Was ist neu

Offenes Verließ

Mitglied
Beitritt
17.09.2006
Beiträge
8
Zuletzt bearbeitet:

Offenes Verließ

Es ist Herbst. Es regnet schon wieder. Im halbdunklen Morgengrauen stürzt
Corinne hinaus zu ihrem Auto und fährt gehetzt los. Zu spät, da sie den morgendlichen Kampf zwischen dem großen, grauen Schweinehund namens „GehinsBüro“ und sich selbst, erst nach mehreren Runden halbwegs gewinnen konnte. Immer wieder streckte er sie nieder, so daß sie nach hinten fiel und zurück in ihre kuschelweiche Matratze gepreßt wurde. Lediglich der imaginäre Chef war noch furchterregender und stärker als der innere Schweinehund. Deshalb war sie schließlich aufgestanden. Während der Fahrt sah sie den grimmigen Vorgesetzten vor ihrem geistigen Auge. Sah wie er in seinem Sessel saß und eine persönliche Erklärung verlangte. Diese Erklärung wurde von ihm ausdrücklich erbeten, wenn man unpünktlich war und nach acht Uhr erschien. Corinne dachte darüber nach was sie tun könne, überlegte sich krampfhaft eine mögliche fadenscheinige Erklärung. Das schlechte Gewissen nagte an ihr. Die Angst fuhr mit ihr, als sie über die regennasse Autobahn raste. Es ging um ihren Job.

Endlich angekommen. Sie rast über den Firmenhof, bremst, parkt ein. Alle anderen Parkplätze sind schon belegt. Sie ist die Letzte. Nein, doch nicht, da kommt noch Einer angestürmt. Markus, er kommt nie aus den Federn, obwohl er direkt um die Ecke wohnt. „Vorletzte sein, ist aber auch nicht viel besser“, denkt sie. Corinne stürmt aus dem Fahrzeug in das große, weiß-blaue, gefängnisgleiche Büro. Von hier würde sie erst wieder in neun Stunden entlassen werden. Freiheit für einen Abend und eine Nacht. Einen wunderbaren Abend mit ihrem Ehemann und eine unruhige Nacht. Das Einschlafen fällt ihr so schwer, denn sie weiss ja bereits was sie am nächsten Morgen erwartet.

Nun ist es fünf Minuten nach acht, diese Zeitangabe glich eher der Uhrzeit 5 vor 12. Sie hat Glück, die zu spät gekommenen Minuten liegen noch im Toleranzbereich. Sie schleicht in ihr kleines Büro, vorbei am Zimmer des grimmigen Chefs und beginnt schnell mit der Arbeit.

Zahlen über Zahlen tippt sie. Rechnung um Rechnung wird eingebucht. Nichts als nur Ziffern und Nummern.

Es gibt Rechnungsnummern, Kundennummern, Kontonummern, Bankleitzahlen, Artikelnummern, Buchungsnummern. Ihr wird irgendwann schwindelig von all diesen Zahlen. Sie muss geistig flüchten Corinne sieht aus dem Bürofenster hinaus, denn sie hält die Enge nicht mehr aus. Grosse Traurigkeit umgibt sie. Das Leben draußen zieht scheinbar an ihr vorbei. Sie kann es nicht festhalten. Sie kann nicht daran teilhaben.

Dieses träge Einerlei des Büroalltags erdrückt sie. Erdrückend, gleich einem dicken Elefanten, der versuchen will sich auf ihren Schultern niederzulassen. Nur draußen vor dem Bürofenster findet sie eine kurze Erlösung. Draußen stehen zwei stolze, riesige, alte Buchen. Ihnen wird nie langweilig, der Wind durchfährt ihre Blätter. Ihre Stämme werden manchmal sanft in die vier verschiedenen Himmelsrichtungen gebogen, je nachdem von welcher Seite der Wind bläst. Viele gefiederte Freunde, suchen sie auf, lassen sich auf ihnen nieder.

Vor dem Fenster, die kleine Luke der Freiheit, befindet sich auch ein Stahlgeländer. Es umschließt das gesamte Gebäude. Es stört sogar den Empfang des Radios. Noch nicht mal diese Ablenkung funktioniert. Es dient aber oft einem schwarzen Vogel als Aussichtsplattform. Eine Amsel plazierte sich auch in diesem Augenblick darauf, als Corinne aus dem Fenster sah. Die Amsel sah zu Corinne herüber, wie sie da an ihrem Computer saß, als wolle der Vogel sagen: „Mach es doch wie ich! Spann deine Flügel! Strecke Dich und dann flieg einfach fort. Willst du hier noch mehr Zeit verschwenden, noch mehr Jahre hier verbringen? Sind drei nicht genug? Es verändert sich doch nichts mehr. Dein Leben ist doch viel zu kurz! Du hast doch vor einem Jahr geheiratet. Glücklicher siehst du aber nicht aus. Ich sehe dich hier jeden Tag sitzen, sehe wie du Trübsal bläst. Du hast schon Falten um deine Mundwinkel. Es sind keine Lachfalten, sondern Falten die nach unten zeigen! Du lächelst nie. Erfülle dir doch deinen wirklichen Wunsch!" Corinne wird aus ihren Gedanken gerissen, ihr Chef kommt rein und möchte etwas über den Monatsabschluss wissen.

Als er wieder verschwindet sieht sie erneut hinaus.

Sie sieht eine junge Mutter, die ihr Baby im Kinderwagen spazieren fährt. Sie lächelt in das Innere des Wagens. Sie sieht sehr glücklich aus. "Warum habe ich eigentlich keine Familie?Francesco wünscht sich doch schon lange ein Kind. Er würde sich sehr darüber freuen. Irgendwie habe ich Angst vor dieser Entscheidung. "

Endlich. Feierabend. Es ist 17.00 Uhr. Sie packt ihren Mantel, ein Schlangenimitat. Greift ihre beige Tasche und sucht windesschnell nach dem Schlüsselbund mit dem Elefantenanhänger. Corinne verläßt mit grossen Schritten das eisgleiche Büro. „Tschüß“, ruft sie einer Kollegin zu, die Tag für Tag Überstunden fährt, in der Hoffnung, eine Sprosse auf der Karriereleiter emporzusteigen. Ihr Profil, geschieden, wohnhaft neben der Firma, Wochenendfreund, Hauptnahrungsquelle: Kekse und Zigaretten. „So will ich nicht enden“, denkt Corinne und passiert die teure, marmorierte Eingangshalle des Unternehmens. Steuert den Parkplatz an und steigt in ihren PKW. Endlich geht es nach Hause zu ihrem frisch angetrauten Francesco. Zum Glück kocht er heute.

Sie sieht durch den Rückspiegel auf die Rückbank des Fahrzeugs. Sie stellt sich ein kleines, lächelndes Baby vor, daß sie mit glänzenden Augen anstrahlt. Mit Grübchen und riesigen Lachfalten. Wieder in der Wirklichkeit gelandet stellt sie fest: „Schade, dieses kleine Wesen sitzt nicht in meinem Auto. Es gibt kein solches Wesen in meinem Leben“.-"Noch nicht".

Plötzlich durchfährt sie ein Gedanke. Eine Frage von ungeahnter Intensität stellt sich ihr. Warum eigentlich nicht? Ja, warum ändere ich eigentlich nichts an meinem Leben? Wieso folge ich nicht meinem Herzen? Wieso bemühe ich mich nicht darum? Warum bekomme ich eigentlich kein Kind? Wäre es nicht viel schöner morgens ein kleines Baby im Arm zu halten, liebevoll zu erziehen, die Welt mit ihm neu zu entdecken, statt mit dem grauen Schweinehund zu kämpfen?

Aber es gibt so viele Pro`s und Contra`s.

Während Corinne nach Hause braust, durchfahren sie Fragen über Fragen. Sie zermartern förmlich ihr zahlengequältes, müdes Denkzentrum. Wird es der richtige Weg sein? Ist es die richtige Entscheidung? Wie wird mein Leben dann sein? Wie wird es aussehen? Wie wird mein Kind aussehen?

Werde ich mit einer Familie glücklich? Ist es der richtige Zeitpunkt dafür? Wird mir das Organisieren unseres Haushalts und das Umsorgen des Baby's genügen?

Zu Hause angekommen erwartet sie ihr Mann Francesco bereits mit dem Essen. Er schließt sie in seine Arme. „Hallo Schatz, ich bin froh, daß du wieder da bist. Ich habe dich richtig vermisst. Ich habe dir Spaghetti gekocht. Wie war dein Tag?" Corinne unterhält sich mit ihm sehr lange. Sie fühlt sich in seiner Gegenwart wohl. Er gibt ihr Geborgenheit ohne sie zu Umklammern. Zu Hause fühlt sie sich frei. Sie entschliesst sich ihren Job zu wechseln. Erst Mal für drei Jahre.

Ein paar Monate später sitzt Corinne vor Aufregung zitternd im Bad. Sie hält ein weißes Plastikstäbchen in der Hand. In der Mitte des Plastikstäbchens befindet sich ein kleines Fenster. Darin zu sehen zwei blaue Striche. Schwanger!!! "Endlich werde ich mein Leben ändern, das Abenteuer kann beginnen." Der dreijahres Job als Vollzeit-Familienmanagerin kann beginnen. Sie freut sich grenzenlos über ihr Kind und streichelt ihren noch flachen Bauch. „Ich freue mich so auf Dich“, sagt sie liebevoll. Als Francesco von dieser noch kleinen Überraschung erfährt, weint er vor Freude.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Mathilda.

Eins fällt mir bei deinem Text sofort auf: Unglaublich viele Wortwiederholungen.
Ich kann und will jetzt nicht alle aufzählen. Nur ein Beispiel: Das Wort „Schweinehund" taucht am Anfang viel zu oft auf. Da mußt du einfach noch mal gründlich drüberlesen und an vielen Stellen Umschreibungen finden.
Die Story selbst, find ich ein bisschen fade. Aber es ist kurz und knackig und nicht ewig ausgewalzt und das gefällt mir. Die Moral am Ende ist ein bisschen Reaktionär oder? Die völlig kaputte Karrierefrau, contra brave Hausfrau mit Kind und am Ende stimmt der Ehemann in den kollektiven Jubel ein. Na ja, ich find das hat nicht wirklich viel mit dem Part zu tun, in welchem du die Enge und Kälte des Bürodaseins schilderst. Das müsste für meinen Geschmack noch differenzierter werden.
Hier noch ein paar andere Sachen die mir aufgefallen sind:

Es regnet. Schon wieder. Es ist Herbst.

Die Reihenfolge find ich nicht gut. Besser ist es den Fokus vom Großen, aufs kleine zu richten, also: „Es ist Herbst und es regnet; schon wieder."

Sah wie er in seinem Sessel saß. Wie er eine persönliche, erklärende Begrüßung verlangte.

Ich würde hier einen Satz draus machen und ausserdem klingt „erklärende Begrüßung" merkwürdig. Vielleicht tuts eine „persönliche Erklärung"?

Diese wurde gewünscht,

Ist vielleicht nur mein Geschmack, aber ich fände hier „wurde gefordert" angebrachter.

Das schlechte Gewissen nagte an ihr. Die Angst fuhr mit ihr, als sie über die regennasse Autobahn raste. Es ging um Leben und Tod.

Die Stelle find ich einfach zu heftig. Vor allem das mit Leben und Tod ist schon ziemlich übertrieben.

Freiheit für einen Abend und eine Nacht. Es ist nun fünf Minuten nach acht, diese Zeitangabe gleicht doch eher der Uhrzeit 5 vor 12.

Klingt seltsam, besser: „... doch diese Zeitangabe glich eher der Uhrzeit 5 vor 12." Oder so ähnlich.

Es wird einem irgendwann schwindelig von all diesen Zahlen.

Perspektivwechsel. Bleib lieber bei, „ihr wurde irgendwann... usw."

Erdrückend, gleich einem dicken Elefanten, der versuchen wollte sich auf ihren Schultern Huckepack tragen zu lassen.

Wie wärs stattdessen mit: „... der versuchen will sich auf ihren Schultern niederzulassen."

Vorsicht der Chef kommt bestimmt gleich. Du mußt weitermachen."

Nicht der Satz ist das Problem, sondern die Tatsache das ihn der Vogel spricht (in ihren Gedanken versteht sich). Er symbolisiert doch ihren Freiheitswunsch, da sollte er vielleicht nicht an die alten Konventionen mahnen, in Gestalt ihres Chefs. Vielleicht wäre es besser, wenn sie erst durch das Kommen ihres Chefs aus ihren Gedanken gerissen wird.

Sie packt ihren Mantel, ein Schlangenimitat. Ihre beige Tasche greift sie und sucht darin fieberhaft nach dem Schlüsselbund mit dem Elefantenanhänger.

Sehr holprige Sätze. Besser: „Sie packt ihren Mantel, ein Schlangenimitat. Greift in ihre beige Tasche und sucht... usw."

Sie sieht durch den Rückspiegel auf die Rückbank des Fahrzeugs. Sie stellt sich ein kleines, lächelndes Etwas vor, daß sie mit glänzenden Augen anstrahlt. Mit Grübchen und riesigen Lachfalten. Wieder in der Wirklichkeit gelandet stellt sie fest: „Schade, dieses Wesen sitzt nicht in meinem Auto. Ich besitze kein solches Wesen in meinem Leben".

Hier stört mich der Begriff „Etwas". Sie drückt doch in diesem Moment Sehnsucht nach Liebe und Freiheit usw. aus. Da ist „Etwas" einfach viel zu kalt: Sie wünscht sich ein Kind und redet darüber als wäre es ein Gegenstand.

Zahlen für Zahlen tippt sie.

Es muss heißen: Zahlen über Zahlen

Ich hab zwar gesagt ich werde die Wortwiederholungen nicht zitieren aber hier die Wörter nach denen du schauen solltest: Schweinehund, Chef, überlegte, rast, erdrücken bzw. erdrückend, draußen, sehe.

Ok, also nochmal überarbeiten, dann kann ja noch was draus werden.
Gruß, Skalde

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Mathilda,

die Geschichte ließ sich flüssig lesen. Was Schreibkram anbetrifft, sind mir teilweise die Dinge aufgefallen, die Skalde schon nannte.
Die Moral deiner Geschichte lautet für mich wie folgt:
Frau fühlt sich in ihrer Firma eingesperrt wie im Gefägnis, die Arbeit ist oberöde. Schuld daran ist aber nicht sie, sondern ihr Schweinehund und der Chef, der sich auch noch erdreistet, wissen zu wollen, warum sie zu spät kommt. Das will sie ändern, indem sie sich ein "Etwas" auch Kind genannt wünscht. Sie wünscht sich also ein Kind, weil die Arbeit so schrecklich ist. Ein wirklich guter Grund, denn Kinder machen ja überhaupt keine Arbeit und man kann morgens seinem inneren Schweinehund nachgeben und was länger liegen bleiben. Sie trifft die Entscheidung natürlich alleine, denn für Francesco ist ja auch nur eine "kleine Überraschung".
Vor deiner Prot gruselt es mir. Sie wirkt auf mich dumm und naiv. Wenn das deine Absicht war, dann ist dir das gelungen.

LG
Katinka

 

ok, dass habe ich dann nicht gut dargestellt. Kinder machen natürlich sehr viel Arbeit. Es ist jedoch eher eine liebevolle Arbeit. Corinne wünscht sich Freiheit. Eine Freiheit, die trotzdem in der Geborgenheit einer Familie zu finden sein soll. Sie muss die Entscheidung alleine treffen, stimmt, in der Geschichte geht es auch um ihr Gedankenkarussell. Es geht darum, das eine junge Frau sich selbst ein Kind erlauben muss, denn sie wünscht es sich schon länger. Vielleicht habt ihr Ideen wie man es noch besser machen könnte. Meine Figur sollte eigentlich nicht naiv sein, sondern eher unsicher, unreif, ängstlich... Entscheidungen zu treffen, die zu einer Änderung ihres Lebens führen.

 

Hi Mathilda,

ich rate dir, deine Geschichte nicht so schwarz-weiß rüber zu bringen, also schrecklicher Arbeitsplatz und heiles Familienleben, dann wirkt es nach Flucht und nicht nach einer Entscheidung. Dass die Prot feststellt, ihre Arbeit füllt sie nicht mehr aus, sie sieht die Erfüllung darin, Mutter zu werden ist ja auch o.k. Was hat sie bisher davon abgehalten ein Kind zu bekommen, welche Sehnsüchte stecken in ihr. Laß sie sich fragen, warum ihre Arbeit, die sie sich ja ausgewählt hat, sie plötzlich nicht mehr erfüllt. Erkläre die Veränderung, die in ihr stattgefunden hat. Du beschreibst den Arbeitsplatz mit Chef und Kollegen so garstig, was ja der Fall sein kann, aber daraus den Entschluß zu fassen, ein Kind zu bekommen, wäre ja fatal fürs Kind. Und auch der Satz von ihrem Mann, dass er sich freut, dass sie zuhause ist, ist als Entscheidungsgrund dürftig.
Ich hoffe, du kannst was damit anfangen.

LG
Katinka

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom