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Mädchen vor Küstenlandschaft

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11.07.2021
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Mädchen vor Küstenlandschaft

Der Wind blies durch ihre Haare und zerrte an den Bändern der Haube, die sie gerade zuband. Hinter ihr war weißes Felsgestein. Aber außer dem Bauernmädchen und den weißen Felsen, gab es auf dem alten Oelbild noch etwas, was man nicht sehen konnte, sondern nur dessen Anwesenheit ahnte. Das Unsichtbare war die See. Ich erkannte die Landschaft wieder, weil ich dort schon mal war.

Der blaue Aufsatzbus, der uns jedesmal abholen kam, hielt vor unserer Schule. Wie eine Hammelherde drängelten wir uns durch die Tür, die bei diesem Bus auf der Rückseite war war. Unser Klassenlehrer saß, wie immer, wenn wir auf Klassenfahrt waren, vorne beim Fahrer.
Während dieser Fahrten schaute ich aufmerksam durch die Fenster des Aufsetzers, wie alle dieses Fahrzeug nannten, und betrachtete die Gegend, die an uns vorüberglitt und lernte so meine Heimat kennen.

Diesmal ging es zu den Kreidefelsen auf Rügen.

Ich erinnere mich noch an einen Mann, der uns erzählte, dass es mit den Kreidefelsen abwärts geht. Nach und nach werden sie vom Meer aufgefressen.
Aber keine Sorge, es gibt sie immer noch, und unser Ausflug ist schon eine ganze Weile her.

Ich leistete mir zwei Bratwürste und verzichtete auf Eis, um meiner Mutter ein Stullenbrett zu kaufen, auf dem die Kreidefelsen mit einer heißen Nadel eingraviert waren. Zuhause aß ich eigentlich gar keine Bratwurst, aber wenn ich auf der Straße war, kam ich an keiner Bude vorbei, aus der dieser köstliche Duft drang.

Später, als ich schon in Berlin wohnte, stand ich oft am Bahnhof Prenzlauer Allee, hin- und hergeschubst wurde im Gedränge der Leute, die entweder zur S-Bahn wollten oder aus dem Ausgang strömten, und biss selig in eine Bratwurst. So stellte ich mir Großstadt vor.

Das Klassenzimmer hatte einen flaschengrünen Ölsockel. Darüber, wo die Wand weiß angestrichen war, hing das Bild. Auch der untere Teil der Fenster war weiß bemalt, damit man nicht raussehen konnte. Sehnsüchtig sah ich zu, wie oben am Himmel zwei Spatzen flogen.

Ich schrecke auf. „Was ist ein Modalverb?“ fragt mich der Lehrer. Da muss ich passen. Ich hoffe, dass er es im Lehrerzimmer nicht meiner Mutter erzählt. Dann kann ich mich zu Hause auf etwas gefaßt machen. Aber seinem Gesichtsausdruck entnehme ich, dass er es auf alle Fälle meiner Mutter erzählen wird.
Er ist ein doppelzüngiges Teufelchen. Warum ist er Lehrer geworden? Er liebt die Kinder nicht. Als er mal eine sentimentale Anwandlung hatte, hat er uns erzählt, dass er eigentlich Medizin studieren wollte. Aber als es bei der Armee mal einen schweren Unfall gab, ist ihm klargeworden, dass dieser Beruf nichts für ihn ist.

Das einzige, dass mir Kraft gab, die Stunde zu überstehen, war das Bild, das eine Ahnung von der Unendlichkeit des Meeres in die stickige Schulstube brachte, in der wir unsere Kindheit vergeudeten.

Und irgendwie machte man sich auch seine Gedanken darüber, warum sich das Mädchen gerade ankleidete und warum sie so glücklich aussah. Hatte sie nur im Meer gebadet, oder kam sie aus den Armen ihres Geliebten. War der Küstenwind nicht allein die Ursache für ihre zerwühlte Kleidung und ihre zerzausten Haare? Bei dem Gedanken daran vergass ich das triste Klassenzimmer und gab mich Träumereien hin.

Ich vermute, der Maler war gar kein Einheimischer, sondern er kam aus Berlin. Warum ich das denke? Ich komme aus einer Gegend, die keine Künstler hervorgebracht hat und wenn, sind sie bald nach Berlin verschwunden. Die Leute in meiner Heimat haben einen praktischen Sinn. Bunte Vögel werden dort nicht toleriert.

Irgendwann, vor über 100 Jahren, hat der Maler in seinem dunklen Hinterhofatelier, in der Ackerstraße, ein Porträt von seiner Freundin, die sein Langzeitmodell war und die ausgetauscht wird, wenn er Erfolg hat, gemalt. Erst kurz davor hatten sie sich auf der schmalen Ottomane noch in den Armen gelegen.

Bei einem Sommeraufflug an die Küste, wo er seine Staffelei vor den Kreidefelsen aufgebaut hat, worüber die Einheimischen den Kopf geschüttelt haben, hatte er Skizzen zu einem Landschaftsgemälde gemacht. Das Porträt seiner Freundin, in der Tracht eines Bauernmädchens, fügte er später mit in das Bild ein.

Als er die Auftragsarbeit ablieferte, sie sollte das Esszimmer eines Kaufmanns zieren, konnten er, seine Geliebte und seine Künstlerkumpane sich seit langer Zeit endlich mal wieder sattessen, die Ateliermiete bezahlen, sich ein paar Flaschen Wein, einen warmen Ofen und vielleicht auch eine Prise Koks leisten

Immer, wenn mich Leute fragen, woher ich bin, werden sie neidisch. Dabei komme ich gar nicht vom Meer. Mein Dorf liegt inmitten von Kartoffel- und Rübenfeldern. Die See bekam ich höchstens einmal im Jahr zu sehen.

Wenn der Aufsatzbus in unsere Bezirksstadt einfuhr, reckte ich schon erwartungsvoll den Hals, um ja den einen Augenblick nicht zu verpassen. Das war der kurze Moment, in dem man, vom Busfenster aus, die Masten der Schiffe sehen konnte. Man konnte zwar vom Wasser nichts sehen, aber wo solche großen Schiffe lagen, musste das Meer sein. Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber mich haut es jedesmal um, wenn ich nach langer Zeit mal wieder das Meer erblickte.

Bis zum Horizont nur Wasser, Wow, dass hatte schon was. Wenn der Bus diese Stelle passiert hatte, ging die Fahrt weiter durch die Steinmauern der Stadt und man sah die See nicht mehr. Das war oft das einzige Mal im Jahr, an dem ich wenigstens ein winziges Stückchen vom Meer erblickte. Meist war das, wenn unsere Klasse zur Ostseewoche fuhr.

Auf dieser Ausstellung, die auf einem riesengroßen betonierten Platz stattfand, konnte man zwar kein Wasser sehen, aber dafür gab es dort Erdnußflips zu kaufen, die es woanders nicht gab. Ich stopfte mich voll damit und befand mich bald im Zustand der salzigen Seeligkeit. Darauf freute ich mich schon das ganze Jahr. Mit wie wenig konnten sie einen glücklich machen.

Mein Opa hatte einen Onkel gehabt, der zur See gefahren war. Er ist früh, schon vor dem Ersten Weltkrieg verstorben. Er hatte sich vom einfachen Matrosen bis zum Ersten Oberdeckoffizier hochgearbeitet, was auch immer das war. Vielleicht war er ein Anscheißertyp, vor dem sich die Anderen in Acht nehmen mussten. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er aus dieser spießigen Kleinstadt in die weite Welt aufgebrochen war und dort wilde Abenteuer erlebt hatte.

Über seine Fahrten hat er im „Mecklenburger Intelligenzblatt“ eine Artikelserie geschrieben. Außerdem waren dort noch sentimentale Gedichte von ihm abgedruckt. Die vergilbten Zeitungsausschnitte habe ich gelesen. Es war viel von Cylon, Kap Horn, den Falklandinseln und von Insulanern und Indianern, Gewürzbasaren, Robben, Walen, Seelöwen und vom Sturm abgeknickten Mastbäumen die Rede. Das Übliche eben.

Außerdem existierte von ihm oben auf dem Boden noch eine Muschel, die ich mir manchmal gegen das Ohr hielt. Man hörte wirklich Meeresrauschen. Hatte mein Onkel in verruchten Hafenkneipen in Havanna und Rio hochprozentigen Rum getrunken, wild nach den Klängen von Sambamusik getanzt und mit exotischen Schönheiten das Lager geteilt? Darüber konnte er im „Mecklenburger Intelligenzblatt“ nichts schreiben. Das hätte die Leute aber bestimmt mehr interessiert als die rührseligen Geschichten.

Ich vermute, er hat nichts von alledem getan, dazu war seine Erziehung wohl zu kleinbürgerlich, sondern seine Heuer gespart, um die Steuermannsschule zu besuchen. Aber zur See zu fahren, war für ihn wohl trotzdem ein Versuch seiner beengenden Umgebung zu entkommen.
An der Wand hing ein Foto von ihm, von dem ein streng wirkender Mann herablickte, der nicht allzu glücklich wirkte. Um höher aufzusteigen, fehlte ihm das Abitur. Er stand wohl zwischen den Klassen und gehörte nicht mehr richtig zu den einfachen Matrosen, aber von den höheren Offizieren wurde er auch nicht als ihresgleichen angesehen.

Wo ich aufgewachsen bin, gab es weit und breit kein Meer, aber die Familie der Mutter meiner Mutter lebte an der See. Wir besuchten sie das erste Mal, da war ich 10 Jahre alt. Warum erst so spät, weiß ich auch nicht.
Die drei Kinder ihrer Kusine und ich waren bald unzertrennlich, und wir rannten den ganzen Tag durch den riesigen Garten ihrer Oma. In einer Scheune auf dem Gehöft stand ein Klavier, und wir ließen die Katze über die Klaviertasten laufen. Das war ein wunschloses Kinderglück, was sich so nie wieder wiederholt hat.

Das war der Hof, auf dem auch meine Großmutter aufgewachsen war, die ich aber nicht mehr kennengelernt habe und den ihr Bruder übernommen hatte. Hier hatte auch meine Mutter viele Sommerferien verbracht. Damals leisteten ihr ihre Kusine und ihr Cousin Gesellschaft. Da hat sich wohl vieles genauso abgespielt wie eine Generation später: das Fahrradfahren an die See, das Rumkugeln im Heu.

Obwohl sie es nie zugegeben hat, vermute ich, dass meine Mutter in ihren Cousin verliebt war, denn als ich sie mal nach seiner Frau fragte, sagte sie mit bitterem Unterton: „Blonde Schönheiten welken schnell.“

Diesen Onkel habe ich nie kennengelernt. Aber einmal standen meine Mutter und ich am Fuße eines Hochhauses in Rostock Lütten-Klein. Mein Mutter zeigte auf das Klingelschild „Hier wohnt mein Cousin.“ „Laß uns rauf gehen.“ schlug ich vor, aber sie weigerte sich.

„Sieh dir mal das Foto in der Zeitung an. Das ist Verwandschaft von dir.“ Meine Mutter deutete auf ein Bild, auf dem zwei blonde Mädchen im Judoanzug zu sehen waren.

Die Kinder von ihrem Cousin waren alle flachsblond und aktive Judoka. Ich hätte sie gern mal kennengelernt.
Zwei Töchter vom ihm wurden sogar Landesmeister.

Der Cousin meiner Mutter, der bei der Feuerwehr war, schrieb manchmal etwas über Brandschutz in diesem Blatt.

Aber meine Mutter hatte ihren Cousin wohl aufgegeben. Ihr war klar, dass er mit seinem Leben voll ausgefüllt war und seine Cousine, die in den Ferien immer zu ihnen auf den Hof zu Besuch gekommen war und mit der er mit dem Fahrrad zum Baden ans Meer gefahren war, vergessen hatte. Aber sie ihn nicht.

In dem Jahr, in dem meine Mutter mich das erste Mal mit zu ihren Verwandten genommen hatte, lagen wir vier Kinder immer alle vor dem Fernseher und sahen Westfernsehen, das wir in meinem Dorf nicht empfangen konnten. Ich erinnere mich noch an einen Film mit Hans Albers, in dem er mit mächtig viel Wasser zu kämpfen hatte, aber zum Schluß alles gut in den Griff bekam und die Menschheit rettete. Ich, die weder einen Vater noch Geschwister hatte, fühlte mich geborgen inmitten meiner Verwandtschaft.

Mein Großcousin, der ein Jahr jünger war als ich, hatte sich wohl in mich verliebt. Er war ein sensibler Junge und für sein Alter so verträumt, dass seine Eltern sich schon Sorgen um ihn machten. Die drei Geschwister, zu denen noch ein Mädchen, das ein Jahr älter war als ich und ein kleiner Junge, ein sogenannter Nachkömmling, gehörten, waren unzertrennlich, und ich wurde als Vierte in ihren Bund aufgenommen.

Wir fuhren oft mit dem Fahrrad zum Strand, der nicht sehr weit entfernt war und nahmen eine Abkürzung durch die Dünen, was verboten war. In Ufernähe hatte die See hier einen Untergrund der voller spitzer Steine war. Wir legten uns bäuchlings mit einer Luftmatratze auf das flache Wasser und ruderten mit den Armen über die Steine rüber, bis wir weiter hinten dahin kamen, wo der Grund nur aus Sand und Muscheln bestand und man laufen konnte.

Meine Mutter und ich waren später noch ein paarmal zu Besuch, aber so wie in diesem Sommer wurde es nie wieder.

Zwei Jahre später waren wir wieder bei ihnen. Ich wartete gespannt auf meinen Großcousin, der mich zwei Jahre zuvor noch tränenüberströmt verabschiedet hatte. „Der ist fußballspielen, aber zum Abendbrot kommt er.“ sagte meine Tante. Beim Abendbrot saß mir dann ein mürrischer Bursche in der Pubertät gegenüber, der mit dem sensiblen, verträumten Jungen von vor zwei Jahren nichts mehr zu tun hatte.

Die Phase hatte er wohl hinter sich gelassen. „Sag doch unseren Verwandten Guten Tag.“ forderte meine Tante ihn auf. Er gab uns kurz die Hand und verschwand. Das war das Ende unserer Freundschaft, und ich sah ihn auch bei den nächsten Besuchen nicht mehr wieder.

Mein Onkel und meine Tante, wie ich die Kusine meiner Mutter und ihren Mann nannte, sahen sich an. Wir saßen am Tisch und tranken Kaffee. Meine Mutter hatte mal wieder das Wort an sich gerissen und redete ununterbrochen, ohne Rücksicht darauf, ob jemand etwas sagen wollte.
Sie ließ niemanden zu Wort kommen. Ich kannte das schon. Was war mit meiner Mutter los? Warum merkte sie nicht, dass das niemanden interessierte. Ich schämte mich für meine Mutter und gleichzeitig tat sie mir leid. Viele Leute hatte sie so schon vor den Kopf gestoßen.

Die Freundschaft mit meinem Großcousin schien sich erledigt zu haben. Dafür freundeten seine Schwester und ich uns an. Ich schlief bei ihr im Zimmer. Sie, die niedlich und offen war und gut in ihre Umgebung reinpasste, lebte in einem Badeort mit vielen Feriengästen und ich hörte bewundernd zu, als sie mir erzählte, wie sie und ihre Freundinnen nachts immer über den Zaun vom Zeltplatz kletterten, wenn dort Disko war.
Das kam mir wie große weite Welt vor. War meine Verwandte noch Jungfrau? Sie deutete einiges an. Was geschah nach der Disko auf dem dunklen Zeltplatz? Sie war ja erst 14. Ich bemerkte auch erstaunt, dass das das Band zwischen den drei Geschwistern lockerer geworden war. Unzertrennlich waren sie schon lange nicht mehr.


Wieder ein paar Jahre später, sie war 17 und ich 16, hatte sie einen festen Freund, der in der selben Klasse wie sie gewesen war. Wenn wir uns abends im Bett unterhielten, kannte sie kein anderes Thema mehr. Sie wusch sich dreimal am Tag die Haare und stürmte aus dem Haus, wenn er draußen vor der Tür mit seinem Moped hupte. Ich sah bloß noch, wie sie hastig auf den Soziussitz sprang und mit ihm davonrauschte. Ich mochte mein flachsblondes Großkusinchen. Sie war verliebt.

Beim nächsten Besuch, drei Jahre später, war sie mit ihm verheiratet und hatte ein Baby. Ich staunte, welche Veränderung mit ihr vorgegangen war. Sie, die erst Zwanzig war, trug keine Jeans mehr, sondern einen merkwürdigen grauen Faltenrock und eine Perlenkette. Sie wollte wohl damit ihre neue Würde als Ehefrau und Mutter demonstrieren. Sie unterhielt sich auch nur mit ihren Eltern und meiner Mutter. Das Mädchen, mit dem ich zusammen gelacht hatte und abends im Bett Geheimnisse ausgetauscht hatte, konnte ich in ihr auch nicht mehr wiederfinden. Ihr Mann war sehr ruhig und sagte kein einziges Wort.

Stolz stieg sie, samt Ehemann und Sohn, ins Auto, das vorm Haus parkte, obwohl sie bloß ein paar Häuser weiter wohnten und lud mich auch nicht ein, mal bei ihnen vorbeizuschauen. Wir beiden Mädchen waren ja fast wie Freundinnen gewesen und hatten uns gut verstanden. Sie hatte alles vergessen. Ich nahm es ihr nicht krumm. Sie war glücklich.

Aber mit der Verwandschaft hatte es sich wohl erledigt. Das hatte wohl auch meine Mutter festgestellt. Unsere Familienverhältnisse waren wohl zu verschieden. Außer alle Jubeljahre mal ein Pflichtschreiben lief da nichts mehr.

Meine Verwandtschaft, die ich mochte, schien im Augenblick zu leben und sah nicht zurück. Vielleicht kommt das von der rauen Küstenwinden da oben, denen sie ständig ausgesetzt waren.

Das Mädchen hieß Gesine. Ihre Mutter wohnte in Rostock, und vermietete an Urlauber Zimmer. Von unserem Zimmer konnte ich auf das Kröpeliner Tor sehen. Unsere Vermieteterin war eine hagere Frau Anfang 40 und arbeitete in einer Staubsaugerfabrik. Ich staunte über sie, noch nie hatte ich eine Frau rauchen sehen. Bei uns auf dem Dorf rauchten bloß die Männer. Und sie war Kettenraucherin. Unsere Vermieterin war eine unabhängige, alleinstehende Frau.

Angeblich sollte sie eine Tochter haben. Ich konnte in der riesigen Wohnung keine Spur finden, die auf ein Mädchen hindeutete, und sie erwähnte sie auch nie. Stattdessen widmete sie ihre ganze Liebe einem schwarzen Pudel. Ich kroch manchmal zu ihm in sein Körbchen und schmiegte mich an ihn.

Ihre Tochter, deren Vater angeblich gestorben war, was eher ein vornehme Umschreibung für „Hat mich sitzenlassen.“ war, war eine Enttäuschung für ihre Mutter. Als sie in die Pubertät kam, begann sie zu rebelieren.

Sie riß aus und schwänzte die Schule, und sie suchte wohl auch ein bißchen sehr und bei den Falschen nach einem Ersatzvater. So geriet sie in die Fänge der Schwarzen Pädagogik. Staatliche Stelle wiesen sie in diese Jugendwerkhöfe ein, in denen viele der ehemaligen Insassen einen so großen psychischen Knacks bekamen, dass sie noch Jahrzehnte danach in Behandlung sind. Ich habe eine Freundin, die auch im Jugendwerkhof war.
Sie hat mir oft erzählt, wie es dort zugegangen ist. Ich hörte viel über Einzelzellen, Essensentzug und Gruppenerziehung, die wohl bedeuten sollte, dass die anderen einen nachts im Schlafsaal verkloppt haben.

Auch da riß sie aus, und die Polizei fragte bei ihrer Mutter nach. Über ihre Tochter sprach sie nicht. Mit 18 wurde Gesine aus dem Jugendwerkhof entlassen. Sie bekam einen Sohn, erhielt eine Wohnung und verstand sich auch wieder besser mit ihrer Mutter.

Ich, meine Mutter, unsere Vermieterin und eine Nachbarin, die eine junge Ehefrau war, gingen zum Bahnhof, um nach Warnemünde zu fahren, wo es einen Laden gab, wo wir Linoleum für Gesines Wohnung kaufen wollten.

Gesine wartete am Bahnhof schon auf uns. Als ich sie sah, war es für mich Liebe auf den ersten Blick. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie unsere mürrische, frustrierte Vermieterin zu ihrer lustigen, lebenssprühenden Tochter gekommen war.
Gesine hatte einen Narren an mir gefressen.
Während der Fahrt von Rostock nach Warnemünde saß ich stolz wie Bolle auf ihrem Schoß. Ich spürte die Wärme ihres Körpers und roch den Duft ihrer Haare, die über mein Gesicht fielen. Obwohl ich erst fünf war, hatte ich schon ein Gespür für die starke sexuelle Ausstrahlung, die von ihr ausging. Ich bemerkte, wie die Männer sie ansahen. Und das bemerkten natürlich auch meine Mutter und die Nachbarin.

Zum ersten Mal in meinem Leben sagte jemand mir, dass er mich niedlich findet.
Normalerweise schlurfte ich sonst immer nur mißmutig, als fünftes Rad am Wagen, durch die Gegend und niemand interessierte sich für mich.

Ich glaube, dass die große Sympathie, die sich zwischen Gesine und mir einstellte, ich war ja erst fünf und sie war 18, auch daher kam, weil wir beide ohne Vater aufgewachsen sind. Unsere Väter blieben für uns beide ein Phantom und unsere Mütter wollten sich wohl dafür an uns rächen, dass sie sitzengelassen worden waren. Kurz gesagt: „Wir hatten es beide nicht leicht und wurden nicht gerade mit Liebe überhäuft.“

Als wir das Geschäft gefunden hatten und das Linoleum gekauft hatten, ging ich wunschlos glücklich hinter den anderen her und hielt mich am Ende der Rolle fest. Ich liebte.
Diese lange, schwere Rolle Linoleum wurde von den vier Frauen, mit mir im Schlepptau, bis zum Bahnhof in Warnemünde getragen. Während der Zugfahrt lag sie im Gang und alle stolperten darüber. Später schleppten wir sie noch vom Hauptbahnhof bis zur Wohnung von Sabine. Frauen ohne Männer.

Weil ich Gesine so mochte, tat es mir leid, wie die Anderen über sie redeten. Wenn sich meine Mutter und die junge Nachbarin, die mit uns das Linoleum gekauft hatte, über sie unterhielten, fielen Begriffe wie Schlampe, und Herumtreiberin.

Meine Mutter sah gar nicht gern, dass ich mich mit Gesine angefreundet hatte. Sie erklärte mir, dass sie ein sogenanntes leichtes Mädchen ist. Anständige Jungs benutzen solche Mädchen und lassen sie dann im Stich, belehrte mich meine Mutter. Dabei vergass sie völlig, dass auch mein Vater sich verdünnisiert hatte.

Mit meinen fünf Jahren konnte ich damit natürlich nichts anfangen, hatte aber schon einen Instinkt für Gerechtigkeit und wußte, dass das Gerede von meiner Mutter völliger Quatsch war. Ich nahm mir vor, aus Solidarität mit Gesine und um meine Mutter und die Anderen zu ärgern, später auch ein „leichtes Mädchen“ zu werden, und nie wollte ich einen anständigen Jungen heiraten.

Heute denke ich, dass die leichtsinnige, gutmütige Gesine für ihre kleinbürgerliche Umgebung als Ehefrau verbrannt war. Denn meisten Leute dachten wirklich so wie meine Mutter.
Durch ihre Aufenthalte im Werkhof kam sie wohl als Ehefrau für einen normalen jungen Arbeiter aus der Werft oder vom Hafen nicht mehr in Frage, so dass ihr die Option, in eine harmonische Rostocker Familie mit netten Schwiegereltern einzuheiraten, und selbst die heile Familie zu gründen, nach der sie sich sehnte, nicht offen stand.

In späteren Jahren übernachteten meine Mutter und ich, wenn wir in den Urlaub fuhren, bei der jungen Nachbarin, deren Ehe inzwischen den Weg alles Irdischen gegangen war, und die jetzt, als alleinerziehende Mutter, Geld brauchte. Sie wohnte inzwischen in Rostock/Lichtenhagen. Sie war eine intelligente Frau, die viel las, und sah in mir wohl schon immer eine Querulantin.
Über Gesine, nach der ich immerzu fragte, erfuhr ich nichts mehr. „Hoffentlich, haben sie sie nicht doch noch kleingekriegt.“ fürchtete ich.

Jahre später, ich lebe inzwischen in Berlin, sitze ich in Lichtenhagen in einem Treppenhaus und will dort übernachten. Dieser Stadtteil ist mir von unseren Urlaubsreisen her vertraut.
Nachdem eine Beziehung in die Brüche gegangen war, hatte ich mich spontan an die Straße gestellt und bin einfach ins Blaue getrampt. Insgesamt sind es wohl drei Wochen gewesen. Übernachtet habe ich meist im Freien oder in Hauseingängen.
Ein junger Mann, den ich beim Trampen kennenlernte, sagte zu mir: „Ein hübsches Mädchen, wie du, zieht die Männer an, aber sie kann sie nicht halten.“

Einmal hat mich auch ein Schleppkahn zwei Tage mitgenommen.
Durch Zufall landete ich auch in der Stadt am Meer, in der meine Mutter und ich immer Urlaub gemacht hatten. Vielleicht führte mich mein Unterbewußtsein zu den vertrauten Orten.
Ich lief wieder die altbekannte Strandpromenade entlang. Nachts versuchte ich in einem offenen Strandkorb zu übernachten, was mir nicht gelang, da der ganze Strand von der Küstenwache mit Suchscheinwerfern ausgestrahlt wurde.

Ich trampte auch zu diesem Ort an der Küste, aus dem meine Familie mütterlicherseits stammt und klopfte an ihre Tür. Zu meinem Glück waren sie weggefahren.

Für mein letztes Geld kaufte ich ein Ticket nach Berlin. Seitdem war ich nicht mehr am Meer.

 

Der Wind blies durch ihr Haar ihre Haare durch und zerrte an den Bändern der Haube, die sie gerade zuband. Hinter ihr war nur weißes Felsgestein. Aber Außer dem Bauernmädchen und den weißen Felsen [ ] gab es auf dem Ölbild jedoch noch etwas, das man nicht sah, dessen Anwesenheit man aber spürte. Es war die See. Ich kannte die Landschaft, weil ich schon dort war.

Der blaue Aufsatzbus, der uns jedes Mal jedesmal abholen kam, hielt vor unserer Schule. Wie eine Hammelherde drängelten wir uns durch die Tür, die bei diesem Bus auf der Rückseite war war. Unser Klassenlehrer saß auf Klassenfahrten immer , wie immer, wenn wir auf Klassenfahrt waren, vorne beim Fahrer.

Während dieser Fahrten schaute ich immer aufmerksam durch die Fenster des Aufsetzers, wie alle dieses Fahrzeug nannten, und betrachtete die Gegend, die an uns vorüberglitt und lernte so meine Heimat kennen.
Diesmal ging es zu den Kreidefelsen auf Rügen.

Ich erinnere mich noch an einen Mann, der uns erzählte, dass es mit den Kreidefelsen abwärts geht. Nach und nach werden sie vom Meer aufgefressen. Das stimmte mich traurig.
Aber keine Sorge, es gibt sie immer noch, und unser Ausflug ist schon eine ganze Weile her.

Ich leistete mir zwei Bratwürste und verzichtete auf Eis, um meiner Mutter ein Stullenbrett zu kaufen, auf dem die Kreidefelsen mit einer heißen Nadel eingraviert waren. Zuhause aß ich eigentlich gar keine Bratwürste, aber wenn ich auf der Straße war, kam ich an keiner Bude vorbei, wo es nach ihnen roch.
Als ich nach Berlin gezogen war, stand ich oft selig am Bahnhof Prenzlauer Allee, hin- und her geschubst hergeschubst, [ ] im Gedränge der Leute, die entweder zur S-Bahn wollten oder aus dem Ausgang strömten, und biss in meine Bratwurst. Das war für mich Großstadtfeeling pur.

Das Klassenzimmer hatte einen flaschengrünen Ölsockel. Darüber, wo die Wand weiß angestrichen war, hing das Bild. Auch der untere Teil der Fenster war weiß bemalt, damit man nicht raussehen konnte. Sehnsüchtig sah ich zu, wie oben am Himmel zwei Spatzen flogen.
Das einzige, das dass mir Kraft gab, die Stunde zu überstehen, war das Bild, das eine Ahnung von der unendlichen Weite des Meeres zu uns in die enge Schulstube brachte, in der wir unsere Kindheit vergeudeten.

Und irgendwie machte man sich auch seine Gedanken darüber, warum sich das Mädchen gerade ankleidete und warum sie so glücklich aussah. Hatte sie nur im Meer gebadet, oder kam sie aus den Armen ihres Geliebten. War der Küstenwind nicht allein die Ursache für ihre zerwühlte Kleidung und ihre zerzausten Haare? Bei dem Gedanken daran vergaß vergass ich das triste Klassenzimmer und gab mich Träumereien hin.

Ich vermute, der Maler war gar kein Einheimischer, sondern er kam aus Berlin. Warum ich das denke? Ich komme aus einer Gegend, die keine Künstler hervorgebracht hat und wenn, sind sie bald nach Berlin verschwunden. Die Leute in meiner Heimat haben einen praktischen Sinn. Bunte Vögel werden dort nicht toleriert.
(Irgendwann, vor über 100 Jahren, hat der Maler in seinem dunklen Hinterhofatelier, in der Ackerstraße, seine Freundin, die sein Langzeitmodell war und die ausgetauscht wird, wenn er Erfolg hat, porträtiert.) (Dieser Satz liest sich sehr schwer) Erst kurz davor hatten sie sich auf der schmalen Ottomane noch in den Armen gelegen.

Bei einem Sommerausflug Sommeraufflug an der die Küste, wo er seine Staffelei vor den Kreidefelsen aufgebaut hatte hat, worüber die Einheimischen den Kopf geschüttelt haben, machte hatte er Skizzen zu einem Landschaftsgemälde gemacht. Später fügte er das Porträt seiner Freundin [ ] in der Tracht eines Bauernmädchens [ ] in das Bild ein.
Als er die Auftragsarbeit ablieferte, die das Esszimmer eines Kaufmanns zieren sollte, konnten er, seine Geliebte und seine Künstlerkumpane sich seit langer Zeit endlich mal wieder sattessen, die Ateliermiete bezahlen, sich ein paar Flaschen Wein, einen warmen Ofen und vielleicht auch eine Prise Koks leisten[.]


Hallo Frieda,

finde es sehr schön, wie du diese Kindheitsgeschichte erzählst. Man spürt eine gewisse Nostalgie und merkt, dass du diese Zeit wirklich durchlebt hast.

Habe bis zu einer gewissen Stelle einige Rechtschreibfehler und Satzzeichen korrigiert, die mir aufgefallen sind. Manches ist auch nur eine Empfehlung, wie ich es schreiben würde.

Persönlich haben mich die vielen Nebensätze etwas gestört und ich kam immer wieder ins Stolpern. Teilweise sind in manchen Sätzen 4-5 Nebensätze eingebaut. Würde empfehlen, diese kürzer zu halten oder mehrere Sätze daraus zu bilden.

LG Krolloks

 

Hallo Krolloks,
vielen Dank für Deine Kritik. Ich habe jetzt vieles noch mal umgeschrieben.
Auf die Idee zu dieser Geschichte hat mich der Blick auf das Thermometer gebracht und Berichte im Fernsehen, wie sie Leute aus den überfüllten Zügen holen mussten, die mit dem Billigticket an die Küste fahren wollten. Eine frische Meeresbrise könnte ich jetzt auch vertragen. Zu den Nebensätzen: Hast Du mal Proust gelesen?
Ich hoffe, Du sitzt jetzt nicht in einer heißen Steinwüste wie ich, sondern irgendwie in der Natur.
Gruß Frieda

 

Ich schrecke auf. „Was ist ein Modalverb?“KOMMA fragt mich der Lehrer.

Ich weiß nicht, wie es anderen geht, aber mich haut es jedesmal um, wenn ich nach langer Zeit mal wieder das Meer erblickte.

So viel vorweg,

liebe Frieda,

nebst einer kleinen autobiografischen Notiz,
denn obzwar der Klassenlehrer auf der Realschule meinen Eltern angeraten hatte, dass der „Friedel“ auf Lehramt studieren sollte – und da ganz gezielt auf Deutsch und Geschichte -, der Betroffene aber keinen Bock darauf hatte, sich mit Seinesgleichen herumärgern zu müssen, komm ich ganz gut mit der deutschen Sprache aus und bin sogar mit mehr oder auch schon mal weniger Vergnügen dem reformatorischen Eifer seit 1996 gefolgt (ist interessanter und spannender als die Steuergesetzgebung, wiewohl die auch einige Aufreger produziert).

Heute weiß ich, dass ich dergleichen schon aus reiner Sturheit geschafft hätte.

Aber ein Facharbeiterbrief und der Kaufmannsgehilfenbrief sind auch ganz schön neben Graduierung und akademischen Dipl. Bestenfalls bedauer ich, mit der Verrentung nicht in das sichere Gewässer des Beamtentums eingetaucht zu sein.

Zudem weiß ich - oder besser: ahne seit einiger Zeit, dass Du „Deine“ Geschichte im Sinne einer biografischen Aufzeichnung loswerden musst und wenn ich von der Etymologie her das Wort „Geschichte“ betrachte von seinem Ursprung im althochdeutschen „giskiht“ (das h ist aller Wahrscheinlichkeit kein Dehnungs-h, sondern das, was wir heute im „ch“ ausdrücken, was im mhd. „geschiht“ [Lautung mutmaßlich wie heute, es gibt halt keine Tonaufzeichnungen]) ist eine Substantivierung des Partizips des Verbs „geschehen“ und insoweit ist Deine Aufzeichnung eine „Geschichte“, die gleichwohl hierorts auf Grund laufen wird, weil es eben keine „Kurzgeschichte“ ist – selbst wenn Du sie in kurzen Kapiteln darstellst und selbst, wenn es für die Kurzgeschichte keine allseits anerkannte Definition gibt.

Zudem stell ich hinsichtlich der grammatischen Fragen kaum eine Veränderung zum Positiven hin - k. A., ob Konzentrationsmängel, fehlende Korrekturlesung oder diverses andere oder alles zugleich die Ursache ist.

Also, nicht erschrecken ...!

Aber außer dem Bauernmädchen und den weißen Felsen[Komma weg!] gab es auf dem alten Oelbild noch etwas, was man nicht sehen konnte, sondern nur dessen Anwesenheit ahnte.
Ölbild

Wie eine Hammelherde drängelten wir uns durch die Tür, die bei diesem Bus auf der Rückseite war war.

Während dieser Fahrten schaute ich aufmerksam durch die Fenster des Aufsetzers, wie alle dieses Fahrzeug nannten, und betrachtete die Gegend, die an uns vorüberglittKOMMA und lernte so meine Heimat kennen.
(Relativsatz zu Ende!)

Und hier

Dann kann ich mich zu Hause auf etwas gefaßt machen.

Bei dem Gedanken daran vergass ich das triste Klassenzimmer und gab mich Träumereien hin.
bin ich mir sicher, dass wir die Rechtschreibreform schon ausgiebig gewürdigt haben: „ß“ lange Silbe („Fuß“), doppel s kurze Silbe („Fluss“)

Er ist ein doppelzüngiges Teufelchen.
Warum die abwertende Verniedlichung, die an sich eine gewisse Überheblichkeit belegt ...

Und irgendwie machte man sich auch seine Gedanken darüber, warum sich das Mädchen gerade ankleidete und warum sie so glücklich aussah.
Emanzipation von der Grammatik?
Dürfte es dann auch kein „Jungchen“ oder Knäblein"geben?

Hinzu gesellt sich reine Flüchtigkeit

Bei einem Sommeraufflug an die Küste, wo …

Das war der kurze Moment, in dem man, vom Busfenster aus, die Masten der Schiffe sehen konnte.
Kommas weg, eine gedacht Pause (so vermute ich mal) kann da durch Gedankenstriche gekennzeichnet werden

Auf dieser Ausstellung, die auf einem riesengroßen betonierten Platz stattfand, konnte man zwar kein Wasser sehen, aber dafür gab es dort Erdnußflips zu kaufen, die es woanders nicht gab.
aktuelle Regel sollte nun bekannt sein ...

... zur See zu fahren, war für ihn wohl trotzdem ein VersuchKOMMA seiner beengenden Umgebung zu entkommen.

reine Flüchtigkeit
An der Wand hing ein Foto von ihm, von dem ein streng wirkender Mann herablickte, der nicht allzu glücklich wirkte.

Wir besuchten sie das erste Mal, da war ich 10 Jahre alt.
„zehn“, Zahlen werden üblicherweise ausgeschrieben. Ich empfehle maximal bis zwölf – weil danach langwährende Wiederholungen anstehen und das Schock (für die 12 als Einheit) ein altes Zahlensystem ist.

Hier wird die Zeitenfolge innerhalb des Satzes durchbrochen

Das war der Hof, auf dem auch meine Großmutter aufgewachsen war, die ich aber nicht mehr kennengelernt habe und den ihr Bruder übernommen hatte. Obwohl sie es nie zugegeben hat, vermute ich, dass meine Mutter in ihren Cousin verliebt war, denn als ich sie mal nach seiner Frau fragte, ...

„Laß uns rauf gehen.“
[Punkt weg!, Komma nach den auslaufenden Gänsefüßchen]
schlug ich vor, aber sie weigerte sich.
& natürlich "lass"

Das ist Verwand[t]schaft von dir.“

Aber was ist das, das Dich immer in die gleichen Fallen lockt, wie hier
„Der ist fußballspielen, aber zum Abendbrot kommt er.“ sagte meine Tante.

Und einige Zeilen später wieder
„Sag doch unseren Verwandten Guten Tag.“ forderte meine Tante ihn auf.
Seit der karolingischen Reform, also den ältesten deutschsprachigen Belegen wie dem Hildebrandtslied und den Verträgen von Verdun (843) gilt nach Punkt Großschreibung (wie überhaupt bei Satzanfängen). Aber das braucht man eigentlich gar nicht wissen, seit wann die Regel gilt. Ich fürchte nicht einmal, dass sms oder die aküspra (Abkürzungssprache) Ursache sein können. Ich weiß es nicht, warum sich in solchen Kleinigkeiten eine gewisse Blindheit offenbart.

Tatsächlich hat sich ja das Komma nach der wörtlichen Rede eingebürgert. Aber einer der beiden Regeln sollte man schon „vertrauen“, entweder „ Guten Tag[!]“, forderte …“ oder „ Guten Tag!“ Forderte … (was eher ungewöhnlich ist, aber korrekt)

Hier geb ich erst mal auf, in der Hoffnung dass nicht gilt

Das war das Ende unserer Freundschaft, …
mögen noch so viele km dazwischen liegen.

Tschüss und nicht den Kopf hängen und nicht erst hierorts Korrektur lesen lassen ...

Friedel

 

Hallo Frieder,
vielen Dank, dass Du Dich mit meinem Text beschäftigt habe. Du hast recht, ich habe Schwierigkeiten, Dialoge zu schreiben, weil ich das normalerweise nicht brauche. Ich bin immer unsicher, wo ich Kommas oder Punkte setze. Ich glaube, das haben wir vielleicht in der siebenten Klasse im Deutschunterricht behandelt. Hier holt man ja richtig Schulwissen nach. Es ist natürlich peinlich, wenn Rechtschreibfehler auffallen. Ich möchte mal wissen, ob Thomas Mann und Herrmann Hesse in Rechtschreibung so fest waren. Aber meistens haben sie ja alle das humanistische Gymnasium absolviert und sind ab der vierten Klasse mit Rechtschreib-, Grammatikregeln getriezt worden. Da wird schon mehr hängengeblieben sein, als bei mir in der Polytechnischen Oberschule bis zur zehnten Klasse. Also, mit der wörtlichen Rede werde ich mich, mithilfe des Internets, noch etwas beschäftigen. Den Text überarbeite ich gerade. Leider ist er noch länger geworden. Er geht mir auf wie Hefeteig. Wahrscheinlich bin ich in die Kindheit geraten, um an eine friedlichere Zeit zu erinnern als die Heutige, wo im Ukrainekrieg kein Ende abzusehen ist und auf uns eine Energiekrise lauert. Ich habe gerade am Sonnabend, auf einem Open-Air-Konzert, eine Frau kennengelernt, deren Mann in Buschta... Mehr muss ich nicht dazu sagen.
Gruß Frieda

 

Hallo Frieda,

wird schon werden, behaupt’ ich mal, schließlich macht die Übung Meister – und für alle Fälle bietet sich der Duden im Internet an unter
https://www.duden.de/sprachwissen/rechtschreibregeln/komma
wo mehr als 90 % aller geregelten (incl. der „optionalen“ Kommasetzungen) erläutert werden – und da die „Rechtschreibreform“ noch lange nicht „vorbei“ ist – was bei einer „lebendigen“ Sprache auch seltsam wäre, ist das eine zuverlässige Grundlage, das Geheimnis der Kommasetzung aus eigener Kraft zu lüften.

Hier holt man ja richtig Schulwissen nach.​

Ja, auch das ist richtig, aber ich hatte den Glücksfall, als 13jähriger, der sich für das Fach „Geschichte“ und später als 20jähriger „Ethnologie“ (Soziologie und Wirtschaftswissenschaften sind m. E. nix anderes als eine Ethnologie der „modernen“ Gesellschaften, die sich über Volks- und Betriebswirtschaften definieren) interessierte an der Realschule (Ursache waren „eigentlich“ die Tecumseh-Bände und der Mythos des Sitting Bull (Tatonkayotanka) und da natürlich Little Big Horn, wobei die Biographie Witikos („Crazy Horse“) das vorher geglaubte wieder relativierte durch die zahlenmäßige „Überlegenheit“ der Sioux gegenüber Custer.
Hätten die ersten "Mexikaner" und "Peruaner" sich nicht durch Blitz und Donner der Vorderlader einschüchtern lassen, sie hätten mit Pfeil und Bogen Cortez und co. zurückgeschlagen.

Also keine Bange, ich koch auch nur mit Wasser ...

Es ist natürlich peinlich, wenn Rechtschreibfehler auffallen. Ich möchte mal wissen, ob Thomas Mann und Herrmann Hesse in Rechtschreibung so fest waren.​
War’n se, behaupte ich mal – nur können wir das wegen der „Reformen“ an den originalen Schriften gar nicht mehr so einfach feststellen – denn „Reformen“ finden ständig statt – auch in der Sprache. Alles andere wäre bei einer lebenden Sprache auch denkwürdig.Das Bekloppteste überhaupt, was mir untergekommen ist, ist, dass „lol“ in den Duden aufgenommen werden musste. Da sind „Aa“ und „Pip(p)i“ viel ausdauernder – quasi aus Kindermund für die Ewigkeit bestimmt.

Den Text überarbeite ich gerade. Leider ist er noch länger geworden.​

Wirstu auch lernen, Texte nicht ins uferlose wachsen zu lassen, sondern zu kanalisieren … Hab übrigens vor, einen Text zu pu-t-in, put-out zu schreiben. Ein erster Versuch (Gretchen erzählt unter https://www.wortkrieger.de/threads/...i-kaiser-truthuhn-und-der-kaputalismus.68329/)
hat hier nur mäßigen Erfolg.

Wie dem auch sei – a) nicht den Kopf hängen lassen, b) lernen und übern und c) auch keine Hemmungen haben, diesen oder jenen Stil zu kopieren und mit Eigenem auffüllen, bis es was Eigenes ist …und das erste, was ich von den Beatles hörte war die Begleitband zu der Version von Tony Sheridan „My Bonnie“. Wer kennt heute noch Tony Sheridan?

findet der

Freatle

 

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