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Marquis de Sade: Justine oder Vom Mißgeschick der Tugend
Justine und Juliette sind einem Kloster aufgewachsen und werden mit jeweils 100 Talern auf die Straße gesetzt, als sie Waisen werden.
Juliette beginnt eine Arbeit als Prostituierte, nimmt ein paar ihrer Liebhaber aus und heiratet mehrfach, wobei sie sich ihrer Ehemänner auf unchristliche Weise entledigt, um reichlich zu erben. Trotzdem wird sie dank ihres Reichtums bekannt und geachtet, da ihre 'Nebentätigkeit' verborgen bleibt.
Justine hingegen sucht nach einer anständigen Arbeit, doch erhält nur unzüchtige Angebote, da sie zierlich und hübsch ist und man ihr vermutlich keine schwere Arbeit zutraut. Stets lehnt sie solche Angebote ab, die ihrer großen Tugend widersprechen. So wird ihr mehrfach angeboten, jemanden zu bestehlen, zu töten oder abzulenken, damit er von anderen bestehlt werden kann. Stets lehnt sie ab, zieht sich so den Zorn der anderen zu und wird trotzdem beschuldigt, diese oder jene Tat begangen zu haben und gelangt mehrfach vom Regen in die Traufe.
Das Buch vermittelt ein grauenvolles Menschenbild: Alle Männer sind Schweine, alle Frauen Schlampen und werden dadurch reich und angesehen. Die tugendhaften Menschen hingegen landen im Gefängnis oder werden als Sklaven gehalten. Lange Abschnitte des Textes beschäftigen sich mit dem Nutzen von Tugend und Verbrechen, mit dem Ergebnis, dass das Verbrechen der bessere Weg ist. Und doch erscheint der Fingerzeig am Ende: Justine verliert jedes Mal, wenn sie sich tugendhaft verhält, aber ihre Schwester erkennt für sich, dass sie sich falsch verhalten hat, trennt sich von ihrem letzten Ehemann und tritt in ein Kloster ein.
Die beiden Schwestern erscheinen etwas flach, denn ihre Tugend- bzw. Untugendhaftigkeit ist ihr einziger Charakterzug, aber das ist okay für diese Gegenüberstellung. Bemerkenswert finde ich, dass trotz all der abgründigen Geschehnisse kein versautes Wort verwendet wurde. *g*
Fazit: Sadistisch halt.