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Natur

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14.06.2008
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Natur

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Ich sitze plötzlich senkrecht in meinem Bett. Mache keinen Mucks, bewege mich nicht. Der Baum steht einfach da, die Blätter rascheln über meinem Kopf, als würden sie schon immer dort wehen. Wenn ich mich jetzt bewege, ist alles vorbei, denn es scheint so, als würde dieser meterlange Baum dort, aus meiner Bettdecke entspringen. Er steht dort zwar ziemlich fest, ich habe aber trotzdem das Gefühl, dieses Holzungetüm könnte jeden Moment auf mich fallen und mich zerquetschen. Ok, sage ich mir, bleib ruhig, dann passiert dir nichts. Einen Moment lang glaube ich mir diese Lüge noch, doch als mir runde, kalte Schweißperlen von der Wange herab auf meine Schulter tropfen, weiß ich wieder, dass ich in höchster Gefahr schwebe. Wieso ausgerechnet ein Baum? Wieso kein Kühlschrank oder ein Bügelbrett? Ein Baum ist für mich, wie eine Ausgeburt der Hölle. Ewigkeiten ist es her, dass ich einen Fuß vor meine Junggesellenbude gesetzt habe. Bin bekennender Naturhasser. Wozu raus und einkaufen gehen, wenn es mir mein Computer erlaubt Homeshopping zu betreiben? Aber genug geschwärmt von der schönen, neuen Technikwelt. Denn jetzt habe ich andere Probleme. Mir wird kalt, fange an zu zittern und mir wird klar wieso. Dieser Baum hat tatsächlich ein riesiges Loch in mein Flachdach gerissen. „Hmm, schöner Sternenhimmel“, denke ich, doch auch der kann mich jetzt nicht trösten. Die Boulevardpresse wird sich freuen. „Mann von Baum in Wohnung erschlagen“. So könnte die morgige Schlagzeile lauten, stelle ich mir vor und muss schmunzeln. Ich wende meinen Blick von dem klaren Himmel ab, um auf meinen Wecker zu schauen, als mir plötzlich bewusst wird, dass dieser nicht mehr an seinem Platz steht. Er ist weg, genauso wie mein Nachttisch und der Boden zu meiner Rechten. Anstelle der schrecklichen Fliesen, die meine Mutter damals für mich aussuchte, ziert nun meinen Boden jetzt ein saftig, grüner Rasen. Na super! Was kommt als nächstes? Ein See in meinem Bad oder ein Alpenpanorama vor meiner Wohnungstüre? „Bäume, Wiesen, Seen“. Das klingt wie eines dieser Lieder, die meine Eltern damals auf Wanderungen immer fröhlich vor sich hin pfiffen. Wie ich sie hasste. Jeden Sonntag hieß es: „Raus in die Natur“. Wahrscheinlich ist das der Ursprung meines Grolls gegen die ganze Welt da draußen und aus dem Grund kommt die Naturgewalt jetzt in meine Wohnung, um mich zu erschlagen. Nein, ich werde kämpfen. Und zwar nicht gegen die Natur sondern gegen mich und meinen Widerwillen. Nach einem Jahr der Vereinsamung zuhause, in dem ich vielen Freunden sagte ich wäre viel unterwegs und zu beschäftigt um mich um Beziehungen zukümmern, bin ich vereinsamt und habe meine Arbeit als freier Journalist von meinem Schreibtisch aus erledigt. Doch nun habe ich einen Plan. Ich werde vor die Tür gehen, sehr bald.
Es wird langsam hell. Vögel zwitschern. Ich öffne meine Augen und gehe raus.

 

WrittenTim schrieb über seine Geschichte:

Diese sehr kurze Kurzgeschichte ist aus einer Deutscharbeit zum Thema Traumgeschichten entstanden. Viel Spaß!
Solche Kommentare bitte immer in ein Extraposting unter die Geschichte setzen. Willkommen bei uns, Tim! :)

Ich habe außerdem den Titelzusatz rauseditiert, Erstlingswerke brauchen bei uns normalerweise nicht gesondert gekennzeichnet zu werden. Und mit deiner Rubrikauswahl bin ich auch nicht wirklich glücklich, solche Geschichten passen besser nach Seltsam. Soll ich sie verschieben?

 

Hi WrittenTim und Hi Blaine,

was die Rubrik angeht, kann ich mich nur anschließen. Diese Kg hat nicht viel im Fantansy zu suchen.

Dennoch finde ich sie recht gut. Wenn sprachliche Fehler drin waren, sind sie mir nicht aufgefallen und die satzstrukturellen Anomalien interpretiere ich nun einmal als gewollt.
Auch durch den offenen Schluss, bei dem nun nicht geklärt wird, ob sich de Junge nun in einem Baum, einem Haus oder sonst wo befindet, gepaart mit dem doch sehr großräumig zu interpretierenden Plot, ist die Rubrik Seltsam besser geeignet, diese Kg aufzunehmen.
Also, ingesamt recht gut und gern gelesen, auch wenn sie kurz war.

Tar Calion

 

Hallo WrittenTim!

Dein Ich-Erzähler erinnert mich an Mönche der Spätantike, die in die Wüste gingen, um ihre Fleischeslust zu überwinden, d.h. den Sexualtrieb, den sie als sündig empfanden, in sich abzutöten. Doch solch ein mächtiger Trieb wie die Sexualität lässt sich nicht auf Dauer verdrängen, sondern sucht solch einen Einsiedler heim, wenn das Bewusstsein, mit dem er sich kontrolliert, ausgeschaltet ist, also im Schlaf, und zwar oft in Gestalt intensiver obszöner Träume, in denen das Verdrängte bedrohliche Gestalt annehmen kann.

An solche Einsiedler erinnert mich dein Held. Auch er will sich befreien, sich unabhängig machen, nicht so sehr oder nicht nur von sexuellen Bedürfnissen, sondern überhaupt von der Welt da draußen, weil diese ihn wohl enttäuscht oder gekränkt hat. Doch das Bedürfnis nach Kontakt mit Menschen, Natur, eben Welt, ist angeboren und lässt sich nicht auf Dauer verdrängen, daher solch ein Traum.

Gute Geschichte, gerne gelesen
gerthans

 

Hallo WrittenTom!

als würde dieser meterlange Baum dort, aus meiner Bettdecke entspringen. Er steht dort zwar ziemlich fest
Das zweite "dort" kannst du weglassen
Ok, sage ich mir, bleib ruhig, dann passiert dir nichts.
Wenn´s schon sein muss, dann wenigstens ausschreiben: okay
Wieso ausgerechnet ein Baum? Wieso kein Kühlschrank oder ein Bügelbrett? Ein Baum ist für mich, wie eine Ausgeburt der Hölle. Ewigkeiten ist es her, dass ich einen Fuß vor meine Junggesellenbude gesetzt habe.Bin bekennender Naturhasser.
Ab hier verschenkst du die Geschichte. Du erklärst alles, und zeigst nichts mehr. Aus einer guten Idee hast du ... nichts gemacht.
Das klingt wie eines dieser Lieder, die meine Eltern damals auf Wanderungen immer fröhlich vor sich hin pfiffen. Wie ich sie hasste. Jeden Sonntag hieß es: „Raus in die Natur“. Wahrscheinlich ist das der Ursprung meines Grolls gegen die ganze Welt da draußen und aus dem Grund kommt die Naturgewalt jetzt in meine Wohnung, um mich zu erschlagen. Nein, ich werde kämpfen. Und zwar nicht gegen die Natur sondern gegen mich und meinen Widerwillen.
Du lieferst gleich die Erklärung für das Erscheinen des Baumes und auch, was er dem Ich-Erzähler damit sagen will. Damit hast du die Geschichte endgültig getötet. Warum keine Rückschau auf so einen Wandertag mit den Eltern? Warum lenkt er so schnell ein? Viel spannender wäre doch gewesen, wenn er wirklich einen Kampf gegen die Natur in seiner Wohnung aufnimmt, und erst nach und nach erkennt, wie schön und angenehm sie ist, oder so ähnlich. So nimsmt du gleich jegliche Spannung weg, der Leser hat keine Freiräume, seine Fantasie zu entwicklen, denn du sagst ja schon alles, du erklärst alles zu Tode. Auch mit folgendem Satz:
Nach einem Jahr der Vereinsamung zuhause, in dem ich vielen Freunden sagte ich wäre viel unterwegs und zu beschäftigt um mich um Beziehungen zukümmern, bin ich vereinsamt und habe meine Arbeit als freier Journalist von meinem Schreibtisch aus erledigt.
auseinander: zu Hause, zu kümmern; Komma: sagte, ich ... beschäftigt, um ...

Es ist eine gute, aber verschenkte Idee.

Gruß
Andrea

 

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