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Momentaufnahme

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28.11.2006
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Momentaufnahme

Traurig blickte sie auf die Uhr. Es war spät. Schon wieder viel zu spät. Das ticken der Uhr hallte durch die einsame Stille. Es erinnerte sie schmerzlich daran, dass sie wartete. Darauf, dass er endlich nach Hause kam. Darauf, dass er sie in den Arm nehmen würde und ihr sagen würde, wie sehr er sie liebt. Darauf, dass sie seine Wärme spüren konnte und er sie küsste. Wie in Trance griff sie zur Zigarettenschachtel und zündete sich erneut eine Zigarette an. Gedankenverloren schaute sie den Nebelschwaden des Zigarettenqualms hinterher. Wie oft hatte sie sich schon geschworen, dass es das letzte mal war, dass sie auf ihn wartete. Wie oft schon wollte sie ihm sagen, dass sie keine Kraft mehr hatte. Das diese Ungewissheit für Sie eine Qual war.

Und trotzdem saß sie wie gelähmt im dunklen Wohnzimmer, welches nur durch den Schein ein paar weniger Kerzen schemenhaft erhellt wurde. Ihr Verstand wusste längst was tun war. In Gedanken hatte sie es schon hundertmal durchgespielt. Hatte sich sein Gesicht vorgestellt, wenn er nach Hause kam, und sie nicht da war. Wenn er keine Spuren mehr von ihr in seiner Wohnung finden würde. Es schien so einfach zu sein und doch war alles so schwer.

Sie horchte in sich hinein. Eine unendliche Traurigkeit breitete sich aus. Und Angst. Ja. Sie konnte sie deutlich fühlen. Angst vor dem Alleinsein. Angst das Beste zu verlieren, was sie hatte. Aber war das wirklich das Beste was das Leben für Sie bereithielt. Hatte Sie es nicht auch verdient bedingungslos geliebt zu werden, so wie sie es tat.

Schritte im Treppenhaus rissen sie aus ihren Gedanken. Schnell wischte sie sich die Tränen von den Wangen, die sie nun zum ersten mal bemerkte. Auch die Zigarette drückte Sie schnell im überfüllten Aschenbecher aus. Er mochte es nicht, wenn sie raucht. Die Schritte waren nun direkt vor ihrer Tür. Sie hielt die Luft an vor Anspannung. Die Schritte machten jedoch nicht halt und setzen ihren Weg im Treppenhaus fort. Leise hörte sie wie sich die Tür eine Etage über ihr öffnete und wieder schloss. Er war nicht zu ihr nach Hause gekehrt. Enttäuscht füllten sich ihre Augen wieder mit Tränen. Immer wieder fragte sie sich wie leidensfähig sie eigentlich war. Oder was das vielleicht die falsche Frage. Musste es nicht vielmehr heißen, wie leidenswillig sie eigentlich war?

Gierig griff sie zu ihrem Glas Rotwein auf dem Tisch und nahm einen großen Schluck. Genießen konnte Sie ihn schon lange nicht mehr. Der Wein war für Sie zur Zeit einfach ein guter Freund. Ein sanftes Kissen, auf das sie sich betten konnte. Viel zu oft brauchte sie ihn in letzter Zeit um schlafen zu können. Sie lehnte sich zurück und ließ ihren Kopf in die Kissen fallen. Ihr Blick glitt hinauf zur Decke und sie folgte dem flackerndem Tanz der Kerzenflammen, die sich dort oben wiederspiegelten.

Und sie fühlte sich allein. So verdammt allein. Sie wollte reden, und hätte doch nicht gewusst, was sie sagen soll. Jedes Mal wenn er endlich heim kam zur ihr, verwischte sie alle Spuren, der Traurigkeit und der durchstandenen Ängste und schenkte ihm ihr bezaubernstes Lächeln. Sie war die Hauptdarstellerin in Ihrem Leben und sie spielte ihre Rolle gut. Manchmal so gut, dass sie sich selber für einen Moment lang glaubte.

Aber sie merkte wie es immer mehr Kraft kostete. Die Maske hatte Risse bekommen. Es fiel ihr immer schwerer den Schein der Unbeschwertheit und Unbekümmertheit zu bewahren. Aber genauso liebte er sie doch. Was würde passieren, wenn er hinter die Fassade blicken könnte. Würde ihm dann noch gefallen, was er zu sehen bekam.

Sie hatte diese Zweifel so satt. Und sie fragte sich wann sie aufgehört hatte, ihr Leben zu leben. Wo waren ihre Wünsche und Träume geblieben? Wenn sie ehrlich zu sicher selber war, wusste sie es. Sie waren auf dem Weg in seine Richtung auf der Strecke geblieben. Nicht weil er es von ihr verlangte, nein. Sondern weil sie viel zu bereitwillig ihre Träume für seine aufgegeben hatte.

Das Gedankenkarussell stand nun nicht mehr still. Es drehte sich, Runde für Runde. Ihr wurde ganz schwindelig und sie konnte nicht sagen, ob es am Wein lag, oder an der Erkenntnis das sie niemand anderen als sich selbst für ihr Leben verantwortlich machen konnte.

Wie oft hatte sie Ja gesagt und nein gedacht. Wie oft hatte sie gelacht, wenn die Tränen schon in ihren Augen brannten. Sie fühlte, das sie nicht nur alle anderen sondern vor allem sich selbst betrog. Sie wollte endlich frei sein. Ihm begegnen ohne zu leiden. Ihn anschauen ohne sich klein zu fühlen. Seine Gegenwart spüren ohne Erwartung. Keine Maske. Keine Bühne. Kein Spiel.

Da hörte sie auf einmal wie sich der Schlüssel im Türschloss drehte. Sie hörte seine Schritte und sah wie sich die Wohnzimmertür öffnete. Schnell wischte sie sich die Tränen weg und schenkte ihm ihr bezaubernstes Lächeln.

 

Hallo zusammen,

ich bin mir nicht ganz sicher ob die Rubrik richtig gewählt ist. Vielleicht doch lieber Romantik?

LG
Freggel

 

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