Liebe und andere Erwartungen
Liebe und andere Erwartungen
Ich sitze bei einer Latte Macchiato in meinem Lieblingscafé und warte auf einen guten Freund.
Schon von weitem erkenne ich, dass Damian fantastisch aussieht: Die schwarzen Haare aufgegeelt, die grünen Mandelaugen funkeln, der Gang federt und um seine Hüften schmiegt sich eine dieser smarten neuen Levis-jeanshosen.
Er setzt sich mit einem strahlenden Lächeln.
"Du bist verliebt", konstatiere ich nüchtern. "Er heisst Sven", sagt er. "und ist toll, aufmerksam, schlau, sensibel und so kommunikativ! Wir telefonieren Stunden, schreiben E-Mails oder simsen...."
Während ich der Beschreibung von Mr. Wonderful lausche, wappne ich mich innerlich schon mal für das, was unweigerlich kommen wird: eine dramaturgisch perfekt getimte Pause, gefolgt von einem tiefen Seufzer und dem Satz, der die systematische Demontage des Ärmsten einleitet.
"Eigentlich wäre er ja perfekt, aber.... er ist zu jung (zu alt, zu arm, zu reich, zu draufgängerisch, zu langweilig, zu intellektuel, zu albern, zu ernst, zu Muskulös, zu blond, zu was-auch-immer)". Irgendein K.O. Kriterium fänden Typen wie mein Freund selbst bei Brad Pitt.
Ich schalte wieder auf zuhören: Damian macht gerade die dramatische Pause....seufzt... und sagt: "Ausserdem ist er Schlagzeuger in einer Band.
In Dänemark, und joppt nebenbei am Flughafen. Und überhaupt sind die Voraussetzungen alles andere als perfekt. Aber ich dachte ich gehe da mal ohne Erwartungen ran und gebe dem Ganzen einfach eine Chance. Und jetzt muss ich wieder los, es war nett wieder einmal mit dir geplaudert zu haben. Bussi".
Er steht mit seinen funkelnden Mandelaugen auf und lässt mich sprachlos sitzen, mit der Rechnung (was nicht unüblich ist) und der Frage:
Sind es unsere Erwartungen, die uns das Leben und die Liebe schwer machen? Ist der perfekte Mann in wahrheit eine Kopfgeburt?
Eine Fantasiegestalt, geschaffen von unseren eigenen Ansprüchen - und somit verdammt dazu, an ihnen zu scheitern?
Richtig ist sicher: Wahre Stärke, Lust, und Zufriedenheit finden wir nur in uns selbst. Erst wenn wir aufhören zu erwarten, dass ein Mann uns glücklich macht, wenn wir begreifen dass nur wir selbst dafür verantwortlich sind, werden wir dauerhaftes Glück finden.