Was ist neu

Ophelia ist tot!

Mitglied
Beitritt
07.03.2002
Beiträge
51

Ophelia ist tot!

Sie geht. 18°C.

"Wie die Sonne blendet... und wie die Luft riecht... nach frischgebackenem Blaubeerkuchen." denkt sie.
Ein Luftzug – süß und klebrig – rauscht vorbei. Graue, böse Giganten aus Glas und Stahl umzingeln sie. Dann flattern die Blütenschatten auf dem lauwarmen Beton umher wie Schmetterlinge. Kinder rennen durcheinander.

„Fang mich doch! Fang mich doch!“

Sie geht weiter.
Ihr langes weißes Kleid weht im Wind. Blumen rieseln aus ihrem Haar. Sie weiß, sie ist hier falsch. Das ist nicht die Welt, in die sie gehört.
Auf der anderen Straßenseite steht ein Mann in schwarzer Kleidung. Mit Sonnenbrille. Groß und klug wirkt er. Mächtig. Während alle hetzen, steht er nur da und betrachtet sie.
Der Himmel wirkt so kalt weil er nicht wirklich blau ist. Und sie möchte mit den Kindern spielen. Irgendwann bleibt sie unvermittelt stehen und starrt auf den Boden. „Was...?“

„Blau? Nicht blau? Nicht weiß! Grau vielleicht. Aber nicht blau.“ Die Kinder machen ein neues Lied daraus.

Der Himmel wird düster.
Alles dreht sich. Die Welt wird dunkel. Die Sonne verkriecht sich hinter einer schwarzen Linse und erlischt allmählich mit jedem Herzschlag ein bisschen mehr.

„Ophelia ist tot! Ophelia ist tot!“

Ein Stoß. Ihre Knie spüren die Materie, spüren wie der Schmerz nachträglich in Wellen über ihren Körper schwappt. Sie spürt das Brennen und Zittern in den Knochen. Ihre Finger auf dem rauen Asphalt – die Haut wie in winzigen Fetzen. Und sie sieht auf.
Blätter im Haar und Gewissheit im Gesicht. Vor ihr Wasser.

„Ophelia ist tot! Ophelia ist tot...“ singen die Kinder und tanzen lachend im Kreis.

Zeitlupe.
Vor ihr die Straße die – nur noch ein schmaler Pfad - nun plötzlich aus brauner, weicher Erde ist. Trauerweiden neigen sich zum dampfenden Wasser hinab. Ein See. Aber Er. Da steht Er auf der anderen Seite, gefangen in seiner silbernen Rüstung, und betrachtet sie mit steter Sicherheit.
„Aber Hamlet trägt doch keine Rüstung! Das ist doch Schwachsinn! Das ist nicht wahr!“ will sie schreien. Doch sie kann es nicht. Sie kann nicht kriechen. Nicht aufstehen. Nicht atmen, nicht sprechen. Dann ist sein Schatten nur noch Herbstnebel. Er ist fort.
Nein.
Er ist es nicht, das weiß sie. Sie kennt ihn. Er ist immer da.
Als sie sich aufzurichten versucht, greift Er nach ihrem Arm. Seine silberne Maske reflektiert die Welt und den Schmerz in ihr. Und Er lächelt erhaben, voller Güte.
„Du bist der Weg.“ sagt er leise. Und Er küsst sie auf die Stirn.

„Ophelia ist tot!“ singen die Kinder wieder...

[Beitrag editiert von: Alexis am 08.03.2002 um 19:23]

 

Hm... also ich muss sagen, ich hab nicht viel drüber nachgedacht, als ich diese Geschichte geschrieben habe. Vielleicht hat einer von euch ne Idee was sie ausdrücken könnte. :) Würde mich über Vorschläge freuen.

 

Was es bedeutet? Gute Frage. Vielleicht heißt es ja, daß der einzige Ausweg aus einer Welt, in die man nicht gehört, der Tod ist. Du kannst mich aber auch gerne korrigieren. Was es mit Hamlet zu tun hat, habe ich dagegen keinen Schimmer.
Auch wenn ich es nicht ganz verstehe, finde ich die Idee doch sehr interessant, aber die Umsetzung ist nicht so gelungen.

Wie die Sonne blendet und wie die Luft riecht.
Das klingt doch ziemlich komisch. Wie wärs mit: "Es ist alles so merkwürdig, die intenisve Blendung durch die Sonne - und dann noch der Geruch der Luft."

Das ist nicht die Welt in die sie gehört.
Während alle hetzen steht er nur da und betrachtet sie.
...nicht die Welt, in die sie gehört.
...hetzen, steht...

Ein Stoß. Ihre Knie spüren die Materie. Spüren wie der Schmerz nachträglich in Wellen über ihren Körper schwappt.
Von wem wird sie gestossen?
Das nachfolgende würde sich besser anhören, wenn es ein Satz wäre. "...Materie, spüren wie..." Aber so wirkt es etwas zu abgehakt. Das ist Schade, weil es von der Beschreibung her eine der besten Stellen ist.

Das sind nur Kleinigkeiten, ich weiß, aber gerade die würden den Text lesbarer machen, vielleicht auch verständlicher. Überleg mal, ob du die Geschichte bearbeiten willst, weil du kannst es eigentlich besser.

[Beitrag editiert von: zorenmaya am 08.03.2002 um 17:50]

 

Ok ok... :D :o :rolleyes: ich und Kommata, das passt nicht zusammen. Das werd ich gleich mal verbessern.

Aber zu Hamlet kann ich dir gerne etwas sagen. Ophelia liebt Hamlet. Am Ende verliert sie den Verstand.
Na ja. Ich glaube nicht, dass Hamlet in einer Rüstung rumgelaufen ist. Zu der Zeit gab es eine ganz andere Mode (glaub ich... verbessert mich wenn es nicht so ist). Sie erkennt in diesem Mann nicht ihren Geliebten. Soviel zu Hamlet. Aber das ist nicht so wichtig. :) Bei den anderen Stellen weiß ich noch nicht so genau ob, und wenn ja, wie ich sie ändere. Danke für den netten Hinweis :)

p.s. mit dem

Materie, spüren...
hast du recht. :rolleyes:

[Beitrag editiert von: Alexis am 08.03.2002 um 19:21]

 

Hallo.
Ich wollte noch sagen, dass bei Ophelia ja eigentlich nicht wirklich völlig geklärt ist, ob sie nun ins Wasser stürzte, oder ob sie nicht vielleicht selbst sprang. Wenn sie nicht aus eigenem Willen sich den Wogen übergab, so hat sie sich zumindest aber nicht dagegen gewehrt. Fraglich, ob sie es gekonnt hätte ... Jedenfalls, Unfall oder Freitod das ist auch noch so eine Ophelia-Komponente. Ich sag das nur, weil sich deine Geschite der nicht widmet, aber trotzdem gefällt sie mir. Ingrid

 

Es ist jetzt eigentlich schon lange her, seit ich was von mir gegeben habe.
Im Nachhinein kann ich aber mehr zu dieser Geschichte sagen, zu ihrem Hintergrund und den Emotionen die mich bewegten sie zu schreiben.
Einfach zu Erklärung und zum besseren Verständnis.

Man könnte die Geschichte so sehen:
Eine Frau die gerade einen psychotischen Schub erlebt, geht durch die Straßen, umgeben von Hochhäusern. Sie ist total verwirrt. Nimmt alles gleichzeitig wahr, das Gehirn verdreht und vermischt es mit ihren Gedanken und Gefühlen.

Weil sie so verwirrt ist wird sie von den Leuten angestarrt. Auch von einem Mann der sie besorgt beobachtet. Und dann fällt sie - aus was für einem Grund auch immer. Er versucht ihr auf zu helfen.

Mehr als diesen Moment erzählt die Geschichte eigentlich nicht.
Sie ist nur aus der surrealen Blickrichtung der psychotischen Frau geschildert.

Vielleicht erklärt das ein wenig die Sache.
Gruß
Alexis

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom