Was ist neu

Lokalkolorit

Beitritt
09.08.2004
Beiträge
187
Zuletzt bearbeitet:

Lokalkolorit

„Die Selbstreflexivität, die Autopoiesis dieser Menschen dort unten ödet mich etwas an. Als Terminus Major trifft es der Begriff Narzissmus wohl am ehesten, den diese Menschen auszeichnet. Was meinen Sie?“
„Chuchichäschtli.“
„Wie bitte? Könnten Sie sich bitte etwas differenzierter ausdrücken?“
„Kleiner Küchenschrank.“
„Und was bitte hat dies mit meinen Ausführungen zu tun?“
„Ich habe Sie nicht verstanden, Sie mich nicht, wir sind quitt.“

Als Wettbewerbsgewinner stehe ich, zusammen mit einem Glücklichen deutscher Herkunft, im Korb eines Heissluftballons, und betrachte die Schweiz, Land und Leute aus der Vogelperspektive. Ein wunderbarer Moment, wenn mir da nur nicht dieser wandelnde deutsche Duden auf den Füssen rumtrampeln würde und mich mit unverständlichen Worten bombardierte.

“Noli turbare circulos meos.”
“Hä?”
„Ich dachte nur gerade an Archimedes, der die Theorie der Aerostatik definiert hat.“
"Ein echter Genuss, so eine Ballonfahrt. Ruhe und Schwerelosigkeit, vor allem aber diese Ruhe...
"Wussten Sie, warum der Terminus 'Ballonfahren' anstelle 'Ballonfliegen' benutzt wird? Hat einen historischen, sowie physikalischen Hintergrund."
"So so...wie lange dürfen wir diese Ruhe noch geniessen?"
Der Pilot, der bisher nur stumm an Leinen und Brennern hantiert hat, nickt.
Um meine Verzweiflung nicht zusätzlich zu nähren, verzichte ich auf entsprechende Interpretationsversuche.
„Wenn man diese rote Leine zieht“, fährt mein nervtötender Mitgewinner fort, „kann man über das sogenannte Parachute Luft entweichen lassen. Mit dieser höchst effizienten Methode sinkt der Ballon schneller.“
„Aha. Wie ist das Wetter bei Euch in Deutschland?“
„Dank der ausgeprägten Westlage herrschen exorbitant hohe Temperaturen.“
„Hm. Bei uns solls regnen, nächste Woche. Wir Schweizer nennen das 'chübeln'."
„Chübeln?“
„Schiffen.“
„Schiffen?“
Ich beisse mir auf die Unterlippe, um dank des Schmerzes meine ausweglose Situation vergessen zu machen. Nützt nur wenige Sekunden.
„Lokalkolorit in extremis. Süss. Aber eine etwas eloquentere Ausdrucksweise wäre wünschenswert, gell?!“

Jetzt reichts. Ich stürze mich auf auf die rote Leine, reiss daran mit der Urgewalt eines Schweizer Schwingerkönigs und kapp dabei nebst roter Leine auch Parachute.
Das anschliessende Geräusch verstehen wir beide. Es ist international.

 

Als Wettbewerbsgewinner stehe ich
:D du Subtiler, du ;)

Hi rolfschoenenberger,

leider merkt man schon nach ungefähr der Hälfte, dass es 'nur' auf eine Pointe hinausläuft.

Der Einstieg ist zwar lustig, sonst wiederholt es sich aber eher.

Na ja, der Wille war ja da ;)

Tserk!

 

Hallo Tserk

Du treue Seele, du!

leider merkt man schon nach ungefähr der Hälfte, dass es 'nur' auf eine Pointe hinausläuft
Bei dieser kurzen Geschichte ist nach der Hälfte ja schon beinahe Schluss...also verkraftbar.
Aber schon klar: Mit "Pscht" als Aufhänger und Heissluftballon in der Geschichte, hätte selbst ich die Pointenrichtung erkannt.

Na ja, der Wille war ja da
So ein fieses Fazit. ;)

Vielen Dank für's Lesen und deinen Kommentar!

Gruss Rolf

 

Hi rolf noch mal,

Mit "Pscht" als Aufhänger und Heissluftballon in der Geschichte, hätte selbst ich die Pointenrichtung erkannt.
Oh, hehe, das meinte ich nicht. Ich meinte, es ist eine reine Pointengeschichte :) (Als ich bei der Hälfte war, wusste ich übrigens noch nicht, dass es die Hälfte ist ;) )
So ein fieses Fazit.
ach Quark! Is schon bissl positiv gemeint! :)

Tserk!

 

Guten Morgen!

Aha. Bei uns solls nächste Woche chübeln.
Mir ist noch kein Schweizer untergekommen, der nur ab und zu ein Schwyzerdütsches Wort sprichtund ansonsten hochdeutsch parliert.
um dank des Schmerzes
würde den meinigen vermindern - aber vielleicht ists ja auch nur Lokalkolorit.
Mir hats gefallen.

LG

Jo

 

Hallo jobär

Mir ist noch kein Schweizer untergekommen, der nur ab und zu ein Schwyzerdütsches Wort sprichtund ansonsten hochdeutsch parliert.
Mir auch nicht. Andersrum hätte ich wohl in "Mundart" posten müssen und dort wäre meine KG noch seltener gelesen worden. Und in "Kurz und gut" hätte ich auch nicht mitmachen dürfen...und...und...und...
Ganz fiese Zwänge veranlassten mich zu dieser Unlogik :D

Mir hats gefallen
Vielen Dank!

Gruss Rolf

 

Hallo Rolf

Momou, das gfaut mir.

Aha. Bei uns solls nächste Woche chübeln.
Nein,nein,nein!

Ohne dass du gleich die ganze Geschichte in Mundart schreibst, darfts du meiner Ansicht nach diesen Satz in Dialekt hinschreiben:
"Aha. Bi üüs chüblets nächscht Wuche".
Das versteht wohl jeder (Leser), wenn auch nicht wörtlich, dann wohl dem Sinn nach.

Ob es beim Heissluftballon wirklich Pscht macht? Ist wohl eher beim Gasballon so, aber ich will da mal jetzt nicht kleinlich sein.

Fazit: Churz&Guet!

Lieben Gruss,
dot

 

Hoi dotslash

Ohne dass du gleich die ganze Geschichte in Mundart schreibst, darfts du meiner Ansicht nach diesen Satz in Dialekt hinschreiben:
"Aha. Bi üüs chüblets nächscht Wuche
Du hast Recht. Habe ich geändert. Aber falls ich ins KC verschoben werde, mache ich dich höchstpersönlich dafür verantwortlich :D

Ob es beim Heissluftballon wirklich Pscht macht? Ist wohl eher beim Gasballon so
Keine Ahnung. Aber irgend ein Geräusch würde dann wohl schon in diese Richtung gehen. Und sei es nur das Ohrensausen.

Fazit: Churz&Guet!
Freut mich nach deinem letzten Verriss doppelt!

Danke.

En Gruess Rolf

 

Hallo rolf!

Also schmunzeln mußte ich schon bei der Pointe Deiner Geschichte, besonders über Deine Verwendung des »pscht«, ohne es hinzuschreiben. Das ist Dir wirlich gelungen, und gut lesen ließ sich die Geschichte auch. Allerdings sind da auch zwei Kritikpunkte. Den einen hat jobär schon genannt:

jobär schrieb:
Mir ist noch kein Schweizer untergekommen, der nur ab und zu ein Schwyzerdütsches Wort sprichtund ansonsten hochdeutsch parliert.
rolf schrieb:
Andersrum hätte ich wohl in "Mundart" posten müssen
Aber doch nicht, wenn sie nur in den direkten Reden vorkommt (außer es ist eine reine Dialoggeschichte). Deutsche Protagonisten reden ja auch teilweise »Mundart«, ohne daß sich die Autoren deshalb ein schlechtes Gewissen machen müssen. Wer will, der versteht es, bzw. kannst Du ja bestimmte Ausdrücke unterhalb der Geschichte erklären. Wer es nicht verstehen will, der soll auch kein Grund für kulturellen Selbstmord sein. :)

Der zweite Punkt ist die Person, also der Charakter Deines Protagonisten – der ist mir nicht ganz klar. Einerseits macht er sich zwar ein wenig über den, wie er sagt, nervenden Deutschen lustig, andererseits ist er selbst ja auch nicht viel besser, wenn er unbedingt wissen will, wann es endlich vorbei ist, wie die Kinder, die schon kurz nach dem Losfahren fragen, wann man am Ziel ist. Da hab ich mir gedacht: Es hat ihn ja niemand gezwungen, mitzufahren! Und daß der Deutsche dem Schweizer erklären muß, daß es Ballonfahren heißt, läßt auch mehr den Schweizer in einem komischen Licht erscheinen als den Deutschen, den Du vielleicht damit als penibel darstellen willst, aber da halte ich das Beispiel für schlecht gewählt. – Vielleicht steh ich aber auch ganz schwer auf der Leitung, das kann schon sein … ;)
Jedenfalls stellt sich mir die Frage: Wie wolltest Du denn, daß ich die beiden sehe?

Ansonsten hab ich nur noch ein paar kleine Anmerkungen:

»„Ich habe sie nicht verstanden, sie mich nicht, jetzt sind wir quitt.“«
– 2 x Sie

»Als Wettbewerbsgewinner stehe ich, zusammen mit einem weiteren Glücklichen deutscher Herkunft,«
– das klingt, als wären beide Deutsche; soweit ich das verstehe, ist der Erzähler aber Schweizer – würde »weiteren« streichen oder »mit einem weiteren Glücklichen, der deutscher Herkunft war« schreiben

»und betrachte Schweiz, Land und Leute aus der Vogelperspektive.«
– »betrachte Schweiz« klingt ohne Artikel sehr seltsam, habe das noch nie so gehört, und da »Land und Leute« ja eigentlich keine weitere Aufzählung ist, sondern eine genauere Definition für das, was er von der Schweiz sieht, würde ich es so schreiben: betrachte die Schweiz, Land und Leute, aus der … (evt. auch mit Gedankenstrichen statt der Beistriche)

»„Das heisst „fahren“. Man nennt das Ballonfahren, nicht fliegen.“«
– Innerhalb der direkten Rede nur einfache Anführungszeichen: „Das heisst fahren. Man …“ – die sind auf der #-Taste. ;)

»Der Pilot, der bisher nur stumm an Leinen und Brennern rumhantiert hat, nickt.«
– schöner: herumhantiert (Rum ist nix für Piloten)


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Moin Rolf,

Ja, ich fands witzig. Netter Dialog, schön trockener Humor.
Nur fand ichs irgendwie nicht konsequent, daß der Schweizer mal Hochdeutsch redet (Aha. Wie lange fliegen wir noch?) und mal Dialekt (Bi üs chüblets nöchscht Wuche). Dadurch wirkt das ganze ein wenig konstruiert, weil dieser Wechsel irgendwie recht willkürlich geschieht.

sie mich nicht, jetzt sind wir quitt
Klitzekleines Detail: Ich würd wir sind quitt schreiben. Käme irgendwie noch ne Spur trockener.
mich mit unverständlichen Worten bomardierte
Show, don't Tell ;)

 

Hey Rolf,

nett geschrieben, aber die Pointe zündet nicht richtig. Es läuft darauf hinaus, lieber abzustürzen, als sich von dem Heißluft produzierenden Deutschen quälen zu lassen, nicht? :)

Autopoiesis ist Selbstschöpfung: In der Biologie bedeutet es, dass jedes Lebewesen etwas tun muss, um weiterzuleben. Verdauen und neue Zellen produzieren etwa. Es nur als Selbstreflexion zu verstehen, geht schon in Richtung dummes Geschwafel a la Niklas Luhmann.

„Chuchichäschtli.“ ist genau die richtige Antwort auf sowas. ;)

Lieben Gruß,

Fritz

 

Hi Rolf,

Ja, so Menschen, die alle in elaboriertem Code penetrieren können einem schon kolossal auf die Sensoren gehen. Da überkommt einen schon mal der Drang, die Reißleine zu ziehen.
Häferls Einwand, dass der Schweizer sich etwas dumm anstellt, teile ich. Mein Vorschlag wäre, er sagt zum Beispiel richtig "Ballonfahren", der nervige Deutsche hebt dann gleich zu einem Referat an, warum es fahren statt fliegen heißt. Die Penetranz solcher Leute steigert sich meistens, wenn sie Solidarität wittern und in ihrem Besserwissertum auch noch loyal tun. Wenn er also belehrt, obwohl der Gegenpart gar keine Fehler macht, wirds nervtötender.
Auch die Frage nach der Dauer der Fahrt sehe ich ähnlich wie Häferl. Sie soll zwar ausdrücken, dass ihm der Typ auf die Eier geht, erinnert aber wirklich eher an quengelnde Kinder. Lass ihn eher eine Bemerkung darüber machen, dass man solche Ballonfahrt am besten schweigend im Einklang mit Wind und Natur genießt, um sie wahrhaft zu erleben.

Ansonsten hat es mir gut gefallen.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo zusammen

Danke erstmal für's Lesen, kommentieren und im Gross und Ganzen gut finden! :)

@Susi
Vielen Dank für deine Mühe, du hast dir wirklich Gedanken gemacht. Da schäme ich mich fast ein bisschen für meine kurze Kritik an deiner Geschichte.

Wer es nicht verstehen will, der soll auch kein Grund für kulturellen Selbstmord sein.
Wollte ich schon nicht begehen, aber glaub mir, wenn ich so richtig losgelegt hätte, wären allfällige Erklärungen umfangreicher ausgefallen, als die KG selbst.

Jedenfalls stellt sich mir die Frage: Wie wolltest Du denn, daß ich die beiden sehe?
Den Deutschen wollte ich so darstellen, wie du ihn (in meiner KG) siehst. Der Schweizer, da hast du Recht, wirkt zu dümmlich. Das habe ich, noch so gerne (;)), angepasst. Er sollte jetzt leicht intelligenter rüberkommen.

Deine restlichen Anmerkungen habe ich mit gutem Gewissen von dir übernommen. Geschichten und Realität stimmen eben nicht immer überein. :D


@Lord

Chuchichaschtli... Heheheee. Kurz&unterhaltsam.. Lord
Ebenfalls ein herzliches Vergelts Gott!

@Berg

nett geschrieben, aber die Pointe zündet nicht richtig.
Schade. Aber das "nett geschrieben" freut mich. Also wenn du ohne nachzuschlagen "Autopoiesis" so perfekt erklären konntest, möchte ich auch mit dir nicht unbedingt eine Ballonfahrt wagen :D

@gnoebel

Ja, ich fands witzig. Netter Dialog, schön trockener Humor
Freut mich sehr!

Dadurch wirkt das ganze ein wenig konstruiert, weil dieser Wechsel irgendwie recht willkürlich geschieht
Angepasst!

mich mit unverständlichen Worten bomardierte

Show, don't Tell

Upps...

@sim

Ja, so Menschen, die alle in elaboriertem Code penetrieren können einem schon kolossal auf die Sensoren gehen.
Schon wieder jemand, den ich zu Hause lasse :)

Deine Vorschläge sind sehr gut! Dreist wie ich bin, übernehme ich beide!
Wie gesagt, denke ich, kommen die beiden jetzt eher so rüber, wie ich es ursprünglich beabsichtigt habe.

Vielen Dank für eure Mühe und Zeit!

Gruss Rolf

 

Ruhe, Schwerelosigkeit, vor allem aber diese Ruhe...
Ist zwar Häferls Part ;) , aber ich will auch mal:

Vorschlag:
Ruhe und Schwerelosigkeit, vor allem aber diese Ruhe ..."

dot

 

Ist zwar Häferls Part , aber ich will auch mal
Pscht! Ich erzähl's nicht weiter ;)

Nett, dass du's nochmals durchgelesen hast...und Recht hast du auch!
Geändert!

Gruss Rolf

 

Hallo rolf,

deine Geschichte ließ mich schmunzeln, zumal ich auch leicht mit diesem Schweizer Dialekt belastet bin, das gibt schon mal eine positive Grundstimmung.
Leider kommt der dusselige Schweizer nicht auf die einfache Idee, ihn zu bitten, still zu sein, was man ja so im Allgemeinen machen würde. Dann könnte die Labertüte noch über Stille referieren :D, das fände ich nett als I-Tüpfele.

Lieber Gruß
bernadette

 

Hoi Bernadette

Dann könnte die Labertüte noch über Stille referieren
Mann, schon wieder eine prima Idee. Ich glaube, dass baue ich auch noch ein. Langsam wirds eine Co-Produktion :)

"Dusselig" sollte er jetzt eigentlich nicht mehr rüberkommen, mein Schweizer, aber da seit ihr Deutschen in eurem Urteil wohl auch etwa vorbelastet :D

Freut mich, dass du schmunzeln musstest.

Danke für deinen Kommentar!

Gruss Rolf

 

"Dusselig" sollte er jetzt eigentlich nicht mehr rüberkommen, mein Schweizer, aber da seit ihr Deutschen in eurem Urteil wohl auch etwa vorbelastet :D
Hey, ich liebe Schweizer :).

 

Hallo, Rolf.

Ich mach es mir einfach, ich komm erst, wenn alle schon ihren konstruktiven Senf dazugegeben haben. Also: Liest sich ganz angenehm, allein es will sich mir nicht die angemessene Genervtheit ob des teutonischen Geschwafels einstellen, weshalb ich das fatale Reißen gleichnamiger Leine deutlich verfrüht finde.

Trotzdem gern gelesen, gehört aber nicht zu meinem persönlichen Kreis der Favoriten.

Gruß
bvw

P.S.: Kannst Du mir den ersten Satz vielleicht erklären?

P.P.S.: Ist „Chuchichäschtli“ eigentlich ein atztekischer Gott?

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom