Was ist neu

Noch so einer dieser gottverdammten Tage

Seniors
Beitritt
13.06.2002
Beiträge
2.977
Zuletzt bearbeitet:

Noch so einer dieser gottverdammten Tage

Es war mal wieder so ein gottverdammter Mittwochmorgen, an dem man sich mühsam aus seinem letzten Traum schält, seinen Geist von den Trugbildern hübscher Frauen und viel nackter Haut befreit und mit erbarmungsloser Klarheit feststellt, dass sich dieser Tag in nichts von einem anderen Mittwoch oder überhaupt irgendeinem Tag unterscheiden wird.
In Ermangelung eines Besseren klammerte ich mich Halt und Wärme suchend an meine Bettdecke, grunzte der Welt ein verschlafenes "Leck mich" entgegen und drehte mich noch einmal auf die andere Seite - in der Hoffnung, Gott oder wer auch immer für diese ganze Scheiße verantwortlich war, würde mich vielleicht einfach vergessen, wenn ich mich nur so wenig wie möglich bewegte.
Ich steckte mir eine Kippe an und mit jedem Zug, den ich machte, verflog der eklige Gestank des Alltags und wich einer guten Portion dieser gelassenen Scheißegalhaltung, die mich das Leben - oder das, was ich dafür hielt - jeden Tag aufs Neue wieder überstehen ließ. Die beruhigende Wirkung des Nikotin legte sich wie ein Schleier über meine verkrustete Seele und spielte mir einen Moment lang vor, dass alles in bester Ordnung wäre - und ich wusste, solange der Glimmstängel in meiner Hand glühte, würde es das auch sein.
Aber Gott vergisst nie. Der Tag brach mit der Gewalt einer ganzen Lawine an Realität über mich herein, als das Telefon klingelte und sich weder von einem weiteren - diesmal deutlich ungehaltener gegrunztem - "Leck mich" noch dem erstbesten wurfbereiten Gegenstand zur Ruhe bringen ließ.

Wäre mein Kühlschrank nicht das einzige auf dieser gottverdammten Welt gewesen, das es in Punkto innerer Leere mit mir aufnehmen konnte, dann wäre ich an diesem Tag wohl nicht aufgestanden, wäre nicht in das soeben geworfene Stück Muschelpizza getreten, hätte den Hörer des Telefons nicht abgehoben und vermutlich den wichtigsten Anruf meines Lebens verpasst.
Mein Name ist Jake Benson und ich bin Privatdetektiv. Warum, weiß ich selbst nicht.

...

Es war mal wieder einer dieser gottverdammten Vormittage, an denen man die Welt verfluchend in seinem burgunderroten 74er Karmann Ghia Cabriolet sitzt, die Wartezeit an der roten Ampel mit Hilfe zu vieler Zigaretten und eines guten Schlucks lauwarmen Whiskeys zu überbrücken versucht und sich dabei die ganze Zeit die Frage stellt, warum man nicht besser zu Hause geblieben ist.
Ich war auf dem Weg zu meinem neuen Klienten. Meinem ersten Klienten seit dieser wirklich unschönen Sache mit dem durchgeknallten Versicherungsvertreter vor drei Wochen, der überzeugt gewesen war, seine Frau wollte ihn mit der Heckenschere umbringen und der sich erst dann von dieser Idee hatte abbringen lassen, als die Kugel ihrer Desert Eagle seinen Hinterkopf wieder verlassen hatte. Mein Job damals bestand eigentlich nur darin, den Gärtner des Pärchens zu beschatten, der nach Auffassung meines damaligen Klienten eine Affäre mit seiner Frau hatte, womit der arme Kerl übrigens zur Abwechslung richtig lag, und so bekam ich von der Bluttat selbst nicht sonderlich viel mit. Allerdings bin ich auf meinem Spesenkonto sitzen geblieben - wie meistens eigentlich.

Natürlich gab es in der Nähe des Anwesens meines aktuellen Auftraggebers keine Parkplätze, was daran lag, dass es mitten in einem Kurpark lag, und so war ich gezwungen, meinen Wagen irgendwo in einer Seitengasse zwischen ein paar vollgepinkelten Mülltonnen und einem vor sich hingammelnden Katzenkadaver abzustellen und den Rest des Weges zu Fuß zurückzulegen. Es war ein ziemlich weiter Weg, aber zu meiner Überraschung regnete es nicht, war jedoch trotzdem kühl genug, um meinen schweren Lodenmantel zu rechtfertigen, den ich eigentlich nur aus Imagegründen trug. Und weil er ausreichend große Taschen für die Whiskeyflasche hatte.
Die Türklingel schepperte, als hätte jemand ein paar verrostete Autoschlüssel in einen Eimer voller Reißnägel geworfen. Ich befürchtete schon, irgendetwas kaputt gemacht zu haben, aber als die Tür sich öffnete und mir ein livrierter Mann mit dezentem Hang zur berechtigten Arroganz ein derart aristokratisches "Ja bitte" entgegennäselte, dass ich mich auf der Stelle für mein proletarisches Dasein entschuldigen wollte, wusste ich, dass wohl doch alles in Ordnung war.
"Benson", sagte ich. "Jake Benson, wir haben telefoniert."
"Ich komme nicht umhin, diese Behauptung anzuzweifeln, Mister..."
"Benson."
"Mister Benson. Normalerweise würde ich die Hunde rufen, da seien Sie gewiß, aber da Mister Miller mir aufgetragen hat, Sie hereinzubitten, werde ich genau das tun."
"Was tun? Die Hunde rufen?"
"Später vielleicht. Treten Sie doch ein. Aber bitte denken Sie daran, sich die Schuhe abzutreten." Ich widerstand meinem inneren Drang, diesem Kerl mal zu zeigen, woran ich meine Schuhe am liebsten abtrat, dachte stattdessen an die verlockende Summe, die mir dieser Miller am Telefon genannt hatte und betrat das Anwesen. Der Begriff Villa wäre vermutlich angebracht gewesen, aber ich hätte das hier eher mit einem Schloß verglichen, das sich die größte Mühe gab, seine Dekadenz zu verbergen, indem es mit den Goldapplikationen an tragenden Säulen und Wandverzierungen vergleichsweise sparsam umging. Sparsam im Vergleich etwa zum Bernsteinzimmer.

"Mister Benson. Ich freue mich, dass Sie kommen konnten." Miller saß in einem Ohrensessel, starrte leer ins Kaminfeuer und schwenkte ein Glas in seiner Hand. Vermutlich Rotwein.
"Ich hab mich kurzfristig freischaufeln können", log ich und reichte dem Mann meine Hand zur Begrüßung. Er warf einen kurzen Blick darauf, erkannte die schlechte Maniküre, die ich mir selbst im Zustand der vollkommenen Ahnungslosigkeit zugeführt hatte, und überging die Geste großmütig.
"Waren Sie schon mal verliebt, Benson?"
"Ich liebe einen guten Whiskey."
"Frauen. Ich spreche von Frauen."
"Natürlich." Eine hatte es gegeben. Laurie, die Bedienung in Jacks Inn - einer Kneipe, die irgendwie einen unbefriedigenden Spagat zwischen Stripclub und italienischem Bistro hinlegen wollte. Mit dem Ergebnis, dass sich ein fetter Italiener um die Bühnenshow und zwei leichte Mädchen um die Küche gekümmert hatten. Jack war schon immer ein ziemlich durchgeknallter Kerl mit extravagantem Geschmack gewesen. Auf jeden Fall hatte Laurie irgendwann gemerkt, dass ich kein Mann bin, den man auch mal für einen Abend sich selbst überlassen kann, sondern vielmehr einer, der diesen Abend dann mit einer Flasche Whiskey und vier Stangen Zigaretten verbringt und am nächsten Morgen ins Aquarium kotzt. Und so hatte sie das naheliegenste getan und mich mir selbst überlassen. Nicht nur einen Abend, sondern permanent.
"Dann können Sie nachvollziehen, dass ein Mann für eine Frau alles tun würde."
"Ich hätte für Laurie vielleicht das Rauchen aufgegeben, wenn Sie das meinen."
"Ich habe für meine Jennifer alles riskiert. Ich habe den höchsten Berg erklommen, bin durch das tiefste Meer geschwommen und habe die weiteste Wüste durchquert - nur um ihr das hier bieten zu können."
"Ein Polaroid? Hätten Sie was gesagt, hätte ich Ihnen welche von mir mitgebracht. Ich meine, dann müssen Sie nicht immer so weit laufen."
"Machen Sie keine Witze, Benson. Es geht um das, was auf dem Foto abgebildet ist. Ein Buch. Das Buch." Er sprach die letzten beiden Worte aus, als wäre es irgendein Mittelding zwischen der Originalausgabe der Bibel und dem heiligen Gral, was, so sollte ich später noch erfahren, auch gar nicht mal so unangebracht war. "Ich besaß es und ich machte Jennifer glücklich. Und jetzt... wurde es gestohlen. Ich muss es wiederhaben, verstehen Sie? Ich muss es einfach wiederhaben."

...

Ein kalter Wind pfeift über die kahlen Hügel des umliegenden Gebirges. Wärme suchend klammert sich die Seele des Mönches an die kleine Kerze, die mutig der Witterung trotzt und den klapprigen Arbeitstisch in ein beruhigendes Licht taucht.
Der Mönch, ein alter Mann, dessen Körper nur noch von einer Mischung aus göttlicher Fügung und verdammter Sturheit zusammengehalten wird, führt seinen Federkiel in zittrigen Linien über das Papier. Einst war er der angesehne Leiter dieses Klosters am Rande der Welt, doch dann hat er auf einmal den Verstand verloren und im Gegenzug eine Erkenntnis gewonnen, die dem Stein der Weisen in nichts nachstand: Er hat entschlüsselt, worauf es bei der Sache zwischen Mann und Frau wirklich ankommt. Und er würde einfach nicht sterben können, bevor er sein Wissen nicht niedergeschrieben hat.

...

Es war mal wieder einer dieser gottverdammten Tage, an denen man zunächst ein totes Eichhörnchen auf dem Beifahrersitz seines burgunderroten 74er Karmann Ghia Cabriolet findet und sich dann auf den Weg zum besten Nachtclub der Stadt macht, nur um Bekanntschaft mit einem übel gelaunten Türsteher zu machen, der einem mit einer unmissverständlichen Geste klarmacht, dass es für manche Menschen einfach keinen Platz in der Gesellschaft gibt und man sich am besten zum Teufel scheren sollte.
"Hör mal, Pussy", sagte der unrasierte Kleiderschrank und sein Mundgeruch tötete ein paar der Bakterien auf seiner Nasenspitze. "Das hier ist der beste Club der Stadt, klar? Und das wäre er nicht mehr, wenn wir Penner wie dich hier reinlassen würden. Es ist nichts Persönliches, aber es geht hier ums Image."
"Ich will nur zu Kitty. Bisschen quatschen. Über alte Zeiten und so."
"Selbst wenn du Kitty wirklich persönlich kennst, Pussy, würd ich dich hier nicht reinlassen. Keiner kommt hier rein, der so beschissen aussieht wie du." Eins musste man dem Kerl lassen, er hatte seine Prinzipien und irgendwie musste ich ihm sogar Recht geben - ich sah wirklich beschissen aus.
"Hör mal", begann ich, "Ich will weder deinen Gästen auf den Sack gehen noch eure Mädchen angraben. Nur mit Kitty reden. Kein Ärger, nur reden." Naja, um es kurz zu machen, letztlich verfügte er über die besseren Argumente - zwei an der Zahl, ein linkes und ein rechtes - und ich musste mich für den Moment geschlagen geben. Aber ich hatte meinem Auftraggeber versprochen, ein paar Worte mit der hinreißenden Kitty zu wechseln, die angeblich nur zu genau wusste, wo sich das Buch im Moment befand. Also schlich ich mich um den Schuppen herum, fand ein kleines Fenster auf der Rückseite. Noch während ich meinen geschundenen Körper durch die enge Öffnung zwängte, wurde ich vom Gekreische zweier Mädchen unterbrochen, die gerade dabei waren, sich auf dem Klo für den Abend fit zu machen.
Ich hatte nicht viel Zeit, und wollte ich nicht die erneute Bekanntschaft mit meinem Freund von der Tür machen, musste ich mich beeilen. Also drängte ich mich an den beiden vorbei, bevor die meine Anwesenheit so richtig realisieren konnten, marschierte zum Barkeeper und fragte ihn nach Kitty. Er machte sich nicht die Mühe, mir artikuliert zu antworten, sondern schwenkte nur seinen Kopf in irgendeine Richtung und grunzte irgendetwas Unverständliches.

Als ich dann Kitty das erste Mal sah, wurde die Welt schwarzweiß. Der Hintergrund verlor an Bedeutung, Kontraste wurden eins, Farben verblassten und verschwammen zu irgendeinem undeutlichen Brei aus Nichtigkeit, vor dem sich überdeutlich die verdammt weibliche Silhouette dieser gottgleichen Schönheit abzeichnete. Ihr rotes Abendkleid wollte nicht so recht in die feucht-schwüle Atmosphäre dieses Ladens passen, verlieh ihrem Körper aber genau jenen Hauch von lasziver Verruchtheit, für den Männer töten würden. Blonde Haare, wohin das Auge reichte, eine Figur, die irgendwo zwischen perfekt und makellos schwankte und ein Augenaufschlag, der sich so nahtlos an das Gesamtbild anschmiegte, wie ihr ziemlich gewagter Ausschnitt an ihre ebenso gewagten Brüste.
"Kitty laBelle?", fragte ich, als sich der Kloß in meinem Hals langsam aber sicher in seine normale Größe zurückverwandelt hatte.
"Wer will das wissen?"
"Benson. Jake Benson. Ich bin Privatdetektiv und würde gerne mit Ihnen reden."
"Ich wüsste nicht, worüber wir reden sollten, Mister... Benson." Obwohl sie meinen Namen mit der gleichen Betonung aussprach, wie der Papst die Sünde, glaubte ich, eine Spur Interesse an meiner Person in ihr zu entdecken. Vielleicht war es auch nur ein Anflug enthusiastischer Hoffnung, bedingt durch den Sex in der Luft und den Alkohol in meinem Blut, aber irgendwie...
"Wir könnten meinen Auftraggeber fragen. Dem fällt sicher ein Thema ein. Walther Miller."
"Wallie..."
"Genau der."
"Nicht hier", sagte sie und sah sich nervös in alle Richtungen um, ganz besonders aber in die, aus der mein Freund der Türsteher sich uns in diesem Moment näherte und seine Fäuste in einer grimmigen Art und Weise ballte, die mich entfernt an eine Mischung aus Schraubstock und Nussknacker erinnerte. "In zwei Stunden hab ich Feierabend. An der Rückseite dieses Hauses um ein Uhr. Wissen Sie, wo das ist?"
"Ich glaube schon", sagte ich und wischte meine noch frische Erinnerung an zu enge Toilettenfenster aus meinem Geist.
"Aber Kitty, hast du nicht zu arbeiten? Zeit für deinen Auftritt. Pussy wollte sowieso gerade gehen."

...

Es war mal wieder einer dieser gottverdammten Abende, an denen man sich im Hinterhof eines zwielichtigen Nachtclubs den Arsch abfriert, sich zum ungefähr tausendsten Mal die Frage stellt, warum man eigentlich nichts anständiges gelernt hat, seine Beule vorsichtig mit einem kalten Stein kühlt und auf die Frau seines Lebens wartet.
Kitty näherte sich mir mit der Eleganz eines Schneeleoparden und hätte ich in diesem Moment ihre Rückfront gesehen - und Gott weiß, dass ich das gerne getan hätte - dann hätte ich mich sicher auf der Stelle in ein sabberndes Häufchen Elend verwandelt.

"Mister Benson."
"Kitty. Ich nehme an, Sie wissen, um was es geht."
"Ja. Und ich sage Ihnen gleich, dass ich es Ihnen nicht geben kann. Ich habe es nicht."
"Aber sie wissen, wo es ist?"
"Natürlich. Wissen Sie, ich habe Wallie geliebt, aber dann habe ich gemerkt, dass er alles, was er für mich ausgemacht hatte, aus diesem Buch bezogen hat. Er hat nur gespielt. Und dann habe ich..." Leider wurde Kitty in ihrem wichtigen und interessanten Monolog unterbrochen, als sich ein Baseballschläger ihrem äußerst schönen Köpfchen von hinten näherte. Bevor ich richtig reagieren konnte, holte mich ein erstaunlich wuchtiger Kinnhaken von den Beinen und ich sah Sterne.

...

Es war mal wieder eine dieser gottverdammten Nächte, die man damit verbringt, an seine Traumfrau gefesselt auf einem Stuhl im Wohnzimmer seines Klienten zu sitzen, in die Mündung einer ziemlich gut geputzten Pistole zu blicken und wirklich nicht den Hauch einer Ahnung zu haben, was das alles zu bedeuten hat.
Noch während ich mich fragte, wie zum Geier Jessica Miller es geschafft hatte, mich auf die Bretter zu schicken, kam der Türsteher in mein Blickfeld, grinste mich triumphierend an und gab Misses Miller einen für meinen Geschmack etwas zu anzüglichen Kuss, den sie freudestrahlend erwiderte.
"Na, Pussy, da staunst du, was?"
"Ich hab in meinem Leben so viel Scheiße gesehen, da rangiert das hier irgendwo im hinteren Mittelfeld", antwortete ich.
"Soll ich mich um deinen Mann kümmern, Schatz?"
"Mach es langsam, Baby", hauchte Jessica Miller und der lebende Kleiderschrank wankte lachend aus dem Zimmer, um, so vermutete ich zumindest, sich auf den Weg zu Wallie zu machen, um dem mal seine Argumentation aufzuzeigen.
"Nun, Mister..."
"Benson."
"Mister Benson, Sie fragen sich sicher, warum ich sie gefesselt habe."
"Nein, im Moment frage ich mich nur, wie ich den Kopf weit genug drehen kann." Tatsächlich beschäftigte mich die Tatsache, dass ich Rücken an Rücken an Kitty gefesselt war, weit mehr als die, dass ich überhaupt an sie gefesselt war.
"Sie sind ein Komiker, Mister Benson. Waren Sie schon mal verliebt? Ich meine, richtig verliebt?"
"Ja, verdammt. Ein... ich meine zweimal."
"Dann wissen Sie sicherlich, wie man eine Frau für sich gewinnt."
"Nein, Lady, das weiß ich natürlich nicht. Niemand weiß das."
"Walther weiß es. Er wusste es. Es stand hier drin." Triumphierend zog sie das Buch hinter ihrem Rücken hervor. "Hier drin stehen alle Geheimnisse. Ich habe Walther wirklich geliebt. Seine charmante Art, seine Höflichkeit, dass er immer genau das richtige getan hat... Aber er hat das alles abgelesen. Und dann hat er mich betrogen, mit dieser... dieser Schlampe."
"Vorsicht, Lady. Ich weiß zwar nicht, was Kitty ist, aber eine Schlampe ist sie bestimmt nicht."
"Naja, sie ist auch nur eines dieser dummen Flittchen, die auf jedes Lächeln reinfällt. Mein Mann hat sie genauso betrogen, wie mich. Darum haben wir ihm dieses Buch gestohlen. Aber sie musste Ihnen ja unbedingt helfen... Und jetzt müssen Sie sterben, alle beide."
"Könnte ich vorher noch eine Zigarette haben, bitte?" Ich gebe zu, verdammt süchtig nach den Dingern zu sein, aber in diesem Moment ging es mir nicht darum, sondern ich wollte einfach Zeit gewinnen. Zeit, um mir einen Plan zu überlegen, Zeit, um mich schon mal an den Tod zu gewöhnen, Zeit, um mir ein letztes Mal Kittys Gesicht vorzustellen, Zeit um...
"Natürlich, Mister Benson." Jessica Miller steckte mir einen Glimmstängel zwischen die ausgedörrten Lippen und zündete ihn an. "Ich werde mal sehen, wie weit Hank mit meinem Mann ist. Nicht weglaufen", lachte sie und ließ uns allein.

Mein Leben war ein Klischee und meistens hasste ich es. In solchen Momenten aber dankte ich Gott für meine Rolle in seinem mystischen Schachspiel. Ich meine, wo sonst, wenn nicht in einem fleischgewordenen Klischee lässt der Bösewicht seine Opfer alleine warten?
Ich spuckte die Kippe aus und ließ sie auf meinem Schritt landen, wo die heiße Glut langsam aber sicher meine Fesseln durchschmorte. Es dauerte verteufelt lange, aber dafür ging der Rest ziemlich schnell. Es war leicht, Kitty zu befreien, nach oben zu gehen, sich mit einem Gewehr aus Wallies Waffenschrank zu bewaffnen und das Gangsterpärchen dingfest zu machen.
Zu solchen Sachen bin ich anscheinend geboren, denn im Gegensatz zu sämtlichen anderen Situationen des Lebens blieb mir ein erbarmungsloses Versagen diesmal erspart. Schon wenig später wurden Misses Miller und ihr geistloser Handlanger von der Polizei abgeführt und Wallie stellte mir den stattlichen Scheck aus, den er mir versprochen hatte.
"Und wo ist das Buch?"
"Ich weiß es nicht", sagte ich und steckte den Scheck schnell an die am wenigsten zugängliche Tasche meines Mantels. "Ich weiß es wirklich nicht."

Ich trat in den grauenden Morgen, zündete mir eine weitere Zigarette an, ließ das Nikotin meinen Körper durchfluten und machte mich auf die Suche nach meinem burgunderroten 74er Karmann Ghia Cabriolet - den Versuch, jeden Gedanken an Kitty aus meinem Kopf zu verdängen, schnell aufgebend. Ich würde sie sowieso nie vergessen können.
Als ich dann nicht nur meinen Wagen, sondern überraschenderweise auch Kitty vorfand, die auf dem Beifahrersitz saß und mir verführerisch mit dem Buch zuwinkte, wusste ich, dass dieser Tag vielleicht doch nicht ganz umsonst gewesen war.

...

Es war mal wieder so ein gottverdammter Morgen, an dem man schon vor dem ersten Augenaufschlag feststellt, dass irgendetwas anders ist, dann vorsichtig seinen Kopf zur Seite dreht, neben sich einen unverschämt nackten Frauenkörper wahrnimmt und weiß, dass, was auch immer man am Vorabend getan hat, es genau das Richtige gewesen sein muss.

 

Ich war mir noch nie so unsicher, ob ein Text wirklich in die Humorrubrik gehört, bzw war mir selten so sicher, daß er es nicht tut, aber eine bessere hab ich schlicht nicht gefunden. Darum hab ich das Ding mal hier reingestellt, damit ich, wenn mir noch eine passendere Rubrik einfällt (oder mir jemand einen tollen Tip gibt), sie wenigstens selbst verschieben kann...
Ich schwankte zwischen Humor und Romantik, aber Romantik kam mir irgendwie unverschämt vor

 

Spannung wäre wohl genauso unverschämt... aber warum sollten andere Rubriken nicht auch mal witzige Texte haben dürfen? R/E wär also schon irgendwo vertretbar... nun:

Ein (meines Erachtens) durchaus lustiger Text, der dazu auch noch eine schöne Portion Selbstironie mitbringt.

Mein Leben war ein Klischee und meistens hasste ich es. In solchen Momenten aber dankte ich Gott für meine Rolle in seinem mystischen Schachspiel. Ich meine, wo sonst, wenn nicht in einem fleischgewordenen Klischee lässt der Bösewicht seine Opfer alleine warten?
:lol: :thumbsup: Das Highlight des Textes.

Der Einstieg war klasse - insbesondere der voletzte Satz des zweiten Absatzes. Diese lange Sätze sind jedoch teilweise auch etwas riskant, der hier zum Beispiel:

Der Begriff Villa wäre vermutlich angebracht gewesen, aber ich hätte das hier eher mit einem Schloß verglichen, das sich die größte Mühe gab, seine Dekadenz zu verbergen, indem es mit den Goldapplikationen an tragenden Säulen und Wandverzierungen vergleichsweise sparsam umging.
- könnte man sicher weniger umständlich formulieren, ohne aus dem Stil zu fallen. Von der Sorte gibts hier und da noch ein paar Sätze, die zu lang erschienen, u.a. weil sie nicht wirklich witzig sind.

und ich musste mich für den Moment geschlagen geben.
tolles Wortspiel

als sich der Klos in meinem Hals langsam aber sicher in seine normale Größe zurückverwandelt hatte
Kloß

Es war mal wieder einer dieser gottverdammten Abende, an denen man sich im Hinterhof eines zwielichtigen Nachtclubs den Arsch abfriert, sich mal wieder die Frage stellt, warum man eigentlich nichts anständiges gelernt hat, seine Beule vorsichtig mit einem kalten Stein kühlt und auf die Frau seines Lebens wartet.
hehehe - aber das zweite "mal wieder" würd ich streichen, liest sich unschön.

Leider wurde Kitty in ihrem äußerst wichtigen und interessanten Monolog unterbrochen, als sich ein Baseballschläger mit einer gewissen Wucht ihrem äußerst schönen Köpfchen näherte. Bevor ich richtig reagieren konnte, holte mich ein erstaunlich wuchtiger Kinnhaken von den Beinen und ich sah Sterne.
Da hats auch noch ein paar Wiederholungen.

Tatsächlich beschäftigte mich die Tatsache, dass ich Rücken an Rücken an Kitty gefesselt war, weit mehr als die, dass ich überhaupt an sie gefesselt war.
:D

Zeit, um mich schon mal an den Tot zu gewöhnen,
Tod

Ansonsten ein echt launiger Text mit einigen richtig guten Witzen (die ich dir jetzt nicht alle nochmal nennen mag) - und der nette Privatdetektiv mit den immer gleich aussehenden Kunden ist ja eh eine tolle Figur. Wie gesagt, in Humor scheint er mir nicht so fehl am Platz, aber andere Rubriken freuen sich sicher auch über lustige Geschichten.

Und ach ja: Das Buch kam mir bekannt vor...

Grüße,

Anea

 

Moin anea,

Heißen Dank fürs Lesen und Mirwidmen deiner zweiten offiziellen Humorkritik.

Ein (meines Erachtens) durchaus lustiger Text, der dazu auch noch eine schöne Portion Selbstironie mitbringt
Danke
on der Sorte gibts hier und da noch ein paar Sätze, die zu lang erschienen, u.a. weil sie nicht wirklich witzig sind.
Das ist der Grund, aus dem ich mir mit der Rubrik so unsicher war. Hauptaugenmerk lag auf der Atmosphäre des Textes - der Humor war hier eher sekundär.
Den zitierten Satz finde ich eigentlich okay, aber eine generelle Entschlackung wird angedacht.
aber das zweite "mal wieder" würd ich streichen, liest sich unschön.
Ja? Ja
Da hats auch noch ein paar Wiederholungen.
Naja, zwei... okay, ich bastels um
mit den immer gleich aussehenden Kunden
Ich bewundere deine Interpretationskünste, aber wo liest du das denn heraus?
Und ach ja: Das Buch kam mir bekannt vor...
Ja, mir auch ;)

 

Argh!

Das ist nun übrigens das zweite Mal bei dir, dass ich eine ellenlange Kritik eben mal so durch das Klicken auf den falschen Button ins Nirvana der brillanten Kritiken schicke...
Tun wir so, als wäre ich kein Idiot.

Hi gnoebel!

Auf die Zitate verzichte ich jetzt, war sowieso nichts konstruktives dabei.

Zum Text: damit habe ich ein paar Probleme.

Zuerst der Stil, denn der ist wirklich brillant, da gibt es nichts zu rütteln. Das schreibe ich ja meistens bei dir, aber der Text hier scheint mir anders. Es sind ein paar unglaublich geniale Stellen dabei, ich musste dauernd schmunzeln, wirklich herrlich. Fühl dich aufs Höchste gelobt.

Den Inhalt hingegen sehe ich eher gespalten. (*räusper*)
Du springst mir zu sehr hin und her, eigentlich wirkt die ganze Handlung sehr unsauber konstruiert.

Viel verschenkst du auch von dem tollen Potential, das dieses Buch birgt, vom dem du berichtest. Das würde doch wirklich jeder haben wollen, ich möchte wetten, sogar der Papst. Und du machst daraus nur eine "billige" (ich hoffe, du weißt, wie es gemeint ist) Detektivgeschichte, mehr nicht.
Absicht?

Zudem hüpfst du von einer Episode zur nächsten, ohne diese vernünftig zu verknüpfen. Mr. Miller, Kitty, Mrs. Miller, Ende.
Als Leser fragt man sich da: Häh? Und wo bleibt die Kausalität? Irgendwie erscheint mir alles zu lose, zu wenig verknüpft.

Zudem: Eine verheiratete Frau wird meines Wissens nach nicht "Miss" genannt. "Miss" ist die Bezeichnung für ledige Frauen.
Kann mich auf täuschen, aber ich denke nicht.

In diesem Sinne
c

 

Moin chazar,

Heißen Dank fürs Lesen und ehrliche Kommentieren.

Tun wir so, als wäre ich kein Idiot.
Okay, wenn du es keinem verrätst - ich kann schweigen.
Für dein Kritikproblem verweise ich dich mal an dieses Tool - damit kann man Kommentare samt HTML-Tags offline schreiben. Seit ich das nutze, verlier ich keine Kommentare mehr.
Es sind ein paar unglaublich geniale Stellen dabei, ich musste dauernd schmunzeln, wirklich herrlich. Fühl dich aufs Höchste gelobt.
Mach ich, danke
ich möchte wetten, sogar der Papst. Und du machst daraus nur eine "billige" (ich hoffe, du weißt, wie es gemeint ist) Detektivgeschichte, mehr nicht. Absicht?
Naja, aus Versehen ist das hier bestimmt keine Detektivgeschichte geworden ;)
Im Ernst, für so ein Buch würde wohl jeder Mann durchs Feuer gehen und vielleicht hab ich hier tatsächlich Potential verschenkt. Aber mal bewußt (und gewiß nicht böse gemeint) provokant gefragt: Wie würde denn ein Plot aussehen, der dieses Buches "würdig" ist?
Als Leser fragt man sich da: Häh? Und wo bleibt die Kausalität? Irgendwie erscheint mir alles zu lose, zu wenig verknüpft.
Doch, das ist schon kausal: Mr Miller schickt Benson zu Kitty (seiner Ex-Geliebten), weil die seiner Meinung nach das Buch geklaut hat. Seine Frau kriegt mit, daß ein Detektiv auf das in Wirklichkeit von ihr und Kitty geklaute Buch angesetzt ist und bringt diesen zur Strecke. Und Kitty auch, weil die dem Detektiv geholfen hat.
Vermutlich muß ich das aber noch mal deutlicher machen.
Eine verheiratete Frau wird meines Wissens nach nicht "Miss" genannt. "Miss" ist die Bezeichnung für ledige Frauen.
Argh... hab ich das etwa schon wieder verwechselt? Das ist neben "tot" - "tod" einer meiner absoluten Lieblingsfehler...

 

Hi nochmal!

Hehe, das Ding ist gesaugt, mal sehen, ob es mir hilft, ein noch besserer Kritiker zu werden... :D

Naja, aus Versehen ist das hier bestimmt keine Detektivgeschichte geworden
Ja, gut, sehe ich ein... der Detektiv hat mich da auch an jemanden erinnert.
Aber gut, das ist ja vollkommen zulässig und ich finde den Charakter nach wie vor brillant - das darf ich sagen, weil nicht ich ihn erfunden habe, sondern du.

Aber mal bewußt (und gewiß nicht böse gemeint) provokant gefragt: Wie würde denn ein Plot aussehen, der dieses Buches "würdig" ist?
War das jetzt ein Fehdehandschuh?
Soll ich mich daran versuchen?
So spontan wüsste ich da keine Plotidee, aber ich könnte mir gewiss eine aus den Fingern saugen.
Ob die dann allerdings besser wäre, darf gern bezweifelt werden.
Soll ich?

(Ich sollte allerdings erst mal an der Invasion [Bisschen Werbung] weiterschreiben.)

Mr Miller schickt Benson zu Kitty (seiner Ex-Geliebten), weil die seiner Meinung nach das Buch geklaut hat. Seine Frau kriegt mit, daß ein Detektiv auf das in Wirklichkeit von ihr und Kitty geklaute Buch angesetzt ist und bringt diesen zur Strecke. Und Kitty auch, weil die dem Detektiv geholfen hat.
Nee, das war mir schon klar, Kausaltät ist ein dummes Wort - ich sollte lieber wieder einsilbig schreiben... jedenfalls: ich meinte damit eigentlich, die Handlung läuft zu billig ab, es gibt keine Wendungen, alles wirkt etwas zusammengeschustert. Verstehst du?

Argh... hab ich das etwa schon wieder verwechselt? Das ist neben "tot" - "tod" einer meiner absoluten Lieblingsfehler...
Jaja, meine sind: "seid" und "seit"

Grüße
c

 

Aber gut, das ist ja vollkommen zulässig und ich finde den Charakter nach wie vor brillant - das darf ich sagen, weil nicht ich ihn erfunden habe, sondern du.
Hehe... okay, es ist an der Zeit, ein Geheimnis zu lüften:
Jake Benson ist ein Charakter, den ich schon lange vor der Invasion mal benutzt hab (der Held der Invasion ist eigentlich an ihn angelehnt, nicht andersrum). Die Geschichte heißt "einer dieser gottverdammten Tage", ist sowas wie der Quasi-Vorgänger und steht nur deshalb (noch) nicht mit diesem hier in den Serien, weil es sich nicht lohnt, für zwei Texte ne extra Serie aufzumachen... Außerdem war und bin ich mir in der Rubrik noch nicht ganz sicher.
Soll ich mich daran versuchen?
Hau rein.
ich meinte damit eigentlich, die Handlung läuft zu billig ab, es gibt keine Wendungen, alles wirkt etwas zusammengeschustert. Verstehst du?
Ja, jetzt schon.
Und ich gebe dir sogar Recht - der Plot ist weitgehend Wendungslos, aber ich finde, das muß auch nicht unbedingt sein. Ist schließlich kein echter Krimi.

 

He,

also mal eine Frage lohnt es sich, das bis zum Ende durchzulesen, bin zur Hälfte gekommen und habe echt nichts lustig gefunden und spannend auch nicht. Kann man nicht wirklich zu ordnen. Könntest du vielleicht unter Seltsam einordnen.

Diese Geschichte erinnert mich an einen SChulaufsatz von einem alten Schulfreund. War bestimmt genauso spannnend.

Deine Figur scheint ja echt nen Problem mit seinem Leben zu haben. Kippen, Alk. Naja ist nur meine Meinung.

Aber gib nicht auf! ;-)

 

Hi gnoe!

Super! Fand ich richtig gut. Lachen stand bei mir zwar nicht im Vordergrund, aber es ist beihnahe fesselnd geschrieben. Der Benson is vielleicht einer - schön charakterisiert. Die Dialoge sind genau mein Geschmack.

So. Astreine Kritik, wa?

Gruß

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom