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Muselmann oder die gründliche Republik

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22.12.2004
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Muselmann oder die gründliche Republik

Seit drei Wochen war er jetzt hier. Er, einer von hier, war laut Bewerbungsgespräch selbstverständlich offen, tolerant und kontaktfreudig. Kurz gesagt: total teamfähig. Mit seinen Kollegen am neu gestarteten Projekt kam er ganz gut zurecht. Auch Anna hatte es ihm angetan und sie schien ähnlich zu empfinden. Doch nichts überstürzen!

Bauchschmerzen hatte er trotz aller Offenheit in der Kantine. Tausende anonyme Augen schienen ihn ständig zu mustern. Vielleicht war alles nur Einbildung und so gab er sich redlich Mühe, offen, kontaktfreudig und tolerant zu sein. Er fand doch immer einen Platz an einem der Tische. Und eine kurze Frage „Ist hier noch ein Platz frei?“ konnte ja der Beginn eines Small-Talks sein.

Doch heute kam es anders.

Schuld daran war seine Appetitlosigkeit auf Schweineschnitzel. So griff er ins Nachbarregal zu dem Fisch. Das Nachbarregal hatte ein kleines Schildchen, auf dem stand: Für unsere Mitarbeiter muslimischen Glaubens.

„Komisch“, dachte er, „ich hab hier noch nie einen Muslim in der Kantine gesehen! Da wird es nicht ins Gewicht fallen, wenn ich mal eine Portion hier herausnehme. Außerdem, wenn die hier schon so tolerant und offen sind, dass sie sogar die Essenregeln anderer Religionen akzeptieren, so anerkennen sie sicher meinen Appetit auf Fisch!“ Sprach´s und ging auf einen nicht ganz besetzten Tisch zu.

„Ist hier noch ein Platz frei?“, fragte er, als er schon das Tablett(mit dem Fisch für unsere Mitarbeiter muslimischen Glaubens) abstellen wollte.

„Uns schmeckt heute das Schnitzel nicht so recht hier.“, knurrte einer, „WIR sind fertig!“ Als er aufstand, folgten ihm die Anderen schweigend mit ihren vollen Tabletts und er saß alleine da.

Er dachte bei sich: „Du meine Güte, die haben sogar eigenes Essen für die Muselmanen und doch sehe ich hier nicht einen in der Kantine.“

 

Hallo Einfaltspinsel,

ein Fischgericht entlarvt die Toleranz als scheinbar? Das Verlassen der Sitzplätze als unterschwllige Aggressivität? Gut, das ist plausibel, auch wenn es mir ein bisschen zu platt und einfach erscheint. Wie werden die Aggressionen unterdückt, dass sie so unmerklich sind? Wie entsteht dieser äußere political correctness? Eine Tafel an der Essensausgabe dürfte alleine nicht so effektiv sein.
Auch ist mir der Rückschluss, den die, die aufstehen schließen zu weit hergeholt. Der Prot könnte generell auf Fleisch verzichten oder einfach gern Fisch mögen. Auch ist in allen Kantinen die ich kenne die Auswahl für solche Geschichte eindeutig zu groß. Meist werden auch veetarische Gerichte angeboten. Die Mahlzeit als stigmatisierender Muslimenstern scheint mir da nicht wirklich zu funktionieren.

Ein Detail ist mir noch aufgefallen:

Er, das ist ein blonder Hüne, war laut Bewerbungsgespräch selbstverständlich offen, tolerant und kontaktfreudig.
Er, das war ein ... (da du die ganze Geschichte in der Vergangenheit erzählst)

Lieben Gruß, sim

 

Hallo,

finde die Geschichte gut... Mir selbst kommt diese gehäuchelte Toleranz vieler Deutschen langsam zum Hals raus....

Alle sind sie offen und tolerant.. Aber wehe, es kommt jemand, der nicht zur Mehrheitsgesellschft passt.. Wehe, es tanzt jemand aus der Reihe... Und dann kommen die vielleicht auch noch auf die Idee, eine Moschee erichten zu wollen... Welch Skandal!!!

In einer süddeutschen Stadt hat man alle Register gezogen um den Bau einer Moschee zu verhindern.... Da wurde z.B. das Baurecht herangezogen, und ein EIGENES PARKHAUS gefordert und lauter solche Absurditäten - weil man hoffte, so den Moschee-Bau ganz verhindern zu können... Warum? Weil Nicht-Christen den meisten Süddeutschen eben suspekt sind - erst recht als Nachbarn...

Na ja, wie auch immer...
Die Geschichte finde ich aber ziemlich gut...

Gruß

Timo

 

Hallo Marius,

obwohl ich grundsätzlich anderer Meinung zu sein scheine, (sowohl was die Geschichte als auch die "politische" Frage betrifft) muss ich einigen Deiner Beobachtungen doch zustimmen.

Es ist in der Tat sehr seltsam, dass Jahrzehnte lang Toleranz gepredigt wurde, und jetzt auf einmal alles vergessen ist...
Warum hat jetzt ein solcher "Kurswechsel" stattgefunden?? Weil es an der konservativen Basis seit Jahren kocht, weil man dort in Wahrheit nie tolerant gegenüber Andersgläubigen war (man hat es nur nicht laut gesagt). Und jetzt, nach dem schrecklichen Mord in den Niederlanden, gewinnen diese Kreise an Einfluss innerhalb der Union. Aber: In einer Demokratie geht der Glaube den Staat eigentlich nichts an. Er muss alle Menschen gleich behandeln, egal ob sie an Allah oder den christlichen Gott glauben oder an was weiß ich. Niemand darf pauschal wegen seines Glaubens an den Pranger gestellt werden. Dass dieses Fundament des Rechtsstaates jetzt in Unionskreisen (und nicht nur dort) in Vergessenheit zu geraten droht, finde ich schon bedenklich.

Was die Geschichte betrifft: Ja, sie ist platt, aber warum sollte man nicht ab und an auch Plattes veröffentlichen? Ist nicht Plattes manchmal viel besser dazu geeignet, eine Situation darzustellen??

Ich finde, dass die Geschichte gerade wegen ihrer Einfachheit sehr deutlich ist. Zuviele Reflexionen hätten das Offensichtliche vielleicht zerstört.

Herzlicher Gruß
Timo

 

Mich stört, dass die Toleranz, gerade in Schulen, mit dem Holzhammer vermittelt wird, so nach Schema "F". Lessing ist Pflicht. Frisch wird auch gern genommen u.v.m. Aber so richtig mit Argumenten und vor allem Bsp. für eine gelungene Integration sieht es dünn aus. Wobei ich nicht den Schulen die alleinige Schuld geben möchte.
Persönlich denke ich, wenn schon so über "Multikulti" diskutiert wird,wie es aktuell der Fall ist, dann hat es nicht funktioniert und muss neu konzeptioniert werden.

 

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