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Majas Begegnung

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26.03.2006
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Majas Begegnung

Majas Begegnung

Was wäre passiert, wenn ...? Warum hatte Maja es vorgezogen, das zu tun, was sie sich vorgenommen hatte?
Als sie im Zug saß und den öden Bahnhof von Bad Oldesloe hinter sich ließ, dämmerte ihr, dass sie eben vielleicht eine echte Chance in den Wind geschrieben hatte.
Sie war aus Neumünster gekommen. Es war kalt und ungastlich am Bahnhof von Bad Oldesloe - also kein Vergnügen, sich hier aufhalten zu müssen. Als sie sich vom Bahnsteig in die Unterführung begab, wusste sie nicht sofort, in welche Richtung und auf welchem Gleis der Zug nach Lübeck fuhr. So wandte sie sich an die hagere Gestalt, die neben ihr auftauchte:
"Nach Lübeck - geht´s da rechts oder links ...?"
"Linksrum", sagte der lange Mensch, und sie blickte hinauf in sein helles freundliches Gesicht mit dem unbestimmten Gefühl, ihn von irgendwo zu kennen.
"Schön", sagte sie. "Da will ich hin."
"Ich muss zum selben Bahnsteig", sagte er mit einem forschenden Gesichtsausdruck, ganz, als wäre auch sie ihm nicht fremd. Doch sie war sich gleichzeitig sicher, ihn noch nie gesehen zu haben. Ohne ein weiteres Wort liefen sie, die Hände in den Manteltaschen, mit großen, wiegenden Schritten nebeneinander her, wobei sich ihre Arme leicht streiften. Wie ein altes Ehepaar, dachte sie. So vertraut! Oder wie früher in der Jugendgruppe, wenn wir wandern gingen. Es fühlte sich gut an.
Sie nahmen die Treppe zum Bahnsteig hoch.
"Ich muss nach Hamburg", sagte er.
"Ich nach Lübeck", sagte sie.
Er hielt sich rechts, sie sich links. Beide bewegten sich auf ihrem Bahnsteigabschnitt, jeder für sich, zögernd auf und ab, nicht ohne hin und wieder einen Blick zum anderen zu riskieren.
Sein Zug kam zuerst, und er stieg ein.
Da kam Fahrt in Maja. Sie lief hinüber und sah ihn durch das schmutzige Fenster. Er hatte mit verschränkten Armen Platz genommen und guckte suchend hinaus. Der Zug rollte an. Ihre Blicke begegneten sich, halb lächelnd, halb fassungslos darüber, dass das, was noch gar nicht begonnen hatte, schon vorbei sein sollte. Unter dem Arm winkte er ihr schüchtern, doch deutlich sichtbar mit der darunter versteckten Hand zu.
Dann war er fort. Maja blieb zurück wie in einer Trance.
Wenige Minuten später fuhr ihr Zug ein. Das ohrenbetäubende Quietschen der Bremsen holte Maja in die Realität zurück.
Fröstelnd stieg sie ein.

 

Hallo pmaktiub,

eine kleine, nette Geschichte, die mich an all die vielen tristen Bahnhöfe erinnerte, auf denen ich mir schon den Arsch abgefroren habe oder übellaunig nach dem Gleis für den nächsten Anschlusszug suchte.

Eine kurze, wärmende Begegnung, die du ein wenig spröde und sehr passend beschreibst. Eine Fast-Romanze. Etwas wirklich alltägliches, festgehalten mit Worten, die mich an grobkörnige Schwarzweißfotos erinnerten. Sehr atmosphärisch. Gute, kurzweilige Unterhaltung.

Ich glaube, das war ich, ich kann mich an Maja noch gut erinnern!

Grüße von Rick

 

Ha, Du bist der Lange mit dem freundlichen Gesicht? Dann braucht Maja keine Suchanzeige mehr aufzusetzen!? Ich sag ihr mal bescheid ... Danke für Deinen positiven Kommentar.
Gruß, pmaktiub

 

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