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Mittag

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09.06.2005
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Mittag

Dreckiges Geschirr, benutzte Küche, angebrannte Nachspeise. Deshalb Gestank nach Angebranntem. "Wo ist das Essen?", Ehemann, ganzen Vormittag geschlafen. "Hunger, Hunger, will Suppe haben", das war ein Sohn. Träume der Jugend, verloren, wo sind sie nur?
Keine Zeit. Essen muss aufgetischt werden. Unruhe am Tisch wird größer. "Mama, Mama, ich hab das Trinken ausgeschüttet", wieder Sohn, diesmal vielleicht der andere. "Ja, Lorenzo, komme schon". Lorenzo, der Jüngere der Söhne. Zurückdenken an die Zeit, als der 7-jährige noch ein Baby war. "Wo ist jetzt das Essen? Ich muss dann arbeiten!". Wieder der Ehemann. Wieder aus Träumen gerissen. Suppe auf Tisch gestellt, klebriges Getränk von Lorenzo aufgewischt. Lorenzo, geboren, benannt in einer Welle des Hochgefühls und der Glückseligkeit. Weit zurück. Wo ist der zweite Sohn? "Das nennst du Suppe! Koch mal was Anständiges!", Sehr weit zurück, glücklichsein. "Koch dir doch selber was", "Halt die Klappe, du dumme Sau und arbeit’ was!". Zurückgehen in die Küche, dann zweiter Sohn, Cruz, liegend vor Fernseher, gefunden. Biene Maja im Fernsehen. Beim Zurückgehen aus Wohnzimmer, wo Fernseher steht, sich selbst im Spiegel gesehen. Dicker geworden.
"Was kriegen wir den heut’ noch außer der scheußlichen Suppe?", "Fisch mit Gemüse". Fisch mit Gemüse, dafür zwei Stunden in Küche verbracht. Zwei Stunden Leben für Fisch und Gemüse hergegeben. "Was soll ich mit dem Scheiß-Fisch! Heut' ist Sonntag, heut' g'hört ein Schnitzel auf den Tisch!", "Geh doch ins Gasthaus, wenn's dir bei mir nicht schmeckt", "Du wirfst eh schon so viel Geld zum Fenster raus und dann noch so blöde Sachen sagen! Bist schon ganz deppert?". Mann wirft Essen vom Tisch. Cruz, fünf Jahre alt, gezeugt während Spanien-Urlaub, beginnt zu weinen. Teller zerbricht, Essen liegt am Boden. Träume schon lange zerbrochen. "Schau was du gemacht hast, Cruz weint!", "Ist mir doch scheißegal, ich geh jetzt raus arbeiten!", "Du hast deinen Sohn zum Weinen gebracht, heb wenigstens die Tellerstücke auf!", "Heb dir deine Scheißtellerstücke doch selbst auf, wenn du nicht schon zu fett zum Bücken bist." Cruz weint noch immer, Lorenzo isst ruhig weiter. Im Hintergrund läuft Fernseher. "Was hast du gesagt?", "Dass du zu fett zum Bücken bist, und jetzt geh mir aus dem Weg, ich muss die Dachrinne richten." Ehe schon längst nicht mehr reparierbar. "Ich bleib so lange stehen, bis du die Beleidigung zurücknimmst". Faustschlag ins Gesicht bekommen. Nase blutet. Cruz weint noch immer. Lorenzo mit Essen fertig. Mann geht durch Tür und schlägt dabei noch mal zu. Geht schimpfend nach draußen.
Lorenzo schüttet beim Aufstehen wieder Trinken aus. Zuerst blutende Nase getrocknet, dann Getränk aufgewischt. Dann nasses Taschentuch weggeschmissen. Leben schon lange weggeschmissen. Cruz hat aufgehört zu weinen. Blick auf Teller von Lorenzo, Gemüse nicht angerührt. "Iss dein Gemüse, dass du groß und stark wirst". Ruf verhallt ungehört, Lorenzo liegt vor Fernseher. Eigene Stärke schon seit Heirat verloren. Cruz verlässt Tisch und geht auch zu Fernseher. Tisch abgeräumt, dann endlich Scherben aufgehoben und weggeschmissen. Schöner Teller gewesen. Geschenk zum ersten Hochzeitstag. Jetzt Zeit um selbst zu Essen. Blick auf die Uhr. Die Uhr zeigt 12 Uhr 31.

Anmerkung: Der Text könnte wohl auch in die Kategorie "Experimente" passen, aber da er zu "Am Morgen" (Ich will so eine Art Trilogie "Morgen, Mittag, Abend" schreiben), habe ich ihn in diese Kategorie gegeben. Ich weiß selbst nicht, was ich vom Text halten soll.

 

Hallo oleander,
ich schließe mich dir an, ich weiß nämlich auch nicht, was ich von deinem Text halten soll. So eine Beschreibung eines Mittagsessen ist sicher ein interessantes Thema, aber dein Stichpunkt-Stil wirkt, zumindest wenn er die ganze Geschichte über so angewendet wird, viel zu hektisch. Es ist klar, dass es bei einem Mittagessen vllt. öfters mal so hektisch zu geht, daher finde ich den Stil eigentlich gar nicht so unpassend, aber die ganze Geschichte über ist dann doch etwas zu viel des Guten. Ich würde zumindest mit "richtigen" Sätzen anfangen, vielleicht kannst du dich ja von richtigen Sätzen auf einzelne Wortfetzen runtersteigern, z.B. "Die Familie saß beim Mittagessen versammelt." etc. um erst einmal die Situation anständig vorzustellen, dann gehst du über in Sätze wie "Kannst du mir bitte das Salz reichen, Papa?", dann "Mama, Mama, mein Bruder hat mich getreten" und dann kannst du mit Wortfetzen um dich schmeißen, eher in Form eines Dialoges. Die Sätze außenrum sollten finde ich schon richtige Sätze sein.

Liebe Grüße,
Sebastian

 

Danke für deine Antwort,
es stimmt schon, dass das Ganze vielleicht zu hektisch wirkt, aber ich wollte bewusst einen Gegensatz zu meiner frühere n Geschichte "Am Morgen", die sehr ruhig ist, setzen. Außerdem sehe ich die Geschichte eher als inneren Monolog als eine Beschreibung. Vielleicht kommt dies nicht gut genug heraus.

Liebe Grüße,
oleander

 

Okay, vielleicht hätte ich dazu auch deine Geschichte "Am Morgen" lesen müssen, um diesen Gegensatz zu verstehen ;)

 

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