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Links von der Wahrheit

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21.02.2006
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Links von der Wahrheit

Es ist heiß hier. Heiß, laut und irgendwie klebrig-süß. Hier drinnen fällt auf, was sich nicht bewegt. Man muß genauer hinsehen, um zu erkennen, daß sich alle wie Treibgut auf den Wellen der Musik bewegen. Bässe und Blitzlichter jagen jeden klaren Gedanken aus Deinem Kopf, bis auch du nurmehr treibst. Eigentlich meide ich Menschenmassen. Heute nicht.
Ich habe eine schmale Lücke an der Bar gefunden, falte den Zehner in meiner Hand. Ich werde ihn gegen einen weiteren Mojito eintauschen. Nicht der Erste. Nicht der Letzte. Soviel ist sicher.

Die Barkeeperin wirft einen ernsten, konzentrierten Blick in meine Richtung. Ich könnte ihr helfen, indem ich auf mein leeres Mojitoglas zeige. Mache ich nicht. Würde mich langweilen. Ich verberge das Glas und nehme mir vor an etwas anderes zu denken. Nur so, falls sie wirklich - wie ich mir einbilde - als alter Schankprofi meine Gedanken lesen kann. Ich stelle mir also vor, wie ich mit ihr eng umschlungen tanze. Ja, das müßte sie verwirren.
Bei diesem Gedanke breitet sich ein großes, unkontrollierbares Grinsen auf meinem Gesicht aus. Ich nehme verlegen aber glücklich ein Stück Eis aus dem Glas und spiele damit. Sie muß schmunzeln, dreht ihr Gesicht weg und erledigt irgendwas am anderen Ende der Bar. Siegessicher senke ich meinen Blick. "Mojito" hat sie sicher nicht lesen können! Alles andere vielleicht. Aber auf den Drink kommt sie nie im Leben.

Gut, daß ich mich etwas an der Bar ausruhen kann. Ich sitzte auf den Drehocker und stelle mir vor er wäre sowas wie ein Wahrnehmungsregler. Nach links drehen verlangsamt alles, bis der Bacardi, der gerade von der Flasche zu einem Glas fließt, wie ein Eiszapfen wirkt und das Hier und Jetzt belanglos wird. Nach rechts drehe ich mich, wenn ich wieder auf der Riesenwelle treiben will, wenn die volle Sinnesladung gefragt ist. Apropos Ladung: Meine Freunde drehen gerade durch. Sie singen "I Was Made For Loving You, Baby". Ist heute erlaubt. Und ich hätte fast abgesagt!

Die kleine, zierliche Hand der Kellnerin schiebt einen frischen Mojito unter meine Nase. Ich sehen hinauf. Sie beißt sich in die Unterlippe, hebt selbstbewusst die Augenbrauen und geht.
Dabei sein ist alles. In Gedanken bedanke ich mich und hebe das Glas, bis ich die zwei fetten Strohhalme zwischen den Lippen spüre.

In der Nähe des Einganges sehe ich eine Frau. Ihre Haare, ihre Schultern erinnern mich an sie.
Das kann sie nicht sein. Soviel Zufall gibt es nicht.
Und wenn doch?
Ich habe bereits abgehoben. Out of office. Ich könnte jetzt kein vernünftiges Gespräch führen. Ich würde mich nur blamieren. Ich beschließe die Identität dieser Frau unerforscht zu belassen und wende mich wieder der Bar zu. Eine Rechtsdrehung auf dem Regler.
Diese laute, heiße und süße Nacht wird meine Sehnsucht schon verdrängen. Wirst schon sehen!

Die Barkeeperin hat etwas mitbekommen, geht weiter. Heute haben die jede Menge zu tun. Ich nehme die fetten Strohhalme in die Hand, wie chinesische Essstäbchen und rühre in meinem Drink herum. Zuerst schnell. Dann etwas langsamer. Mein Blick folgt der kreisenden Bewegung der Eiswürfel. Der Barhocker bewegt sich ein wenig nach links. Ich schließe meine Augen. Nur ganz kurz.

Ich spüre eine sanfte Hand, die meinen Rücken berührt.
Ich drehe mich um.
Das Glas in der Hand nimmt gleitend den kürzesten Weg zum Mittelpunkt der Erde und wird von der Bar abrupt aufgehalten.
Ihre Augenlieder bewegen sich so langsam!
Sie hat unglaublich starke Augen. Einmal sah ich diese Augen, als sie für den Bruchteil einer Sekunde im Sonnenlicht standen. Im selben Augenblick registrierte ich erstmals ihr Lächeln. Es war wie Schwerelosigkeit.

Ihre Lippen bewegen sich. Dann nicht mehr.
Oh, sie wartet auf eine Antwort!
Ich bewege mich sehr vorsichtig in ihre Richtung, an ihrem Gesicht vorbei, berühre dabei ihre Wange und bin nun in der unmittelbaren Nähe ihres Ohres angekommen.
"Ich habe Dich nicht hören können. Was meinst du?"
Jetzt kommt sie etwas näher und sagt:
"Wieso flüsterst du? Ich will wissen wie es Dir geht!"
Sie riecht unglaublich gut. Viel süßer als alles andere hier.
"Gut. Mir geht es gut. Und Dir?"
Sie sagt etwas und bemerkt, ohne meine Augen frei zu geben, daß ihre Worte im lauten Raum verlorengehen. Behutsam nähert sie sich nochmehr.
Ich berühre ihre Taille. Vielleicht um ihr beim Abschätzen der Distanz zwischen uns zu helfen?
Nein. Glaube ich auch nicht. Ist wohl die offizielle Version zur Berührung.
Sie stützt sich an meinen Armen.
Mein Gewissen ist kurz vor der Kapitulation. Meine Hände ziehen sie langsam aber bestimmt in meine Richtung, obwohl ich weiß, daß ich es nicht darf.
Ihre Arme wehren sich kurz - lassen es aber dann zu, sie spricht weiter. Vielleicht rechtfertigt sie die Berührung als notwendige Verständigungshilfe. Die offizielle Version.

Es ist an der Zeit. Ich muss ihr jetzt die Frage stellen. Sie wird sie beantworten und dann gehen. Ich werde ihr nicht nachschauen wenn sie das tut. Ich will sie nicht zusammen sehen. Jetzt. Es muss sein:
"Bist du mit ihm hier?"
Sie löst sich, sieht mir in die Augen und nickt. Ihre Lippen bewegen sich und sie zeigt in die Tiefe des Raumes.
Gut, ich wusste es ja.
Jemand rempelt mich. Ich öffne die Augen, sehe nach unten, auf meine ausgestreckten Hände.
Ausgeträumt.
Die Musik ist wieder zu hören.
Ich drehe meine Eiswürfel. Langsam und dann wieder schnell.

Die kleine, zierliche Hand schiebt eine Schaale Nüsse bis an mein Glas.
Ich sehe auf. Sie sieht mir lange in die Augen. Sie scheint zu wissen, was in mir vorgeht und zeigt auf einen Typen in schwarz, den ich als Geschäftsführer des Lokales einschätze. Er wird am Ende der Bar von zwei jungen Mädchen umschwärmt.
Wir stoßen an. Auf die soeben erkannte, etwas bittere Gemeinsamkeit. Dann neigt sie den Kopf leicht zur Seite und tanzt ein wenig - nur für mich.
Ich stehe vom Hocker auf, gehe einen Schritt zurück und bewege mich ebenfalls - nur für sie.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Uwe,
GEFUNDEN!danke
grüsse
pampa

 

hallo liebe moderatoren!
ich bin mit den korrekturen fertig
schöne grüsse
pampa

 

Hallo pampa,

nicht ganz.

daß sich alle wie treibgut auf den Wellen der Musik bewegen
Treibgut
Eigentlich meide ich Menschenmassen. Heute nicht. Heute genieße ich es.
Heute genieße ich sie (bezieht sich ja noch auf die Menschenmassen)
verlegen aber glücklich ein stück Eis aus dem Glas
ein Stück Eis
Sie singen i was made for loving you, baby.
Zitate in Anführungszeichen. Und auch, wenn man im Englischen alles klein schreibt, so schreibt man in den Titeln sogar jedes Wort groß.
In gedanken bedanke ich mich
In Gedanken
Heute haben die jede menge zu tun.
jede Menge
Behutsam nähert sie sich nochmehr
noch mehr
Ihre Arme währen sich kurz
wehren
lassen es aber dann zu,sie spricht weiter
fehlendes Leerzeichen
Es ist an der zeit
Zeit
Jemand rämpelt mich
rempelt
Er wird am Ende der Bar von zwei jungen Mädchen umschwärm.
umschwärmt

Lieben Gruß, sim

 

Hallo Sim,
dankeschön...
unglaublich, was mir da alles durchrutscht.
korrektur durchgeführt.
lg
pampa

 

Okay, zurück nach R/E

bei "I Was Made For Lovin You, Baby" hast du dich beim einleitenden Anführungszeichen um eine Taste vertan. ;)

 

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