Was ist neu

Nachtfahrt

Mitglied
Beitritt
21.11.2005
Beiträge
15
Zuletzt bearbeitet:

Nachtfahrt

Nachtfahrt
© 2006 von Stephan Pamp


Die Regentropfen fallen auf den schwarzen Asphalt und erzeugen kleine Wasserexplosionen auf der nassen Straße und meiner Windschutzscheibe. Ein flächendeckendes Regenbombardement. Irgendwie tun mir die kleinen Dinger ja schon leid. Kommen den weiten Weg aus dem Himmel, nur um auf meiner Windschutzscheibe in winzige Pfützen zu zerschellen. Und kaum raffen sie sich wieder auf und beginnen die Glasfläche herunter zulaufen, eine Spur hinterlassend, die sie irgendwann sowieso auszehren würde, werden sie brutal von dem sich träge bewegenden Scheibenwischer zur Seite geschoben. Dieses traurige Schauspiel, von Millionen von Autofahrern so unbeachtet, spielt sich heute Nacht tausende male direkt vor meinen Augen ab.
Meine Scheinwerfer erhellen ein orangefarbenes Plakat, lieblos mit Draht an einem Straßenschild befestigt. „Ü 30-Party“ Mir stockt kurz der Atem, mein Herzschlag beschleunigt sich, Panik umklammert meine Brust wie ein eisernes Band.
„Nicht mehr lange“, denke ich. „Nicht mehr lange und ich gehöre auch dazu.“
Ein Bild flackert vor meinen Augen auf, schwitzende Männer in schlecht sitzenden Jacketts, eine Wolke von billigem Rasierwasser verströmend, Frauen, die zu viel Haut zeigen, mit zu viel Make-up im Gesicht, um die Spuren der Zeit zu kaschieren, die sich in ihr Gesicht gefressen haben. Menschen, die versuchen, ihre Bewegungen hüpfend, sich wiegend oder herumalbernd dem Rhythmus der Musik aus den 80ern anzupassen. Caro und ich unter ihnen.
Ich erschauere und versuche wieder, mich auf den Weg vor mir zu konzentrieren. Immer wieder fällt mein Blick in den Rückspiegel. Nicht, dass es etwas Interessantes zu sehen gäbe. Irgendwie fasziniert mich der Anblick. Das obere rechte Viertel meines Kopfes, mein Auge ganz unten links, dahinter meine Vergangenheit, die sich schnell von mir wegbewegt. Ich denke an die unzähligen Filmszenen, die genau so ein Bild zeigen und es wundert mich nicht, dass es ein so beliebtes Motiv ist.
„Mr. Smith, wir werden verfolgt.“ Ein Ausschnitt des Akteurs ist zu sehen, so wie jetzt meiner, dahinter die Bedrohung, der es zu entkommen gilt. Genau so könnte es mir jetzt gehen. Aber hinter mir ist nichts außer der leeren Straße.
Ich stelle das Lied im Radio lauter, ein langsamer Blues. Ich würde lieber sterben als zuzugeben, dass ich gerne Blues höre. Wäre schon ziemlich uncool, das vor meinen Freunden zugeben zu müssen. Also genieße ich die seltenen Momente der Ruhe.
Gerade noch rechtzeitig bemerke ich, dass ich mich zu sehr auf das Radio konzentriert habe und fast über den Mittelstreifen gefahren wäre. Aber da war sowieso kein anderer Wagen neben mir, also auch egal.
Vor mir die erst rote Ampel, die erste, die ich sehe, seit ich losgefahren bin. An den kleineren Straßen blinken sie spät abends immer nur ein gelb. Bitte beachten sie die Vorfahrtsregeln. Nur an größeren Verkehrswegen laufen die Lichtanlagen die ganze Nacht durch. Ich komme langsam zu stehen und werfe erneut einen Blick in den Rückspiegel. Die Regentropfen werfen einen rötlichen Schatten auf mein Gesicht. Ich sehe fast so aus, als wäre ich blutüberströmt.
Vielleicht sollte ich langsam nach Hause fahren. Morgen beginnen die Vorlesungen wieder sehr früh.
Es wird grün.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Nimrod,

die Fahrt mit dir hat mir gut gefallen, auch wenn mir bei

„Nicht mehr lange“, denke ich. „Nicht mehr lange und ich gehöre auch dazu.“

ein ziemlicher Schauer über den Rücken lief, weil's mir da nämlich ähnlich wie deinem Prot geht. So gesehen hätte die Geschichte von meiner Seite auch unter Horror eingeordnet werden können. :(

Ach, drauf gepfiffen, tick tack tick tack, müssen wir alle mit klar kommen. :D Der neue Philip Roth beschäftigt sich ja mit der Unvermeidlichkeit des Sterbens. Partylektüre.

Oh, und das Leid des Regens fand ich auch sehr gekonnt geklagt!

Spätzwanziger Grüße,

Jan-Christoph

 

Hallo, Proof,

erstmal danke für seine schnelle Antwort. Da sind wir ja Leidensgenossen ;)
Freut mich, wenndir die Geschichte gefallen hat. Kurz, aber fein :D

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Nimrod,

nicht schlecht fuer den Anfang, allerdings muss aus der Reihe von teilweise gelungenen Beobachtungen, die Du dem Leser praesentierst, noch eine Geschichte werden.
Um das zu erreichen, solltest Du mit der Geschichte folgende Fragen beantworten:
Was will ich mit dieser Geschichte erzaehlen?
Was passiert in dieser Geschichte?
Du beschreibst den Nachhauseweg deines Erzaehlers und einen Ansatzpunkt an dem er zu Nachdenken beginnt. Leider brichst Du an dieser Stelle ab - es geschieht nichts Einschneidendes mit dem Erzaehler - und die Handlung plaetschert wie der Regen und wird von der naechsten Geschichte, die der Leser liest beiseitegeschoben wie die Wassertropfen vom Scheibenwischer. Es bleibt nichts haengen, weil Du die angedeutete Konfrontation vermeidest und nicht weiter entwickelst. Der Erzaehler bemerkt, dass er aelter wird, aber das scheint nicht sonders schlimm fuer ihn zu sein - wieso also erzaehlst Du dann das alles?

Das ist es, was mir abgeht. (sorry)

Gruss,

sarpenta

P.S: Guck doch noch mal hinsichtlich Rechtschreibung und Grammatik durch - sind ein paar Fluechtigkeitsfehler drin wie z.B:

Wäre schon ziemlich uncool, dass vormeine Freunden zugeben zu müssen.
sieht aus als haettest Du dort editiert, dann schnell ein schlueckchen Bier getrunken und mit dem naechsten Satz weitergemacht ohne noch einmal die Geschichte durchzulesen - sonst haettest Du das vermutlich bemerkt ;)

 

Ich weiß, dass es keine Geschichte im klassischen Sinne ist, ehereine Erzählung, ein innerer Monolog vieleicht, den man später mal in einer Rahmenhandlung einbauen könnte. Aber es ist halt genau das, was ich erzählen wollte.
Freut mich aber, dassesdir zumindest soweit gefallen hat.
Und danke für den Hinweis auf die Fehler ;)

 

Hi

nur ganz kurz: Da ist immer noch ein Fehler in der oben zitierten Passage ... :D das anstelle von dass.

servus,

sarpenta

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom