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Nacht über Čachtice

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06.02.2001
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Nacht über Čachtice

Nacht über Čachtice

Allmählich schleppte sich der Sonnenuntergang über die nebelverkrusteten Berge und zog sein rotes Gewand hinter sich her. Stille kehrte ein. Báthory ging zum Fenster und sah hinaus. Im Burghof stand Kata neben dem Holzwagen. Sie hievte die ausgepumpten Leichen mühevoll auf das knarrende Holz. Als sie die Gräfin sah, winkte sie. Báthory lächelte und winkte zurück. Johannes kam über den Hof gelaufen, um ihr zu helfen. Sie unterhielten sich kurz, Kata lachte hysterisch und dann machten sie sich gemeinsam an die Arbeit. Der Wagen füllte sich. Die Pferde wieherten, Johannes beruhigte sie. Báthory wandte sich ab, trat vor den Spiegel und machte sich für die Nacht zurecht.

Die Burg Čachtice thronte wie ein riesiger Felsvorsprung in der Dunkelheit über den Tälern. Ihre Steinmauern schienen zu ächzen, wenn der Wind übers Land streifte. Die Turmspitze versank in der Schwärze der hereinbrechenden Nacht. Báthory genoss die Stille in den Räumen. Außer ihr und ihren Dienern befand sich keiner mehr in den Mauern. Nur Georg. Das Feuer im Steinkamin loderte. Sie genoss das Geräusch, wenn Funken aufstoben, das Knistern des Holzes, die Farben des Feuers. All das zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen. Jetzt konzentrierte sie sich ganz auf die Nacht und das, was sie mit sich brachte. Ihre Wangen röteten sich leicht.
Johannes betrat den Saal. Er nickte ihr zu. Sie nickte zurück. Dann schloss er die großen knarrenden Türen hinter sich. Das Geräusch verhallte nur schleppend, langsam, durchschnitt für kurze Zeit das Schweigen in den Räumen.
Báthory trat zum Fenster, wartete, bis die Zeit reif war. Dann ging sie in den Slowakensaal.

Johannes hatte bereits auf sie gewartet. Er wirkte müde, grüßte sie. Báthory sah sich um. Die junge Slowakin, ein Bauernmädchen, stand in dem engen Holzkäfig, genau so, wie Báthory es verlassen hatte. Das nackte Mädchen war in einem Dämmerzustand, bemerkte die Schritte nicht, die auf sie zu kamen. Im Slowakensaal hallten Geräusche nicht von den Wänden, sie schrieen; ihre Schreie flüsterten über das Talmeer, über dem Čachtice thronte. Es gab keine Wärme. Die Kälte des Raumes ernährte sich vom Zittern der jungen Frauen, die er beherbergte. Die Gräfin wies Johannes an, den Käfig zu öffnen. Das Mädchen fiel ihm in die Arme. Für einen Moment konnte man nur seinen schnellen Atem hören. Dann fing es an zu wimmern. Báthory zögerte einen Moment. Sie sog das Geräusch des Jammerns regelrecht auf, ehe sie der Slowakin über die Haare strich. Sie hatte dickes, welliges Haar, das seinen Glanz trotz allem nicht verloren hatte. Die Gräfin fragte das Mädchen nach seinem Namen. Helene. Helene sah zu ihr auf. Sie war zu schwach, um Panik zu haben. Zu schwach um zu schreien. Ihr Gesicht hatte nichts Verletzliches, Hoffnungsvolles mehr. Es war ausdruckslos und matt. Aber in ihren Augen fand Báthory das Leben, das ihr Körper nicht mehr ausstrahlen konnte; hier badeten ihre Pupillen in Panik. Auf ihrer Schulter klebten blutverkrustete Bisswunden. Die Gräfin wies Johannes an, sie auf den ovalen Tisch inmitten des Slowakensaals zu legen. Helene wehrte sich nicht.

Georg, der Mann der Gräfin, hatte sie in seine Foltermethoden eingeweiht. Das war kurz vor seinem Tod gewesen. Die Foltermethoden hatte er in den Feldzügen gegen die Türken erlernt und bei den türkischen Gefangenen angewendet. Um sich nicht schmutzig zu machen, trug er immer schwarze Handschuhe, die Handschuhe seines verstorbenen Vaters. Die Kunst bestand darin, auf die Augen der Opfer zu achten, sich sachte, langsam vorzutasten, nichts zu überstürzen.
Báthory holte das Nadelkissen mit den goldenen Nadeln heraus, die sie und Georg zu ihrer Hochzeit von Mathias II. geschenkt bekommen hatten. Sie küsste die Nadelspitze. Helene lag noch immer auf dem Tisch und rührte sich nicht. Sie war zu geschwächt, um zu schreien, als Báthory ihre Finger nahm und eine Nadel unter ihre Nagelhaut grub. Sachte, langsam, nichts überstürzen. Das Mädchen wimmerte. Warmes Blut rann aus der Wunde über Báthorys Hände auf den Tisch. Die Gräfin war sich sicher, dass dieses Blut Georg locken würde. Sie schloss kurz die Augen, dann griff sie zur nächsten Nadel.

Das Geräusch von Georgs Schritten prallte gegen die kalten Schlosswände, erfüllten ganz Čachtice. Báthory beugte sich lächelnd über das Mädchen und küsste es auf die Stirn. Es war für sie Zeit, den Slowakensaal zu verlassen, sich in ihre Gemächer zurückzuziehen und ein Bad zu nehmen. Es war Zeit für Georg. Seine Hände schabten gegen die Steinwände. Sein schleppender schwerer Gang wurde immer lauter. Ihr war, als könne sie ein leises Flüstern hören. Báthory warf einen letzten Blick auf das Slowakenmädchen; es zitterte, die Blutlache tropfte vom Tisch und breitete sich auf den Steinfließen aus. Dann beeilte sie sich, den Saal zu verlassen.

Kata war gerade dabei, die Eimer in den Baderaum zu bringen. Sie stöhnte leise, als sie das Bad einließ. Dorkó, die Kammerzofe, half der Gräfin beim Entkleiden. Jetzt konnte Báthory die Schreie hören: Sie hallten durch das ganze Schloss, hallten über die Berge und vergruben sich in der Tiefe der Nacht.

Georg war 1604 in einer Schlacht von vielen gefallen. Man hatte ihn Schwarzen Ritter genannt. Man hatte ihn gefürchtet, es waren sogar Gerüchte im Umlauf gewesen, dass man ihn nicht töten könne, dass er ein Herz aus Stahl habe. All das erzählte er Báthory in seinen Briefen und ihr war es immer, als spüre sie regelrecht seinen Stolz zwischen den Zeilen. Hatte er keine Tinte, schrieb er mit dem Blut der Türken. Es sei gutes Blut, zähes Blut, auf sonderbare Art und Weise auch reines Blut, das süßlich-herb schmeckte. Báthory saugte den zarten Duft der Briefe in sich auf. Das legale Morden machte Spaß, befriedigte ihn. Er schilderte ihr, wie er danach zufrieden die schwarzen Handschuhe von seinen Fingern streifte.
Nachdem die Nachricht über seinen Tod Čachtice erreicht hatte, bereitete sie alles für seine Rückkehr vor. Sie wusste, dass er jetzt zu schwach sein würde, sich selbst zu ernähren. Sie wusste, dass sie ihm helfen konnte.
Die Wanne war voll. Kata war auf dem Weg in ihre Gemächer. Báthory tauchte den Finger in das Badeblut. Die Schreie überschlugen sich, übertönten die Sauggeräusche Georgs, gingen in ein Schluchzen über und hörten irgendwann auf. Der Hall seiner Schritte presste sich durch die Steinwände und legte sich sanft über die unbewohnte Tallandschaft.

Báthory saß am Schreibtisch ihres Schlafgemachs. Sie trommelte mit den Fingern auf den Tisch. Der Morgen dämmerte, der Nebel hatte sich über die weit entfernten Berge gelegt. Sie sah zum Fenster hinaus. Es war ihr, als flüsterten die Morgentautropfen leise im Wind. Gedankenverloren streifte sie die schwarzen Handschuhe von ihren Händen. Im Fensterglas blitzten Zähne.

 

Hallo stephy,

schon bei den Namen "Bathory" gingen bei mir irgendwelche Alarmglöckchen los. Und es entwickelte sich alles in diese Richtung. Also "Horror" oder "Grusel" tauchte da nicht auf bei mir, dazu gehört für mich, dass ich mich mit einer Person identifziere, das ist hier nicht möglich.
Die Üppigkeit der Beschreibungen erinnern an ein Märchen, die kurzen Sätzen, in denen Subjekt und Prädikat dominieren, eher an einen "modernen" Thriller, besonders karg beschrieben, was auch daher kommt, dass eine "von außen"-Perspektive gewählt wurde.
Ein Problem am Anfang sind auch die vielen Figuren, die Gräfin selbst, eine Magd, noch eine Zofe, der Hausknecht usw. Ich frage mich, warum die alle Namen brauchen, sie sind ja nicht wichtig.
Ich finde Mix der verschiedenen Erzähltechniken ein Stück weit interessant, aber so richtig passt das alles nicht zusammen. Ein Märchen, ein Schauermärchen, in dieser Kulisse braucht wahnsinnig viel Raum. Die üppigen Beschreibungen am Anfang

Allmählich schleppte sich der Sonnenuntergang über die nebelverkrusteten Berge und zog sein rotes Gewand hinter sich her.
brauchen Raum, um sich richtig zu entfalten. Ganz behutsam müssten da Figuren eingeführt werden. Die junge Slowakin, die Unterschlupf findet, der seltsame Dinge auffallen, die sich fürchtet - und dann Georg.

Ich finde, du hast für den Stoff, den du erzählen wolltest, einfach keine sehr geeignete Form gefunden.

Gruß
Quinn

 

Hallo Quinn!

Danke für Deine Kritik! Dann war das wohl ein Schuß in Ofen, ist auch nicht so tragisch, weil "Horror" seit einiger Zeit gar nicht mehr so "mein Gebiet" ist. Ich hab die Geschichte nach einem wahren Fall geschrieben, dachte, inzwischen könnte ich Recherchegeschichten besser umsetzen, hab mich aber wohl geirrt.

Trotzdem: Danke fürs Lesen!

Gruß
stephy

P.S.: Schuster, bleib bei Deinen Leisten. :D

 

hallo Stephy,

Also wenn ich ehrlich bin hat mir die Geschichte nicht gefallen. Das lag zum einen daran, dass du immer wieder neue Namen eingeführt hast, zum anderen an den sehr kurzen und irgendwie lieblos aneinander gereihten Sätzen.
Nachdem mir der Name Bathory von einer Blackmetal-Band bekannt war und ich auch von einer historischen Gestalt mit diesen Namen wusste, habe ich aus Neugierde im Wikipedia nachgesehen, denn ich wollte keine Kritik schreiben, ohne wenigstens ein bisschen Bescheid zu wissen. Beim Lesen des Artikels hatte ich den Eindruck, als hättest du dir die Geschichte aus besagtem Text zusammengesucht und dann noch ein wenig drumherum geschrieben.
Mir ist außerdem aufgefallen, dass du den Namen des schwarzen Ritters mit dem des Einsatzleiters der Stürmung des Anwesens vertauscht hast. Keine Ahnung ob das Absicht war.

Allmählich schleppte sich der Sonnenuntergang über die nebelverkrusteten Berge und zog sein rotes Gewand hinter sich her.
Das fand ich, abgesehen von dem verkrustet, sehr gelungen!

als Báthory ihre Finger nahm und eine Nadel unter ihre Nagelhaut grub.
Ich habe noch nie jemand mit einer Nadel graben gesehen. Ein schlichtes bohren oder stechen hätte eine weitaus stärkere Wirkung gehabt.

Man hatte ihn Schwarzen Ritter genannt.
Man hatte ihn den Schwarzen Ritter genannt.

Báthory tauchte den Finger in das Badeblut. Die Schreie überschlugen sich, übertönten die Sauggeräusche Georgs,
* Badeblut
Meiner Ansicht nach sagst du damit zu viel. Besser fände ich es, wenn du das etwas subtiler andeuten würdest.

* Sauggeräusche
Saugt er das Blut aus der/den Leiche/n? Da verschenkst du eine schöne Szene.

Der Hall seiner Schritte presste sich durch die Steinwände und legte sich sanft über die unbewohnte Tallandschaft.
Wenn sich etwas durch Steinwände presst, kann es nach meinem dafürhalten nicht sanft sein.
* presste
Hier gefiele mir kroch besser.

* unbewohnte Tallandschaft.
Unbewohnte Täler klingt weniger künstlich.

Báthory saß am Schreibtisch ihres Schlafgemachs. Sie trommelte mit den Fingern auf den Tisch. Der Morgen dämmerte, der Nebel hatte sich über die weit entfernten Berge gelegt. Sie sah zum Fenster hinaus. Es war ihr, als flüsterten die Morgentautropfen leise im Wind. Gedankenverloren streifte sie die schwarzen Handschuhe von ihren Händen. Im Fensterglas blitzten Zähne.
Das klingt nach einem gewaltsam in die Länge gezogenen Schluss. Solltest du besser streichen.

trotzdem schöne Grüße,
Georg

 

Tag, stephy!
Schön, mal wieder was von dir zu lesen.
Leider konnte mich diese Geschichte nicht so richtig fesseln. Die Zutaten stimmen: Eine schaurige Legende, ein guter Schreibstil ... aber es fehlt an der Würze. Du ergehst dich ein bisschen zu sehr im reinen Aufzählen von historischen Fakten und der Farbe des Blutes. Darüber vergisst du jedoch, meiner Ansicht nach, die wichtigste Regel bei Horrorstorys: Der Leser muss mitfiebern können. Das ist hier leider nicht der Fall. Gerade die "Blutgräfin" müsste beim Leser für eine Gänsehaut sorgen können - aber für mich kommt sie eher wie eine Exzentrikerin, denn wie eine Wahnsinnige rüber.
Wobei ohnehin die Frage ist, ob die Legende auch nur einen Funken Wahrheit enthält, betrachtet man sich den "Prozess", der gegen sie geführt wurde und die Umstände. Es erscheint nicht unmöglich, dass die ganze Geschichte nur erfunden wurde - hat ja schon bei den Templern und vielen anderen geklappt.
Übrigens gibt es in "Hostel 2" eine Szene, die mich sofort an diese Legende erinnerte.

Fazit: Gut geschrieben, aber die Emotionen und die Spannung bleiben auf der Strecke.

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin,

Stichwort Hostel, es liest sich ein bisschen, als hättest du den momentan populären Folter-Horror ein paar hundert Jahre in die Vergangenheit verlegt, um so den Anschein von gutem Stil zu wahren.

Au, das klang jetzt böse, war gar nicht so gemeint. In der Kürze hat mir das Ganze nämlich eigentlich recht gut gefallen, auch wenn die Geschichte fehlt und es eher eine Aneinanderreihung von Beschreibungen ist, die ich aber durchweg gelungen fand.

Wenn du es auf Realo-Horror abgesehen hattest, hättest du ruhig die schreckliche Endstation der Protagonistin mit einbauen sollen - Elizabeth Bathory, wie du natürlich weißt, wurde zur Strafe für ihre Verbrechen lebendig in ihrem Gemach eingemauert.

Grüße
JC

 
Zuletzt bearbeitet:

Nee, Proof, hab ich nicht gemacht, überhaupt nicht, nicht mal entfernt wollte ich den aktuellen Folter-Hostel-Horror in die Vergangenheit verlegen. :dozey:

Aber ich sehs ja ein; die Geschichte ist nicht gut. Ich bleib bei meinen Leisten. :D Am besten nicht mehr kommentieren, ich würd sie gern löschen (wie macht man das?).
Gruß
stephy

 

ich würd sie gern löschen (wie macht man das?).
Hütet euch, werte Dame!!!

Hi stephy.

Gut, Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, aber mir hat deine Geschichte gefallen; und zwar richtig gefallen (und das sage ich jetzt nicht, um dir irgendwie Honig um den Bart zu schmieren).
Die ganze Atmosphäre, die du schaffst, ist wahrlich bedrückend. Ich möchte hier die Szenerie im Slowakensaal hervorheben; das ist Horror pur. Allerdings musste ich auch ein wenig an Hostel denken.

Das größte Manko dieser Geschichte ist, dass sie so kurz ist. Hätte gern mehr gelesen. Ich mag so altertümliche Dinger :D

Hoffe, du lässt dich hier noch des Öfteren blicken ...

Gruß! Salem

 

Hi stephy,

Oh, die Geschichte ist und hat Klasse! Im Allgemeinen hat sie mich an Die Schreckenskammer von Ann Benson erinnert, mit dem Unterschied, dass deine Geschichte ein wenig besser ist und den Kreaturpart Georg hat. Klasse, weiter so! Geschichten aus früheren Jahrhunderten sind äußerst interessant, da gebe ich Salem recht.

LG
T2

 

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