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Nacht

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11.02.2007
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Nacht

Nacht

Der Wecker klingelte und Leon konnte gar nicht glauben, dass die Nacht bereits zu Ende war. „Warum“, fragte er sich, „erscheinen mir die Tage so lang und die Nächte so kurz? Es liegt wohl am Erlebten. In der Nacht erlebe ich nichts und am Tag… Na ja, so viel erlebe ich da auch nicht. Das Erlebte ist also in beiden Zeitabschnitten ungefähr gleich und doch empfinde ich die Nacht kürzer als den Tag. Es liegt wohl am Bewusstsein. Die Nacht erlebe ich unbewusst, denn ich schlafe ja. Den Tag erlebe ich bewusst, denn ich bin wach.“
Leon war mit seinem Leben nicht zufrieden. Er wollte nicht so recht in diese Welt passen und eigentlich versuchte er es auch nicht. Schon vor Jahren hatte er damit abgeschlossen, auf diesem Erdball noch etwas zu erreichen. Von den Menschen hatte er sich abgewendet. Seine Zukunft war in seinem Kopf nicht existent, denn für ihn gab es keine Zukunft. Nur einen Tag nach dem anderen. Und dazwischen die ihm so willkommenen Nächte. Bei den wenigen Menschen, die ihn kannten, war er als sehr hilfsbereit bekannt. Besonders die alte Dame, die er betreute, wusste seine Hilfe sehr zu schätzen. Sie war der einzige Mensch in seinem Leben, für den es sich noch zu leben lohnte. Sie war so voller Dankbarkeit und Liebe. Sie akzeptierte seine Eigenart. Sie war das wenige, was er am Tage bewusst erlebte und erleben wollte. Er wusste, dass die Tage immer weniger wurden, in denen ihm die alte Dame seine Existenz sinnvoll erscheinen ließ. An ein Ende dieser Zeit wagte er nicht zu denken.Worin dann den Sinn seines Lebens suchen? Womit sein Bewusstsein füttern?
Leon hatte eine Weile über die Länge der Nächte und Tage gegrübelt, als sein Telefon klingelte. … „Ja, ich bin dran. ......................................Ich danke Ihnen für die Auskunft ….............. Nein, mir geht es gut.“ Leon legte auf, setzte sich und starrte ins Nichts. Dann zog er sich an und verließ das Haus. Er stand neben einem jüngeren Mann. Beide wollten sie die Straße fernab der Kreuzung überqueren. Als der Mann trotz eines nahenden LKW zum Gehen ansetzte, rief Leon ein lautes „Halt“ und der Mann nickte ihm dankend zu und blieb stehen. Leon nickte freundlich zurück und lief … Geradewegs in die ewige Nacht…

 

Hallo JuilaLila,

leider kann ich deiner Kurzgeschichte nur wenig Positives abgewinnen. Die Gedanken um die Länge der Nächte und Tage erscheinen mir eher sinnlos; um mich in Leon hineinzuversetzen, fehlt mir der nötige Tiefgang.

„Warum“, fragte er sich, „erscheinen mir die Tage so lang und die Nächte so kurz? Es liegt wohl am Erlebten. In der Nacht erlebe ich nichts und am Tag… Na ja, so viel erlebe ich da auch nicht. Das Erlebte ist also in beiden Zeitabschnitten ungefähr gleich und doch empfinde ich die Nacht kürzer als den Tag.

Hier (siehe fetter Satz) kann ich nicht ganz zustimmen. Zum einen macht die Nacht in der Regel nur ein Drittel unseres Lebens aus, und selbst wenn Leon ein Langschläfer ist, erlebt er am Tag trotz seines tristen Alltags sicherlich mehr als in der Nacht.
Die Frage nach dem Warum hätte man auch simpler beantworten können. Nämlich weil man nachts schläft/träumt. ;)

Die inhaltliche Idee nach dem Sinn des Lebens mag gar nicht so schlecht sein, auch wenn sie schon unzählige Male dagewesen und ist man ganze Bücher darüber schreiben könnte.

In deiner Kurzgeschichte bleiben viele Fragen unbeanwortet, sie hätte auf alle Fälle das Potential für eine längere Geschichte mit weitaus mehr Tiefe.
Warum war Leon mit seinem Leben nicht zufrieden?
Warum wollte er nicht so recht in diese Welt hineinpassen?
Warum gab es für ihn keine Zukunft?
Warum macht er nicht mehr aus seinem Leben anstatt sich in Selbstmitleid zu vergraben?

Du könntest dem Leser zum Beispiel Informationen aus Leons Vergangenheit bieten, seine Gedanken beschreiben, seine Ängste und Empfindungen, seine Träume, die er im Leben hatte verwirklichen wollen, usw. Dann könnte ich mir Leon und sein Leben eher vorstellen und mich besser in ihn hineinfinden.

Auch reicht es nicht aus, wenn du einfach schreibst, Leon war mit seinem Leben nicht zufrieden. Der Leser sollte diese Unzufriedenheit anhand der Handlung und Personenbeschreibung, die hier gänzlich fehlt, erkennen.
Zum Beispiel indem Leon abgetragene Kleidung trägt und den ganzen Tag mit trüber Miene vor dem TV-Gerät sitzt. Dann kann der Leser das selbst erkennen, und die Geschichte hat mehr Handlung und wird anschaulicher.

Das Ende interpretiere ich so, dass Leon durch den Anruf von dem Tod der alten Dame erfährt und keinen Sinn mehr in seinem Leben sieht. Er warnt einen Blinden, damit er nicht über die Straße geht, und springt dann selbst vor einem Lkw.

Wie lange hast du an der Geschichte geschrieben? Ich denke, sie könnte locker doppelt oder dreimal so lang sein.

Tut mir Leid, dass ich dir kein positiveres Feedback zu deiner Kurzgeschichte geben kann. Ich persönlich finde konstruktive, ehrliche Kritiken aber hilfreicher als "Schönrederei". ;)
Ich hoffe, ich hab dir mit meiner Antwort weitergeholfen.

Viele Grüße,
Michael :)

 

Hallo Leon,

danke für deine Kritik. Ich finde sie sehr konstruktiv und auch sehr hilfreich. Außerdem hat es mir Ansporn und Ideen gegeben, sie weiterzuentwickeln. Habe sie auch aus diesem Grund ins Forum gestellt :D

Viele Grüße

 

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