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Morgengrauen

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26.07.2008
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Morgengrauen

Ein gräßliches Piepen durchdrang die Stille. Sie wälzte sich durch ihre Kissenberge und versetzte dem Wecker einen Schlag, so dass er sich frühestens in zehn Minuten wieder melden würde. Vorher würde er sich das nicht mehr trauen. Sie drehte sich auf die andere Seite und glitt noch einmal sanft ins Reich der Träume. Doch der Wecker blieb unbarmherzig. Als zehn Minuten verstrichen waren, nahm er all seinen Mut zusammen und piepte gnadenlos. Wieder ein Schlag, diesmal so heftig, dass der Störenfried vom Nachttisch fiel. Sie angelte nach dem Wecker, aber es war nichts mehr zu machen. Er hatte den Sturz nicht überlebt. Es war ihr egal. Erneut kuschelte sie sich in die Kissen und döste. Nach etlichen Minuten versuchte sie im fahlen Licht, welches durch den nur wenig geöffnete Rolladen fiel, auf ihre Armbanduhr zu schauen. Was sie erkennen konnte hob ihre Stimmung keineswegs.
Sie musste aufstehen, ob sie wollte oder nicht. Deshalb reckte und streckte sie sich noch einmal und schwang die Beine aus dem Bett. Lustlos zog sie den Rolladen hoch und versuchte, ihre Füße in die sich wehrenden Pantoffel zu stecken. Von draußen fielen tausend flirrende Sonnenstrahlen ins Zimmer. Sie grummelte vor sich hin. Schönes Wetter konnte sie um diese Tageszeit nicht ertragen.
Langsam schlurfte sie ins Bad. Vor dem Blick in den Spiegel graute ihr. Sie wußte, wie sie um diese Zeit aussah: Ein zerknautschtes Gesicht, in dem sich die Falten des Kopfkissens abzeichneten, ein Vogelnest auf dem Kopf, welches am Abend vorher noch eine Frisur war und ein halbgeöffnetes Auge. Das Andere dachte gar nicht daran, auch nur ein bißchen zu blinzeln. Gähnend tastete sie nach der Zahnbürste, während sie mit der anderen Hand versuchte, ihre Haare wenigstens etwas in Form zu bringen. Nachdem sie ein paar Hände warmes Wasser in ihr Gesicht geworfen hatte, betrachtete sie sich im Spiegel. Ihre Gesichtsfarbe tendierte jetzt zu einem zarten Rosa und das zweite Auge schickte sich an, seine Lider zu öffnen.
Sie warf sich den Morgenmantel über und trottete durch die Wohnung, um die anderen Rolläden zu öffnen. In der Küche fiel ein ganzer Schwall Sonnenlicht durchs Fenster. Sie erschrak und ließ den Rolladen wieder ein Stück herunter. Für soviel Licht war es eindeutig zu früh. Wie in Trance erledigte sie ihre üblichen Handgriffe. Zum Glück störte nichts und niemand diese Routine. Dann verließ sie die Küche und wandte sich dem Zimmer zu, welches sie an diesem Morgen noch nicht betreten hatte.

Es war noch dunkel im Zimmer. Nur ein einziger Lichtstrahl fiel durch einen Spalt im Rolladen. Dieser reichte ihm, um nach seinem Schnuffeltuch zu suchen und daran zu nuckeln. Er war zufrieden, denn er wusste, dass sie kommen würde. So wie jeden Morgen. Geduldig wartete er und lauschte auf die Geräusche aus der Wohnung und auf den beginnenden Tag. Von draußen hörte er das Zwitschern der Vögel. Das gefiel ihm. Dann nahm er ihren schlurfenden Schritt wahr und wartete, dass die Zimmertür geöffnet würde.

Sie öffnete die Tür. Obwohl es im Zimmer noch dunkel war, reichte das Licht aus, um das Kinderbett zu erkennen. Sie sah hinein und blickte in die blitzenden Augen ihres Sohnes. Mehr war von seinem Gesicht nicht zu sehen, aber sie wusste, dass hinter seinem Schnuffeltuch ein breites Grinsen wartete. Unwillkürlich musste sie lächeln.

 

Hallo smoke,

schade, dass dir die Geschichte nicht gefallen hat.

Danke für den Tipp bezüglich der Rolläden.

Da habe ich gleich noch eine Frage:
Laut Wikipedia schreibt man nämlich Rollladen.

Welche Schreibweise ist denn richtig?


Gruß

Glückskäfer

 

Hallo Glückskäfer,

deine Geschichte ist wirklich gut und sie ist auch nicht zu lang.

Soweit ich verstanden habe, geht es um eine Mutter und ihren Sohn, oder? Ist es beabsichtigt worden, dass der Vater nicht erwähnt wird? Ist die Mutter alleinerziehend?

Ich habe nachgeschaut und es heiß: der Rollladen, die Rollläden oder die Rollladen.
Letzteres wird seltener benutzt, aber es ist in Ordnung. Außerdem kann man "Rollladen" und "Rolladen" schreiben, das erste ist nach der neuen Rechtschreibung und das letzte ist nach der alten Rechtschreibung ;)

lg
bananabrot

 

Hallo Bananabrot,

danke für deinen Kommentar!

Ja, es geht um Mutter und Sohn, wobei mir vor allem die Mutter wichtig ist.

Meine Absicht war es, die Mutter als absoluten Morgenmuffel darzustellen und der Sohn ist der Grund, warum sie überhaupt aufsteht. Sonst wäre sie vermutlich liegen geblieben.

Sie könnte alleinerziehend sein, aber der Vater könnte z. B. auch schon zur Arbeit gegangen sein. War mir jetzt nicht so unbedingt wichtig, da es mir um die Mutter geht.

Viele Grüße

Glückskäfer


Übrigens nochmal zum Kommentar von smoke:

Du hast schon recht mit dem abrupten Ende.
Der Satz "Unwillkürlich musste sie lächeln." ist für mich der Moment, wo die Stimmung der Mutter umschlägt, d.h. vom schlecht gelaunten, lustlosen, gereizten Menschen zu einer Person, die auch zu positiven Gefühlen fähig ist.
Und das ist auch der Punkt, auf den ich in dieser Geschichte versucht habe hinzuarbeiten.
Aber vielleicht ist mir das noch nicht so gut gelungen.

Gruß

Glückskäfer

 

hallo glückskäfer,

du beschreibst hier ein Gefühl, dass einige von uns kennen werden und einige nicht. Es geht hier letztlich um die Liebe der Mutter zu ihrem Sohn, und wie er es schafft ihren Tag zu erhellen.
Das hast du richtig dargestellt, und bestimmt werden sich darin manche wiedererkennen.
Mir persönlich hat da noch das unerwartete Ereignis in der Handlung gefehlt, dass das Ganze noch spannender macht. So ist es doch relativ kurz, dabei passiert ja sämtliche Mütter dieser Welt bestimmt allerhand verrücktes wenn sie sich zu Hause um ihre Kinder kümmern...

mfg,

JuJu

 

Hallo JuJu,

vielen Dank für deinen Kommentar.

Es stimmt schon, dass die Geschichte so ein bißchen dahinplätschert und nicht allzu viel passiert. Vielleicht kommt mir ja noch eine Idee, wie ich sie ein wenig aufpeppen kann.

Gruß

Glückskäfer

 

Hallo Glückskäfer,

finde die Geschichte ganz nett, auch sprachlich. Vielleicht wäre die eine oder andere Andeutung über den Sohn ganz nett, nur so ein Vorschlag.

 

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