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Manipulationen

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10.08.2020
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Manipulationen

Manipulationen

„…und das misslungenste Experiment ist der Mensch. Geleitet von Missgunst, Habgier und Überheblichkeit, trachtet er nach Unterdrückung der ihn umgebenden Spezies.
Ob sich der Schöpfer darüber klar war, dass er mit instrumentalisierten Charaktereigenschaften Mord und Totschlag zum Alltag machen würde, wage ich zu bezweifeln.
Genau deshalb sind wir hier, um zu erlernen, wie man dem begegnet.
Aber auch unter uns, denen die rechtschaffen sein wollen, gibt es immer einen Judas. Das sind die göttlichen Experimente!“, schloss der Professor die Vorlesung.

Aus zunächst ungläubigem Staunen entwickelten sich bald Streitgespräche unter den Kriminalistik-Studenten. „Und wer ist der Judas?“, tönte es aus der Masse, bevor der Professor die Türklinke runterdrücken konnte.
Ein Lächeln legte sich auf das Gesicht des Professors, und er schaute durch die Reihen, während alle Augen auf ihn gerichtet waren.

„Sie, ja Sie, in dem karierten Hemd. Wie heißen Sie?“, fragte er den Studenten.
„Matthias Gerber, Herr Professor!“, kam die Antwort wie aus der Pistole geschossen.
„Silentium.“ Der Professor wartete bis man eine Stecknadel hätte fallen hören.
„Meine Damen und Herren, darf ich Ihnen meinen Mörder vorstellen: Matthias Gerber!“ Er hinterließ nur schweigende, irritierte Studenten.

Der Professor rieb sich die Hände, als er in seinen Mercedes stieg. Er konnte mehrere Haken hinter gelungene Experimente machen.
‚Durchtrieben, berechnend und eiskalt‘ Die letzten Seiten seines in dreißig Tagen erscheinenden Buches, nahmen jetzt reale Formen an. Nun galt es, das allerletzte Kapitel ebenfalls in der Realität mit dem Höhepunkt auszustatten.

„Durchleuchten einer Person, deren Gewohnheiten und Charakterzüge feststellen, Fingerabdrücke auf einer Waffe sichern“, hatte er dem Privatdetektiv als Auftrag für seine Recherche mit auf den Weg gegeben. Schon nach der dritten Vorlesung hatte er sich auf Matthias Gerber als Mörder festgelegt, weil dessen bäuerliche Kleidung vom Rest der Studenten abstach. Und heute hatte er ihm ein Fehdehandschuh vor die Füße geworfen.

Professor Heinzel fuhr zu der arbeitslosen Freundin von Matthias Gerber, die dieser vergötterte.
‚Jeder Mensch hat seinen Preis‘, diese Theorie wollte er jetzt bestätigt sehen.
„Frau Pauli, ich biete Ihnen drei Wochen Urlaub auf Gran Canaria an, wenn Sie mir bei einem Experiment helfen“, dabei wedelte er mit dem Umschlag eines Reisebüros.
„Wenn Sie mir noch tausend Euro Taschengeld drauflegen, bin ich zu jeder Schandtat bereit!“, feilschte Ina Pauli in ihrem Kleinmädchendenken.

„Abgemacht!“, schlug Heinzel ein.
„Sie werden jetzt sofort packen, Ihr Flieger geht in vier Stunden. Ich bringe Sie zum Flughafen, dort werden Sie noch ein Telefonat nach meiner Vorgabe führen und mir dann ihr Handy geben. Während des Urlaubs dürfen Sie mit niemandem hier in der Heimat Kontakt halten. Das sind meine Bedingungen!“, dabei zog er zur Untermauerung ein Päckchen Fünfziger aus der Innentasche seines Sakkos.

Am Flughafen lief alles wie geplant. Ina rief Matthias an und heulte in ihr Handy: „Dein Professor Heinzel hat mich vergewaltigt. Ich kann damit nicht leben!“, dann legte sie auf ohne Matthias zu Wort kommen zu lassen und überreichte dem Professor ihr Handy.

Etwa zweihundertfünfzig Anrufversuche und SMS bei Ina, oder drei Tage später, tauchte Matthias vor dem Haus des Professors auf und betrat das Anwesen.
Die Haustür öffnete sich mittels elektrischen Türöffners.
Kaum im Haus, vernahm Matthias einen Schuss. Panisch lief er in das Wohnzimmer, und da saß der Professor im Sessel, erschossen.

Matthias saß in Untersuchungshaft, die Beweislage war erdrückend. Polizisten hatten die Mordwaffe mit seinen Fingerabdrücken im Handschuhfach seines Polos gefunden. Das Handy tat ein Übriges.

Erst mit dem Erscheinen des Buches erlangte Matthias die Freiheit wieder. Detailliert beschrieb der Professor wie er bei seinem Selbstmord wegen eines Krebsleidens von dem Privatdetektiv unterstützt wurde, der die Tatwaffe in Matthias Polo platziert hatte.
Die Tantiemen des Buches erhielt Matthias als Entschädigung.

 

Hi @Hassels!

... und willkommen im Forum!

Ich hatte Spaß mit "Manipulationen". Der Plot ist natürlich konstruiert und absurd, aber irgendwie ist das charmant. Das Ganze ist - im positiven Sinn! - vertrackt und verquer und spaßig. Der Prof ist ein schräger Super-Bösewicht, so eine Art Moriarty oder Fantomas in gut. Hat was!

Sprachlich und erzählerisch kannst du sicher noch einiges machen. Du erwähnst in deinem Profil, dass du Legastheniker bist. Vor diesem Hintergrund finde ich die Story, ganz ehrlich, sehr beeindruckend: Sie ist sauber durcherzählt, gut verständlich, hat Humor. Manchmal erzählst du ganz schnell, dann wiederum fügst du eine Information ein, die es vielleicht gar nicht bräuchte - aber alles im Rahmen.

In Summe: Kruder, absurder, aber sehr unterhaltsamer Plot! Sprachlich gibt's was zu tun - aber das ist ein schöner Anfang.

Ich habe gelacht!

Viele Grüße

Christophe

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Hassels ,
willkommen im Forum!
„…und das misslungenste Experiment ist der Mensch.
So beginnst du deine Geschichte, die aber keineswegs ein misslungenes Experiment ist.

Ich habe die Geschichte mit großem Interesse und Vergnügen gelesen.
Vergnügen, wegen des raffinierten Schachzugs von Professor Heinzel, der dem armen Manipulationsopfer immerhin die Tantiemen des Romans zukommen lässt.
Bleibt zu hoffen, dass der Roman kein Flop war.

Interessant fand ich das psychologische Konstrukt, das die Manipulierbarkeit von Menschen zeigt.
Allerdings kommt hierbei der Prota auch nicht ohne Helfer (Privatdetektiv) aus.

Ich hatte vorhin auch in deinen Profildetails die Angabe Legastheniker gesehen.
ich will nicht darauf rumreiten, aber in diesem Falle muss man mit Respekt anerkennen, dass hier ein Text steht, der nahezu fehlerfrei ist.
Zum Text:

Beim Namen Professor Heinzel muss ich immer an die Heinzelmännchen denken.

Professor Heinzel fuhr zu der arbeitslosen Freundin von Matthias Gerber, die dieser vergötterte.
Ich verstehe, dass du hier die Handlung straffen wolltest und deshalb drei Informationen in einen Satz gepackt hast. Für mich klingt das aber nicht so elegant.
Vielleicht hättest du die Infos (vergötterte Freundin, Adresse, arbeitslos) den Privatdetektiv herausfinden lassen können.
Nach dem Satz mit dem Fehdehandschuh inhaltlich in etwa so:
Nachdem der Privatdetektiv ihm den Namen und die Adresse der Freundin des Studenten mitgeteilt hatte, initiierte Professor Heinzel die letzte Phase seines teuflischen Plans.
Jeder Mensch hat seinen Preis‘, diese Theorie wollte er jetzt bestätigt sehen.
Da er wusste, dass Ina Pauli …

Ein paar Dinge habe ich noch gefunden:

Aber auch unter uns, (unter) denen KOMMA die rechtschaffen sein wollen, gibt es immer einen Judas.
Wie wäre es mit: Aber auch unter uns Rechtschaffenen gibt es immer einen Judas.

Der Professor wartete KOMMA bis man eine Stecknadel hätte fallen hören.

… darf ich Ihnen meinen Mörder vorstellen: Matthias Gerber!“
Man hätte nach vorstellen auch nur ein Komma setzen können, denke ich.

‚Durchtrieben, berechnend und eiskalt‘ Die letzten Seiten seines in dreißig Tagen erscheinenden Buches, nahmen jetzt reale Formen an.

Durchtrieben, berechnend und eiskalt PUNKT Die letzten Seiten …

Und heute hatte er ihm ein Fehdehandschuh vor die Füße geworfen.
einen

Ich habe mich gerne mit deiner philosophisch angehauchten Räubergeschichte auseinandergesetzt.

Lieben Gruß
kathso60

 

@Christophe
@kathso60
Vielen Dank, für die fast schon bauchpinselnden Kommentare. Durch die heutigen Rechtschreibprogramme lässt sich schon vieles entschärfen, gütige Korrekturleser machen den Rest.

Und nun zur Kernaussage, der gepressten Information: Es war ein Beitrag für einen 600er, zum Thema 'Experimente'. Da wird es dann eng, um einer Geschichte auch Inhalt zu verleihen.

LG Hassels

 

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