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Leselust
Bearbeitet: Leselust
Leselust
Ich habe ein Problem. Nein, lasst es mich bitte anders formulieren. Ich habe ein großes Problem und viele kleine Probleme. Mein großes Problem besteht darin, dass ich all mein Geld in Bücher investiere. Was meine kleinen Probleme angeht, sie resultieren aus dem großen Problem.
Ich habe um die 1487 Bücher auf 4 Regale verteilt. Ich kann euch sagen, wie in einer Bibliothek sieht es in meiner 2 Zimmer Wohnung aus.
An keinem Buchladen kann ich vorbeiziehen ohne auch nur einen Blick in den Laden zu werfen. Stundenlang könnte ich mich dort in den Regalen umsehen, meistens kaufe ich mir dann auch gleich ein Buch, oder auch mal zwei, manchmal auch mehrere.
Schlimm sind mir die Antiquariate, um genauer zu sein, diese 1-Euro Bücher die man dort häufig findet; eh man sich versieht, nimmt man für 30 Euro 1-Euro-Bücher in einer alten Tüte, die diese Händler einem immer mitgeben (wollen), ins vertraute Heim.
Oft wenn ich Besuch habe, ist dieser hoch erstaunt über all' meine Literatur. Just in diesem Moment nimmt der Respekt im Quadrat gegenüber mir zu. Es freut mich. Nun ja, zumindest solange, bis die Frage gestellt wird, ob ich denn auch alle diese Werke gelesen habe. Meistens antworte ich mit einem Ja. Ja, auch wenn es erstunken und erlogen ist, was soll ich denn sonst sagen? Das diese vollgepackten Bücherregale aus einer Kaufsucht entstanden sind? Nein, nein. Dann wäre ich mir ja wieder den frisch erworbenen Respekt los. Das geht natürlich nicht.
Also krame ich einfach einige Bücher hervor, die ich mal gelseen habe und an die ich mich noch wage erinnern kann, zitiere ein paar Stellen die mir so in den Sinn kommen und erwähne nebenbei noch wie ach so toll doch der Autor ist.
Dass verdutzt die meisten dann und sie lassen von den Büchern ab, weil sie einerseits den Autoren nicht kennen und andererseits meine tiefgründige Erklärung über das jeweilige Buch zu hoch ist. Puh, danke dir Fortuna!
Ich kenne sie alle,...vom sehen her. Denn gelesen habe ich so gut wie keins dieser Bücher. Interessant finde ich es, dass wenn auch nur ein Buch fehlt, ich dies sofort bemerke und wie ein Suchtrupp durch die Wohnung ziehe um dieses Werk aufzufinden.
Vom Verleihen der Literatur möchte ich erst gar nicht sprechen. Man stelle sich vor, man bekommt das Verliehene nicht wieder zurück oder es sind gar Eselohren enthalten. Blanker Horro!
Nun, werden wir wieder ernst. Die Warheit sieht ganz anders aus, denn mir geht es
nur ums Konkurenzdenken.
Ich möchte nicht, dass jemand anderes dieses Buch gelesen hat. Denn ich selbst habe es höchstmöglich noch nicht gelesen und ich kann es partout nicht ab, wenn mir jemand ein Buch empfiehlt, dass ich selbst zu Hause zu stehen habe. Denn das Empfehlen ist meine Aufgabe.
Ganz zu schweigen von dem Wissensvorsprung den derjenige dann hätte. Eine grauenhafte Vorstellung.
Wann diese Kaufsucht anfing, kann ich leider nicht mehr genau sagen, aber ich war wohl um die 19 Jahre.
Es fing mit einem Antiquariat für griechische und römische Literatur an. Ich kam hinein und da saß er, mittelgroß mit einer Hornbrille die Panzerglas implementiert hatte und Pädagogenbart, der Verkäufer. Hossa!, genauso hatte ich mir einen Gelehrten vorgestellt. Ich zog also meine Bahnen durch diesen kleinen Laden und wurde mit einer Welt konfrontiert, die mir bis dahin ein Rätsel war. Nein, nicht wegen all der lateinischen und griechischen Literatur die ich nicht verstehe, sondern es war einfach die Sache, dass ich mir nicht vorstellen konnte, wie man den Überblick in dieser Welt behalten sollte. Der nette Verkäufer empfahl mir dann aber freundlicher Weise ein paar interessante Bücher, denn ich selbst wäre nicht im Stande gewesen. Ich bedankte mich für seine Hilfe und versprache ihm alsbald mal wieder vorbeizusehen.
Zu Hause angekommen packte ich die Bücher aus der Tüte und stellte sie in mein Bücherregal. Es war nur ein kleines Regal, was eigentlich für als Ablageschrank gedacht ist. Nun wie dem auch sei, ab jetzt ist es mein Bücherregal. Oh man, ich kann euch sagen, dass sah nicht schlecht aus mit den 3 Büchern da drin. Ich kam mir gleich viel gebildeter vor und meine Schwester fragte mich dann auch sofort ob ich bescheuert sei, da ich 40 Euro für 3 gebrauchte Bücher ausgegeben habe. Nein antwortete ich ihr in einem ruhigen Ton: Dies sind Bücher, die aus mir einen neuen Menschen machen sollen. Sie lachte nur und nannte mich einen Vollidioten. Von dieser Schnepfe ließ ich mich jedoch nicht kränken.
Schon am nächsten Tag zog ich los, um mehr und mir unbekannte Läden aufzustöbern, die gebrauchte Bücher verkauften. Eins kann ich euch sagen, ich fand etliche davon! Denn von Tag zu Tag wurde aus meinem Zimmer eine Bibliothek, wie sie sogar die Bibliothekare in Alexandria in Erstaunen versetzt hätte. Mein eines Regal reichte schon gar nicht mehr aus, aber wozu gibt es denn eine berühmte schwedische Möbel- und Einrichtungsfirma. Dort kaufte ich mir gleich 3 Regale zum Preis von knapp 150 Euro. Super Geschäft war das in meinen Augen. Ich baute sie in meinem Zimmer auf und füllte im Laufe der Zeit diese auch mit allerwelts Literatur. Ab und an habe ich eines der Bücher gelesen, aber nur zu Hälfte, dann fing ich meistens ein neues Werk an.
Als ich mitte 22 war und endlich aus der Wohnung auszog, nahm ich natürlich meine „Bibliothek“ mit und baute sie in meiner neuen 2-Zimmer Wohnung auf.
Ihr werdet es kaum glauben, aber ich habe eine wirklich hinreißende Freundin gefunden, die genau die gleiche Leidenschaft hat. Platz zum schlafen haben wir zwar kaum noch, aber was soll's? Als Bibliophiler muss man ebenda Grenzen ziehen, denn eine positive Eigenschaft können wir unserer gemeinsamen LEIDENschaft abverlangen, ...