ zum ersten Mal im zweiten Stock des Polizeipräsidiums zusammen. Paul Schumacher, Hauptkommissar im Morddezernat III und Leiter dieses 4-köpfigen Teams, fasste kurz alle Informationen zusammen, die sie bis jetzt über den Fall hatten. Dann verteilte er die Aufgaben und die Männer gingen an ihre Arbeit.
Es war nicht das erste Mal, dass in den letzten Monaten in Leipzig ein Obdachloser angegriffen wurde. Und es war leider auch nicht das erste Mal, dass dabei jemand zu Tode gekommen war. Die Polizei vermutete schon seit geraumer Zeit, dass diese Taten einen rechtsextremistischen Hintergrund haben könnten; bis dato hatte es jedoch noch nicht eine einzige Verhaftung gegeben. Erschwert wurden die Ermittlungen dadurch, dass die Opfer zumeist in sehr wenig bewohnten Vierteln umgekommen waren, so dass es neben den kaum auswertbaren Spuren auch fast niemals brauchbare Zeugenaussagen gegeben hatte. Doch diesmal sah es etwas anders aus: obschon Schumacher auch diesmal nicht mit einem Zeugen rechnete, der ihnen bei der Lösung des Falles helfen konnte, gab es etwas anderes, das ihn ein wenig zuversichtlicher in die Zukunft blicken ließ. Neben einem gesicherten Stiefelabdruck an einer leicht sandigen Stelle neben der Haltestelle, hatten sie eine frische Zigarettenkippe in unmittelbarer Nähe des Tatortes gefunden. Die größte Hoffnung verband er jedoch mit einer Speichelprobe, die die Kollegen der Spurensicherung vom Schirm der Baseballmütze nehmen konnten, die das Opfer getragen hatte. Zigarettenkippe und Speichel befanden sich bereits seit 40 Minuten im Labor und vielleicht konnten ihm schon am nächsten Tag erste Ergebnisse mitgeteilt werden.

11.30 Uhr
Er fühlte sich irgendwie gut. Nachdem er dem Säugling erneut die Flasche gegeben hatte, so langsam entwickelte er eine gewisse Routine, kochte er Kaffee und aß eine kalte Dose Ravioli. Dann setzte er sich vor den Fernseher und schaltete den Videorekorder ein. Die Kassette, die er sich anschauen wollte, hatte er nach langem Suchen schließlich unter dem Bett gefunden. Sie war noch in gelbes, vergilbtes Geschenkpapier verpackt und es stand in geschwungenen Buchstaben „Für mein Bruderherz zum Geburtstag“ darauf. Rauchend griff er nach der Fernbedienung, wobei er feststellte, dass seine Hände leicht zitterten. Er führte es darauf zurück, dass er heute noch kein Bier getrunken hatte, was zu dieser Uhrzeit sehr ungewöhnlich für ihn war. Der Bildschirm begann zu flackern und dann sah er plötzlich das Gesicht seiner Schwester. Sie blickte keck in die Kamera; ihre Augen strahlten vor Aufregung: „Lieber Fernsehzuschauer! Sie fragen sich bestimmt, wo ich bin. Ich werde es ihnen sagen. Ich bin in Berlin, der alten und neuen Hauptstadt, und ich stehe direkt vor dem Brandenburger Tor.“ Die Kamera schwenkte wackelnd nach oben und tatsächlich konnte man wenige Augenblicke später das gigantische Bauwerk mit der 5 Meter hohen kupfernen Quadriga sehen. Dann wieder das junge Mädchen. „Ja, wir schreiben das Jahr ´93 und wir befinden uns auf 10er Abschlussfahrt. Es ist Juni, sehr schön warm und wenn Sie wollen, können Sie mit uns nun Berlin sehen und erleben. Deshalb rate ich Ihnen eines: folgen Sie mir weiter, bleiben Sie nicht stehen!“
In der nächsten Einstellung saßen mehrere Jugendliche an Bistro-Tischen direkt vor dem Eingang von Joe am Kudamm als plötzlich das Telefon klingelte. Gerd schnellte erschrocken hoch, schaltete den Fernseher aus und suchte sein Handy. Es steckte in der Innentasche seiner Bomberjacke. Bevor er das Gespräch annahm, schluckte er den Kloß herunter, der sich in den letzten Minuten in seinem Hals gebildet hatte. Dann hielt er das Gerät an sein tränennasses Gesicht.
„Ja?...Alles in Ordnung, Kamerad..... Und selbst…..nee, gerade erst aufgestanden…..Natürlich….na was denkst du denn?...Natürlich war ich das. Hab euch doch gesagt, dass wir die Säuberungsaktion jetzt richtig klarmachen.....iss ja egal, hat zumindest richtig gelitten, die Zecke....nee, ich bin doch nicht bescheuert....ja, erzähl ich euch später alles.... wohl eher nicht.....Warum?....Sach ma, bin ich dir jetzt Rechenschaft schuldig oder was?..... Feiert doch alleine, oder kriegt ihr das nicht geregelt?....ich bin nicht sauer.....nee, Blödsinn, ich will nur meine Ruhe....ja gut....ja, bis dann.“
Gerd warf das Handy aufs Bett und ging langsam ins Badezimmer. Laurie war jetzt wach. Sie betrachtete ihn mit großen Kulleraugen und als er sie hoch hob, gab sie ein leises Seufzen von sich. Er roch an ihrem Köpfchen, streichelte ihr rotes Feuermal und lächelte sie zaghaft an.

23:05 Uhr
„Und Sie sind sich ganz sicher?“
„Natürlich. Ich hör`s doch noch immer schreien. Direkt über mir. Das geht schon Stunden so.“
„Vielleicht hat er Besuch mit Kindern.“
„Der, nein, bestimmt nicht. Wenn der Besuch hat, sind das immer irgendwelche besoffenen Skins. Ganz üble Leute, die. Nein, ich sage es Ihnen. Der hat das Kind entführt und will es bestimmt verkaufen. Man hört ja so viel. Über Menschenhandel und so.“
„Schon gut, schon gut. Wir können uns die Sache ja mal ansehen. Wie sagten Sie heißt der Mann? Und wie lautet die Adresse?“
23:30 Uhr
Laurie versank regelrecht in Gerds schwarzem XL German Pit Bull-Shirt. Doch sie war allem Anschein nach wieder zufrieden. Sie hatte die letzten zwei Stunden fast durchgehend gebrüllt. Egal, was Gerd auch versucht hatte, sie wollte sich einfach nicht beruhigen lassen. Voller Verzweiflung und Ohnmacht spürte er, wie langsam eine unbändige Wut und Aggressivität in ihm aufstieg. Während er sie immer und immer wieder zu füttern versuchte, trank er ein Bier nach dem anderen. Es fehlte nicht mehr viel und er wäre völlig betrunken. Zu allem Überfluss klingelte sein Handy alle 15 Minuten. Irgendwann schaltete er es einfach aus und hoffte inständig, dass seine Kameraden nicht auf die Idee kämen, ihn zu Hause zu besuchen. Und wenn schon, er würde ihnen sowieso nicht öffnen. Nun lag sie vor ihm auf seinem Bett und er machte ihr eine neue Windel. Er war innerlich wieder völlig ruhig und entspannt und weder der Anblick noch der Geruch des dunklen Kindspechs brachten ihn durcheinander. Nachdem er Laurie wieder in ihr Nazi-Outfit gewickelt hatte, lümmelte er sich zu ihr auf`s Bett. Er legte seinen Kopf genau neben ihren und bewunderte ihr Gesicht, ihre feinen, friedlichen Züge, ihr einmaliges Feuermal, ihre stille Weisheit, ihre ungebrochene Kraft. Und immer wieder sog er gierig ihren Duft ein. Glücklich schloss er die Augen und war bereits wenige Sekunden später eingeschlafen.
23:40 Uhr
Schumacher war gerade zu Bett gegangen, als das Telefon geklingelt hatte. Ein Mitarbeiter des Labors teilte ihm mit, dass sie wie die Besessenen Stunde um Stunde an der Speichelprobe gearbeitet hatten und nach unzähligen Vergleichen zu einem Ergebnis gekommen seien. Ob er sofort kommen könnte.

13.05.1996 / 0:04 Uhr
Schumacher eilte die breite Eingangstreppe hinauf und begab sich direkt in die zweite Etage. Im Einsatzraum warteten bereits zwei seiner Kollegen der Sonderermittlungsgruppe auf ihn. Er hatte sie direkt angerufen und sie hatten es wegen ihres kürzeren Fahrtweges tatsächlich noch vor ihm geschafft. Der dritte hatte sich am Telefon entschuldigen lassen. Er war vor etwa einer Stunde mit seiner Tochter ins Krankenhaus gefahren, da sie über starke Bauchschmerzen im Blinddarmbereich geklagt hatte.
Schumacher schüttete sich einen Becher frischen Kaffee ein und nippte daran. Er war aufgeregt. Die Müdigkeit, die ihn noch vor einer Stunde fast umgebracht hätte, war wie weggeflogen. Da öffnete sich die Tür und ein älterer, untersetzter Mann im weißen Kittel trat herein. In seiner Hand hielt er eine rote Heftmappe.
„Hallo Günther. Mensch, du bist ja wahnsinnig. Ich schätze, dass dürfte absolute Rekordzeit gewesen sein, was?“
Der untersetzte Mann mit dem überarbeiteten Gesicht lächelte gequält: „Kann schon sein, Paul. Doch irgendwie kamen wir schneller vorwärts als geplant. Die Analyse hat natürlich am meisten Zeit verschlungen. Doch als die DNA dann endlich bestimmt war, ging alles ganz schnell.“
Er trat auf Schumacher zu und legte die Mappe vor diesem auf den Tisch. Dann nahm er Schumacher die Tasse aus der Hand und nahm einen großen Schluck.
„Ah, autsch. Der ist ja heiß !“
„Komm mach an. Spann` uns nicht auf die Folter.“ Auch die zwei anderen Männer standen jetzt direkt am Tisch.
Der Labortechniker wischte sich über den Mund:
„Wie gesagt; wir hatten Glück. Ich verglich die Probe zunächst einmal mit den stadtbekannten Gewalttätern mit rechtsradikalem Background. Und siehe da: der zweite isses direkt gewesen. Dankbarer Weise fängt sein Nachname mit A an.“
Schumacher sah ihn erregt an.
„Alberts, Gerd Alberts. Skin, Schläger, Möchtegern-Führer. Hat etwa 20 Glatzen um sich herum gesammelt und steht seit längerer Zeit immer wieder unter Beobachtung. Hat insgesamt schon drei Jahre im Knast gesessen. Unter anderem von 1988 bis 1990 in Bautzen II. Hat damals mit zwei anderen Schlägern eine Gruppe von...und jetzt kommt`s...Obdachlosen aufgemischt und einen Tippelbruder ins Koma getreten. Hatte damals einen guten Anwalt. Alfons Schäfer. Ihr wisst schon. Der ist doch jetzt NPD-Funktionär in Dresden und ständig im Fernsehen.“
Schumacher war auf einmal sehr nervös.
„Und du bist dir ganz sicher? Keine Verwechslung möglich?“
Der Laborant sah ihn gekränkt an.
„Paul, ich bitte dich.“
„Entschuldige. Ich kann es nur kaum fassen, dass wir wirklich so dicht vor der Auflösung dieses Falles stehen sollen. Vielen Dank Günther. Hast einen gut bei mir.“ Er schlug dem Kollegen auf die Schulter und griff nach der Mappe. Nachdem er gefunden hatte, was ihm wichtig erschien, griff er nach dem Telefon und veranlasste in kurzen Anweisungen alles Weitere. Als er aufgelegt hatte, stand der Labortechniker noch immer im Raum.
„Mensch Günther. Geh´ nach Hause und hau` dich hin. Du hast genug geleistet heute.“
Der Angesprochene lächelte unsicher.
„Ich weiß ja nicht, aber ich habe eben, als ich auf euch gewartet habe, in der Kantine mit einem Polizisten gesprochen, der vor ca. einer Stunde einen Anruf entgegen genommen hat.“
Schumacher wurde langsam ungeduldig.
„Na und?“
Der Labortechniker gab ihm schweigend einen Zettel, den er zuvor aus seiner Kitteltasche geholt hatte. Schumacher überflog hastig die wenigen handschriftlichen Zeilen. Dann starrte er seine Kollegen erstaunt an.
„Das gibt´s doch gar nicht. Männer, ihr glaubt nicht, was hier steht.“

1:24 Uhr
In der Wohnung war es still und dämmrig. Silbernes Mondlicht fiel fast zärtlich durch die Dachfenster und streichelte den muskulösen, tätowierten Körper des Mannes, dessen rechter Zeigefinger sich seit geraumer Zeit schon in der geschlossenen Faust des gleichmäßig atmenden Säuglings befand.

1:25 Uhr
Schumacher hatte zwei Männer vom SEK auf dem gegenüber liegenden Hausdach postiert und ließ sich ständig über Funk mitteilen, wie es in der Wohnung aussah. Die Tatsache, dass der mutmaßliche Mörder unter Umständen einen Säugling in seiner Gewalt hatte, veränderte das weitere Vorgehen entscheidend. Die Gesundheit und das Leben des Kindes durften auf keinen Fall gefährdet werden. Nachdem etwa 15 Minuten lang in der Wohnung keine Bewegung registriert wurde, gab er den Befehl zum Zugriff.

1:29 Uhr
Die 15 Beamten stehen reglos im dunklen Treppenhaus. Sie tragen Schutzwesten, Masken und Helme. Schumacher kommt leise die Treppe heraufgeschlichen. In der Parallelwohnung schlägt eine Uhr die halbe Stunde. Er hebt den Zeigefinger, nickt den Männern mit der Stahlramme kurz zu und formt mit den Lippen das Wort „Go“. Dann geht alles ganz schnell. Die Ramme kracht brüllend gegen die Stelle der Tür, an der sich das Schloss befindet. Dann sind die Männer auch schon in der Wohnung. Starke Lampen jagen Lichtbalken durch die Räume. Es riecht nach Bier und vollen Windeln. Der Mann mit dem Hakenkreuz auf der Brust wird im Schlaf überrascht und leistet keinen Widerstand. Der Säugling, scheinbar ein Mädchen, beginnt lauthals zu schreien als der Skinhead unsanft auf den Boden geworfen wird. Handschellen werden gezückt und sehr eng angelegt. Dann wird er hoch gerissen und mit nach unten gedrücktem Kopf aus der Wohnung geführt. Plötzlich reißt er sich los und rammt dem neben ihm stehenden Beamten seinen Schädel gegen die Stirn. Dabei brüllt er wie ein angeschossenes Tier. Drei Männer reißen ihn erneut zu Boden, drücken ihm einen Stiefel ins Genick. Der Skinhead gibt auf. Murmelt nur noch leise vor sich hin. Er flüstert die ganze Zeit. Auch noch, als er schon lange im Streifenwagen sitzt und durchs nächtliche Leipzig gefahren wird. Auch noch, als der Säugling längst im Krankenwagen von fachkundigen Händen untersucht wird und unablässig schreit.
„Laurie, mein Engel. Laurie, mein Engel. Sei stark und pass´ auf dich auf. Laurie, mein Engel.“ Und niemand der Beamten sieht die Tränen, die dem Gewalttäter und Mörder übers Gesicht laufen.

24.12.2005 / 15:02 Uhr
Er trug das blonde Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Nervös zog er an seiner Zigarette und streichelte immer wieder das kleine Geschenk, das direkt vor ihm auf dem Tisch lag.
„Du wolltest doch nicht mehr rauchen.“
Er drehte sich um und sah das Mädchen, das dort in der Tür des Besucherraumes stand und lächelte. Unsicher stand er auf und wandte sich dem Kind und seiner Mutter zu, die inzwischen auch eingetreten war.
Er war so nervös, dass er kaum etwas sagen konnte.
Deshalb ging er einfach nur in die Hocke und sah das Mädchen an. Groß war sie geworden. Groß und noch viel, viel hübscher. Mein Gott, dachte er, wie sich ein Kind doch in einem Monat verändern kann. Das Mädchen kam auf ihn zu und schlang seine Arme um ihn. Er drückte sein Gesicht in ihr dunkles Haar und genoss ihren Duft. Dabei drückte er sie fest an sich.
„Frohe Weihnachten. I bah. Du stinkst nach Rauch.“
„Entschuldige, Kleines. Ich verspreche dir, dass ich wirklich versuchen werde, mit dem Rauchen aufzuhören. Doch die Zeit hier drin` geht so langsam vorbei, dass man dankbar ist für jede Abwechslung.“
„Hm. Hauptsache, du versuchst es weiter.“
Er lächelte und sah dem Mädchen tief in die Augen. Dabei streichelte er zärtlich über das rote Feuermal unterhalb ihres linken Ohres.
Dann löste er sich von dem Kind und drehte sich zu der Frau um, die die Szene mit glänzenden Augen beobachtet hatte.
„Hallo Gerd. Schön, dich zu sehen.“
Dabei kam sie auf ihn zu und legte ihm ihre Arme um die Schultern. Als sich ihre Lippen berührten, merkte er erst, wie sehr sie ihm gefehlt hatte. Wie sehr sie beide ihm gefehlt hatten.
Dann sah er wieder zu dem Mädchen hinunter, die schon ganz aufgeregt vor sich hin hibbelte.
„Seid ihr jetzt bald fertig mit dem blöden Knutschen?“
Die Frau lächelte ihre Tochter an.
„Hast ja Recht, Laurie. Ich finde auch, dass es jetzt langsam höchste Zeit wird, dass du Papas Geschenk auspackst.“

ENDE
ARTSNEUROSIA (Swen Artmann)
(Für Ronja Louise und Maja Christin )

 

Hallo Artsneurosia,

hat mir gut gefallen. Schön geschrieben, mit vielen Details, so dass ich alles bildlich vor Augen hatte. Auch den Kontrast zwischen dem Hass des Skinheads und seiner Fürsorge gegenüber dem Baby fand ich gelungen und realistisch.

Auch wenn die Geschichte stellenweise für meinen Geschmack etwas zu lang war, fand ich es am Ende schade, dass du uns die Entwicklung dazwischen nicht erzählt hast. Wie haben sie sich kennengelernt, wie hat sich die Zuneigung entwickelt?

Besonders zu Beginn hatte ich das Gefühl, dass deine Geschichte ein klein wenig ins Klischee abdriftet, sowohl was die Beschreibung des Obdachlosen und des Skins angeht, als auch die Beschreibung der Hochhaussiedlung und ihrer "Bewohner" selbst.

Details:

1:25 Uhr
Mach doch am besten vor allen Zeitangaben einen Absatz.
Ex-Hochbehausungen
Hm. Auch wenn sie leer stehen, sind es nicht immer noch Hochbehausungen?
völlig veralterte Telefonzellen
veraltete
Hier gab es nur besprühten Beton, verrammelte Geschäfte, zerstörte, völlig veralterte Telefonzellen, ausgebrannte Mülltonnen, keinen Strom und in der Regel auch keine Bullen.
Keine Polizei? Und dass obwohl bekannt ist, dass sich all die von dir aufgezählten Gruppen dort aufhalten? Wäre bzw. ist bei uns anders.
Wie ein Jagthund verharrte er.
Jagdhund

Liebe Grüße,
Juschi

 

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