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04.10.2022
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Leise erhebt sich das alte Haus aus dem Wald. Es liegt am Ende des Tals und kann nur auf der Hauptstraße erreicht werden, die zuvor durch den kleinen Ort führt. Es ist eine dieser Straßen, die in größeren Städten lediglich als Seitenstraße durchgehen würde. Man sieht die Spitze des Gebäudes bereits wenn man am gusseisernen Eingangstor auf Einlass wartet, es liegt etwas höher am Berg, doch um dorthin zu kommen muss man dem Weg folgen. Die Türen schwingen auf. Der Wald verschluckt einen und es ist auf einmal so still, dass man das Schließen des Tores kaum hört, fast so, als wollte es nicht, dass man sich noch einmal umdreht. Es gibt jetzt nur noch eine Richtung. Geradeaus. Den schmalen, geteerten Weg entlang, der sich eng durch die dunklen Bäume schlängelt. Auf dem Boden liegen alte Tannennadeln. Niemand räumt sie weg. Die Sonne dringt nicht mehr durch das Blätterdach und weder links noch rechts kann man hinter die zweite Baumreihe sehen. Es ist zu dunkel. Keine Vögel singen und kein Wind bewegt die Äste. Man wandelt durchs Nichts, nicht langsam, nicht schnell, aber immer weiter geradeaus. Es gibt keinen anderen Weg. Das Tor am Anfang der Straße ist zu.
Es dauert eine Weile, dann erscheint am Ende des Weges Licht. Noch eine Kuppe, dann berühren die Sonnenstrahlen wieder den Boden. Aber das Nichts bleibt. Es ist fast genauso still wie im Wald, nur etwas heller. Aber die Helligkeit trügt. Die Sonne ist hier nicht warm, die Strahlen dringen nicht bis zur Haut. Der Weg führt geradeaus, links und rechts Wiese, aber keine Blumen. In der Ferne, am Ende der Straße steht das Haus. Es wirkt klein, aber es ist weit weg. Auch hier trügt der Schein. Die Wiese ist grün, aber das Grün leuchtet nicht. Der Rasen wird nicht gemäht, trotzdem ist das Gras kurz. Es hat keine Kraft um zu wachsen, es wirkt aus gezehrt und grau. Ein lichter Eichenwald löst die Wiese ab. Die Bäume sind riesig. Viel größer als die im anfänglichen Wald. Die Eichen haben breite Stämme und ausladende Äste. Sie tragen Blätter, die gerade welk werden. Doch es ist nicht Herbst. Die Blätter werden niemals grün. Geradeaus wächst das Haus. Je näher man kommt, desto böser wird es. Es wächst sprunghaft, es pulsiert. Doch noch immer ist der Weg lang. Man hat das Gefühl, niemals anzukommen, gefangen auf einer Linie, die nur in eine Richtung führt, aber letztlich doch nicht zum Ziel. Die Eichen lehnen sich über den Weg. Sie werfen Schatten in ungeordneten Mustern und Abständen. Wenn man es nicht besser weiß, könnte die Allee idyllisch wirken. Man hat alles getan, um das Wahre zu verstecken. Wenn man von oben auf die Landschaft schaut, auf das Haus und auf die Bäume, sieht man ein schönes Ziel für einen Sonntagsausflug. Eine riesige Villa mit Blumenkästen und Parkanlage. Aber wenn man in die Atmosphäre eindringt, wenn man das Nichts spürt, die Stille hört und die Kälte der Strahlen fühlt, dann wird deutlich, warum hier keine Menschen sind. Und plötzlich endet der Weg. Man merkt gar nicht, wie schnell man ankommt. Es ist, als ob es einen zu sich zieht. Sobald man nah genug ist, kann man sich nicht mehr lösen und dann geht alles ganz schnell. Das alte Haus ragt in den Himmel. Das einzige, was seine Höhe übertrumpft, ist die Felswand, die sich direkt hinter ihm erhebt. Ein runder Zaun mit offenem Tor begrenzt das Gelände. Sobald man die Schwelle übertritt, ist man angekommen. Der Kies ist weiß, die Steine des Hauswand sind weiß und die Blumen, die die Fenster zieren, sind weiß. Und trotzdem ist es dunkel hier. Die Fensterläden sind geöffnet und leise Musik dringt heraus. Die Stufen zur Eingangstür sind sauber, sie wurden gekehrt und von altem Laub befreit. Ein Flügel der großen, dunklen Holztür steht offen. Dahinter ist es dunkel. Die Säulen, die das Vordach über den Stufen und der Haustür tragen, werden von Rosen umschlungen. Die Rosen sind von einer intensiven, roten Farbe. Es ist die einzige echte, die es hier gibt. Jetzt ist es nicht mehr weit. Fünf Stufen führen zur Tür und die Tür führt hinein. Die Musik wird lauter. Es ist ein altes Lied und es passt nicht hier her. Die Lobby wirkt zu groß. Es ist, als ob man ein viel größeres Haus betreten hätte, als von außen sichtbar. Alles ist sauber und aufgeräumt und die Maskerade bleibt bestehen. Der lange Tresen aus Eichenholz wird von gedämmten Tischlampen beschienen und die Klingel schimmert dumpf. Rechts vom Tresen steht ein Kofferwagen. Ein weiter Flur führt nach hinten ins Innere des Hauses. Hier drinnen ist es einfacher, das Fehlen aller Normalität zu verstecken. Es ist still, aber die Stille ist nicht so leicht zu hören wie draußen. Die Musik trägt dazu bei. Auch hier ist vieles rot. Der Teppich ist rot, der Boden des Gepäckwagens ist rot und das Sofa im Wartebereich ist rot. Der Flur führt vorbei an einer Fensterfront, hinter der sich der Speisesaal befindet. Dort riecht es nicht nach Essen, es riecht auch sonst nach nichts. Trotzdem sind die Tische gedeckt und der Saal ist hell erleuchtet, als ob gleich die ersten Gäste herein kommen. Der Flur führt weiter nach Innen, vorbei an den Bildern an der Wand, auf denen Bäume und Blumen zu sehen sind, die genauso fahl sind wie die Natur draußen. Die Leuchter links und rechts erzeugen ein Licht, das versucht, warm zu wirken. Aber es ist zu wenig. Hier wird es nicht warm. Dann kommt die Treppe. Eine führt nach oben, die andere hinunter. Der rote Teppich liegt auch hier.
Hoch oder runter? Es muss weiter gehen. Es ist nicht mehr weit, aber der Weg endet hier nicht. Die Tür ist zu. Wer hat sie geschlossen? Zurückgehen ist keine Option. Die Luft wird stickig und das Haus wacht auf. Plötzlich endet die Musik. Schritte kommen die Treppe herunter. Langsam und ohne Eile. Dann wohl den Weg nach unten wählen. Die Treppe windet sich in die Tiefe. Es ist schwierig zu sagen, wie viele Stufen sie hat. Die Schritte sind verstummt. Trotzdem muss es weiter gehen, weiter geradeaus, runter bis ans Ende. Mit jeder Stufe wird das schwummrige Licht noch dunkler. Dann stoppen die Stufen abrupt. Eine dicke Brandschutztür versperrt den Weg. Verschlossen. War das der falsche Weg? Wo geht es weiter? Die Schritte erklingen von Neuem. Sie sind langsam, fast andächtig. Sie werden mit jeder Stufe gleichmäßiger und lauter und schlagen den Rhythmus des Endes. Die Musik wird oben wieder eingeschaltet. Das Licht wird heller, immer heller. Die Schritte müssen jetzt fast auf dem untersten Treppenabsatz angekommen sein. Jetzt passt die Musik. Sie passt zu den Schritten und die Schritte passen zum Haus. Jemand kommt hinter der letzten Biegung der Treppe hervor. Es ist eine Frau. Sie ist schön und sie hat blonde Haare, so blond wie die dunkle Sonne vor der Tür. Sie geht gewissenhaft und öffnet lautlos die schwere Tür. Noch einmal dreht sie sich um und wartet. Sie schaut die Stufen hinauf, lauscht, aber außer der Musik hört sie nichts. Ein seeliges Lächeln legt sich über ihr Gesicht. Sie wendet sich der Dunkelheit hinter der Tür zu. Sie passiert die Schwelle und verschwindet langsam. Ihr Umriss verschwimmt in der Dunkelheit. Die Tür fällt mit einem dumpfen Geräusch zu und verbirgt, was sich dahinter befindet. Denn das Haus wird sein Geheimnis behüten.

 

Moin @faraway173,

normalerweise bedanke ich mich an dieser Stelle immer für das teilen der jeweils neuen Geschichte. In deinem Fall mache ich das (noch) nicht, denn der Text, den Du uns präsentierst, ist für mich (noch) keine Kurzgeschichte.

Es ist die absurde, oft widersprüchliche Beschreibung eines Weges, hin zu einem Haus und dann in das Haus hinein. Mehr nicht. Innerhalb dieser Beschreibung schaffst Du teilweise redundante Bilder, die mir nur schwer Zugang zu den von Dir geschilderten Dingen ermöglichen, da Du sie mir als fertige Gegebenheit, manchmal mit sehr seltsamer Wortwahl präsentierst.

Die Sonne dringt nicht mehr durch das Blätterdach und weder links noch rechts kann man hinter die zweite Baumreihe sehen. Es ist zu dunkel.
Beispiel für Redundanz. Den letzten Satz kannst Du mMn streichen.

Die Wiese ist grün, aber das Grün leuchtet nicht. Der Rasen wird nicht gemäht, trotzdem ist das Gras kurz. Es hat keine Kraft um zu wachsen, es wirkt aus gezehrt und grau.
Beispiel für Widerspruch: Ist die Wiese nun grün oder grau? Und ein kleiner Tippfehler: ausgezehrt


Je näher man kommt, desto böser wird es. Es wächst sprunghaft, es pulsiert.
Beispiel für seltsame Wortwahl: Das Haus pulsiert...?

Es ist ein altes Lied und es passt nicht hier her.
Beispiel für Gegebenheit: Ich muss das als Leser so akzeptieren, dass die Musik hier nicht her passt. Warum nicht, frage ich mich? Was für eine Musik ist das?

Du hast diesen Weg und das Haus bestimmt sehr gut vor Augen, das merkt man beim Lesen. Schreib doch eine Geschichte darüber, wie ein oder mehrere Charaktere diesen Weg zum Haus wagen. Warum sind sie dorthin unterwegs, wie nehmen sie die merkwürdige und bestimmt unheilvolle Atmosphäre zum Haus hin und später dann im Haus wahr? Lass sie auf die Frau am Ende treffen und dann passiert folgendes, nämlich ...?

Du merkst schon, ich finde es steckt Potenzial in deiner Idee, doch die reine Ortsbeschreibung, so wie Du sie hier verfasst hast, macht (für mich) noch keine Geschichte.

Ich hoffe Du kannst mit meinem subjektiven Eindruck etwas anfangen,
beste Grüße und willkommen bei den Wortkriegern
Seth

 

Hi @faraway173 .

ich kann Seth nur zustimmen: der Weg zum Haus ließt sich widersprüchlich.
Man verliert schon nach den ersten Metern die Orientierung, weil sich die Größenverhältnisse ändern (=das Haus erhebt sich aus dem Wald, es ist klein, es ist groß, es ist ganz weit weg, es ist eine riesige Villa, es gibt ein lichtes Tal davor, dann kommt ein mächtiger Eichenwald und trotzdem kann ich es die ganze Zeit sehen…). Das irritiert und führt dazu, dass man nicht mehr weiß, wo man sich eigentlich gerade befindet.

Außerdem ist mir aufgefallen, dass du viel mit negativen Formulierungen arbeitest:

Die Sonne dringt nicht mehr durch das Blätterdach und weder links noch rechts kann man hinter die zweite Baumreihe sehen. Es ist zu dunkel. Keine Vögel singen und kein Wind bewegt die Äste. Man wandelt durchs Nichts, nicht langsam, nicht schnell, aber immer weiter geradeaus. Es gibt keinen anderen Weg. Das Tor am Anfang der Straße ist zu.
„nicht“, „kein“, „weder, noch“
Das ist schon ein bisschen mit dem Holzhammer: du gibst dem Leser recht strikt vor, was er alles aus seiner Phantasie streichen muss. Andererseits gibts du ihm aber nur wenig Nährboden, um etwas anderes wachsen zu lassen.

Ich glaube, deine Geschichte würde sehr viel lebendiger, wenn du den Leser mehr entdecken lassen würdest: wie riecht denn der Wald, durch den er läuft? Ist der Boden weich unter den Füßen? Ist es kühl und feucht?
Mit solchen Beschreibungen kannst du ein Bild erzeugen, ohne explizit sagen zu müssen, dass es zb ein dunkler Nadelwald ist. Der Leser kriegt das aus seinem Erfahrungsschatz selbst hergeleitet und wird automatisch auf Entdeckungsreise gehen und mehr über diesen seltsamen Ort herausfinden wollen. Insbesondere, wenn dann kleine Unstimmigkeiten auftreten: warum ist es hier eigentlich so leise?


Was es mit dem Haus auf sich hat, habe ich nicht verstanden. Da fehlt mir die Pointe und auch der Bogen zum Beginn der Geschichte.


Ich würde mich freuen, wenn wir hier eine überarbeitete Version der Geschichte zu lesen bekommen würden!

 

@Seth Gecko und @Zara_ ,
Vielen Dank für euer detailliertes Feedback! Ich verstehe, was ihr mit euren Kommentaren meint und wenn ich damit im Hinterkopf jetzt noch einmal über den Text lese, dann werden mir diese Punkte deutlich. Der Gedanken, den Leser mehr entdecken zu lassen gefällt mir sehr gut, ich kann mir vorstellen, wie man auf sich auf diese Weise stärker in eine Geschichte hineinversetzen kann. Ich werde den Text überarbeiten und würde mich freuen, wenn ihr nochmal Lust und Zeit habt über die neue Version zu schauen.
Liebe Grüße

 

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