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Manchmal ist die Welt morgens nicht in Ordnung
Am Horizont wird es hell. Der Himmel sieht nach einem sonnigen Tag aus. Einige frühe Vögel sind zum ersten Frühstück unterwegs. Im Lagezentrum haben sich die Leiterinnen und Leiter von acht Abteilungen zur morgendlichen Lagebesprechung versammelt.
"Seit drei Wochen hat es keinen Regen gegeben," beginnt Will, der Leiter der Abteilung W. "Im Südosten ist der Grundwasserspiegel um einen Meter gefallen. Erste Trockenschäden drohen."
"Das ist sehr schlecht," platzt Sal dem Leiter Wasserwirtschaft, ins Wort. "Wenn dieser Bereich weiter unterversorgt ist, kann ich für das Überleben dort nicht mehr garantieren. Da muss unbedingt gehandelt werden."
"Ich wollte jetzt die Maßnahmen darstellen, die wir bereits eingeleitet haben," erwidert Will mit leichter Schärfe. "Alle verfügbaren Bautrupps legen im Südosten neue Leitungen an, wobei sie vor allem in die Tiefe gehen, um neue Wasserquellen zu finden. Es gibt da aber noch ein kleines Problem."
"Genau so ist es," fällt jetzt Val ins Wort, "ich habe jetzt schon Schwierigkeiten, alle Bereiche zu versorgen und was soll werden, wenn Sie mir die paar Arbeiter, die ich noch habe, abziehen."
"ich habe gesagt, alle verfügbaren. Selbstverständlich steht die Versorgung an erster Stelle, liebe Val, und ich sehe keinen Grund zu panischen Reaktionen. Ich benötige aber zusätzliche Lagerkapazität."
Bill, Leiter der Bauwerkstätten, meldet sich zu Wort. "Da sehe ich nun keine größeren Schwierigkeiten. Wir können jederzeit zusätzliche Lagerbehälter herstellen. Was möchten Sie denn einlagern?"
"Wir haben Eisen und Mangan gefunden."
"Hervorragend, können wir sehr gut gebrauchen. Alles einlagern, was sie finden," stellen Pol und Chel synchron fest. Die beiden arbeiten so eng miteinander, dass sie oft mit einer Stimme sprechen. Ihre Stimme hat Gewicht, sie haben sehr wichtige Aufgaben. Ohne ihre Chemiewerke würde das gesamte System innerhalb einiger Stunden zusammenbrechen.
"Ich sehe auch keine Probleme," meint Till, der Leiter des Transportwesens. "Die Hauptleitungen nach Südosten sind gut ausgebaut und nur zu einem Drittel ausgelastet, wie sie auf dem Monitor rechts unten sehen. Die Lagerbehälter von Bills Truppe können wir also schnell dort hinschaffen und es gibt da unten auch genügend Stauräume. Die ganze Aktion kann schnell durchgeführt werden."
An der Nordwand des Lagezentrums sind zahlreiche Monitore angebracht. Einige übertragen Bilder von wichtigen Abschnitten des Systems. Auf anderen sind die Hauptleitungen und ihre Auslastung schematisch dargestellt. Ebenso werden alle für den Betrieb des Systems wichtigen Werte angezeigt.
Als nun alle Anwesenden auf den Monitoren die Situation im Südosten betrachten, leuchten in der Mitte der Wand mehrere rote Lampen auf.
"Notfall," ruft Elli und alle wenden ihren Blick auf den Monitor, der von den roten Lampen umrahmt ist.
"Bitte Elli, die Einsatzleitung hat das Wort."
"In Ebene drei, Sektor sieben, wird die Außenhaut angegriffen. Wie sie sehen, dringt ein Messer in die Hülle ein. Wir müssen sofort etwas unternehmen, um größere Schäden zu verhindern. Sal, hatte die Sicherheit nicht vor kurzem im Sektor sieben einen großen abgestorbenen Seitenabschnitt gemeldet? Könnte der abgeprengt werden?"
"Ja, in Ebene acht, das ist einige Meter höher. Das Teil ist schon lose und wenn wir treffen, dürfte das eine durchschlagende Wirkung haben."
"Na, dann los," entscheidet Elli, Sal spricht einige Anweisungen in ihr Mikrophon und alle schauen gebannt auf die Monitore, deren Kameras jetzt auf diesen Ausschnitt der Außenwelt gerichtet sind.
"Oh mein Kopf," stöhnt der Jugendliche, der zu Boden gegangen ist. Der dicke Ast, der von oben kam, liegt jetzt ganz ruhig neben ihm. Schmerzerfüllt schaut er auf seine Liebste: "Wo ist mein Messer geblieben? Ich werde nie wieder versuchen, ein Herz in diesen blöden Baum zu schnitzen."
Sanft bettet sie seinen Kopf in ihrem Schoß und streichelt seine Schmerzen fort. Den Jubel in der Einsatzzentrale können sie nicht hören. Aber dort kann die Lagebesprechung jetzt ohne Störung weitergehen.