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- 11.05.2007
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Momentaufnahme
Momentaufnahme
Unter seinen Füßen die in nassen zerschlissenen
Turnschuhen steckten drückte ihn etwas. Er hob den Fuß an und sah, dass ein kleiner spitzer Stein darunter lag. Wenige Zentimeter neben seiner ursprünglichen Position setzte er den Fuß wieder auf den sandigen Boden.
Seine Ohren vernahmen das Rauschen einer Meeresbrandung, die in einiger Entfernung ihr Spiel mit irgendeinem Strand irgendwo auf einer für ihn fremd wirkenden Welt trieb. Auf seiner Zunge vernahm er den Geschmack salzhaltiger Meeresluft. Es war windig, fast stürmig. Seine Haut, die in eine schmutzige nasse Jeans und ein ebensolches Hemd aus cremfarbenem Leinen, das sich auf der Haut etwas rauh anfühlte gehüllt war, begann sich mit einer Gänsehaut zu überziehen. Besonders stark kräuselte sie sich um seine Brustwarzen herum, welche verunreinigt durch Sand und Salz brannten und schmerzten.
So weit das Auge blickte, war eine wüste Landschaft aus Sand, der sich zu Dünen abgelagert hatte, zu sehen. Vereinzelt sprossen einige Halme in blassem blau-grün aus dem kargen Boden, ihre Spitzen waren braun, fast schwarz. , sie verschafften ein Abbild der Leblosigkeit dieses von Wetter und Sonne ausgelaugten Bodens.
Nachdem er benommen einige Schritte in Richtung des Rauschens gehumpelt war, erblickte er vor sich ein großes, weites, - unendlich scheinendes Meer, welches in blaugrauem, welligem Farbenspiel schimmerte. Auf den Wogen und vor allem am Strand, spieh es weiß graue Schaumkronen aus. Hinter ihm die trostlos, wirkende Sandwüste. Der Himmel über ihm war wolkenleer, nicht jedoch tagblauer Himmel war zu sehen, sondern eine Mischung aus Tag und Nacht. Zu hell, als das es hätte Nacht sein können, zu dunkel als das man diese Stimmung hätte Tag nennen können. Einzig der Horizont wurde von dunklen dichten Wolken grauer, schmutzig - weißer Coleur gesäumt, die teilweise zu monumentalen Türmen aufgeschichtet waren. Wohin er auch blickte, der gesamte Horizont war gesäumt. Eine handbreit Wolken unterbrochen von diesen mächtigen Turmriesen und dann jener künstlich und beängstigend wirkende Himmel. Eine unheilvoll, gespenstig wirkende Stille durchzog den Äther. Stille, die man hätte schneiden können, lag über dieser Ebene.
Nach einer Weile, war das Rauschen der Brandung verstummt. Kein Lufthauch regte sich mehr. Der Ozean hatte sich in eine spiegelglatte, leblose Ebene verwandelt.
Plötzlich verspürte er einen Schmerz, der so rasch und so heftig auftrat, dass er ihm fast den Verstand geraubt hätte. Er zuckte zusammen und konnte es nicht verhindern, das sein rechtes Bein ihm den Dienst versagte und er sich auf dem sandigen Boden, der den Aufprall seines Körpers etwas dämpfte, wieder fand.
Zeiten des Schmerzes und der Desorientierung wechselten hin zu Momenten, in der seine Gedanken glasklar wie Eiskristalle schienen. Nur, konnten seine Gedanken nichts denken, nichts außer, dass sie dachten, dass er immer schon nie gewusst hatte, was vorher war, und was nachher sein würde. Das wusste er, - sonst wusste er nichts, außer dem was um ihn herum geschah und auch das alles deutete ihm an, nicht war zu sein, das einzige was ihm wahr erschien, waren seine Schmerzen.
Eine Zeitlang wurde er hinein in eine tiefe innige Ruhe berufen, bis augenblicklich und ohne Vorwarnung, die nächste Schmerzattacke überfallartig über ihn hinein brach, was ihn dazu veranlasste, an die Quelle des Schmerzes, seinen rechten Unterschenkel zu fassen. Der schmutzige Stoff der durchnässten Jeans, änderte mit jedem Pulsschlag den Anschein.
Mal schien der Blutfluss zu versiegen, um nur eine matt rote Fläche zu hinterlassen, die die Struktur des Baumwollstoffes unterstrich. Dann wiederum drang Blut durch die Zwischenräume der Fasern und überschwemmte die Maserung des Stoffes so sehr, das sich an der Oberfläche kleine rot glänzende Rinnsale bildeten und dem Blut den Weg zum Boden ermöglichten.
Als er erschöpft zu Boden sank, wurde er gewahr, dass jenes diffuse Licht, diese unheilvolle Stimmung noch nicht gewichen war. Außer ein paar schwach leuchtender Sterne, die jetzt zu sehen waren, hatte sich nichts verändert.
Irgendwann war ihm so, als höre er Musik, leise klingende Klavier Töne schienen sanft an sein Ohr zu dringen, darunter mischte sich der Klang von Harfen. Er wusste nicht, ob er diese Musik kannte. Er wusste nicht, wann die Musik begonnen hatte und er wusste nicht wann sie enden würde. Die Schwingungen dieser herrlichen Komposition aus Schall und Rauch, wischten mit einem Male seine Angst weg und schienen ihn zu wiegen. So wie eine Mutter sanft ihr Baby in den Schlaf wiegt.
Nur seinen Kopf und den halben Oberkörper hatte er rittlings liegend auf seine Unterarme aufgestützt, noch etwas hochhalten können. Dann so plötzlich wie ein Augenblick vergeht, von dem man nicht wusste wann er begonnen hatte und wann er aufgehört hatte ja, so plötzlich, wie ein Blitz am Himmel zuckt und wieder verschwindet, genauso plötzlich wurde es Nacht um ihn herum.
Der letzte Klang der in dieser unrealen Welt der Einsamkeit zu hören war, war das dumpfe Aufschlagen seines Körpers auf dem weichen Boden.
Dann war es still, bedrückend – friedlich still.