Was ist neu

(M)Eine Weihnachtsgeschichte

Mitglied
Beitritt
19.12.2009
Beiträge
15

(M)Eine Weihnachtsgeschichte

(M)Eine Weihnachtsgeschichte

Tick, tock, tick, tock. Es war genau dreiundzwanzig Uhr und neunundfünfzig Minuten, ungefähr vierzig Sekunden. Heute ist der dreiundzwanzigste Dezember, in genau acht Sekunden der vierundzwanzigste. Ich schaute wie gebannt auf meine Digitaluhr - mein letztes Weihnachtsgeschenk von meiner Oma - und JA! Endlich wieder Weihnachten! Ich konnte vor Freude gar nicht aufhören, im Bett herumzutanzen, bis dann mein Vater, schlaftrunken, herein kam und mich müde anblickte. „Katie, schlaf weiter, morgen, oder schon heute?, müssen wir ausgeruht sein.“ Mit diesen Worten ging er auch wieder. Ich hörte auf, mich wie eine Wilde zu benehmen und kuschelte mich wieder unter die Decke, riskierte aber noch einen Blick nach draußen – Schnee! Dann konnte dem perfekten Weihnachten ja nichts entgegenstehen. Ich schaute noch mal kurz zu meinen Geschenken, gut verpackt und unter meinem Bett.
Was würde ich nur bekommen? Endlich den heiß ersehnten Nitendo DS? Oder doch den IPod? Was auch immer, ich hatte meinen Eltern eine große Auswahl gegeben. Alles würde so toll sein! Ich freute mich schon so sehr auf die anderen Geschenke, Oma und Opa hatten immer so tolle Sachen. Das einzige, was vielleicht stören würde, wäre der Gottesdienst. Immer das Gesülze mit der Freude über Christis Geburt. Ich freute mich ja auch aufrichtig, dass er geboren wurde. Ohne ihn würde ich nicht so viele tolle Geschenke bekommen. Aber warum sollte ich anderen behilflich sein? Sollte das Fest mit anderen teilen? Ich finde, etwas für sich haben, ist viel cooler. Ich hasse es, wenn andere mein Spielzeug ausprobieren, sich meiner Schminke bedienen. Und etwas abhaben wollen. Sollen sie sich gefälligst selbst was wünschen, was ihnen gefällt! Aber mit diesen Gedanken wollte ich mir nicht den Tag versauen. Weihnachten für Obdachlose, wen interessiert´s? Dann lächelte ich, schlief, immer noch lächelnd, ein.

Ich wachte auf. Wieder fing ich an zu strahlen. Weihnachten! Schnell zog ich meine dicksten Sachen an und rannte in das Schlafzimmer meiner Eltern. Ich war eigentlich eine Langschläferin, aber heute war ich früher wach als Sie. „Aufstehn, na kommt schon!!! Es ist Weihnachten!!! Oder wollt ihr die Geschenke verschlafen?!“ Damit rannte ich raus und lief durch das ganze Haus. Ich freute mich so sehr, dass ich sogar zu meinen Mäusen ging und ihnen liebevoll jeweils eine Schleife um das kleine Hälschen machte. Dann zog ich mich an und rief hoch zu meinen wahrscheinlich noch schlafenden Eltern „Ich geh mal rüber und wünsch den anderen ein frohes Fest!!“
Schon war ich draußen und klingelte am erst besten Nachbarhaus. Ich erkannte, dass es das Haus von Fred war, ein netter Junge, ungefähr ein Jahr älter als ich. Und genau er öffnete mit auch. „Hey, Katie, na, was gibt’s?“ fragte er mich. Ich schaute ihn fordernd an. „Achso, stimmt, heut ist ja Weihnachten! Komm, wollen wir eine Schneeballschlacht machen? Ich trommle mal eben alle zusammen.“ Damit rannte er ins Haus und holte das Telefon. Wir teilten uns ein, wer wen anrief. Dann rannte ich zurück, nahm mir die Telefonliste und rief die mir eingeteilten Leute an.
Manchmal waren es die Eltern, die rangingen, aber größtenteils waren es die Kinder, die als Erstes auf waren. Alle sagten zu, bis auf ein Mädchen, das bei etwas verklemmten Eltern wohnte. Wir trafen uns eine halbe Stunde später.
Wir teilten uns in Teams ein. Ungefähr zwölf Leute waren in jedem Team, dann ging es los. Wir rannten in den Wald, jede Gruppe hatte zehn Minuten Zeit, sich vorzubereiten, dann würde die Schlacht beginnen und das Team, das als erstes den Hauptstützpunkt des Anderen erobert, also sprich zerstört, hat gewonnen. Mein Team teilte sich in zwei Gruppen, die Defensiven und die Offensiven. Die Defensiven bauten erst mal eine Art Iglu, bloß nur zur Hälfte, die Offensiven machten einen großen Vorrat an Schneebällen. Ich war in der offensiven Gruppe. Wir griffen an und waren auch mehr, die anderen, vielleicht vier Personen, blieben beim Iglu und verteidigten es, falls die Gegner es durch unsere Offensive schafften.
Endlich war es soweit, ein Ruf ertönte und die Schlacht begann. Ich sah, wie die anderen auf uns zu rannten, wir ebenfalls. Dann ging alles in einander über, man konnte kaum zwischen Feind und Freund unterscheiden. Ich kämpfte mich durch die Menge und suchte den Hauptstützpunkt des gegnerischen Teams. Ich konnte es nirgendwo entdecken und ging weiter in den Wald hinein, aus der Richtung, aus der die Anderen gekommen waren. Plötzlich traf mich ein harter Schneeball an der Schulter. Ich war total überrumpelt und viel vor Überraschung in den Schnee. Da ich aber leider an einem Hang stand, fiel ich nicht nur, sondern rutschte weiter, immer weiter in den Wald hinein. Nach einiger Zeit hörte ich auf zu rutschen, aber ich war über so viele Wurzeln und Äste geschlittert, dass mir alles wehtat. Außerdem konnte ich nichts mehr bewegen, weil ich halb erfroren war. Mal eben fünf Minuten im Schnee wälzen war nichts für mich. So blieb ich im Schnee liegen und hoffte, dass die anderen mich suchen würden. Und wartete. Wartete weiter. Ich hatte keine Uhr und konnte so nicht sagen, wie lange ich da so lag, völlig durchnässt und erfroren, bis ich zum Entschluss kam, das mich niemand suchte. Dann fing ich plötzlich an zu heulen, ich spürte die Tränen heiß auf meine Wangen, bevor sie sich dann abkühlten und wie kalter Stahl an meinen Wangen blieben. Langsam gefrierte auch mein Atem, es wurde immer schwerer zu atmen. Ich spürte nichts mehr, konnte kaum noch denken. Dann sah ich nur noch weiß, keine große Veränderung zu vorher, da ich da nur Schnee gesehen hatte, gerade erkennbar.
Ich fiel in Ohnmacht. Als ich aufwachte, lag ich immer noch im Schnee, ich spürte immer noch nichts, konnte nicht klar denken. Das Einzige, was sich verbessert hatte, war, das ich wieder atmen konnte. Deswegen startete ich den Versuch, mich zu bewegen. Das misslang mir zwar, aber dafür kehrte wieder Gefühl in meine Glieder ein. Allerdings nicht die Kontrolle, denn das einzige Gefühl, das ich ab jetzt spürte, war Schmerz. Es fühlte sich an, als würden jeden Moment, jede Sekunde, Trilliarden kleinster Nadeln in mich reinpieken. Ich schrie vor Schmerz auf, doch meine Stimme brach. Wieso? Wieso musste ausgerechnet mir das an Weihnachten passieren? Der Tag hatte doch so perfekt begonnen! Es gab keine Anzeichen… Warum musste mich unbedingt irgendein Typ abwerfen. Klar, weil so das Spiel ging, aber hätte er das nicht früher machen können? Oder warum musste er so hart werfen? Warum hatte ich ihn nicht gesehen? Ja, warum?
Ich weinte wieder, spürte die Tränen aber wieder nur als Schmerz, ein Schmerz, der gefrierte. Ich hörte Stimmen. Eigentlich konnte man gar nicht von Hören reden, denn ich spürte die Stimmen viel mehr. Vielleicht stellte ich sie mir auch nur vor und träumte, träumte in einem Schlaf, aus dem ich nie wieder aufwachen sollte.
Sollte ich rufen? Was sagten sie überhaupt? Ich verstand es nicht. Ich sagte etwas. Was, wusste ich selbst nicht so genau. Es war sehr leise, geflüstert. Hatten sie mich gehört? Oder war es nur ein Hirsch gewesen? Vielleicht ein Wolf? Kam er jetzt und wollte mich fressen? Nein, bestimmt nicht. Ich war ja tiefgefroren, strahlte keine Wärme aus, der Wolf würde denken, ich wäre tot. Falls es denn einer war.
Plötzlich sah ich etwas vor mir auftauchen, einem Wolf nicht unähnlich. Doch dann strengte ich meine Augen wieder etwas an, vorher hatte ich sie schließlich nicht gebraucht. Ich erkennte aber nur den Umriss eines Menschen. Er schaute mich an. Ich stellte meine Augen jetzt ganz scharf und erkannte einen Penner. Die Sorte von Pennern, die auf einer Parkbank mit einer Bierflasche einschlafen. Ich zuckte zusammen. Nein, tat ich nicht, ich wollte zusammenzucken, ein automatischer Reflex, aber das Resultat war ein heftiger Schmerz. Der Penner redete anscheinend mit mir. Ich verstand eh nicht viel, aber wenn ich mal zwischendurch klar etwas verstand, war das genuschelt. Ich schaute ihn mir genauer an und erkannte teilweise verfaulte, teilweise nicht mehr vorhandene Zähne. Wieder wollte ich mich wenigstens ekeln, wieder kam nur ein Schmerz heraus. Dann gewann ich langsam wieder Kontrolle und konnte den Penner verstehen. Just zu diesem Zeitpunkt war ihm die Lust vergangen, zu sprechen und er glotzte mich nur blöd an. Ich glotzte zurück. Dann fing er wieder an. „Wilscht du nischt aufschtehn? Isch dasch nisch kalt? Komm, schteh dok endlisch auf, Kindschen.“ Ich zwinkerte mit den Augen. Nicht, weil ich ihm ein Zeichen geben wollte, sondern weil ich sie wieder bewegen konnte. Immer noch stachen die Nadeln auf mich ein, alles war durchnässt, aber trotzdem versuchet ich mich zu bewegen. Es tat alles höllisch weh, aber mich hörte nicht auf, sondern machte weiter. Ich hatte eh nichts zu verlieren, ich stand an Heiligabend einem Penner gegenüber, der mich annuschelte. Schlimmer konnte es gar nicht sein. Als ich endlich aufstand, musste ich mich erstmal übergeben, warum auch immer, es war eben so. Der Penner guckte mir die ganze Zeit zu, mir wäre es am liebsten, er wäre gegangen.
Als ich fertig war, lächelte er mich an und sagte „Komm, du muscht dick aufwärme.“ Dann ging er durch den Wald. Da ich nicht wusste, wo ich hin sollte, folgte ich ihm einfach und kam zu einem Weg, einer Parkbank. Dachte ich es mir doch. Doch da stand keine Bierflasche, sondern da war eine Socke. Eine Riesensocke. Sie sah irgendwie gefüllt aus. Er lächelte, als er den Blick sah und erklärte mir, dass er die am Nikolaus von der Suppenküche bekommen hätte und sich aufgehoben hätte. Die Suppenküche war eine Organisation, die Obdachlosen Essen gibt. Jedes Jahr zu Nikolaus werden Socken gesammelt und den Obdachlosen gegeben. Meine Schule macht da mit, aber ich hatte keine Socke abgegeben.
Der Penner setzte sich auf die Bank und öffnete die Socke. Es kamen ein paar Konservendosen hervor, etwas Süßes, auch ein Apfel. Erst jetzt spürte ich den Hunger in mir. Wie lang hatte ich nur im Schnee gelegen? Ich hatte vor lauter Aufregung auch vergessen zu frühstücken. Gierig schaute ich das Studentenfutter an, das er gerade aus der Socke zog. Er lächelte und drückte es mir in die Hand. „Für disch. Frölische Weihnakten!“ Ich schaute ihn erstaunt an. Er hatte nun schon so wenig und hatte von einer netten Schülerin etwas geschenkt bekommen, hatte es sich gut eingeteilt und gespart. Und dann kam ich, eine Wildfremde und er gab mir einfach etwas ab, und nicht mal wenig. Leise murmelte ich „Danke“ und machte mich daran, zu futtern. Ich aß alles Nüsse und Rosinen auf. Es blieben nicht mal Krümel übrig.
Dann kamen zwei Spaziergänger vorbei. Ich schaute sie nicht an, mir war es peinlich, bei einem Penner zu sitzen, jemand Wildfremden und ihm auch noch das Essen wegzunehmen, das Sein war. Doch ich hörte die beiden, wahrscheinlich ein älteres Ehepaar, miteinander reden. Plötzlich sprach mich die Frau an. „Hey, bist du nicht Katie?“ Ich drehte mich um und sah in die Augen von einer Nachbarin, Frau Hocks. Sie wohnte in unserem Häuserblock, allerdings sah ich sie nur auf den Weg zur Schule. Ich schluckte. „Äh, ja.“ Ich senkte den Kopf und fing plötzlich an zu Heulen. Frau Hocks kam schnell zu mir und legte den Arm um mich. „Sch, sch, alles ist gut. Deine Eltern haben sich Sorgen gemacht, du bist vor drei Stunden verschwunden. Sie haben die ganze Nachbarschaft durchsucht. Komm, sch, sch, ich bring dich nach Hause. Mit diesen Worten zog sie mich hoch. Ich wehrte mich nicht, weinte nur weiter. Es tat irgendwie gut, getröstet zu werden. Aber dann dachte ich plötzlich an den Penner, der mich aus dem Schnee geholt hat und sein wenig Essen mit mir geteilt hat. Ich schaute zurück auf die Parkbank, wo er saß, mit herunterhängendem Kopf. Ich konnte es ihm einfach nicht antun, ihn da sitzen zu lassen. Deswegen rief ich, oder wollte jedenfalls etwas rufen. Aber die Stimme brach mir ab. Glücklicherweise erkannte Herr Hocks meine Absicht und lächelte mich an, dann ging er zurück zu dem Mann und forderte ihn auf, mitzukommen.

Als wir zu viert zu Hause ankamen, boten wir einen jämmerlichen Anblick. Alle waren wir bis auf die Haut durchnässt und zugeschneit, ich war total verheult, meine Haare von der Schlitterpartie total zerstrubbelt und dann auch noch der Penner. Mama guckte mich fragend an, aber dann ließ sie uns doch rein. Als der Penner auch an ihr vorbeiging, sog sie scharf die Luft ein, sagte aber nichts. Dann bekamen wir alle Decken uns setzten uns auf die Sofas. Wir bekamen Tee, auch der Penner, und Gebäck. Nach zehn Minuten war ich noch nicht aufgewärmt, begann aber zu erzählen. Zwischendurch brach mir oft die Stimme und als ich von dem Studentenfutter erzählte fing ich an zu heulen. Mama und Papa schwiegen. Als ich fertig war, dankten sie dem alten Ehepaar. Und dem Penner. Sie luden alle drei zum Weihnachtsfest ein, doch die Hocks lehnten dankend ab, schließlich hätten sie ein eigens Weihnachtsfest mit Kindern und Enkelkindern zu feiern. Aber der Penner, der übrigens `Shebaschtian` hieß, blieb. Papa suchte ein paar Sachen raus, die er anziehen konnte und sagte, es sei sein Weihnachtsgeschenk an ihn. Ich spendierte ihm eine Dusche und Mama die Duschcreme. Dann lachten wir alle und hatten ein tolles Fest.
Am Ende dankten wir Sebastian tausendmal dafür, dass er mich gerettet hatte.

Seitdem spende ich jedes Jahr zwei Socken bei der Aktion und freue mich nicht nur auf Geschenke, sondern vor allem auf das Fest und höre genau zu, wenn in der Kirche von Nächstenliebe an Weihnachten gesprochen wird.

 

Hi bookfreak 909,

ehrlich gesagt hatte ich beim Lesen Deiner Geschichte so ein bisschen das Gefühl, als hielte einer die ganze Zeit ein Schild hoch mit „Bitte jetzt lachen“, „Bitte betrübt gucken, „Bitte Mitleid empfinden“. Es ist einfach ganz schön …plakativ. Die Intention ist ja lieb gemeint, verwöhntes Wohlstandsbalg erfährt durch ein Erlebnis mit einem Penner eine Art Läuterung und versteht nun erst die Bedeutung von Weihnachten, aber irgendwie habe ich das Gefühl, das ich sowas schon hundertmal gelesen habe und davon wenigsten 85-mal mal besser.
Konstruktiv kann ich Dir nur sagen – mach das alles VIIIEL dezenter. Der ganze erste Absatz kann in einem kurzen knackigen Satz ausdrücken, das wir es da mit einem verwöhnten jungen Ding zu tun haben, das wirkt viel mehr, glaub’s mir!!
Das Stück im Wald ist ganz okay, bis der Penner auftaucht. Im übrigen ist es ein bisschen unglaubwürdig, dass sie so ausgehungert ist und gleich irgendwelches zerbröseltes Penneressen annimmt. In drei Stunden verhungert man doch nicht. Naja und das Ende, siehe oben.
Ganz nette Idee, aber einfach zu holzhammermäßig. Aber schreiben kannst Du doch ganz flott, da fehlt einfach noch ein bisschen mehr Feinarbeit und Schliff. Das wird schon!!


LG
Sammamish :xmas:

 

danke sammamish für dein Kriti Allerdings werde ich am Anfang und am Ende nicht soviel rausnehmen, wie du wahrscheinlich willst. Ich wollte vor allem den Wandel darstellen. Am Anfang wollte ich nicht nur zeigen, dass sie verwöhnt ist, sondern auch darstellen, was für sie weihnachten ist. In der Mitte bin ich tatsächglich etwas zu... nunja emotional
Um den leisen Zweifel beim Essen des Studentenfutters werd ich mich bemühen, allerdings musst du sehen, dass es nicht nur drei Stunden waren, sondern fast die ganze Nacht. Wenn man bis um Mitternacht aufbleibt kriegt man auch automatisch Hunger, den ich allerdings nicht beschreiben hab (ich ken mich da aus) Im Prinzip hat sie seit gut acht Stunden nichts mehr gegessen, da dardf man ein wenig Hunger haben ;)

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom