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Mein Stückchen Himmel

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06.04.2009
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Mein Stückchen Himmel

Wenn ich mich auf den Rücken lege und durch das kleine Kellerfenster schaue, kann ich ein kleines Stückchen Himmel sehen. Das ist mein persönliches Stück.

Manchmal fliegen Vögel vorbei. Schwarze, braune, gelbe, große und kleine. Sie alle sind frei. Freier als ich es bin.
Vielleicht sind sie auch von zu Hause weggeflogen. Ich wünsche mir oft, ein Vogel zu sein, frei zu sein, zu fliegen, wohin ich möchte. Aber das bin ich nicht. Ich sitze nun schon seit dreieinhalb Jahren in diesem Keller. Versteckt vor einer großen Macht. Sie war es, die mich an einem Dienstagnachmittag dazu gezwungen hat, das notwendigste zusammenzupacken und mich bei Nacht und Nebel in ein fremdes Haus getrieben hat. Natürlich war es nicht diese Macht, sondern meine Eltern. Aber ohne diese Macht würde ich jetzt zu Hause im Wohnzimmer sitzen und ein Buch lesen. Oder mich mit meinen Eltern unterhalten, von denen ich seit dreieinhalb Jahren nichts mehr gehört habe. Ja, ich weiß noch nicht einmal, ob sie überhaupt noch am Leben sind.
Vielleicht ist das das schlimmste. Aber vielleicht macht mir das Eingesperrtsein mehr aus. Wenn ich doch wenigstens einmal das Fenster öffnen könnte …

Draußen fliegt ein Flugzeug vorbei. Ob es feindlich ist, kann ich von hier unten nicht erkennen. Wenn diese Zeit doch bloß zu Ende wäre! Dann könnte ich draußen spielen, die frische Frühlingsluft einatmen, Blumen pflücken, LEBEN!
Ich liebe den Duft von Rosen, Sonnenblumen und anderen Pflanzen. Oft träume ich von einer riesigen Blumenwiese. Über die laufe ich dann mit meiner Familie. Hand in Hand. Alle gemeinsam. Wieder vereint.
Eine Wolke zieht über den Himmel. Vorbei an dem Apfelbaum. Habe ich den schon erwähnt? Nein? Dieser Baum ist etwas Besonderes. Etwas, an dem ich mich orientieren kann, mich festhalten. Der Apfelbaum ist immer da. Im Winter wie im Frühling, wenn die ersten zartgrünen Blätter sprießen. Ein Apfelbaum läuft nicht weg. Er ist einfach DA.

Die Wolke ist weg. Nun ist der Himmel wieder hellblau. Die Sonne scheint auf den Apfelbaum, der bereits die ersten grünen Blätter hat. Eine kleine Amsel lässt sich auf einem Zweig nieder. Bestimmt singt sie gerade ein fröhliches Lied über die Freiheit. Wie gerne würde ich jetzt das Fenster öffnen und ihrem Gezwitscher lauschen. Der Vogel hüpft auf dem Ast hin und her. Das Gleichgewicht stets haltend pickt er nach Insekten. Scheinbar hatte die Amsel Erfolg. Sie flog fort.

Wieder schob sich eine Wolke in mein Stückchen Himmel. Sie war nicht groß. Aber auch nicht so klein, dass es unmöglich war, sie zu übersehen. Es war eine schöne Wolke, die die Form eines Herzens hatte. Gerade deshalb war sie so besonders. Ich wünschte mir, dass diese Wolke stehen bleiben und nicht von meinem Stückchen Himmel wegfliegen würde. Jeder Mensch braucht etwas Beständiges. Etwas das immer da ist, wenn man verwirrt ist. Natürlich wachte ich jeden Morgen in diesem Keller auf, das wusste ich. Aber wahr haben wollte ich es nicht. Es war ein Zustand, der hoffentlich nicht ewig so bleiben würde. Ich schloss die Augen.

Als ich meine Augen wieder öffnete, war die Wolke verschwunden. Zurück ließ sie einen leeren, grauen Himmel. Alles erschien mir auf einmal grau. Die Wände, der Himmel, die Decken. Sogar der Apfelbaum schien nicht mehr bunt und frühlingshaft. Ich schloss die Augen wieder. Verschloss sie vor dem Grau, vor der Welt, die mich umgab. Was würde mich erwarten, wenn meine Augen wieder offen waren. Eine bunte, lebhafte Welt, voller Farben, Gerüche und Menschen? Oder ein schummriger Keller, in dem ein paar Decken lagen und ein kleines Fenster der einzige Ausblick war.

Schritte näherten sich. Hastige, beschwingte Schritte. Die Tür wurde einen Spalt breit geöffnet. Sie quietschte in den Angeln. Weiter ging die Tür nicht auf. Schon seit Jahren nicht. Damals hatte es keine Rolle gespielt. Jetzt war es mir aber auf einmal wichtig. Eine Frau schlüpfte durch den Spalt. Mit ihr kamen Geräusche, Gerüche, Lebenszeichen. „Es ist vorbei! Es ist aus! Du kannst wieder zurück!“, rief sie fröhlich.
Verwirrt starrte ich sie an, nicht in der Lage, diesen Worten irgendeine Bedeutung zu geben. Langsam, sehr langsam wurde mir ihr Inhalt bewusst. Die Macht war weg, ich konnte wieder nach Hause! Nach draußen, zu meiner Familie und dem Frühling! Benommen von dieser Nachricht stolperte ich die Treppe hoch. Frische Luft schlug mir entgegen. Ich konnte endlich wieder leben.

 

Ja ich weis, es ist so ähnlich wie die Serie "Ein Stück Himmel", auch vom Inhalt her, aber als ich diese Geschichte für meinen Vater geschrieben habe (der im 2. Weltkrieg geboren wurde), hatte ich davon noch nichts gehört.
Hier ist also meine Version davon.
LG

 

Hallo AchtungKreativ,

entweder, Du musst einen sehr alten Vater haben, oder in Deinem Profil stimmt was mit dem Alter nicht.
Sei's drum.
Gehe ich davon aus, dass Du wirklich vierzehn bist, dann ist Deine Schreibe ganz ordentlich, abgesehen davon, dass sich Worte in Kapitälchen und mit mehrmals wiederholten Vokalen in einem literarischen Text optisch seltsam ausnehmen.
Wenn Du etwas hervoheben möchtest, sieht ein kursiv geschriebenes wort einfach besser aus.

Zum Thema darf ich ja fast nicht meckern, denn wer an einem im Krieg in einem Keller eingesperrten Kind herummäkelt, gilt schnell als herzlos.
Ich tu's trotzdem.

Ich glaube kaum, dass der Keller in drei Jahren nicht ein einziges Mal gelüftet worden ist. Das gute Kind wär längst erstunken und erstickt.
Außerdem vermisse ich mindestens die Hälfte von dem,was das Leben in Isolation und Ungewissheit ausmacht: wie bewerkstelligt die Gastfamilie die Entsorgung der Notdurft? Was gibt es zu essen, wenn überhaupt? Wie macht sich der Krieg bemerkbar? Kommt mal jemand in den Keller, um mit dem Kind zu reden? Wie verbringt es seine Zeit? Was ist mit dem Einsamkeitskoller? Vermisst es seine Freunde nicht?
Wer ist überhaupt die Gastfamilie? Gerade über sie müsstest Du ein paar Worte verlieren, schließlich sind sie der einzige Bezugspunkt des Kindes.

Auch denke ich nicht, dass ein Kind abstrakt von einer "Macht" reden würde, die an allem schuld ist - Kinder denken und reden sehr konkret, sie schreiben Geschehnisse in der Regel bestimmten Personen zu (ob die was dafür können, oder nicht).

Wenigstens ein paar dieser Details solltest Du noch nachreichen. Den Text zu überarbeiten wird zwar Zeit und Mühe kosten, aber er kann dadurch nur besser werden.

LG, Pardus

 

Hallo Pardus,
danke erstmal für deine Kritik.
Ja, mein Vater ist tatsächlich etwas älter. Er wird dieses Jahr 70.
Das mit dem Lüften habe ich ehrlich gesagt nicht bedacht. ;)
Es wäre zwar sinnvoll jetzt noch einiges an der Geschichte zu ändern, jedoch ist diese Geschichte für mich abgeschlossen und ich mag daran nichts mehr großartiges verändern. Bei jeder anderen gerne, aber bei dieser würde es für mich den Moment, in dem ich sie geschrieben habe zerstören.

VlG AchtungKreativ

 

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