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Mein Leben ist ein Witz
Mein Leben ist ein Witz
Mein Leben ist ein Witz.
Es ist ein wahres Horrorkabinett an Comedians, abgehalfterten Witzen und Klischees.
Es war ein ganz normaler Mittwochmorgen, als ich mal wieder aufwachte.
Meine Frau war bereits außer Haus ... und da war es auch schon wieder. Der erste Witz. Das Bild an der Wand verkündete mir folgenden Limerick:
„I was sleeping very well
in my quietschi Bettgestell.
But in the middle of the Nacht,
ist es dann zusamm´gekracht!”
Das fand ich wirklich lustig, damals, als ich das Bild gekauft hatte, vor dreiundzwanzig Jahren. Eigentlich hatte es nicht einmal ich, sondern meine Frau gekauft. Egal.
Nachdem ich ein schnelles Frühstück zu mir genommen, die Unterhose von vorgestern nach der Riechprobe für annehmbar befunden und mir aus dem klischeehaften, begehbaren Schuhschrank meiner Frau ein Hemd mit einer laut weiblicher Aussage nicht dazu passenden Schlips ausgesucht hatte, konnte ich meinen Weg zur Arbeit antreten.
Mein Arbeitsplatz liegt nur fünf Minuten von meinem Haus entfernt und so ging ich zu Fuß.
Und dieser Fußweg führte mich an der Bäckerei vorbei, in der Fritzchen am Tresen stand und mit der Stirn zwei Mal auf den Tisch haute und wenn ich es nicht bereits gewusst hätte und sich dieser Vorgang nicht jeden Morgen wiederholen würde, hätte ich mir die Frage gestellt, was er wollte. Zwei Hörnchen.
Nach kurzer Zeit erreichte ich schließlich das Gebäude, indem ich als Beamter angestellt war.
Ich arbeitete im dritten Stock, unten waren noch eine Briefkastenfirma und ein Arzt, bei dem ständig eine Frau kam.
Als ich schließlich aus dem Fahrstuhl stieg und die Büroräume betrat, beobachtete ich sogleich meine Kollegen beim Spielen von Beamtenmikado. Wer sich als erstes bewegte, hatte verloren. Was für ein platter Witz.
Auf dem Weg zu meinem Schreibtisch begrüßte mich ein Paderborner Kollege mit „Ja hallo erstmal“ und ein weiterer mit „Hallo Echo!“
Als ich mich schließlich auf meinen Stuhl setzte war ich froh, dass mir keiner meiner Kollegen bisher einen Witz erzählt hatte, denn das konnte ich nun wirklich nicht leiden.
Da klingelte auch schon mein Telefon. Ich ging dran.
„Guten Tach, is jut das sie dran sind, ich hätt´ da gerne mal en Problemsche..“.
Dies kannte ich auch schon irgendwoher.
Lange Rede, kurzer Sinn, ich half ihn bei seinem Problem und er verabschiedete sich standesgemäß mit „Vielen Dank für die Mühe die isch ihnen gemacht hab, isch verabscheu misch, tschüüss!“
Ich legte den Hörer auf die Gabel und erwartete den nächsten Anruf, doch nichts kam.
Also guckte ich nach draußen, wo offensichtlich gerade ein Polizeieinsatz stattfand.
Ich wollte mich gegen den Gedanken wirklich wehren, doch da war es auch schon zu spät.
„Was ist lustiger als ein totes Kind? Ein totes Kind mit Clownsnase.“
Ta taa, ta taa, ta taa. Ich fühlte mich innerlich wie bei einer Büttenrede. Eine Büttenrede, bei der alle lachen, aber nur der Redner selbst es wirklich lustig fand. Der Unterschied, auch ich als Redner in meiner eigenen kleinen Kirmes im Hirn fand dies nicht wirklich lustig, doch ich konnte mich gegen diese ständigen Witze einfach nicht zur Wehr setzen.
Sei es drum.
Nach einiger Zeit war die Mittagspause und ich ging mit Bodo aus Essen essen.
Bodo hatte lockige Haare, ein Pitbull-Jim Rippmuskel-Shirt an und jeder zweite Satz von ihm war „Ja nee, is klar.“
Er bestellte sich Nudeln, ich mir eine leckere Frühlingssuppe.
Ich ahnte es bereits, als der Kellner unsere beiden Teller brachte ...
Es war so klar gewesen. In meiner Suppe war eine Spinne. Heute war Mittwoch, da hatte die Fliege Ruhetag. Bodo war mittlerweile bereits dabei, seine Nudeln in sich hineinzuschaufeln.
Dabei fiel mir etwas auf.
„Bodo, du hast da was. Eine Nudel, an deiner Unterlippe.“, machte ich ihn darauf aufmerksam.
Und ich ahnte schon, was jetzt passieren würde.
Er wischte sich mit der Pranke einmal über den Mund, verfrachtete die Nudel jedoch anstatt von seinem Mund nur an eine andere Stelle.
„Isse wech?“, fragte mich Bodo voller Überzeugung.
„Nee, die ist jetzt da oben.“
„Ja nee, is klar. Wie bei dem Loriot-Sketch, du, verarschen kann ich mich alleine.“
Was er nicht wusste: Er hatte Recht! Es war genau wie in dem Loriot-Sketch.
Ich war froh, als ich den Arbeitstag endlich hinter mir hatte.
Auf dem Weg nach Hause beobachtete ich eine Blondine, die eine Glaswand hinaufstieg, um zu gucken, was sich hinter der Wand verbarg und zwei Pinguine, die sich in einer Wüste darüber unterhielten, dass es hier einmal sehr glatt gewesen sein muss, da man ja hier so viel gestreut hatte. Na ja.
Ich betrat mein Wohnhaus und traf auf dem Weg meinen Nachbarn, der aussah, als sei er direkt aus einem Dieter-Krebs-Hornbrillen-Sketch entsprungen.
In meiner Wohnung setzte ich mich erstmal vor den Fernseher, wobei ich akribisch darauf achtete, keine Comedysendungen zu gucken, was mir jedoch nur bedingt gelang, da auf RTL „Deutschland sucht den Superstar“ lief.
Alles in Allem gesehen war der Tag wie immer. Voller Platter Gags, Leuten, die sich wie Comedians benehmen und Sketchen in jeder Lebenssituation.
Doch ich war froh, dass ich es geschafft hatte.
Da betrat meine Frau die Wohnung.
Ich begrüßte sie mit einem freundlichen: „Hallo, Schatz, wie war dein Tag?“
Sie antwortete: „Klasse! Du, ich hab da einen ganz tollen Witz gehört, ich erzähl ihn dir...“
Und ab da kann ich mich an nichts mehr erinnern.