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Messer des Hasses
Die Stadt brannte, wie es noch nie ein Mensch zu vor gesehen hatte. Sie hatten ihn verärgert, sie hatten sein Revier vernichtet, Baum für Baum gefällt. Es war sein Wald, es waren seine Bäume. Niemand durfte sie zerstören, außer er selbst. Niemand durfte Unruhe stiften, außer er selbst. Deswegen hatte er die Stadt niedergebrannt.
Die Menschen hatten ihn verletzt, mit Pfeilen, Schwertern, Messern, Feuer und anderen Waffen. Er war schwer verlezt und blutete stark. Der Gigant hatte sich fotgeschleppt, kaum fähig zu fliegen und hinterließ eine schimmernde Blutspur. Ein Mann war ihm gefolgt, ein Mann mit einem Messer...
Der Drache lag vor ihm, unter qualvollen Schmerzen brüllend, schwer verletzt, sein Blut versickerte in der Erde…
Trotzdem sah er noch Furcht erregend aus, vielleicht lag es auch nur an seiner enormen Größe, seinem Gebrüll oder seiner feuerroten Farbe.
Der Mann trat näher an den Drachen heran. Er war sehr vorsichtig, denn auch wenn Drachen verletzt waren, waren sie noch sehr gefährlich.
Mit jedem Schritt, den er machte, wurde der Drache unruhiger. Nervös schlug das gigantische Wesen mit den Blut überströmten Flügeln. Einige Blutspritzer spritzten auf das Gesicht des Mannes. Er zog sein Messer hervor und der Drache brüllte.
Er würde mehrere Stiche brauchen, um die Riesenechse zu töten. Es war ihm egal, beinahe gefiel es ihm. Er würde den Drachen einen genau so qualvollen Tod bereiten, wie der Drache es bei seiner Tochter getan hatte.
Die Stadt ging wegen dem Drachen in Flammen auf. Mit der Stadt brannte sein Haus, mit dem Haus seine Tochter, mit seiner Tochter brannte der Hass in ihm.
Das Bild, wie die Flammen seine um Hilfe schreiende Tochter verschlangen, hatte sich in sein Gedächtnis gebrannt wie das Brandzeichen auf dem Vieh eines Bauern. Und er konnte nicht helfen, nie würde er es vergessen…
Er stand nun genau vor dem Drachen, das Messer könnte er ihm direkt in den Bauch stoßen. Er hob die blitzende Klinge. Er war bereit, das Monster zu töten…
Auf einmal fiel ihm etwas auf. Der Drache war still. Er regte sich nicht mehr. War er etwa tot? War er an den schlimmen Verletzungen gestorben, die die Menschen ihm zugefügt hatten? Und der Drache hatte sich nicht gewehrt, als der Mann sich ihm genährt hatte. Er hätte ihn mit seinem Feuer rösten oder ihn mit seinem kräftigen Schwanz erschlagen können, aber er tat keines von beiden. Er tat überhaupt nichts mehr, außer atmen, ein Zeichen, dass er noch lebte
Der Mann blickte in die gelben Augen des Drachen. Mit einem Mal stockte ihm der Atem.
Der Drache flehte ihn stumm an.
Er musste verrückt sein, aber jeder Gedanke, den Drachen zu töten war verflogen. Das Messer glitt ihm aus der Hand und landete in der matschigen, blutdurchtränkten Erde.