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Nie wieder Ski fahren!

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20.11.2005
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Nie wieder Ski fahren!

Hier werde ich einmal von einer der schrecklichsten Wochen meines Lebens berichten. Es war eine Woche bewerteter Skikurs in Oberösterreich. Nach einer wahren Begebenheit:

Ende Januar war es soweit. Ich musste die Suppe auslöffeln, die ich mir durch eine unausgereifte Entscheidung eingebrockt hatte. Kurzfristig überlegte ich mir, mich noch krankschreiben zu lassen oder mir wenigstens mit einem Hammer die Kniescheibe zu zertrümmern, aber dann hätte ich aufgrund der Nicht-Teilnahme mein Abi wohl frühestens mit 22. Darauf hatte ich noch weniger Bock.

Also packte ich meinen Krempel zusammen und freute mich in etwa so wie ein Soldat der seinen Marschbefehl nach Afghanistan bekommt. Das konnte ja heiter werden!

Am Abfahrtsort eingetroffen wuchs meine Freude umso mehr, als ich bemerkte, dass da sehr viele Koffer mit ihren Besitzern in einer riesigen Schlange aufs verladen warteten. Die Freude erreichte ihren Höhepunkt als ich meine Zehen nicht mehr spürte, leider war ich da aber immer noch nicht dran. Währenddessen grinsten uns unsere Reisegefährten aus Ostdeutschland hämisch aus der zweiten Etage des Busses zu. Diese arrogante Bande! Denen würden wir es noch zeigen!
Doch als meine Siebensachen dann endlich verladen waren, nahm ich naiverweise an, es könne nicht schlimmer kommen. Das konnte es aber doch. Ich teilte die zugegebenermaßen exzellente erste Sitzreihe mit dem größten Laberkopp und Maulhelden der ganzen Schule. Ich freute mich auf Minimum zwölf Stunden Theorieausbildung im Faustkampf mit Polizisten.

Die erste Rast war toll: Der Busfahrer teilte uns beim Aussteigen in betont freundlichen und leisen Worten mit, was er von unserer Aussage, dass das Gaspedal rechts wäre, hielt. Nachdem er uns dann zuende angepault hatte zogen wir schnell ein paar Fluppen durch und pissten hinter einen polnischen Sattelschlepper. Dann mussten wir auch schon weiter.
Die Fahrt verlief zum Glück ziemlich ruhig, so dass man direkt hätte schlafen können, wäre der Bus nicht mit einem 500PS-Motor ausgestattet gewesen, der denn Rennstreckensound auch bis in die hinterste Sitzreihe transportierte.
Auch die Schalensitze, die die Betreiberfirma vermutlich aus einem Tuningkatalog geordert hatte, ließen eine einschläfernde Wirkung nicht aufkommen.
Schade, aber was solls? Nach der Busfahrt sollten wir schließlich nur acht Stunden Skifahren. Ja und?

In dieses Vergnügen kamen wir dann nach knappen zehn Stunden Fahrt in Österreich ankamen. Die Landschaft war in erster Linie nun ja...schneebedeckt und unsere Unterkunft, ein drittklassiger Schuppen lag mitten im Nirgendwo. Wenigstens hört dich hier keiner schreien.
Also die Klamotten ins Zimmer gebracht, schnell noch zehn Minuten versucht zu schlafen und dann mussten wir uns auch schon in die unglaublich klobigen Skianzüge reinhäkeln, um uns im "Speisesaal" zu versammeln. Die Aufseher, ähh, Lehrkräfte stopften unsere übermüdeten Hirne mit lauter wichtigen Informationen voll, die ich allerdings nicht wirklich mitbekam, weil ich mir vor geistigem Auge ausmalte wie ich in blutigen Einzelteilen von der Bergwacht abtransportiert werden würde.

Dazu mußten wir aber erst in den nächsten Ort zum Skiverleih fahren. Dieser befand sich im Parterre eines Skigeschäfts, zu dem nur eine zirka dreißig Zentimeter breite Treppe mit ungefähr neunzig Grad Gefälle führte. Doch weil ich ja nicht von übervorgestern bin, sprintete ich als allererster in die düsteren Katakomben. Diese vorausschauende Tat ermöglichte es mir, als erster wieder in einer idiotischen Kluft die Treppe ans Tageslicht emporzusteigen, vorbei an den Deppen die nicht schnell genug geschaltet hatten. Ich spürte die neidischen Blicke, was mir wieder ein wenig Hoffnung gab.

Eine halbe Schachtel Zigaretten später hatten dann alle ihren Krempel beisammen und die nächste Herausforderung stand an: Da war ein alter klappriger Bus mit einer bestimmten Zahl an Sitzplätzen. Und ebenso wie auf der Titanic war es allen klar: Wer nicht schnell genug ein Rettungsboot in Form einer Legebatteriegroßen Sitzunterlage gesichert hätte, für den würde es unangenehm werden.
Da ich aber in Notsituationen keine Freunde kenne, konnte ich mir mit ein paar gezielten Ellbogenchecks den Weg in die Zielzone freikämpfen, während der Rest der Vollidioten noch ihre Skier verlud.

Nun saß ich da. In einem uralten Bus mit meinem Jahrgang und einer Horde Zonis, die bei der Sitzverteilung weitaus öfter die Arschkarte gezogen hatten.
Und wir fuhren. Und fuhren. Und fuhren. Irgendwann hatte ich die Vermutung dass das Skigebiet schon wieder in Deutschland liegt. Denn hinter jeder Biegung die die abenteuerliche Bergstraße machte, kam ein neues Stück Waldweg. Es war grausam.

Und trotzdem - Irgendwann waren wir dann da. Um kurz nach elf. Ein Hügel voller Menschen. Dazu Hotels und randvolle Parkplätze. Es war wie auf dem Ameisenhaufen. Und es konnte doch noch schlimmer kommen.
Aus dem Bus raus (was in den Skischuhen doppelt Spaß machte) und wieder Schlange gebildet, die Skier ausgebreitet und minutenlang die eigenen gesucht.
Dann kam der Befehl: "Skier an, wir treffen uns da vorne!" Da vorne, damit war ein freier Fleck in etwa zweihundert Meter Entfernung gemeint. Zweihundert Meter sind keine Distanz, aber auf Skiern ist es die Hölle. Erst Recht wenn man die Dinger erst nach mehreren Versuchen überhaupt angezogen bekommt.
Tatsächlich legte ich mich auf diesem Stück nicht lang, was mich doch sehr überraschte. Dann kam die Frage, wer noch nie auf Skiern gestanden hätte. Diese Scherzbolde! Ich erhob zögernd meine Hand, welche sich leider auch als einzige erhob. Shit!
Ich war dennoch oder gerade deshalb gespannt, was man wohl mit mir Sonderling jetzt anstellen würde. Umso größer war meine Überraschung, als Oberskilehrer Ernst mir und einer Horde anderer anderweitig Talentierter befahl, Richtung Tellerlift zu fahren. Hatte der sie noch alle auf der Latte? Tellerlift? Das konnte doch nicht gutgehen!

Meine Proteste fanden jedoch wenig Gehör und dann beugte ich mich auch schon zum Kartenlesegerät runter und stand da in angstvoller Erwartung auf das tellerförmige Objekt, welches meinen haarigen Hintern Richtung Berggipfel ziehen sollte.
Zuerst ging alles gut. Ich packte mir das Ding, klemmte es mir unter den Arsch und murmelte immer wieder: "Halt bloß die Skier gerade! Dann wird dir nichts passieren!" Das ging auch ganz gut. Leider brachte mich dann die eigenen Selbstüberschätzung zu Fall. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes:

Kurz vor dem Ende der Liftloipe brüllte ich den oben wartenden Gruppenmitgliedern zu: "Unglaublich! Ich hab mich nicht hingepa...ahhhh!" In diesem euphorischen Moment verkanteten sich meine Skier und ich machte einen Satz vornüber. Geistesgegenwärtig hielt ich aber den Teller fest, sodass ich noch ein gutes Stück Bergaufwärts gezogen wurde. Bloß keine Meter verschenken!
Leider machte gerade als ich den Gipfel auf dem Bauch rutschend erklimmen wollte der Typ der den Lift bediente wohl Mittagspause und schaltete das Ding ab, weswegen ich gezwungen war, mich irgendwie an den Rand der Piste zu bewegen. Was ich nicht ahnen konnte: Dort war der Schnee nicht annähernd so fest wie auf der Liftloipe und so steckte ich plötzlich bis zu den Hüften im Tiefschnee. Scheiße!
Ich glaube die Leute wurden langsam ungeduldig, denn das anfängliche Lachen verstummte allmählich. Aber nach etwa fünf Minuten war das Lustspiel "Der Idiot im Schnee" auch schon wieder vorbei und ich stand - wenn auch ziemlich wackelig - wieder auf der Piste.

Sowas konnte mich nicht aus der Ruhe bringen. Schon eher dass, was Ernst als nächstes von mir verlangte. Ich sollte in Pflugbögen den Berg hinunterfahren. Hatte er vielleicht nicht mitbekommen, dass ich das noch nie vorher gemacht hatte? Ich erinnerte ihn noch einmal daran, doch dies hatte wohl wenig oder keine Wirkung, weshalb ich mir dachte: "So schwer kann das nicht sein!" Doch leider klaffen Theorie und Praxis des öfteren weiter auseinander als es einem lieb ist:

Nach den ersten paar schnurgeraden Metern fragte ich mich, wo das Lenkrad sein könnte. Dann fragte ich mich, wo die Bremse sein könnte. Dann fragte ich mich, wie es wohl ist, wenn man mit geschätzten hundertsechzig Stundenkilometern auf einem überfüllten Parkplatz ankommt. Da mir dieser Gedanke nicht gefiel, ich aber gleichzeitig auch nicht wusste, wie ich dies verhindern sollte, blieb mir nur eine Wahl: Die spektakuläre Notbremse mit der Nase voran. Na Gott sei dank blieben die Kreuzbänder heil.
Nach meiner kleinen Vorführung machten wir alle erst einmal Pause in einem der völlig überfüllten Selbstbedienungslokale am Rand der Piste. Ich freute mich sehr, dass ich dort für die Cola zusammen mit einem armseligen Häufchen Pommes mit Ketchup mal eben zwölf Euro los wurde, so musste ich mir wenigstens nicht den Kopf zerbrechen, was ich nach dieser herrlichen Reise mit dem übriggebliebenen Geld machen würde. Außerdem beantwortete diese Geschäftspraktik mir die Frage warum Österreich ein derart hohes Bruttosozialprodukt hat, gemessen an der Tatsache, dass die außer Skipisten und Wien dort nichts aufregendes haben.

Nachdem ich die Delikatessen verzehrt hatte (dafür wurden mir von den hinter einer Reihe Weizenbiergläser sitzenden Lehrern sagenhafte zehn Minuten eingeräumt) musste ich schon wieder zurück und noch mindestens drei Stunden alpines Grauen überstehen. Ich fühlte mich erbärmlich. Langsam wurde mir bewusst was ich mir da angetan hatte.
Gegen vier Uhr dann hatte ich mehr Zigaretten geraucht als Meter auf der Piste zurückgelegt und war heilfroh mir durch Cleverness einen Platz im Bus gesichert zu haben, anderenfalls wäre ich wohl zusammengeklappt wie ein Kartenhaus.
Das nächste Problem nach einer Stunde Fahrt zurück in die Jugendherberge: Vier Leute kommen auf eine Dusche. Sehr spaßig auch, wenn man das erste Mal versucht die richtige Temperatur in einer Dusche aus den sechziger Jahren einzustellen. Mir war nicht nach Spaß zumute. Ich duschte kalt.

Die restlichen fünf Tage sind nicht der Rede wert: Das Essen war eine Katastrophe, Skifahren konnte ich auch nach einer Woche noch nicht, Benotung dementsprechend und wenn ich keinen MP3-Player mitgehabt hätte, um das nächtliche rhytmische Geschnarche meiner Zimmerkollegen auszublenden, wäre ich jetzt wahrscheinlich ein Fall für die Klapsmühle.

In diesem Sinne: Nie wieder Skikurs!

 

Hi Onkel Horst,

du erzählst die Geschichte wie einen Schulaufsatz. Erst geschah dieses, denn jenes und nun das ... Das hat mir einfach nicht gefallen. Beispielsweise hätte ich schon gerne gewußt warum du denn in die Lage gekommen bist einen solchen Skikurs machen zu müssen.

Das Zweite was mir nicht gefiel, du hast nicht einen Dialog in der Geschichte. Es gibt sicherlich Geschichten, die auch ohne Dialoge "Leben" erzeugen, deine gehört da nicht zu. Wie schon oben erwähnt, so zählst du einfach "nur" ein Ereignis nach dem anderen auf.

Ein Problem bei solchen Geschichten ist es prinzipiell, dass die Leser die Ereignisse nicht miterlebt haben. Du kannst dich drüber amüsieren, ärgern oder was auch immer, wenn du den Text liest. Aber einer, der nicht dabei war braucht da schon ein wenig mehr um sich da reinzufühlen. Und das konnte ich leider nicht bei deiner Geschichte.

Gruß
Lemmi

 

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