Nachts ...
Es war sehr windig. Ich zog meinen Schal fester um meinen Hals und trat in die kalte Nacht hinaus. Ich fröstelte leicht und schaute in den Himmel. Er war sternenklar. Langsam ging ich die Straße hinunter und schaute mir die Schaufenster der dunklen Geschäfte an. Es war Winter. Kurz vor Weihnachten. Die Fenster der Häuser, die Straßen, einfach alles war wunderschön geschmückt mit den kleinen Weihnachtsbäumen und den Lichtern. Ich lächelte leicht. Ich liebte diese Zeit. Und ich liebte nächtliche Spaziergänge durch die Stadt. Ich fürchtete die Dunkelheit nicht. Jeden Abend, so bald es dunkel wurde, verließ ich meine Wohnung und zog noch einmal um die Häuser.Ich war erst vor kurzem hierher gezogen. Noch nicht mal einen Monat war es her, dass ich all meine Sachen gepackt hatte. Aber es gefiel mir hier. Die Stadt war schön. Und die Leute waren nett. Ich fühlte mich vom ersten Augenblick an wohl.
Die Straße war menschenleer. Niemand war um diese Uhrzeit noch unterwegs. Ich blieb vor dem Fenster unserer Stadtzeitung stehen „Wieder eine Leiche – Der Killer schlägt erneut zu“ schrie mir die heutige Schlagzeile förmlich entgegen. Seit einiger Zeit machte ein Mörder die Gegend unsicher. Er hatte bislang vier Menschen bestialisch ermordet und war noch immer nicht gefasst worden. „Das Opfer wurde blutüberströmt gefunden“ wurde der Hauptkommissar zitiert „Wir gehen davon aus, dass es sich um einen Mann handelt, da der Täter mit brutaler Gewalt vorging“ Ich las interessiert den Artikel, als ich in durch das Spiegeln in der Scheibe hinter mir eine Bewegung wahrnahm. Ich konnte erkennen, dass auf der Straßenseite mir gegenüber jemand stand. Eigentlich war es unüblich, dass jetzt noch wer unterwegs war. Ich blieb noch einen Moment vor dem Schaufenster stehen und ging dann weiter. „Du musst dich etwas beeilen“ schoss mir durch den Kopf. Immerhin hatten sie für heute Nacht starken Wind und Sturmböen angesagt. Langsam nahm der Wind zu und blies mir immer stärker ins Gesicht.
Ich spürte dass ich beobachtet wurde. Kaum merklich drehte ich den Kopf. Der Typ war zwar immer noch auf der anderen Straßenseite doch er folgte mir. Ich ging einen Schritt schneller und ließ mir nichts anmerken, obwohl ich mittlerweile spürte wie ich eine Gänsehaut bekam, die kalt über meinen ganzen Körper kroch. Ich ballte die Fäuste in meinen Manteltaschen fest zusammen, so dass mir meine langen Fingernägel Abdrücke ins Fleisch bohrten. Was sollte ich nun tun? Wieder drehte ich den Kopf. Der Mann hatte sich mittlerweile meinem schnellen Schritt angepasst und wechselte gerade auf meine Straßenseite. „Du musst weg von hier“ hämmerte es in meinem Kopf. Meine Nackenhaare stellten sich auf und ich beschleunigte mein Tempo etwas und verließ die Einkaufsstraße. Ich wechselte die Straßenseite und ging Richtung Park. Ich brauchte mich gar nicht mehr umzudrehen, ich spürte wie sich seine Blicke in meinen Rücken bohrten, wie spitze Pfeile. Ich lief einen Schlenker und nahm eine Abkürzung; er blieb dicht hinter mir. Schnell nahm ich die nächste Kurve und fing an, in Richtung Park zu laufen, dabei drehte ich mich erneut um. Auch der Mann rannte mittlerweile.
Der Park war leer. Niemand war mehr zu sehen, selbst die Skater, die sich hier Abend für Abend trafen, waren weg. Kein Wunder, denn so langsam hatte sich der Wind in einen Sturm verwandelt, der die Äste der Bäume im Wind knarren und ächzen ließ und sie umher wirbelte als wären sie so leicht wie Federn. Ich blieb stehen und überlegte einen Moment. Was sollte ich tun? Ich rannte noch ein Stück weiter und auch dort war niemand mehr zu sehen. Da konnte ich einen Schatten aus der Dunkelheit auf mich zulaufen sehen, ich hörte seinen Atem, der laut und schnaufend war. Ich stand wie angewurzelt da und starrte ihn an. Etwa einen Meter vor mir blieb er stehen. Er war ziemlich groß und sah sehr muskulös aus. Er grinste mich böse an „Na, was machen wir denn noch so spät hier?“ fragte er sarkastisch „und dann noch so ganz allein“ fügte er fast süffisant hinzu, dabei begutachtete er mich von oben bis unten. Ich spürte wieder diesen Schauer, der mir über den Rücken lief „Ich wollte nach Hause“ entgegnete ich in ruhigem Ton. Noch immer hielt ich Ausschau nach Joggern oder anderen Personen, die noch unter-wegs sein könnten. Der Mann machte einen Satz auf mich zu „Ich glaube, ich werde dich begleiten“ flüsterte er heiser und fasste mich brutal am Arm. Ich riss mich los, doch schon packte er mich fest bei den Haaren und schlug mir mit der Faust ins Gesicht. Die Wucht seines Schlages ließ meinen Kopf nach hinten fliegen und ich stürzte zu Boden. Im ersten Moment wurde mir schwindelig und ich nahm nur das Brüllen des Sturmes wahr. Ich stöhnte leise auf und wollte mich aufsetzen, als er wieder über mir war und mich erneut schlug. Ich spürte wie er seine Hand unter meinen Pulli schob und warf ihn mit aller Kraft zurück, so dass auch er auf dem feuchten Boden landete. Überrascht darüber rappelte er sich auf und sah mich an. Ich stand ruhig auf und fasste mir mit der Hand an den Mund. Meine Finger waren blutig... Ich starrte einen Augenblick darauf und sah ihn an „Behandelt man so eine Frau?“ knurrte ich mit blutunterlaufenden Augen und grinste „Du Idiot.. du hättest mir nicht folgen sollen“ genüsslich leckte ich mir das Blut von den Fingern und ließ keinen Blick von ihm. Noch vor ein paar Minuten hatte ich Überlegenheit und Gier in seinen Augen gesehen... jetzt war es nur noch blankes Entsetzen und Ekel. Er wich ein Stück zurück. Ich warf den Kopf in den Nacken und lachte leise. Fast provozierend leckte ich über meine strahlend weißen Fangzähne, die durch das Blut länger geworden waren. Immer noch stand der Typ da und starrte mich wie hypnotisiert an. Blitzschnell machte ich einen Satz auf ihn zu und packte ihn am Arm. Meine Finger bohrten sich wie ein Schraubstock um sein rechtes Handgelenk und zogen es zu mir. Ich hielt mit der anderen Hand seinen Arm fest und krallte meine Fingernägel fest in sein Fleisch, so dass es blutete. Dann schlug meine Zähne tief in seine Adern. Ich fühlte sein warmes Blut durch meinen Körper fließen. Jetzt begriff er wohl, was geschah, denn er fing an, sich heftig zu wehren. Ich ließ von seinem Handgelenk ab und warf ihn hart zu Boden. „Was um Himmels Willen tust du da?“ rief er ungläubig. Ich grinste ihn mit blutverschmiertem Mund an, riss seinen Kopf zur Seite und leckte ihm spielerisch über die Halsschlagader. „Hast du denn nicht von dem Mörder gehört.... Du darfst dich zu seinen Opfern zählen“ flüsterte ich ihm fast zärtlich ins Ohr und versenkte meine langen Eckzähne in seinem Hals. Ein Schwall von warmem, reinem Blut schoss mir entgegen und ich seufzte entzückt auf. Ich konnte seinen Herzschlag hören.. Wie er im Einklang mit meinem schlug, wie sie sich vereinigten. Es war als würde ein Feuerwerk in meinem Kopf explodieren. Ich schob meine Hand an der anderen Seite unter seinen Kopf und zog ihn fest an meinen Mund. Zu Anfang wehrte er sich noch, ich konnte spüren wie er innerlich zusammen zuckte und versuchte sich mit jeder Faser dagegen zu stemmen, doch langsam wurde sein Körper schwächer und sein Herz fing an, langsamer zu schlagen. „Nur noch ein bisschen“ murmelte ich. „nur noch ein bisschen“ Doch ich musste aufhören. Außer Atem ließ ich von ihm ab und schaute ihn spöttisch an. Sein Blick war voller Entsetzen, so als ob er immer noch nicht glauben konnte, was hier geschah. Mit großen, ängstlichen Augen sah er mich an. Nur ein paar Sekunden später war es vorbei.
Ich stand auf und sah mich um. Noch immer war niemand zu sehen. Nur die Bäume waren meine stumme Zeugen gewesen. Während ich mir den Dreck von der Kleidung klopfte schaute ich auf mein Opfer hinab. Ich lächelte verträumt. Noch immer fühlte ich sein Blut durch meine Adern fließen und mir neue Kraft geben. Mein Herz klopfte wie wild und ich fühlte mich zufrieden und satt. Ich wischte mir den Rest Blut mit einem Taschentuch vom Mund und schlenderte langsam den Weg entlang. Leise summte ich ein Lied vor mich hin.
Ich konnte kaum noch erwarten, was die Zeitungen morgen wieder über mich schrieben.