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Mondgeflüster
Mondgeflüster
Schon immer habe ich den Mond geliebt. Er war für mich eine Quelle positiver Energien. Ein sanfter Pol irgendwo da draußen in den weiten des Weltalls.
Früher habe ich alle Bücher, die ich über das Universum, die Sterne und den Mond finden konnte, nur so in mich hineingeschlungen. An Vollmondnächten saß ich stundenlang am Fenster oder im Garten und habe den Mond beobachtet. Wenn er nur noch eine Sichel war, war ich oft tagelang schlechtgelaunt. Meine Ma hat mich immer liebevoll Werwölfchen genannt.
Als wir dann vor drei Jahren in die neue Stadt gezogen sind, hat sie sofort das Zimmer mit dem größten Fenster zu meinem Kinderzimmer erklärt. Ich bekam ein neues, großes Bett und es wurde direkt darunter gestellt. Gardinen brauchte ich gar nicht. Jede Nacht blickte ich zu der hell leuchtenden Scheibe auf, bis mir die Augen vor Müdigkeit zufielen.
Jetzt war ich 17 Jahre alt und… ich fühlte mich noch genau so mit dem Mond verbunden wie früher.
Nachdenklich kaute ich auf einer braunen Haarsträhne, während ich am Fenster saß und verträumt aus dem Fenster sah.
„Phoebe! Phoebe, komm` doch mal!“
Ich hatte Mühe, mich auf meinem Stuhl zu halten, so sehr hatte mich die energische Stimme meiner Mutter aus dem Tagtraum gerissen.
Ich sprintete den Gang entlang.
„Also, ich muss dann los. Bin dann!“
„Alles klar!“ Ich schaute meiner Mutter, die nun schon knapp acht Zentimeter kleiner war als ich, noch kurz hinterher und schlenderte dann wieder in mein Zimmer.
Jetzt war ich also allein zu Hause.
Vielleicht sollte ich meine beste Freundin Gwyn Mirrow anrufen und sie fragen, ob sie nicht vorbei kommen wollte, doch bei einem erneuten raschen Blick zur Uhr, vergaß ich diese Idee sofort wieder. Gwyns Eltern hassten es nach 8 Uhr noch angerufen zu werden, und für gewöhnlich gingen sie auch sehr früh zu Bett, da die beiden eine Bäckerei hatten und ihr Arbeitstag so mit ziemlich früh am Morgen schon wieder beginnt.
Ich nahm mir eine Zeitschrift vom Nachttisch und begann darin zu blättern…
Alles war dunkel und ich fröstelte, also versuchte ich mich in meine Bettdecke einzuhüllen, konnte sie aber nicht finden. Ich hatte das Gefühl draußen zu liegen und nicht in meinem Zimmer, war aber zu benommen um die Augen aufzuschlagen.
Aus irgendeinem Grund war es gleichzeitig totenstill und merkwürdig laut. Ich hörte ein seltsames Gemurmel und Geraschel, wie ich es noch nie vernommen hatte…
Plötzlich wachte ich auf und setzte mich kerzengerade hin.
Ein Albtraum!
Ich musste ein paar mal die Augen wieder zumachen, um mich an das Halbdunkel in meinem Zimmer zu gewöhnen.
Dann nahm ich einen Schluck Wasser aus der Flasche, die neben meinem Bett stand und bemerkte erst jetzt, dass ich beim Lesen eingeschlafen sein musste, denn die Zeitschrift lag neben mir auf dem Bett.
Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich die merkwürdigen Geräusche gar nicht geträumt hatte, ich hörte sie immer noch, jetzt aber erschreckend klar.
„Phoebe!“
Jemand rief meinen Namen. Ich dachte sofort an meine Ma und machte die Tür auf, doch auf dem Flur war es stockdunkel und niemand war zu sehen. Ich lief zum Elternschlafzimmer, aber Ma und Paps schliefen tief und fest, wie ich an ihren gleichmäßigen Atemzügen erkennen konnte. Ich schlich zurück in mein Zimmer.
„Phoebe!“
Wieder diese Schreie. Der Angstschweiß lief mir die Schläfen hinunter.
Ich blickte mich im Raum um, doch auch nachdem ich das Licht angeschaltet hatte, konnte ich niemanden sehen. Es war viertel nach zwei. Starr vor Angst saß ich auf meinem Bett. Angestrengt lauschte ich in das Zimmer. Da! Jetzt kam das Rufen wieder und wurde immer lauter. Es kam von draußen! Ich wagte es erst nicht hinauszusehen, aber dann krabbelte ich übers Bett und spähte aus dem Fenster in die Dunkelheit.
Niemand zu sehen.
Mein suchender Blick schweifte durch die Gegend und plötzlich sah ich ihn.
Den Mond!
Eine volle, runde, blaue Scheibe. Ach ja! Ich schlug mir gegen die Stirn. Heute war ja Blaumond, das hatte ich total vergessen.
Immer wenn zwei Vollmonde in einen Monat fielen, nannte man den zweiten Vollmond Blaumond und dieses Ereignis fand nicht allzu oft statt.
Der Mond schimmerte wirklich blau und auf einmal meinte ich in dem Mond einen Mund erkennen zu können. Ich riss die Augen weiter auf und schaute genauer hin.
Ja, ich war mir ganz sicher!
„Phoebe!“
Wieder dieses… nein, dieses Mal war es kein leises Rufen, sondern fast ein Schrei und die Lippen des Mondes öffneten sich dazu.
Es war verrückt, doch ich wusste was ich sah und versuchte die Worte zu verstehen. Nur zwei Namen konnte ich raushören und inzwischen war ich mir sicher, dass der Mond mit mir redete, so hirnrissig es auch zu sein schien.
Die Namen waren: Phoebe und Gwyn.
Phoebe war natürlich mein eigener Name, aber Gwyn…klar Gwyn war meine beste Freundin, na und? Immer wieder hörte ich diese beiden Worte aus dem Geflüster heraus.
Gwyn… Gwyn… was hatte es nur mit dem Namen auf sich. Vielleicht sollte ich etwas machen. Bei Gwyn?
Plötzlich kam mir ein Einfall. Ich und Gwyn, das konnte eigentlich nur bedeuten…
Sofort lief ich los und riss die Autoschlüssel, die am Schlüsselbrett neben der Haustür hingen, mit. Ich war so aufgeregt und apathisch, dass ich gar nicht darüber nachdachte, dass ich da gerade ohne Führerschein das Auto meiner Eltern klaute. Da ich so in Eile war und zudem vor ein paar Tagen erst meine dritte Fahrstunde hatte, schlingerte ich mit quietschenden Reifen durch die Straßen.
Glücklicherweise waren keine anderen Fahrzeuge unterwegs. Auch, dass ich den Weg zu dem Haus meiner besten Freundin auch im Dunkeln in und auswendig kannte, hilf mir durch diese Horrorfahrt.
Ich klingelte Sturm, doch niemand öffnete. Hysterisch überlegte ich, was jetzt zu tun war und dann fiel mir glücklicherweise ein, wo die Mirrows immer ihren Notfallhaustürschlüssel versteckten. Mit zitternden Händen schob ich den Blumenkübel auf dem Boden ein wenig zur Seite und zog den Schlüssel zwischen zwei Steinen hervor.
Meine Hände waren schweißnass. Doch nach kurzer Zeit hatte ich es fertiggebracht, die Tür zu öffnen.
Ohne zu überlegen schnappte ich mir noch einen Stock der im Gebüsch steckte. Man konnte ja nie wissen…
Ich trat zögernd ein und blickte mich um. Das Licht war an, also musste noch jemand wach sein. Aber warum hat mir niemand die Tür geöffnet?
Ich stand im Flur und da hörte ich es.
Ein klägliches Wimmern! Es kam aus der Küche.
Sofort lief ich hin und sah Gwyn. Sie lag auf dem Boden neben einem umgekippten Stuhl. Ihr rechtes Bein war merkwürdig abgewinkelt.
Ich hielt mir entsetzt die Hand vor den Mund und beugte mich dann schnell zu meiner Freundin herunter.
„Gwyn! Was ist passiert?“
„Aua, mein Bein, das tut so schrecklich weh…“, wimmerte diese nur.
So wenig medizinisches Wissen ich auch hatte, an Gwyns schmerzverzehrtem Gesichtsausdruck konnte ich deutlich erkennen, dass hier dringend ein Arzt her musste.
„Wo sind deine Eltern?“, fragte ich.
„Wohltätigkeitsversammlung…“
Ich handelte kurzerhand und hievte meine Freundin, die immer noch vor Schmerzen leise stöhnte, bis zu dem Auto und breitete sie auf der Rückbank aus. Sofort fuhr ich mit quietschenden Reifen davon.
Etwa zehn Minuten später kamen wir auf dem leeren Parkplatz des städtischen Krankenhauses zum Stehen und mit eineigen Mühen schaffte es Gwyn auch sich mit meiner Hilfe bis zu einer Liege, die die Sanitäter schnell herbeiholten, zu schleppen.
„Aber wie bist du eigentlich zu mir gekommen? Ich meine, woher wusstest du…“, fragte sie mich leise.
„Der Mond…“, sagte ich nur und machte einem jungen Arzt Platz, der sie untersuchen wollte.
die alte Version:
Mondgeflüster
Schon immer habe ich den Mond geliebt. Er war für mich wie eine Quelle positiver Energien. Ein sanfter Pol irgendwo da draußen in den weiten des Weltalls.
Früher habe ich alle Bücher, die ich über das Universum, die Sterne und den Mond finden konnte nur so in mich hineingeschlungen. An Vollmondnächten saß ich stundenlang am Fenster oder im Garten und habe den Mond beobachtet. Wenn er nur noch eine Sichel war, war ich oft tagelang schlechtgelaunt. Meine Ma hat mich immer liebevoll Werwölfchen genannt.
Als wir dann vor drei Jahren in die neue Stadt gezogen sind, hat sie sofort das Zimmer mit dem größten Fenster zu meinem Kinderzimmer erklärt. Ich bekam ein neues, großes Bett und es wurde direkt darunter gestellt. Gardinen brauchte ich gar nicht. Jede Nacht blickte ich zu der hell leuchtenden Scheibe auf, bis mir die Augen vor Müdigkeit zufielen.
Jetzt bin ich 17 Jahre alt und… ich fühle mich noch genau so mit dem Mond verbunden wie früher.
„Phoebe! Phoebe, kommst du mal bitte?“, hallte die Stimme von Ma durch den Flur.
Als ich widerstrebend die Tür von meinem Zimmer öffnete und den Gang hinunter blickte, sah ich sie auf der Treppe ins Erdgeschoss stehen. Mit einer deutlichen Handbewegung signalisierte sie mir, zu ihr zu kommen. Ungeduldig sprintete ich den Flur entlang und blickte sie fragend an.
„Also, ich muss los. Bis dann!“
„Hättest du mir das nicht grade zurufen können?“ Mit den Augen rollend schaute ich auf meine Ma, die nun schon gut 7 Zentimeter kleiner war als ich, hinunter.
„Naja, ich muss dann zu Silke, tschüss!“, meinte sie und verschwand durch die Haustür, ohne auf meine Frage einzugehen.
Pech! Jetzt war ich also allein zu hause. Auch Paps war nämlich nicht da, er arbeitete Freitags immer bis spät in die Nacht im städtischen Krankenhaus.
Missmutig marschierte ich zurück in mein Zimmer, das ganz am Ende des mit rotem Teppich ausgelegten Flures war.
Ich stellte mich vor den großen Spiegel. Es war ein schöner Spiegel, der Rahmen war mit Goldranken verziert. Vor einem Jahr hatte ihn mir meine Großmutter vererbt.
Aber das Spiegelbild gefiel mir auch nicht schlecht. Meine langen haselnussbraunen Haare fielen leicht über meine Schultern und meine eher markante Gesichtsform passte perfekt zu meinen großen, grün melierten Augen. Nur meine Nase war ein bisschen zu groß geraten, aber das beeinträchtigte das Gesamtbild nicht besonders.
Auch an meiner Figur gab es nicht viel zu meckern. Na gut, meine Beine waren eigentlich zu dünn, aber das war immer noch besser als zu dick.
Gelangweilt erfasste mein Blick die Wanduhr. Halb neun. Draußen war es schon dunkel, für einen stürmischen Herbsttag keine Seltenheit.
Ich schlenderte noch einmal in die Küche, nahm mir einen Apfel, verkroch mich wieder in mein Zimmer und kuschelte mich mit meiner warmen Wolldecke aufs Bett.
Der Apfel schmeckte herrlich saftig und der ansteigende Blutzuckerspiegel ließ wieder ein paar Glücksgefühle in mir aufkommen.
Vielleicht sollte ich meine beste Freundin Gwyn Mirrow anrufen und sie fragen, ob sie nicht vorbei kommen wollte, doch bei einem erneuten raschen Blick zur Uhr, vergaß ich diese Idee sofort wieder. Gwyn und ihre Eltern hassten es nach 8 Uhr noch angerufen zu werden und für gewöhnlich gingen sie auch sehr früh zu Bett.
Ich nahm mir eine Zeitschrift vom Nachttisch und begann darin zu blättern…
Plötzlich wachte ich mitten in der Nacht auf und setzte mich kerzengerade hin. Ein Albtraum! Darin hatte ich immer wieder jemanden oder etwas rufen gehört, wusste aber nicht wer oder was es war. Ich musste einen Schluck Wasser aus der Flasche, die neben meinem Bett stand, trinken und bemerkte erst jetzt, dass ich eingeschlafen sein musste, denn die Zeitschrift lag neben mir auf dem Bett.
Moment mal, die Schreie hatte ich gar nicht geträumt, ich hörte sie immer noch.
„Phoebe!“
Jemand rief meinen Namen. Ich dachte sofort an meine Ma und machte die Tür auf, doch auf dem Flur war es stockdunkel und niemand war zu sehen. Ich lief zum Elternschlafzimmer, aber Ma und Paps schliefen tief und fest, wie ich an ihren gleichmäßigen Atemzügen erkennen konnte. Ich schlich zurück in mein Zimmer.
„Phoebe!“
Wieder diese Schreie. Der Angstschweiß kroch mir die Schläfen hinunter.
Ich blickte mich im Raum um und auch nachdem ich das Licht angeschaltet hatte, konnte ich niemanden sehen. Es war viertel nach zwei. Nach angestrengtem Zuhören kam ich schließlich zu der Erkenntnis, dass das Rufen von draußen kommen musste. Ich krabbelte aufs Bett und schaute aus dem Fenster. Niemand zu sehen.
Mein suchender Blick schweifte durch die Gegend und plötzlich sah ich ihn. Den Mond! Eine volle, runde, blaue Scheibe. Ach ja! Ich schlug mir gegen die Stirn. Heute war ja Blaumond, das hatte ich total vergessen. Immer wenn zwei Vollmonde in einen Monat fielen, nannte man den zweiten Vollmond Blaumond und dieses Ereignis fand nicht allzu oft statt.
Der Mond schimmerte wirklich blau und auf einmal meinte ich in dem Mond einen Mund erkennen zu können. Ich riss die Augen weiter auf und schaute genauer hin. Ja, ich war mir ganz sicher!
„Phoebe!“
Wieder diese… nein, dieses Mal war es kein Schrei, sondern Gemurmel und dazu bewegten sich die Lippen des Mondes. Es war verrückt, doch ich wusste was ich sah und versuchte die Worte zu verstehen. Nur zwei Namen konnte ich raushören und inzwischen war ich mir sicher, dass der Mond mit mir redete, so hirnrissig es auch zu sein schien. Die Namen waren: Phoebe und Gwyn.
Phoebe war natürlich mein eigener Name, aber Gwyn…klar Gwyn war meine beste Freundin, na und? Immer wieder hörte ich diese beiden Worte aus dem Geflüster heraus.
Gwyn… Gwyn… was hatte es nur mit dem Namen auf sich. Vielleicht sollte ich etwas machen. Bei Gwyn?
Plötzlich kam mir ein Einfall. Ich und Gwyn, das konnte eigentlich nur bedeuten… Sofort schnappte ich mir meine Autoschlüssel und war schon aus dem Haus ohne wenigstens meinen Eltern Bescheid zu sagen. Ich war total in Eile. Schnell setzte ich mich in meinen Mercedes –ebenfalls ein Erbstück meiner Großmutter- ließ den Motor aufheulen und raste die Straße hinunter zu dem Haus in dem Gwyn wohnte.
Ich klingelte Sturm, doch niemand öffnete. Hysterisch überlegte ich, was jetzt zu tun war und dann fiel mir glücklicherweise ein, wo die Mirrows immer ihren Notfallhaustürschlüssel versteckten. Mit zitternden Händen schob ich den Blumenkübel auf dem Boden ein wenig zur Seite und zog den Schlüssel zwischen zwei Steinen hervor.
Meine Hände waren schweißnass. Doch nach kurzer Zeit hatte ich es fertiggebracht, die Tür zu öffnen. Ich trat zögernd ein und blickte mich um. Das Licht war an, also musste noch jemand wach sein. Aber warum hat mir niemand die Tür geöffnet?
Ich stand im Flur und da hörte ich es. Ein klägliches Wimmern! Es kam aus der Küche. Sofort lief ich ihn und sah Gwyn. Sie lag auf dem Boden neben einem umgekippten Stuhl. Ihr rechtes Bein war merkwürdig abgewinkelt.
„Gwyn!“, rief ich erschrocken aus. „Was ist passiert?“
„Ich wollte was aus dem Schrank da oben holen, da ist der Stuhl um gefallen und ich bin hingefallen. Jetzt tut mein Bein höllisch weh!“
So wenig medizinisches Wissen ich auch hatte, an Gwyns Gesichtsausdruck konnte ich deutlich erkennen, dass hier dringend ein Arzt her musste.
„Wo sind deine Eltern?“, fragte ich.
„Die sind heute Abend auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung.“
Meine Freundin war dünn und genauso leicht und so dauerte es nicht allzu lange bis ich sie auf der Rückbank meines Autos ausgebreitet hatte und mit quietschenden Reifen davon fuhr.
Etwa zehn Minuten später kamen wir auf dem leeren Parkplatz des städtischen Krankenhauses zum Stehen und mit eineigen Mühen schaffte es Gwyn auch sich mit meiner Hilfe bis zu einer Liege in einem Untersuchungszimmer zu schleppen.
„Aber wie bist du eigentlich zu mir gekommen? Ich meine, woher wusstest du…“, fragte sie mich leise.
„Der Mond…“, sagte ich nur und machte einem jungen Arzt Platz, der sie untersuchen wollte.