Was ist neu

(Neu)anfang

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20.01.2006
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(Neu)anfang

Wie soll ich anfangen? Allmählich sollte ich doch darin Übung haben.
Jeder Tag ist für mich ein Neuanfang, selbst wenn er noch gar nicht begonnen hat. “Ab morgen wieder” oder “Morgen wird es besser”. Ich lebe nicht mehr im Jetzt, nicht mehr heute, erst morgen wieder...
Aber wie fange ich an?
Ich stütze mein Kinn auf mein angewinkeltes Knie, sinne nach und lege die Hände über meine Augen.
Wie soll ich nur anfangen? Wie soll ich es nur anfangen? Wie hat die ES nur angefangen?
Ich versuche mich zurück zu erinnern, grüble. Vielleicht hilft es mir dabei morgen wieder von vorne zu beginnen.
Ich blicke zurück, suche nach dem Moment, in dem alles begonnen hat, dem Moment, in dem die ES begonnen hat.
Doch alles was ich sehe ist ein ewiges Rauf und Runter, ein Geschwür aus Schwarz-Weiß-Denken, das zu einer grauen, formlosen Masse verwischt und unergründlich geworden ist. Hinter mir liegt ein langer Weg, der mich an Orte geführt hat, die dunkel, fremd und hässlich waren, kreuz und quer durch Trauer, Wut, Hass, aber auch unendliche Leidenschaft, immer wieder kehrende Katharsis, Euphorie, in eine Sucht danach, eine Sucht nach Selbstqualen, danach sich das Leben so kompliziert wie möglich zu machen, eine Sucht nach Endorphinen, nach dem Gefühl alles kontrollieren zu können, nach Erhabenheit über alles und jeden anderen.
Jedes Mal, wenn ich ganz unten war bestärkte mich die Gewissheit, dass es auch wieder ganz hoch hinauf gehen würde. Es wird wieder besser. Aber erst ab morgen.
Der Weg bis hier her war lang. Manchmal war er unbeschwerlich, doch manchmal führte er mich auch durch Schmerzen und Scham, den ich mir nie hätte vorstellen können, auch jetzt nicht, hinterher.
Manchmal da dachte ich, dass es nicht schlimmer werden könnte, manchmal dachte ich, dass ich jetzt alles hinter mir habe. Doch dann offenbarte sich mir wieder etwas Neues, bisher nie Dagewesenes, dass mich voll in Anspruch nahm
So folgte ich diesen Weg, über viele Jahre.
Ein ewiger Balanceakt zwischen zwei Extremen unterschiedlicher Art, aber hergerührt durch ein einziges Extrem.
Doch wie hat es angefangen? Wie und wann war der erste Schritt auf diesem Weg? Hab ich ihn alleine, freiwillig betreten? Habe ich gewählt?
Ja, diese Fragen müsste ich mir stellen. Doch ich habe Angst, denn diese Fragen dürfen eine, mir viel wichtigere, nicht überschatten, mich nicht von ihr ablenken:
Die Frage nach dem Ziel!
Wo endet der Weg? Wo führt er mich hin? Gibt es ein Ende? Werde ich an meinem Ziel zufrieden sein, glücklich? Und viel eher: Wie komme ich dahin?
Ich kenne die Antworten, sie waren mir von Anfang an bewusst. Doch ich weigere mich sie zu akzeptieren, bin zu stur dafür. Ich muss es nur weiter versuchen, meine Bemühungen verdoppeln, besser werden, alles geben, kontrollierter sein. Ich darf mich nicht ablenken lassen, denn nur das ist wichtig. Egal was die anderen sagen, denn die sind schwach, zu schwach das zu versuchen, was ich durchziehe.
Ich bin stark, denn aus dem Bemühen ziehe ich meine Stärke. In jeder Qual, eine Bestätigung, in jedem sorgenvollem Blick, eine Hochachtung.
Weniger von mir, ist mehr von mir. Iss weniger, ist besser! Kälte bedeutet innerliche Wärme, Schlaflosigkeit ist nur der Wille nach Konzentration. Schmerzen bedeuten Erhabenheit.
Nur ein bisschen mehr, nur ein Bissen weniger.
Askese und dann? -Ich schwebe, alles ist dumpf, alles ist fern, ich bin fern! Ich bin geflohen, bin ausgebrochen aus dieser Welt, habe meine eigene, gehe nie wieder zurück. Stille, Frieden, Ungebundenheit, dedürfnislos....
...Ab morgen. Einen kleinen Schritt näher, einen Weg finden, einen neue Nische, einen neuen Winkel, eine neue Methode, die ich noch nicht ausprobiert habe, neue Motivation.
Die Erfüllung wird kommen. Erfüllung nach dem Wunsch keinen Wahnsinn mehr zu empfinden, nichts mehr zu empfinden, schwerelos zu sein, zu schweben, der Wunsch nach Zusammhang, nach Vollkommenheit, unerschütterlich, ganz einfach nur noch ICH!!!
Ich renne und renne, jeden Tag, laufe darauf zu, atemlos, aber noch nicht schwerelos, mit geschlossenen Lidern, sehe nur schwarz, noch nicht angekommen, angekommen würde ich hindurch sehen können. Ich zittere, ich friere, ich träume, ich bin gefangen, gefesselt an etwas, dass nicht ich bin, fremd in mir, fremd in dieser Welt.
Ich muss nur noch ein kleines Stückchen weiter gehen... nur noch wenige Schritte.
Ich warte. Ich warte auf den Moment, auf den Endspurt, auf die Zielgerade, darauf, dass ich endlich ankomme.
Die innere Unruhe treibt mich voran, meistens.
Nicht ausruhen! Nein, tu es nicht! Denn jeder Neuanfang, jedes Aufstehen ist schwer. Doch ich falle, falle weiter, tiefer, ins Bodenlose.
Mein Leben: fallen, aufstehen, rückwärts, vorwärts, hoch und runter. Nicht stehen bleiben, denn das führt dich nirgends hin.
Eine Alternative? -Es gibt keine... nicht etwa weil es vorbestimmt ist, sondern weil es das Richtige ist, das einzig Richtige!
Ich atme tief durch, wie so viele Male, ich spüre mein Herz, taktlos, wie so viele Male.
Ich sehe wie es mein Blut durch meine durchscheinenden Adern pumpt.
Ich sehe Haare auf dem Badezimmerboden, seufze und binde mir die Haare erneut zusammen, dabei schlafen mir die Hände ein.
Ich sehe auf meine Hände: blau. Aber ich sehe es nicht, ich sehe nur zuviel. Wie immer.
Wie konnte es nur soweit kommen?
Wie konnte ich es nur soweit kommen lassen?
Es wurde doch endlich wieder besser. ES machte mich besser.
Jetzt ist es nicht mehr gutzumachen.
Erst morgen wieder.
Aber wie?
Wie fange ich morgen an?
Ich bin selber Schuld, dass ich morgen wieder anfangen muss.
Na ja, morgen wird es besser. Morgen kannst du neu anfangen... denn heute, ist es vorbei.
Wie kann man auch nur so blöd sein...
...und eine ganze Scheibe Brot essen?

 

Liebe Aventurina,
Der Text beschreibt eigentlich nur einen Ausschnitt meiner täglichen Gedanken mit meiner Essstörung, Dinge, die mir durch den Kopf schießen, mich beschäftigen.
Leider ist er vollkommen unstrukturiert. Das kommt allerdings nicht daher, dass ich mir nicht die Mühe gegeben habe, eine Ordnung hineinzubringen, sondern weil sich solche Gedanken für mich einfach nicht strukturieren lassen.
Daher ist er für die Meisten sicher nicht nachvollziehbar. Auch wenn du im Grunde den Sinn richtig begriffen hast.
Ich freu mich jedenfallls, dass du dir die Mühe gegeben hast, meinen Gedankenwirrwarr zu lessen.

Lg Johndi

 

hallo johndi

Ein Gedankenwirbel ist noch lange keine kg, aber dir scheint es ja darum auch gar nicht gegangen zu sein... oft liest man hier Dinge, die eher ein Psychologisch motivierter Hilferuf sind, denn etwas, was mit Literatur zu tun hat. So auch in deinem Falle.
meine Empfehlung an dich wäre folgende:
Stelle dich außerhalb deiner Gedanken und Empfindungen.
beobachte dich selbst, wie dich ein Fremder beobachten, und seine Schlüsse daraus ziehen würde.
Dann, wenn du dir selber unerträglich geworden bist, verschaffe dir die Distanz zu dir selber dadurch, dass du dich vor den Spiegel stellst,und dich selber "nachäffst"- Du wirst sehen, dass dabei ein befreiendes Grinsen herauskommen wird...
darin liegt auch der Weg für das Morgen, und auch der Weg, aus einem gedankenwirbel eine Geschichte zu machen...
Gruß
Lord

 

Nun meine Motivation diesen Text zu veröffentlichen war sicher kein Hilfeschrei und Bitten um Verständnis, ich wollte lediglich einen kleinen Einblick in die Gedankenwelt eines Menschen mit einem solchen Problem geben.
Ich habe mich bewusst nicht von "mir selbst distanziert" und mich außerhalb meines Problems gestellt, aus der Ich-Perspektive geschrieben, eben weil es für mich ansonsten zu einer Leugnung des Problems kommen würde. So setzte ich mich gezielt mit meiner Gefühlswelt auseinander.

 

Mag sein, aber dann ist es keine kg, und hat hier nix zu suchen... für Therapeutisches gibt es andere Foren, hier geht es um Literatur.
Einblicke kann man auch wie oben beschrieben Literarisch umsetzen, eine Weigerung, diesen Weg zu beschreiten bringt niemand weiter.

Lord

 

Ich finde es schade, dass du das so siehst.
Und ehrlich gesagt auch etwas unverständlich.
Für mich zeichnet sich gute Literatur dadurch aus, wieviel ein Autor von seinem Innenleben in seinen Texten wiedergibt, wieviel er von sich verrät.
Ganz nebenbei bemerkt: Meiner Meinung nach, kann Schreiben immer eine therapeutische Wirkung haben.
Ich frage mich, was für dich denn bitte Literatur ist, wenn nicht, sein Innerstes nach Außen zu kehren?
Was ist für dich mutiger, sinnvoller? - Ein Berricht über das Wetter oder ein Niederschreiben der eigenen Gedanken.
Was für einen Sinn hat bitte Kunst im allgemeinen, wenn nicht das Innere wiederzuspiegeln? Doch nicht etwas andere Menschen zu unterhalten???
Ich finde, dass die beste Darstellung meiner psychischen Störung nun einmal eine chaotische ist. Ich fordere natürlich nicht, dass das verstanden wird, aber ich bitte doch darum, dich etwas genauer zu erklären.
Nur weil, die Form der Darstellung sicher nicht eine "klassichse" ist, ist sie denn deswegen weniger literarisch? Müsste man nicht dann bei jedem Text so verfahren, der nicht einen bestimmten Schema folgt oder auch schon nicht chronologisch ist.
Was ist denn für dich bitte Literatur? Und viel eher, warum ist mein Text keine?
Versteh mich nicht falsch. Ich bilde mir nicht im geringsten ein, dass mein Text gute Literatur ist, aber ich frage mich einfach, wie du bitte zwischen Pyschologischen und Literarischen differenzieren kannst. Für mich gehört das wirklich nicht selten einfach zusammen.

Was mich weiterhin ganz einfach nur irritiert, ist die Tatsache, dass eine Empfehlung nicht zu folgen, gleichsam bedeutet ist einen Weg zu beschreiten, der niemanden etwas bringt.

Unterm Strich lässt sich aber festhalten, dass wir beide wohl recht unterschiedliche Definitionen von grundlegenden Dingen haben.
Jetzt stellt sich mir abschließend aber nur noch die Frage, wie du den Begriff "Kritik" definierst.

 
Zuletzt bearbeitet:

liebe(r) Johndi.
Natürlich liegt es mir fern, das geschriebene nicht ernstzunehmen. Ein Psychisches Problem schon gar nicht, die nehme ich auch beruflich sehr ernst...
AAAAber:
Was ich meinte ist:
Die bloße Schilderung eines (deines) Ureigenen Problems ist als GESCHICHTE nur dann etwas wert, zumindest in meinen Augen, wenn du eine HANDLUNG damit verknüpfst, die Geschichte einen ANFANG, einen MITTELTEIL, einen Protagonisten, einen Antagonisten(eventuell auch mehrere) und ein SCHLÜSSIGES ENDE hat.
Einer Geschichte liegt eine Erfahrung zugrunde, und eine GUTE Geschichte macht diese Erfahrung auch für jene erfahrbar, die diese Erfahrung selber nicht gemacht haben, oder machen mussten...
In deinem Falle glaube ich halt nun mal, dass du dir einen ZUSTAND von der Seele schreiben wolltest, wogegen auch nichts zu sagen ist, solange du es für dich, oder deinen Psychologischen Helfer machst, denn der braucht es pur... hier aber ist der ANSPRUCH auf veröffentlichtes einfach ein anderer, nämlich der, dass das ganze Literarischen Gesetzmäßigkeiten und Regeln folgt, und dass derjenige, der hier postet, diese Regeln wie alle anderen zu befolgen bereit ist... sonst funzt das ganze net... verstehst du, was ich meine?
Nimms mir also bitte nicht übel...
Falls du Klärung/Hilfe zum beschriebenen Problem willst, schreib mir ne PM.
Gruß:
Lord
PS:Kritik ist, dass ich dir ohne Verletzungsabsicht sage, was mir gefällt, oder nicht, dass ich u.a. Stil; Satzbau, Zeiten und Inhalt unter die Lupe(meine) nehme, so wie es jeder hier tut... Denn nur daraus lernt man etwas für seine Schreibe, denn darum sind die meisten hier... zum Lernen, wie man es besser macht.

 

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