Morgenregen
Der Regen plätscherte von draußen gegen die Scheiben. Ich tastete nach der warmen Hand neben mir und streichelte seine Finger ohne die Augen zu öffnen, Es war wahrscheinlich noch sehr früh.. Ich blinzelte auf meine Armbanduhr: 6.00 morgens.
Ich hatte noch ein wenig Zeit, nur noch ein wenig länger. Mit geschlossenen Augen konzentrierte ich mich auf seinen ruhigen Atem und den Regen im Hintergrund. Nur noch ein paar Minuten, ein wenig länger. Ich setzte mich halb auf, legte meine Hand auf seine Brust und küsste seinen schlafenden Mund. Dann schlich ich mich aus dem Bett und im Halbdunkeln mich anzuziehen. Mein einer Socke war unauffindbar, aber ich schlüpfte trotzdem in meine Turnschuhe.
„Adieu“, flüsterte ich und warf ihm einen letzten Blick. Er schlief immer noch als sich die Tür leise hinter mir schloss.
Die kalte Morgenluft klärte meinen Kopf ein wenig. Der Regen hatte noch nicht aufgehört. Ich ging in den nächsten Shop um etwas Schokolade und eine Flasche Wasser zu kaufen, obwohl ich weder durstig noch hungrig war.
Ich dachte an ihn, wie er noch schlafend in seinem Bett liegen würde, ruhig und tief atmend. Ich dachte daran wie er im Halbschlaf nach mir tasten würde nur um festzustellen das ich fort war, nicht bleiben konnte. Weil ich niemals bleiben konnte.
Ich war fast überrascht, als eine Träne meine Wange herunterrollte. Vielleicht nur der Regen. Vielleicht liebte ich ihn auch. Vielleicht.
Es würde nichts ändern. Selbst Liebe kann mich nicht zum bleiben bringen. Ich wischte eine zweite Träne vermischt mit Regen fort. Ein unbeschreibliches Gefühl von Sehnsucht nach etwas was ich haben könnte aber doch nicht haben kann kam mich. Der Regen hörte auf und zwischen den Wolken blinzelte die Sonne etwas hervor.
Ich steckte das letzte Stück Schokolade in meinen Mund und überlegte wohin ich gehen sollte. Das kleine Mädchen riss mich komplett aus meinen Gedanken. Sie war plötzlich hinter mir und sah mit einer nachdenklichen Miene zu mir herauf. „Warum weinst du?“ Ich starrte zurück und überlegte eine Sekunde mich einfach umzudrehen und zu gehen. Sie hatte braune Locken und braune Augen die mich immer noch fragend ansahen. Ich hockte mich neben sie und flüsterte „es ist schon ok. Es ist nur jemand den ich wirklich mag“ Sie nahm meine Hand in ihre klebrigen Finger. „Liebst du ihn?“ Um ihren Mund war etwas Schokolade verschmiert. „Ja“; flüsterte ich überrascht. „Ja“, sagte ich etwas lauter, mich selbst aufrichtend. „Ja, verdammt, ich liebe ihn“, schrie ich fast. Das Mädchen lächelte und hüpfte davon. Ich sah ihr hinterher. Ihre Haare wehten im Wind, sie erinnerte mich etwas an eine gute Fee in einem Märchen. „Ich liebe ihn!“, rief ich ihr noch einmal hinterher, auch wenn sie schon längst hinter einer Ecke verschwunden war. Die Sonne hatte sich komplett durch die Wolken gekämpft als ich zurück zu seiner Wohnung ging. Ich zog mich leise aus und legte mich vorsichtig neben ihn, meine kalten Hände auf seiner warmen, gleichmäßig atmenden Brust. Ich küsste ihn und er öffnete etwas die Augen. „Guten Morgen“, wisperte ich. Er lächelte.