Was ist neu

Nirvana

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30.12.2009
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Nirvana

Die Studenten stürmen aus der Universität, andere diskutieren vielleicht noch über das neu erworbene leere Wissen. Ich folge dem Strom, lasse mich aus der Uni führen. Die Menge verflüchtet sich und schließlich bin ich alleine, allein gelassen mit dem Haus der Bildung im Rücken. Als ich einen kurzen Blick zurück werfe, scheint es, als ob über alledem ein Schatten liegt. Ein Schatten über der Bildung. ein dunkler Schlupfwinkel. Hier gehe ich ein und aus, ich weigere mich nicht, den Studenten das zu erzählen, was sie hören möchten. Das Hohe, zu viel vom zu Hohen.

Ein böiger Wind zieht auf. Er erinnert mich an mein Ritual des Freitagabends. Mein Kopf wird mit jedem Schritt gegen den Wind leerer und ich genieße diesen Zustand, der mir so oft verwehrt bleibt. Ich fliehe vor der überfüllten Stadt, vor den überfüllten Kaufhäusern und den ganzen Menschen, die den Überfluss lieben. Die Gassen sind nicht leer, aber frei von dem Zuviel.

Kurz vor meinem Ziel bricht der Himmel auf und gibt dem Regen seinen Raum. Ich renne die letzten paar Meter, um mich in meinen Schuppen zu flüchten. Hier steht es, genauso wie all die Freitage zuvor. Über lange Zeit habe ich das Boot restauriert, letzten Freitag ist es fertig geworden. Jetzt steht es hier, ruhig und geduldig. Ich erblicke einen weißen Farbeimer zu meinen Füßen. Ich suche einen Pinsel und schreibe 'Nirvana' auf den roten Lack. Der Name kam mir heute morgen in den Sinn. Ein kleiner Geistesblitz eines eigentlich schon übermüdeten und überfüllten Geistes.

Plötzlich ist Stille. Ich öffne die Tür und sehe, dass sich der tosende Regen sowie der böige Winde verzogen haben. In der Ferne das Meer. Ruhig und friedlich. Rein und tief. Den Segelschein habe ich seit letzter Woche. Eigentlich dürfte mich nichts daran hindern, ins Meer zu fliehen. Aber irgendetwas hält mich hier. Jetzt frage ich mich, ob ich erst herausfinden soll, was es ist, oder ob ich es ignorieren und vergessen soll. Der Zweifel ist ein Gut der Bildung.

 

Salve hellschwarz und herzlich willkommen auf KG.de,

Dein Erstling (oder Zweitling, wie man es sieht) könnte mir richtig gut gefallen, wären ein paar kleine Wenns nicht.

Einerseits mag ich es, wenn große (fast zu große, aber Jugend darf das) Gedanken in einen banalen Alltag plumpsen. Ein Boot wird repariert, die Sonne scheint, dennoch zögert der Protagonist, aufs Meer zu fahren.

Die Wenns:
die großen Gedanken drängen sich zu plakativ auf. Beispielhaft und besonders augenfällig ist der Schlusssatz: da fehklt nur noch, dass man ein "Und die Moral von der Geschicht:" davor setzt.
Wenn Zweifel ein Gut der Bildung ist (ein sehr hohes übrigens), dann zeig es mir als Leser in Bildern und Erlebnissen des Protagonisten. Lass es mich fühlen und selbst auf den Gedanken kommen, anstatt es mir vorzukauen.

Zum zweiten hängt der Schluss irgendwo in der Luft fest. Der Prot fragt sich, soll er oder soll er nicht, und so steht er und fragt sich bis heute, ohne dass ich als Leser weiß, ob er sich nun selbst analysiert oder rausfährt und untergeht oder doch wieder nach Hause geht, und vor allem warum das alles, und, noch schlimmer, ich weiß nicht, was Du als Autorin mir eigentlich sagen willst. So enden Kalendergeschichten, die einen Impuls zum Nachdenken geben wollen und mich regelmäßig ärgern.

Das dritte Wenn ist das allfällige Klischee, der vom verkopften, weltfernen Bildungssystem angeödete Professor, der sein Heil im Naturerlebnis sucht; Konsumgesellschaft gegen Flucht aufs reine Meer. Er könnte ja seine Erkenntnis nutzen, den Zweifel zurück in seine Forschung und Lehre tragen und den Studenten so zur vertieften Erkenntnis verhelfen.
Stattdessen zieht er es vor, zu lamentieren, den Studenten nach dem Mund zu reden und in einen Schuppen zu flüchten.
Das ganze verpackst Du in eine teilweise überblähte Sprache: dem Regen Raum geben, die Straßen sind frei vom Zuviel.

Stellenweise würde ich die Sprache zurückschrauben, mehr zeigen als behaupten, überhaupt dem ganzen Text mehr Fleisch auf die Rippen geben.

LG, Pardus

 

Erstmal danke ich für die Kritik, wobei ich nun ein paar Erklärungen nachschicken möchte: Das mit dem Schluss habe ich schon mal gehört, dies hängt allerdings damit zusammen, dass es eine Schulaufgabe war, eine Geschichte zu schreiben. Vorgabe war ein offener Schluss, den ich der Geschichte wohl aufgezwungen habe, damit der Lehrer nichts daran meckern kann. Und da zusätzlich die Vorgabe von nur einer (handgeschriebenen) Seite vorhanden war, konnte ich die Geschichte nicht in einen vielleicht passenderen Endverlauf bringen. Dies nun erstmal als Einblick der Umstände, wobei ich mich keineswegs zu rechtfertigen versuche.

Denn insbesondere mit der aufgeblähten Sprache habe ich wirklich meine Probleme. Ich spiele zu gern mit Worten und versuche, Stimmungen in Wortzusammenstellungen umzusetzen. Den Anreiz, "die Sprache zurück zu schrauben", werde ich in Zukunft stärker berücksichtigen.

Danke nochmal für die Hinweise.

 

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