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Nächstenliebe
Auf Anraten von Lakita habe ich den Anfang der Geschichte umgearbeitet, die alte Version findet sich direkt im Anschluss an die neue:
Der Pfarrer faltete seine Hände, als wolle er beten. „Ich bedaure, dass die Nachricht so spät gekommen ist! Aber ich trage nicht die Schuld daran. Ich habe die Sekretärin damit beauftragt, rechtzeitig zu informieren. Natürlich ist die Angelegenheit ärgerlich. Ich kann den Standpunkt der Gruppe verstehen.“
Dann beugte der Priester seinen schweren Oberkörper nach vorn, so dass er größer und massiver aussah als zuvor. „Es ist aber so gewesen, dass wir in Verhandlungen mit dem Künstler getreten sind. Der Mann hat darauf bestanden, den Tagungsraum für seine Ausstellung zu bekommen. Der Tagungsraum ist für die Exposition von Kunstwerken aufgrund seines Ambientes am besten geeignet. Das ist nun mal leider Fakt!“ Er lächelte. „Selbstverständlich ist es für die Gemeinde eine einzigartige Chance, die Ausstellung zum Thema Auferstehung und ewiges Leben in ihr Haus zu holen. Das ist ein Sujet von außerordentlicher Aktualität. So etwas wird die Yogagruppe doch sicher einsehen. Kurz und gut!“, so endete der Pfarrer, „die Gruppe muss halt mal verzichten. Bis Weihnachten ist der Raum belegt und ich habe leider keinen Ersatz.“
Während der Suada des Priesters betrachtete David dessen Büro. Eine dunkelbraune Schrankwand sah so aus, als sei sie einzementiert in diesen Raum, als könne nichts auf der Welt sie verrücken. An der Wand hing ein Bibel-Spruch: „Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht ab von dem, der deiner Hilfe bedarf.“ Matthäus, 5, 42.
„Sie werden sicher verstehen, Herr Heitkamp“, erwiderte David, „dass eine Gruppe Kontinuität braucht. Dass wir jetzt sechs Wochen lang auf den Tagungsraum verzichten müssen, erschwert uns das Leben sehr. Die Yogagruppe gibt es seit zehn Jahren. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es je Probleme mit der Gemeinde gab. Doch seit einem Jahr wird unser Raum immer wieder für andere Veranstaltungen genutzt. Ich verstehe nicht, woran das liegt. Das ist für uns ein sehr unerfreulicher Zustand.“ Er wendete seinen Kopf und blickte direkt auf die Sitzgruppe in der Ecke des Raumes. Eine barocke Couchgarnitur stand dort neben einem hölzernen Tisch, der seine räumliche Dominanz mit einem warmen Braun zu versüßen versuchte.
Pfarrer Heitkamp hatte sich auf seinem Stuhl wieder zu voller Größe aufgerichtet. Er verzog seinen Mund zu einem schiefen Grinsen. „Tempora mutantur“, sagte er, „die Zeiten ändern sich! Sehen sie, ich arbeite jetzt seit einem Jahr hier. Jeder Priester legt in seiner Gemeinde die Inhalte fest. Wenn es so eine unerhörte Chance wie diese Ausstellung gibt, dann hat das für mich einfach Vorrang vor Yoga.“
Vor Pfarrer Heitkamp auf dem Schreibtisch befanden sich sechs stählerne Kugeln, die mit Fäden an einem Metallstab befestigt waren. Der Priester lenkte die äußerste linke Kugel aus und ließ sie gegen ihre Nachbarkugel fallen. „Im Übrigen“, fuhr er fort, „sollten Sie sich überlegen, ob der Mittwoch mittelfristig ein guter Termin für ihr Yoga ist. Wissen Sie, da finden so viele andere Veranstaltungen statt: Die liturgische Nacht, der Landfrauenkreis usw. Da ist es mir unmöglich, Ihnen im Bedarfsfall einen Ersatzraum zu stellen.“
„Und was ist mit dem Dienstag?“, fragte David.
„Nun, der Dienstag“, lachte der Pfarrer, „der Dienstag ist auch schlecht.“ Sein Gesicht deutete ein gespieltes Bedauern an. „Am Dienstag haben wir die Bibel-Quellenarbeit und den Gebetskreis im Haus!“ Er setzte das Spiel mit den Kugeln von neuem in Gang. „Eigentlich sind Montag bis Freitag nicht gut! Das einzige, was ich ihnen anbieten kann, ist der Samstagmorgen!“ – „Natürlich nur, wenn das Gemeindehaus nicht anderweitig gebraucht wird!“
„Ich vermute, das Gespräch ist damit beendet!“, erwiderte David und stand von seinem Platz auf. Sein Blick fiel dabei wieder auf den Spruch aus dem Matthäusevangelium.
„So ist es!“, meinte Pfarrer Heitkamp fröhlich. „Der Herr segne sie!“, sagte er zum Abschied und hielt seinem Gast die Hand hin. Ohne die dargebotene Rechte des Priesters zu ergreifen, drückte David die Türklinke hinunter und ging zielstrebig auf den Flur hinaus - einen langen, weißen Korridor, an dessen Ende das Sonnenlicht durch die halbgeöffnete Tür schien.
Nachdem er wieder allein in seinem Büro war, nahm der Priester eine Bibel von seinem Schreibtisch und kniete sich vor ein schlichtes Kreuz, das an der Wand neben der Tür hing. In dieser Haltung, die Knie direkt auf dem steinernen Boden, senkte er seinen Kopf, blickte auf die heilige Schrift in seinen Händen und begann sein Gespräch mit Gott.
„Du weißt, ich habe es nur für dich getan“, betete er. „Nur für dich allein...“
Alte Version:
Der Pfarrer faltete seine Hände, als wolle er beten. Ja, er bedauere, dass die Nachricht so spät gekommen sei. Er trage nicht die Schuld daran. Er habe die Sekretärin damit beauftragt, rechtzeitig zu informieren. Er könne den Standpunkt der Gruppe verstehen. Natürlich sei die Angelegenheit ärgerlich.
Dann beugte der Priester seinen schweren Oberkörper nach vorn, so dass er größer und massiver aussah als zuvor. Es sei aber so gewesen, dass sie in Verhandlungen mit dem Künstler getreten seien. Der Mann habe darauf bestanden, den Tagungsraum für seine Ausstellung zu bekommen. Der Tagungsraum sei für die Exposition von Kunstwerken aufgrund seines Ambientes am besten geeignet. Das sei nun mal leider Fakt. Es sei ferner, so fuhr er fort, für die christliche Gemeinde eine einzigartige Chance, die Ausstellung zum Thema Auferstehung und ewiges Leben in ihr Gemeindehaus zu holen. Das sei ein Sujet von außerordentlicher Aktualität. So etwas werde die Yogagruppe sicher einsehen. Kurz und gut, so endete der Pfarrer, die Gruppe müsse halt mal verzichten. Bis Weihnachten sei ihr Raum belegt und er habe leider keinen Ersatz.
Während der Suada des Priesters betrachtete David dessen Büro. Eine dunkelbraune Schrankwand sah so aus, als sei sie einzementiert in diesen Raum, als könne nichts auf der Welt sie verrücken. An der Wand hing ein Bibel-Spruch: „Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht ab von dem, der deiner Hilfe bedarf.“ Matthäus, 5, 42.
„Sie werden sicher verstehen, Herr Heitkamp“, erwiderte David, „dass eine Gruppe Kontinuität braucht. Dass wir jetzt sechs Wochen lang auf den Tagungsraum verzichten müssen, erschwert uns das Leben sehr. Die Yogagruppe gibt es seit zehn Jahren. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es je Probleme mit der Gemeinde gab. Doch seit einem Jahr wird unser Raum immer wieder für andere Veranstaltungen genutzt. Ich verstehe nicht, woran das liegt. Das ist für uns ein sehr unerfreulicher Zustand.“ Er wendete seinen Kopf und blickte direkt auf die Sitzgruppe in der Ecke des Raumes. Eine barocke Couchgarnitur stand dort neben einem hölzernen Tisch, der seine räumliche Dominanz mit einem warmen Braun zu versüßen versuchte.
Pfarrer Heitkamp hatte sich auf seinem Stuhl wieder zu voller Größe aufgerichtet. Er verzog seinen Mund zu einem schiefen Grinsen. „Tempora mutantur“, sagte er, „die Zeiten ändern sich! Sehen sie, ich arbeite jetzt seit einem Jahr hier. Jeder Priester legt in seiner Gemeinde die Inhalte fest. Wenn es so eine unerhörte Chance wie diese Ausstellung gibt, dann hat das für mich einfach Vorrang vor Yoga.“
Vor Pfarrer Heitkamp auf dem Schreibtisch befanden sich sechs stählerne Kugeln, die mit Fäden an einem Metallstab befestigt waren. Der Priester lenkte die äußerste linke Kugel aus und ließ sie gegen ihre Nachbarkugel fallen. „Im Übrigen“, fuhr er fort, „sollten sie sich überlegen, ob der Mittwoch mittelfristig ein guter Termin für ihr Yoga ist. Wissen sie, da finden so viele andere Veranstaltungen statt: Die liturgische Nacht, der Landfrauenkreis usw. Da ist es mir unmöglich, ihnen im Bedarfsfall einen Ersatzraum zu stellen.“
„Und was ist mit dem Dienstag?“, fragte David.
„Nun, der Dienstag“, lachte der Pfarrer, „der Dienstag ist auch schlecht.“ Sein Gesicht deutete ein gespieltes Bedauern an. „Am Dienstag haben wir die Bibel-Quellenarbeit und den Gebetskreis im Haus!“ Er setzte das Spiel mit den Kugeln von neuem in Gang. „Eigentlich sind Montag bis Freitag nicht gut! Das einzige, was ich ihnen anbieten kann, ist der Samstagmorgen!“ – „Natürlich nur, wenn das Gemeindehaus nicht anderweitig gebraucht wird!“
„Ich vermute, das Gespräch ist damit beendet!“, erwiderte David und stand von seinem Platz auf. Sein Blick fiel dabei wieder auf den Spruch aus dem Matthäusevangelium.
„So ist es!“, meinte Pfarrer Heitkamp fröhlich. „Der Herr segne sie!“, sagte er zum Abschied und hielt seinem Gast die Hand hin. Ohne die dargebotene Rechte des Priesters zu ergreifen, drückte David die Türklinke hinunter und ging zielstrebig auf den Flur hinaus - einen langen, weißen Korridor, an dessen Ende das Sonnenlicht durch die halbgeöffnete Tür schien.
Nachdem er wieder allein in seinem Büro war, nahm der Priester eine Bibel von seinem Schreibtisch und kniete sich vor ein schlichtes Kreuz, das an der Wand neben der Tür hing. In dieser Haltung, die Knie direkt auf dem steinernen Boden, senkte er seinen Kopf, blickte auf die heilige Schrift in seinen Händen und begann sein Gespräch mit Gott.
„Du weißt, ich habe es nur für dich getan“, betete er. „Nur für dich allein...“