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Nichts passiert.

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23.10.2004
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Nichts passiert.

Es sind knapp sechshundert Meter bis nach Hause. Sie geht zu Fuß und beschleunigt nicht. Hinter ihr sind keine Schritte zu hören, auch kein schnelles Atmen. Ihre Absätze machen keinen Lärm auf dem Asphalt, denn sie trägt Turnschuhe.

Sie schaut sich auch nicht immer wieder hektisch um. Sie erwartet nicht jede Sekunde eine schwere Hand auf ihrer Schulter. In dem Gebüsch rechts von ihr sieht sie nicht das potentielle Versteck eines lauernden Angreifers.
Ihr Herz rast nicht, ihr ist weder übermäßig warm noch kalt. Sie hält den Haustürschlüssel nicht fest umklammert.
Sie wird nicht gepackt, in die dunkle Ecke hinter der Metzgerei gezogen und dort gegen die Wand des Schlachthauses gepresst. Sie wird nicht unsanft entblößt und durch eine fleischige Hand auf ihrem Mund am Schreien gehindert.
Niemand drängt ihre Beine auseinander und sprengt ihre Existenz in tausend Stücke. Niemand pumpt seine Gier in sie hinein. Niemand schlägt und würgt sie und niemand bohrt sein verschwitztes Gesicht in das weiche Fleisch ihrer Brüste.
Niemand lässt schwer atmend von ihr ab. Niemand schlägt ihren Kopf gegen die Wand aus Waschbeton. Niemand schließt seine Hose und verlässt den Hinterhof.

Sie liegt nicht nackt auf dem kalten Asphalt. Es gibt keine Blutspur an der Wand aus Waschbeton. In und auf ihrem Körper befinden sich nicht die Flüssigkeiten eines anderen. Sie wurde nicht gedemütigt. Sie ist nicht eine von vielen.

 

Hallo Piratin

Die Idee die Verleugnung von solchen Taten auf diese Weise darzustellen, fand ich äußerst interessant. Bei der Umsetzung hab ich allerdings ein paar Probleme gehabt. Ich habe das Gefühl, dass durch die Verwendung von Klischees, die du einfach in verneinter Form hintereinander stellst das Thema ein Stück weit bagatellisiert wird...Kann auch nur mir so gegangen sein, keine Ahnung...Die Steigerung der einzelnen Elemente gefällt mir aber wieder.
Liebe Grüße
Kücken

 

Hallo Piratin!

Eine kurze Geschichte, dir auf etwas Wichtiges aufmerksam macht. Länger dürfte sie auch nicht sein. Denn nach kurzer Zeit fragt man sich, was du einem mit den vielen "nicht"s sagen willst. In diesem Absatz können ein paar davon gegen eine paar "keins" o.ä. eingetauscht werden, oder?

Sie schaut sich auch nicht immer wieder hektisch um. Sie erwartet nicht jede Sekunde eine schwere Hand auf ihrer Schulter. In dem Gebüsch rechts von ihr sieht sie nicht das potentielle Versteck eines lauernden Angreifers.
Ihr Herz rast nicht, ihr ist weder übermäßig warm noch kalt. Sie hält den Haustürschlüssel nicht fest umklammert.
Sie wird nicht gepackt, in die dunkle Ecke hinter der Metzgerei gezogen und dort gegen die Wand des Schlachthauses gepresst. Sie wird nicht unsanft entblößt und durch eine fleischige Hand auf ihrem Mund am Schreien gehindert.

Ok. Das waren 7 "nicht". Ich glaube drei oder vie hintereinander reichen, ob deutlich zu machrn, was du meinst. Wenn du die Verneinung - wie ich mal denke - aufrechterhalten willst, dann setz ein paar Synonyme ein oder so.

Die Vergewaltigung hast du grauenhaft gut beschrieben. Da schauderte es mir. Hier findest du einen guten sprachlichen Höhepunkt. und man denkt auch noch nach dem Lesen daran zurück. Deshalb finde ich, dass du das Thema gut behandelst. Es bleibt jedenfalls hängen.

LG Fee

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin!

Danke euch beiden für's Lesen und Kommentieren.

@Kücken: Das sogenannte Bagatellisieren, wie du es nennst ;), habe ich eigentlich bewusst so gestaltet. Denn genau das sollte dieses Thema ja nicht sein - eine Bagatelle. Und durch die permanente Verneinung und die etwas klischeehafte Darstellung des Vorgangs möchte ich eben aufzeigen, wie das Thema immer noch in der Öffentlichkeit behandelt wird: nämlich entweder gar nicht oder es wird viel zu schnell abgetan. An wirklicher Prävention arbeitet niemand. Bestenfalls wird mal nach dem Warum gefragt. Aber ändern tut sich nichts.

@Anna-Fee: Die vielen "Nichts" habe ich bewusst so gewählt und nicht durch Synonyme ersetzt. Ich wollte damit ein gewisses Schema sehr platt rüberbringen. Da sollte es keine sprachlichen Variationen geben, die das Lesen angenehmer machen.

Die Vergewaltigung hast du grauenhaft gut beschrieben. Da schauderte es mir. Hier findest du einen guten sprachlichen Höhepunkt. und man denkt auch noch nach dem Lesen daran zurück. Deshalb finde ich, dass du das Thema gut behandelst. Es bleibt jedenfalls hängen.

Habt Dank, das freut mich.

Also! Merci again and au revoir! Frau Piratin

 

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