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Liebe verlangt Opfer

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25.02.2010
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Liebe verlangt Opfer

,,Ich liebe dich”, flüsterte er, während er Haarsträhnen zur Seite strich, die sich über ihr Gesicht gelegt hatten. Ihr Kopf lag auf seinem Oberschenkel - die Augen waren geschlossen. Sanft fuhren seine Finger die Konturen ihres Gesichtes nach, dann die blasse Haut ihres Halses entlang.
,,Warum müssen wir nur immer streiten?”, fragte er und lächelte, bereits wieder versöhnt. Sie antwortete nicht, aber das hatte er auch nicht erwartet. Immer noch streichelte er sie liebevoll.
,,Ich kann einfach meine Hände nicht von Dir lassen”, flüsterte er und dachte: ,,… wie all die anderen auch.”

Gerade verebbt, wallte die Wut schon wieder in ihm auf. Es quälte ihn, wenn er an die Männer dachte, die ihr tagtäglich begegneten. Was wusste er denn, was sie wirklich mit ihnen tat? Wer neben ihr saß, wenn sie mit ihm telefonierte, mucksmäuschenstill, abwartete bis sie sich verabschiedeten. Hatte sie sich vielleicht deswegen gestern nicht mit ich liebe dich, sondern mit bis gleich verabschiedet? Wie gleichgültig dieses bis gleich klang. Jetzt, im Nachhinein.

Unwillkürlich fasste er sie härter an, doch sie erwachte nicht.
,,Wie unschuldig Du jetzt aussiehst”, zischte er ihr zu, ,,aber ich bin nicht blöd. Mich verarscht keine!” Tränen stiegen ihm in die Augen. Er fühlte sich verletzt und das brachte ihn erst so richtig auf. Mit unterdrücktem Zorn hob er ihren Kopf an, zog sein Bein unter ihr hervor und ließ sie auf den Boden sinken. Vorsichtig, denn er wollte nicht, dass sie jetzt erwachte. Er wollte weg sein, wenn sie die Augen aufschlug.

Diese verlogenen Augen. Wie verletzt sie ausgesehen hatten, als er ihr von der Schlampe erzählte. Niemals hätte er sie, die er so liebte, mit solch einer Tussi betrogen, hätte er nicht gedacht, sie betröge ihn ebenfalls. Es ging ihm doch gar nicht um diese andere Fotze. Um sie ging es. Es geht immer um sie! Und dann machte sie ein Theater … Gott, führte sie sich bei diesem Gespräch auf. Hätte sie sich so aufgeführt, wenn sie ihn, wie sie bis zum Ende behauptete, tatsächlich nicht betrogen hatte? Er warf ihr einen Blick zu und lächelte bitter. Wie unschuldig sie jetzt aussah. Man konnte sich gar nicht vorstellen, dass sie toben konnte, wie eine Verrückte. Geschrien hatte sie, geweint, gekratzt. Er gab ihr vorsichtig einen Kuss auf die geschlossenen Lider.
,,Du wirst schon sehen”, murmelte er, ,,du wirst die Mutter meiner Kinder. Wenn Du es erst verstanden hast …”

Entschlossen verließ er das Wohnzimmer, nahm ihre Autoschlüssel, dachte kurz an den Stress, als er sich das letzte Mal ihr Auto geliehen hatte, und verließ die Wohnung. Er schüttelte den Kopf. In ein paar Wochen hatte er seinen Führerschein wieder. Er konnte Autofahren. Wieso sie sich deswegen nur so aufregen musste. Schließlich war es nicht seine Schuld gewesen, dass die Scheißbullen ihm seinen Schein abgenommen hatten. In dieser Woche - sogar in den zwei Wochen zuvor - hatte er nichts genommen. Auch das war ein Streitpunkt zwischen ihnen gewesen, dabei nahm er schon fast nichts mehr; Nur wenn sie gestritten hatten. Seine letztes ,,schnelles Wochenende” war sicher schon einen Monat her und sie war Schuld, dass er etwas brauchte, um mit seinen Kumpels trotz ihres Gezickes Spaß zu haben.

Über alles regte sie sich auf. Kein Wunder, dass er sie immer belügen musste. Es machte ihr Zusammensein leichter. Er log nur ihr zuliebe - nur ihrer beider Beziehung zuliebe. Er liebte sie und er wusste, dass man für die Liebe Opfer bringen musste.

Inzwischen war er am Auto angelangt. Beim Einsteigen warf er einen Blick zu den Fenstern ihrer Wohnung zurück. War sie aufgewacht, als er die Wohnung verließ? Hatte sie ihm nachgesehen? Beim Einsteigen nahm er sein Handy aus der Gesäßtasche und warf einen Blick darauf. Angerufen hatte sie nicht. Vielleicht schlief sie doch noch. Er startete den Motor, fuhr aus der Parklücke und gab Gas. Immer wieder sah er zum Fenster. Wenn sie wach war und hinaus gesehen hatte, hatte sie sich vom Fenster zurückgezogen, damit er sie nicht sehen konnte. Er stellte sich vor, wie sie neben dem Fenster an der Wand lehnte. Warum tat sie so etwas? Wieder rumorte es in seinem Inneren.

Er beschleunigte. Mit zunehmender Geschwindigkeit nahm die Wut ab. Je weiter er sich entfernte, je schneller er die Straße entlang jagte, desto befreiter fühlte er sich. Er drehte den CD Spieler auf, kurbelte das Fenster runter und ließ den Bass und den Wind die dunklen Gedanken aus seinem Kopf vertreiben. Er musste sich diese ewigen Vorwürfe nicht anhören. Er wusste was Liebe ist. Und Ihr würde er das auch noch beibringen. Er schloss die Augen und atmete tief seine Freiheit ein, während sein Fuß das Gaspedal bis zum Anschlag durchdrückte.


30. März 2001, Bei einem Verkehrsunfall kam am Morgen ein 23jähriger Mann ums Leben. Der PKW streifte aus bisher ungeklärter Ursache einen entgegenkommenden Kleinbus und fuhr daraufhin gegen einen Brückenpfeiler. Der Fahrer des Kleinbusses wurde mit lebensbedrohlichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Der Unfallverursacher starb noch vor Ort.


01. April 2001, In einer Mietswohnung im dritten Stock eines Wohnhauses wurde die Leiche einer 21jährigen Frau gefunden. Die Nachbarn hatten schon am 30. März wegen Lärmbelästigung die Polizei gerufen, doch als diese eintraf, schien sich niemand mehr dort aufzuhalten. Zwei Tage später fand die Mutter ihre Tochter am Wohnzimmerboden liegend. Der Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen.
Nach Aussage der Nachbarn stritt sich die Mieterin des Öfteren heftig mit einer männlichen Person, vermutlich dem Freund der Toten. Ob der Tod durch Unfall oder Fremdverschulden eintrat, muss noch geklärt werden. Die Identität der männlichen Person wurde noch nicht ermittelt.

 

Hallo elisabeth,

über das Kennzeichen des Unfallfahrzeugs wird der Zusammenhang sicher auch durch die Polizei schnell hergestellt.
Angesichts der Geschichte ist der Titel schön ironisch. Ob Eifersucht etwas mit Liebe zu tun hat, weiß ich nicht. Persönlich denke ich da anders. Die Gedanken deines Protagonisten, über die du die Geschichte vorantreibst, hast du in ihrer fatalen Logik gut getroffen. Stilistisch liest sich die Geschichte gut, ein paar Flüchtigkeitsmerkmale sind noch drin:

wenn er nicht gedachte hätte sie betröge ihn ebenfalls.
gedachte hätte, sie betröge ... (möglicherweise noch auf das "wenn" verzichten: hätte er nicht gedacht, sie ...
Entschlossen verließ er das Wohnzimmer, nahm ihre Autoschlüssel, dachte kurz an den Stress, als er sich das letzte Mal ihr Auto lieh
in diesem Falle ist vollendete Vergangenheit zwingend: geliehen hatte
Schließlich war es nicht seine Schuld gewesen, dass die Scheißbullen ihm seinen Schein nahmen.
dito: abgenommen hatten
kurbelte das Fenster herunter
hinunter oder einfach runter.

Lieben Gruß
sim

 

Hallo sim,

danke für Deinen schnellen Kommentar. Habe soweit alles verbessert.

Die Eifersucht beweißt die Liebe des Prots nicht. Gehört aber unbedingt zu dessen Gefühls- und Gedankenwelt.

Denkst Du der Zusammenhang, den die Polizei zwischen den beiden Vorfällen hergestellt haben muss, sollte ich im zweiten Artikel erwähnen? Könnte die Presse an diesem Punkt der Ermittlung diese Information schon haben?

Liebe Grüße

elisabeth

 

Hallo, elisabeth!

Also, ich kann nichts konstruktives beitragen. Wollte nur erwähnen, dich Geschichte hat mir gefallen - flüssig geschrieben und Fehler konnte ich auch keine entdecken.

Vielleicht hätte die Polizei den Zusammenhang zwischen den beiden auch durch seinen Führerschein erkennen können, oder durch etwaige Fotos in der Wohnung der Frau (oder der Wohnung der beiden) - oder leben die nicht zusammen...

Naja, ...

mfg
Geert

 

Hallo elisabeth,

Denkst Du der Zusammenhang, den die Polizei zwischen den beiden Vorfällen hergestellt haben muss, sollte ich im zweiten Artikel erwähnen? Könnte die Presse an diesem Punkt der Ermittlung diese Information schon haben?
Nein, das war nur ein weiterführender Gedanke, der mir kam.

Liebe Grüße
sim

 

>,,Ich liebe dich”, flüsterte er, während er Strähnen ihres Haars zur Seite strich, die sich ihr unordentlich über das Gesicht gelegt hatten<,

liebe elisabeth,

ist die einzig mE ungelenke und zugleich missverständliche Stelle im ganzen Text.

Wieder versuchstu, in die Rolle eines Kerls zu schlüpfen und mir will scheinen, dass es besser gelingt als vordem. Hinzu kommt feine Ironie (zB >Sie antwortete nicht, aber das hatte er auch nicht erwartet.<)

Wenig überflüssige Floskeln (>wieder vollkommen versöhnt<, als reichte es nicht, versöhnt zu sein – und was ist schon „vollkommen“?, was in der direkten Rede halt so vorkommt und sich nicht verhindern lässt, wäre hier entbehrlich), was uns sofort zu einem kleinen Vortrag bringt: Der einzige Makel nämlich findet sich direkt zu Beginn (s. o.), denn was der eine als >unordentlich< empfindet, gilt dem andern als modisch chic (extrem zu meiner Jugend die Pilzköpfe & dann die Matten, die ich heut noch gerne trage).
All diese Gegensätze, die mit „un“ als Vorsilbe vorm Stamm gebildet werden, verleiten auf falsche Spur wie die „Untiefe“, die gar keine Höhe, sondern eine besonders flache Stelle unter der Wasseroberfläche bezeichnet – warum nicht flaches Wasser oder Sandbank – wenns denn eine ist etc. -, besonders aber „Unkosten“, als wenn nicht schon „Kosten“ genügte! Und jetzt hier „unordentlich“, was der Buchhalter verwendet, wenn sein Kollege kein Lineal für gerade Striche verwendet, sondern per Hand idR den Strich zieht. Als frecher Knirps bekäm er (selbstverständlich nur von der Erziehungsperson einen Tadel). Er wird wohl nicht mehr behaupten, dass sie so besser sehen könnte!

Also warum nicht etwa „,Ich liebe dich’, flüsterte er, während er Strähnen ihres Haars (sanft) zur Seite strich, die sich über ihr Gesicht gelegt hatten“?

Später folgt noch >unwillkürlich<, was die Bewegung ja nur für den Außenstehenden ist. Der Frauenkörper ist dem Kerl ausgeliefert.

Ansonsten atme ich geradezu befreit auf: endlich ist jemand entdeckt, der nicht „würde“-Konstruktionen verwendet, um dem Konjunktiv II Würde zu verleihen, obwohl das sicherlich der einfachste Weg ist, Sprache zu umgehen (darum heißt sie ja auch „Umgangssprache“).

Gruß

Friedel

Und: weiter so!

 
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Hallo elisabeth


Deine Geschichte ließ sich ganz gut lesen.Restlos begeistert bin ich jedoch nicht. Das liegt zum einen daran, dass ich gleich zu Beginn wusste, dass die Prota Tot ist. Um daraus wirklich eine Überraschung zu machen, müsste das Szenario meiner Meinung nach noch etwas subtiler angegangen werden.
Das Ende ... Also solche Zeitungsmeldungen als Ausklang wirken in meinen Augen recht unelegant, so, als ob der Autor eben nciht gewusst hätte, wie er aus dem Konflikt rauskommen könnte.
Ansonsten sind die Gedanken des Prots nachvollziehbar. So in etwa könnte das womöglich ablaufen. Wenn auch sehr vereinfacht.
Dieses Lied ging mir sofort durch den Kopf, womöglich hört er das im Auto ;)

grüßlichst
weltenläufer

edit: Sieh dir mal deine Anführungszeichen an. Öffnende und schließende sind unterschiedlich formatiert. Hindert den Lesefluss.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Geert,

freut mich, dass Dir die Geschichte gefallen hat (und auch, dass Du keine Fehler entdecken konntest ;) ). Die Polizei hat (wie sim auch schon sagte) den Zusammenhang sicher schnell hergestellt. Aber "noch" ist davon nichts zur Presse gelangt. Wie es weitergeht kann sich gerne völlig frei in Deinem Kopf abspielen :)

Danke fürs Lesen!


****

Hallo Tayla,

danke auch Dir für Deinen Kommentar. Freut mich, dass es funktioniert hat den Leser im Unklaren darüber zu lassen, ob der Prot versteht was er angerichtet hat.

Mit dem Ende: Meinst Du, dass es zu "sauber" ist, dass er auch stirbt, nachdem er soetwas getan hat? Hab lange überlegt, ob ich sein Schicksal offen lasse, habe mich dann aber für diese Möglichkeit entschieden, da ich es reizvoll fand, dass die Zeitungsleser zwei voneinander völlig unabhängige Meldungen lesen, wir aber mehr darüber wissen.
Oder meintest Du etwa etwas ganz anderes?

Danke Dir!


****

Hallo Friedel,

danke Dir für Dein Lob und Deine Anmerkungen. Du hast nicht Unrecht ;) mit Deiner Sichtweise. Danke, das werde ich in Zukunft im Hinterkopf behalten und hier noch einmal drüber gehen.

Ja, ich hab auch schon drüber nachgedacht, warum es mir leichter fällt mit männlichen Prots zu arbeiten. Ich vermute, dass ich so besser einen völlig eigenen Charakter entwickeln kann. Habe ich eine weibliche Hauptperson, schaffe ich es nicht mich nicht hinein zu projezieren. Aber das werde ich natürlich auch noch anpacken müssen :)

Danke Dir und bis bald


****

Hallo Weltenläufer,

das Lied kann ich leider nicht anhören - da kackt mir immer der Explorer ab und der Firefox will gar nicht erst heute. Ich versuchs morgen nochmal mit Firefox.

Du hast tatsächlich von Anfang an gewußt, dass sie tot ist? Okay ... wie kamst Du drauf? Und was wäre ein subtilerer Beginn - zum Beispiel?

Die Zeitungsmeldungen bzw. eine davon war schon von Anfang an geplant. Wenn ich keinen groben Ablauf im Kopf habe, beginne ich keine Geschichte, sonst hätte ich zu viel Unsinn am Start. Ich hatte jetzt kurz dran gedacht extra für Dich ein alternatives Ende zu posten, aber das wäre mir für einen Scherz dann doch zu aufwenig ;) Ich denk aber drüber nach, ob sich für mich noch andere Alternativen ergäben.

Ja, diese sch... Anführungszeichen. Ich muss die hinmogeln, weil ich die deutschen Anführungszeichen nicht einmal in meiner charmap habe. Keine Ahnung was das für ein Mist ist - damit ärgere ich mich jedes Mal rum.

Danke und

Grüßle an alle!

elisabeth

 

Da misch ich mich dann noch mal ein,

liebe elisabeth,

denn nix ist - wie ich finde - am Schluss auszusetzen: Der Täter reißt - gewollt oder nicht, ist wurscht - einen unbeteiligten Dritten nahrzu mit in den Abgrund. Die Beziehungstat wird am nächsten Tag aufgedeckt und alles näherungsweise in Form eines Polizeiberichtes, die noch nichts vom Zusammenhang wissen (können).

Gelegentlich denk ich dabei an eine Art von kollektivem Selbstmord, schließlich hat der Eigentümer selbst hierzulande das Recht, mit dem Eigentum zu verfahren , wie ihm beliebe, umso mehr, als seine Besitzansprüche ja gestört waren. Oder glaubt irgendwer, die Würde eines Besitzes wäre unantastbar?

Gruß & 'tschuldigung für die Störung

Friedel

 

Liebe elisabeth,

ich habe deine Geschichte sehr gerne gelesen, weil du mich vollkommen in den Kopf und die Gedanken deines Protagonisten hineinziehst. Das gefällt mir beim Lesen. Ein bisschen enttäuscht war ich über die beiden "Zeitungsnotizen" am Ende. Ich finde, sie stellen einen ziemlichen Bruch zum Erzählfluß deines restlichen Textes dar. Allerdings habe ich im Moment auch keine Idee, wie du die Informationen, die du in den letzten beiden Abschnitten vermittelst, anders unterbringen könntest. :D

Das Einzige, was mich ein bisschen gestört hat, oder was ich schade fand, ist, dass ich schon sehr früh die Vermutung hatte, dass die Frau tot ist. Das erste Mal dachte ich es an dieser Stelle:

Sie antwortete nicht, aber das hatte er auch nicht erwartet.

Eine Kleinigkeit ist mir noch aufgefallen:
dabei nahm er schon fast nichts mehr; Nur wenn sie gestritten hatten.
; nur

Herzlichen Gruß
al-dente

 
Zuletzt bearbeitet:

Moi Elisabeth,

ich fange mal mit dem leichteren Komm an ;). Der Text ist flüssig geschrieben und läßt sich auf jeden Fall gut lesen, ohne daß man durch was rausgekickt wird.

Er hakt für mich aber in zwei Punkten, und die sind wesentlich:
* das Thema ist sehr oft genau so behandelt worden. Jemand spricht mit einer anderen Person, die nicht reagiert, meist geht es um den Wechsel von Wut/Enttäuschung auf Liebe (und zurück). Dann stellt sich früher oder später raus, daß die andere Person tot ist. Die Texte bestehen größtenteils aus einem inneren Monolog zur Beziehungsdynamik.
* Was an sich nicht tragisch ist, aber mir fehlt eine gewisse psychologische Tiefe, ein besonderer Dreh, etwas, das die Sache spannend macht.

Die Geschichte verrät ihren plot genau hier

Sie antwortete nicht, aber das hatte er auch nicht erwartet.
also in der sechsten Zeile. Ich bin schon bei "blasser Hals" hellhörig geworden, aber das hätte man auch dem romantischen Unterton zuschreiben können.
wie all die anderen auch.
Und hier wird es nun endgültig klar, wo der Hase langläuft. Jetzt gäbe es verschiedene Möglichkeiten: die Frau ist doch nicht tot, und schafft es, den Mann zu killen; sie ist tot, aber alles fliegt durch einen super dusseligen oder dramatischen Zufall auf (etwas wirklich Ungewöhnliches) ... oder: es gibt eine wirklich gruselige, abgedrehte, aber dann sehr gründlich recherchierte Beschreibung einer Psychose. Was mir hier fehlt, denn diese Gedanken würden auch ganz passend alltäglich klingen, wären sie nicht von einem (Serien)Mörder, sondern einfach einem enttäuschten Liebenden geäußert worden.

Die Zeitungsartikel finde ich auch nicht so glücklich, gerade als Abschluß. Durch den sehr neutralen Tonfall distanzieren sie vom Geschehen.

Ich denke, daß es Dir von Deinen Ausdrucksmöglichkeiten her auf jeden Fall gelingen würde, hier etwas sehr Interessantes draus zu machen. Dafür müßte ein etwas anderer Ansatz her; vllt überleg nochmal, was es genau war, das Dich an diesem Thema interessiert hat? Manchmal findet man dabei kleine, unlogische Ideen und Assoziationen, die einer Geschichte einen individuellen Dreh geben würden.

Für den Anfang hätte ich noch ein paar Sachen:

,,Ich liebe dich”, flüsterte er, während er Haarsträhnen zur Seite strich, die sich über ihr Gesicht gelegt hatten. Ihr Kopf lag auf seinem Oberschenkel - die Augen waren geschlossen.
Das Fette würde ich streichen - die Sache mit der Haarsträhne ist in diesen Bildern zu verbraucht, und bekommt hier obendrein einen unnötigen Nebensatz. Das macht den Einstieg unspannend. Den Kopf auf dem Oberschenkel finde ich sehr gut - es hat etwas sehr Intimes, Vertrautes, mit einem Hauch Sex. Für den zweiten Satz würde ich Ihr Kopf lag auf seinem Oberschenkel, die Augen geschlossen flüssiger finden.

Was wusste er denn, was sie wirklich mit ihnen tat?
Kein Fehler, aber das erste was könnte raus.

Mit unterdrücktem Zorn hob er ihren Kopf an
Ich weiß nicht so recht ... warum unterdrückt er in diesem Moment seinen Zorn? Nachdem er ihm bereits nachgegeben hatte? Er schwankt von liebevoll auf Wut, vorher. Die ganze Dynamik leuchtet mir nicht ein: Ein Mord - vor allem bei Serientätern - dient der Lösung eines inneren Konfliktes. Ein Mörder steht vor der Tat unter massivem psychischen Druck; das ist ganz anders, als wenn es um Tötung im Affekt ginge. Ein Mord ist Streßabbau, wenn auch der extremen Art, also entsprächen die hier geschilderten Gedanken/psychischen Zustände eher der Situation vor als nach der Tat. Hm, vllt. wäre hier etwas Recherche angesagt.
Nämlich daran kranken auch Texte mit ähnlichem plot: die psychischen Zustände von Serientätern haben durchaus ihre innere Logik. Das ist für uns (halbwegs) 'normal' Funktionierende nicht leicht nachzuvollziehen, und das macht diese Texte ja so schwierig. Eine Schilderung über einfach unlogische / wechselhafte / konfuse Gedanken reicht aber bei weitem nicht aus, um der Problematik gerecht zu werden.

Er wusste was Liebe ist. Und Ihr würde er das auch noch beibringen. Er schloss die Augen und atmete tief seine Freiheit ein, während sein Fuß das Gaspedal bis zum Anschlag durchdrückte.
Das wäre durchaus ein gelungener Schlußsatz - das wirkt auf mich endgültiger, als sein Tod. Das Fette könnte raus: Das mit der Freiheit ist auch zu oft verwendet worden; und das genau sollten wir Leser mitfühlen, wenn er das Pedal durchdrückt. Verlaß Dich ruhig auf Deine Sprache, ohne den Leser am Führstrick mitzunehmen. ;)

Zum Ende ist mir nochwas eingefallen: Ist das Unfall oder Selbstmord? Fährt er nach jedem Mord so rasant, nur hatte er Glück bisher? Selbstmord haut nicht hin, denn in der Logik der story hat er sich gerade zuende rechtfertigt - da ist kein Bruch, kein Grund. Würde er sich umbringen wollen, müßte das irgendwie eingeleitet werden. Das telle ich mir aber enorm schwierig vor, denn dann sind hier zwei komplexe Themen zu bearbeiten: die Psyche eines Serienmörders und dazu noch die Entscheidung, sein Leben zu beenden. Oha.

Ich wäre sehr gespannt, was Du aus dem Text machst, falls Du ihn überarbeiten magst.

Liebe Grüße,
Katla

P.S.
Zum Ende - wenn Du Bedenken hast, einige Leser könnten den Andeutungen nicht folgen, hätte ich einen Vorschlag, dabei fällt nämlich auch ein 'Verraten' aus dem Beginn weg: Kick den hier nach unten gesetzten Halbsatz, und die Zeitungsartikel. Und ende hiermit (ich hab etwas rausgekürzt, dann wäre es knackiger):

Er beschleunigte. Mit der Geschwindigkeit nahm seine Wut ab (oder: verflog). Er drehte den CD-Spieler auf, kurbelte das Fenster runter, ließ Bass (oder: Bässe) und Wind die dunklen Gedanken aus seinem Kopf vertreiben. Er musste sich diese ewigen Vorwürfe nicht anhören. Er wusste, was Liebe ist. Und Ihr würde er das auch noch beibringen, wie all den anderen auch.
Er schloss die Augen, während sein Fuß das Gaspedal bis zum Anschlag durchdrückte.
Nur ne Idee :-) Aber ihr muß klein, wenn nicht pluralis majestatis.

 

Hallo zusammen,

entschuldigt bitte die sehr späte Reaktion, aber hier bin ich wieder und danke für Eure Kommentare.
In der Zwischenzeit habe ich die Geschichte etliche Male geöffnet, sie aber unverrichteter Dinge wieder geschlossen. Offenbar will sie noch nicht wieder angepackt werden. Nach diesem Komm werde ich es aber noch einmal versuchen ...

Das mit den Zeitungsartikeln sehe ich inzwischen so wie die meisten der Kommentatoren. Dieses Ende ist im Grunde zu billig. Vorabendprogramm ...


Hallo Katla,

erst einmal entschuldige ich mich, dass Deine Mühe und Zeit erst jetzt Resonanz findet. Meine Arbeit hätte mich fast geschafft, bevor ich sie schaffen konnte und darum mussten ein paar private Dinge leiden.
Aber besser spät als nie:
Danke für Deinen Komm!
Dein Text hat mich allerdings etwas überrascht, da Du mehr zu sehen glaubtest, als ich eigentlich hineinstecken wollte und somit natürlich auch mehr Ungereimtheiten und Fehler gefunden hast.

Was mir hier fehlt, denn diese Gedanken würden auch ganz passend alltäglich klingen, wären sie nicht von einem (Serien)Mörder, sondern einfach einem enttäuschten Liebenden geäußert worden.
Oh weh, ich dachte ganz und gar nicht an einen Mörder - geschweige denn an einen Serienmörder. Tatsächlich gab es in meinen Gedanken "nur" eine schräge Beziehung zwischen einem Mädchen (tatsächlich auch im lebenden zustand mit sehr blasser Haut) und einem Typen, der sowohl eine "falsche" Auffassung von Liebe und Beziehung hat, als auch mit sich und seinen Gefühlen nicht umzugehen weiß. (Um diese verkappte Situation in sehr einfachen und vielleicht nicht gänzlich zutreffenden Worten zu beschrieben)
Der "Mord" war tatsächlich ein Unfall, den der Täter bis zu seinem zufälligen Ende nicht wahrhaben wollte/konnte.

Somit erledigt sich auch der folgende Teil - für diese Geschichte:

Die ganze Dynamik leuchtet mir nicht ein: Ein Mord - vor allem bei Serientätern - dient der Lösung eines inneren Konfliktes. Ein Mörder steht vor der Tat unter massivem psychischen Druck; das ist ganz anders, als wenn es um Tötung im Affekt ginge. Ein Mord ist Streßabbau, wenn auch der extremen Art, also entsprächen die hier geschilderten Gedanken/psychischen Zustände eher der Situation vor als nach der Tat. Hm, vllt. wäre hier etwas Recherche angesagt.
Die von Dir beschriebene Situation finde ich schon seit längerem interessant und faszinierend, allerdings stimme ich Dir durchaus zu - da muss (und wird) sehr lange recherchiert werden, um der Thematik ausreichend gerecht werden zu können. Absolut! Ich hatte keine Sekunde dran gedacht, dass diese Problematik gerade in dieser geschichte gesucht werden könnte.

Ist das Unfall oder Selbstmord? Fährt er nach jedem Mord so rasant, nur hatte er Glück bisher? Selbstmord haut nicht hin, denn in der Logik der story hat er sich gerade zuende rechtfertigt - da ist kein Bruch, kein Grund. Würde er sich umbringen wollen, müßte das irgendwie eingeleitet werden. Das telle ich mir aber enorm schwierig vor, denn dann sind hier zwei komplexe Themen zu bearbeiten: die Psyche eines Serienmörders und dazu noch die Entscheidung, sein Leben zu beenden. Oha.
Das hab ich ja auch oben schon kurz beantwortet. Der Prot hat weder sich, noch seine Gefühle unter Kontrolle. Sein Ende wird - wie fast alles andere in seinem Leben - von seiner Selbstüberschätzung (im falschen Moment) herbeigeführt.

Nach so langer Zeit klingt das alles jetzt nicht nur nach einer mißglückten Geschichte, sondern auch noch nach einer fadenscheinigen Erklärung - das ist mir durchaus bewußt. Darum: Auch wenn diese Erklärungen jetzt nur noch halbherzig waren - ich wollte sie Dir nicht ganz schuldig bleiben.

Beide Prots sind nicht frei in meinem Kopf entstanden, sondern haben wirkliche Vorbilder (natrülich von der Situation losgelöst!). Darum sind die Personen an sich (für mich) nicht unglaubwürdig. Allerdings gebe ich Dir Recht - vor allem nachdem ich enigen Abstand dazu gewonnen habe -, dass ich die Sache anders hätte anpacken sollen. Der wahre Charakter des Typen kam (z.B. bei Dir) nicht so an wie gedacht, dafür habe ich mich z.B. mit dem Ende aufgehalten, dass ich besser hätte offen lassen sollen.

Also, mal wieder: Danke! Hoffe wir hören uns jetzt wieder öfter.

Liebe Grüße

elisabeth

 

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