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Paternoster

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27.06.2007
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Paternoster

Paternoster
© Daniel Krieg

Jeden Tag fahre ich diesen Paternoster im Süddeutschen Verlag morgens hinauf und abends herunter. Nur zur Erinnerung: ein Paternoster ist ein Fördermittel, eine Art Lift. Das Ding besteht aus einer endlosen Kette, die von zwei Umlenkrädern - eines im Dach, eines im Keller - angetrieben wird. In die Kette sind offene Tragkabinen eingehängt, eine unter der anderen. So daß man bloß in eines der gemächlich rauf- oder runterfahrenden Kabäuschen springen muß. Und schon geht's dahin. Mehr oder weniger zügig.
Gibt nicht mehr viel von der Sorte in Deutschland. Ungeeignet für Rollstühle, denk' ich mir. Obwohl man den Rollstuhlfahrern auch hin und wieder eine Herausforderung gönnen sollte. Irgendwo haben ein paar Irre sogar einen Verein zur Erhaltung der letzten überlebenden Paternoster gegründet. Schon ein seltsames Land, in dem wir da leben.
In den Kabinen sind Zettel mit Vorschriften für einen zweckmäßigen Gebrauch von "Personen-Umlaufzügen" aufgehängt. Man hat jede Menge Zeit, die Vorschriften zu studieren. Weil so eine Paternoster-Kabine ziemlich lange braucht, bis sie im vierten Stock oben ist. Oder vom vierten Stock wieder drunten im Erdgeschoß. Und weil ich den Paternoster vier Tage die Woche mindestens zweimal benutzte, morgens und abends. Das gelegentliche Wechseln in das Café an der Ecke nicht eingeschlossen.
Im Erdgeschoß steht immer, ganz gleich, um welche absurde Zeit oder in welcher abartigen Richtung man den Paternoster benutzt, eine Sekretärin der Wissenschaftsredaktion und raucht. Wohlverstanden: steht da in ihrem ziemlich blöden Kostüm samt ihrer ziemlich blöden Figur darin. Und ihren gefärbten Haaren. Die grosso modo aussehen, als erprobte sie eben ein besonders flatulenz-resistentes Rezept ihres protestantischen Ressortchefs. Und raucht. Letztlich auf unser aller Kosten, wenn ich nicht irre. Aber das ist eine andere Geschichte (und soll ein andermal erzählt werden).
Maximal zwei Personen ist es gestattet, eine Kabine gemeinsam zu benutzen. Sagt zumindest Paragraph Zwei der "Vorschriften über Personen-Umlaufzüge". Was das konkret bedeutet, muß man selbst erlebt haben. An einem heißen Tag. Wenn dem unsensiblen Mitfahrer das Deo ausgegangen ist.
Also: Ich passiere gerade Stockwerk Eins, als eine junge Frau zusteigt. Sie trägt einen Kübel roter und einen schwarzer Farbe mit einem Pinsel sowie eine verschmierte Schablone. Eine qualmende Gitane hängt ihr im Mundwinkel.
"Morgen", sagt sie. Bis halb zwölf sagt man "Morgen" in unserem Laden. Danach sagt man "Mahlzeit". Und abends sagt man, wenn man ehrlich ist, "Scheißtag, heute". Was in der Richtung jedenfalls. Jetzt ist es halb elf. Also sage ich "Morgen" und drück' mich an die Blechwand.
Das Mädel ist um die Zwanzig. Blonde Wuschellocken. Und trägt eine blaue Latzhose. Sie klatscht ihre Papptafel direkt neben die gerahmten Vorschriften. Und fängt an zu pinseln, was das Zeug hält. Die Farbe riecht schauerlich. Immerhin sind wir fast schon im dritten Stock.
Hinter der Schablone kommt ein Piktogramm zum Vorschein. Ein durchgestrichener, roter Kreis, hinter dem eine schwarze Zigarette lustig vor sich hinraucht. Na wundervoll, denk' ich bei mir. Da sind die Verwaltungstypen glatt auf eine Anweisung gestoßen, die durch die "Vorschriften über Personen-Umlaufzüge" noch nicht abgedeckt ist.
"Ist ein komischer Name, nicht?" sagt die Frau und springt aus der Kabine in den vierten Stock. Ich hinterher. Mein Büro liegt gleich um die Ecke. Aber was soll's. Derart unvermittelte Äußerungen kann ich einfach nicht auf sich beruhen lassen.
"Was ist ein komischer Name?" frage ich. Die nächste Kabine trudelt in Reichweite, und das Mädel hopst hinein, ohne eine Antwort zu geben. Verstockt wie eine Zehnjährige, der man den Fernsehapparat ausgedreht hat. Also steige ich hinter ihr her und mach's mir wieder an der Blechwand gemütlich.
"So geht's nun auch nicht zu auf der Welt, Verehrteste", sage ich. "Wenn Sie nicht augenblicklich mit der Sprache herausrücken, was dieser Blödsinn mit dem Namen soll, verklag' ich Sie beim Chef wegen der Raucherei."
"Hat sich was, Klugscheißer", sagt sie pampig. "So lang ich das Verbot nicht angebracht habe, kann ich rauchen, bis die Backen dampfen."
"Ich hab jede Menge Zeit", sage ich. "Irgendwann ist Ihr Kunstwerk vollendet, und dann sind Sie fällig."
Sie zuckt die Schultern und fängt mit der Pinselei an. Ohne sich groß drum zu scheren, daß ich ihren Hintern in dieser viel zu weiten Latzjeans anglotze. Der sechste Stock liegt hinter uns. Man hört schon, wie das Umlenkrad im Dach knarzt. Ein Augenblick, der einem die Schauer über den Rücken jagt.
"Sie blicken nicht durch, Mann", sagt sie, als das gigantische Zahnrad in Sicht kommt. "Keine Ahnung, warum Sie's zum Redakteur gebracht haben, wenn ich bloß den Lehrling spielen darf. Sobald hier das Rauchen verboten ist, steig' ich aus und nehm' die nächste Kabine. Ist doch wohl klar, oder?"
Ich beiß' mir auf die Zunge, daß ich nicht gleich darauf gekommen bin. Naja, ist noch früh am Tag. Die Kabine ruckelt seitwärts über ihren höchsten Punkt und beginnt den Sinkflug.
"Also gut", sage ich. "Vergessen wir das Ganze. Hätt' mich eben nur interessiert, was für ein Namen Ihnen komisch vorkommt."
Sie betrachtet schweigend ihr eben vollendetes Werk. Durchgestrichene Zigarette, die Zweite. Es verschlägt einem schier den Atem.
"Bittel-Bettel ", füge ich probeweise hinzu.
"Nächster Durchgang", sagt das Mädchen und springt in den sechsten Stock hinaus. Sportredaktion. Ein paar Wichtigtuer lungern auf dem Flur herum und trinken Red Bull. "Morgen, Morgen". Ich bleib' ihr dicht auf den Fersen.
"Panta rhei", murmelt sie, während wir auf die Kabine warten. "Alles fließt. Heraklit von Ephesus. Vorsokratiker. 550 bis 480. Ante, versteht sich."
Was soll man darauf schon sagen. Zum Glück ist's bereits wieder an der Zeit, ein neues Kabäuschen zwecks Verschönerung zu entern. Panta rhei, in der Tat.
"Dann lesen Sie mal, was über den Vorschriften steht", sagt sie. Ein Aschetürmchen fällt von ihrer Gitane.
"Personen-Umlaufzüge", sage ich. "Irgendwelche Probleme damit?"
"Allerdings", sagt sie, während sie die Schablone ausmalt. Ich starr' auf ihren Hintern, dann wieder auf diese Vorschriften. Und grüble, wie krumm die Welt beschaffen ist. Wo sich ohne Warnung und ohne die geringste Not anscheinend Abgründe auftun, denen ich nicht gewachsen bin.
"Ich geb's auf", sage ich. Sie bläst abfällig eine Locke aus der Stirn. Knallt den Farbeimer auf den Boden. Und stemmt eine Faust in die Hüfte.
"Dann will ich Ihnen mal auf die Sprünge helfen, Herr Redakteur", sagt sie mit blitzender Brille. "Worum, würden Sie sagen, handelt es sich hier? Um einen Zug zum Umlauf nutzloser Journalisten, oder?"
"Genau", gebe ich zu.
"Folglich müßte das Ding Personenumlauf-Zug heißen", sagt sie. "Und nicht Personen-Umlaufzug."
Die subtile Pause, mit der sie die Bindestriche akustisch zum Ausdruck bringt, macht mich derart sprachlos, daß ich nur nicken kann.
"Andererseits", fährt sie unerbittlich fort, "dient dieses Förderungsmittel in allererster Linie als Aufzug für alles, was hineinstampft. Und müßte insoweit als Personenuml-Aufzug angesprochen werden."
Mir schwirrt der Kopf. Beinahe verpass' ich den Absprung im zweiten Stock.
"Einen Augenblick, bitte", sprudle ich hervor. "Es ist noch früh am Tag, und da bin ich irrtumsanfällig. Wollen Sie wirklich allen Ernstes behaupten, daß hier Personenumls befördert werden sollen?"
"Jetzt haben Sie's langsam geschnallt", sagt das Mädchen und steigt in die nächste Kabine. Ich hinterher. Was bleibt mir groß übrig.
"Das Ganze läuft also auf folgende zwei Möglichkeiten hinaus", sagt sie. "Entweder ist das hier ein Personenumlauf-Aufzug oder ein Personen-Umlaufaufzug."
Sie kraust das Näschen, während sie versucht, die subtilen Unterschiede hörbar zu machen. Gekrauste Näschen reißen mich gewöhnlich hin. Aber nicht, wenn ich dermaßen verwirrt bin, daß ich nur nicken kann. Am liebsten würde ich jetzt bei einem Glas Weißbier unter den Kastanien sitzen. Und die ganze, vertrackte Angelegenheit in aller Seelenruhe Revue passieren lassen. Doch dieses Miststück von einem Verlagslehrling denkt nicht daran, mir eine Atempause zu gönnen.
"So weit, so gut", sagt sie. "Der Haken dabei bleibt, daß ein Umlaufen von Personen eine Tätigkeit dieser Personen ist. Ein willentlich gesteuertes Tun, begreifen Sie? Personen, denen nichts besseres einfällt, als umzulaufen. Heut lauf' ich um, denken die sich. Ist nichts dabei, denken die. Ich brauch's nur zu tun. Von wegen."
Im Erdgeschoß steht die Sekretärin der Wissenschaftsredaktion. Starrt uns mit Kuhaugen an. Und raucht. Während wir den Pforten der Hölle entgegensinken. Vorbei an diesem Schild mit dem tröstlichen "Letztes Stockwerk. Weiterfahrt ungefährlich". Dem ich noch nie über den Weg getraut habe.
"Ich verstehe kein Wort", sage ich.
"Das glaub' ich gern", sagt das Mädchen frech und pinselt. "Der Witz ist doch, daß dieser Zug oder Aufzug oder Umlaufzug die ganze Angelegenheit fest im Griff behält. Es liegt überhaupt nicht in Ihrer Macht, ob Sie umlaufen oder nicht. Umlaufen ist keine Tätigkeit wie Ihre Schreiberei. Dieser Bafög-Kommentar von gestern. Immer das gleiche Gesülze. Schauderhaft. Sie sind ein Sklave dieses Paternosters. Sie können mir nur leid tun."
Das stampfende Umlenkzahnrad befördert uns durch den Tiefpunkt des semantischen Ungetüms. Im wörtlichen wie übertragenen Sinne.
"Sie sollten zum Feuilleton gehen", sage ich lahm. "Ich glaube nicht, daß ich schon einmal etwas derart Schwachsinniges gehört habe."
"Ihr Problem", sagt sie. "Sie hätten ja nicht zu fragen brauchen."
Und steigt im Erdgeschoß aus. Wo sie die kuhäugige Sekretärin mit einem herzlichen "Morgen" begrüßt. Bis zum vierten Stock ist's eine Weile hin. Die frische Farbe riecht widerlich. Keine Ahnung, warum ich sie nicht nach ihrem Namen gefragt habe. Redakteure und Verlagsleute wollen wenig miteinander zu schaffen haben.
Eigentlich schade, denk' ich mir. Und die Jahre vergehen, ohne daß einer das geringste dagegen unternehmen kann. Während dieser Paternoster jeden lieben Tag so umläuft. Und mit den allfälligen Personen tut, was er will. Panta rhei. Wer hätte das gedacht.

 

Hallo Daniel,

und herzlich willkommen hier.
Deine Geschichte kommt etwas schwer in Fahrt, mit dem jungen Mädchen hat sie zwar Tempo, aber irgendwie einen Diskussionsgegenstand, bei dem es mir ähnlich schwer fiel, zu folgen, wie dem Icherzähler. Und außerdem müsste es Personenumlaufzug heißen. Ohne Bindestrich. ;)
Es könnte eine Geschichte darüber sein, dass man sich durch eine Begegnung oder ein Ereignis über etwas Gedanken macht, dass einem zuvor nie aufgefallen ist. Ob dafür ein so unwichtiger Begriff geeignet ist, mögen andere beurteilen, mir fällt halt die Wortklauberei des Mädchens auf, die in Anbetracht der in der Geschichte auftauchenden Begriffe, bei denen das Sprachgefühl nicht so wichtig genommen wird, etwas komisch erscheint, vor allem, wenn der Icherzähler auch noch Journalist, also Mann des Wortes ist.
Atmosphärisch wirkt die Geschichte in etwa so wie ein Paternoster, man hat den Eindruck, der Icherzähler hätte so in etwa das gleiche Alter wie das Gerät, was vielleicht auch an der verwendeten alten Rechtschreibung gewöhnt. Das ist grundsätzlich nicht schlecht, auch wenn es mich in dem Moment, in dem Red Bull getrunken wurde, etwas rausgerissen hat.
Details:

Jeden Tag fahre ich diesen Paternoster im Süddeutschen Verlag morgens hinauf und abends herunter.
hinunter
So daß man bloß in eines der gemächlich rauf- oder runterfahrenden Kabäuschen springen muß
die Richtung muss nicht mehr angegeben werden, die kennen wir ja schon.
Irgendwo haben ein paar Irre sogar einen Verein zur Erhaltung der letzten überlebenden Paternoster gegründet.
warum sind die irre?
Schon ein seltsames Land, in dem wir da leben
"da" ist ein Füllwort und wrde auf ein Land weit fort weisen
In den Kabinen sind Zettel mit Vorschriften für einen zweckmäßigen Gebrauch von "Personen-Umlaufzügen" aufgehängt.
nein, es sind Vorschriften für "den" zweckmäßigen Gebrauch, nicht für irgend einen.
Das gelegentliche Wechseln in das Café an der Ecke nicht eingeschlossen.
den gelegentlichen Ausflug, Weg?
ganz gleich, um welche absurde Zeit oder in welcher abartigen Richtung man den Paternoster benutzt
aburde zeit kann ich mir ja noch vorstellen (bspw. 2:00 Uhr morgens), aber in welche abartige Richtung soll der Paternoster denn fahren? Rechts oder links?
steht da in ihrem ziemlich blöden Kostüm samt ihrer ziemlich blöden Figur darin.
hier wäre es gut zu wissen, was denn der Icherzähler für ein blödes Kostüm oder eine ziemlich blöde Figur hält.
als erprobte sie eben ein besonders flatulenz-resistentes Rezept ihres protestantischen Ressortchefs.
Tempus: Konjunktiv 1 erprobe
Eine qualmende Gitane hängt ihr im Mundwinkel.
kann er das riechen oder kann er den kleinen Schriftzug auf dem Papier sehen?

Lieben Gruß, sim

 

Huhu.

In einem Punkt irrst du: Den Paternoster gibt es tatsächlich (München, Sendlingerstraße 8), und er wird in allen Warnhinweisen tatsächlich als "Personen-Umlaufzug" bezeichnet - just darüber mache ich mich lustig.

Und selbstredend riecht man als Raucher ne Gitane überall heraus - mal davon abgesehen, dass nur die ein gelbes Deckblatt hat.

LG

DK

 

Oh, die Existenz des Paternosters wollte ich gar nicht in Frage stellen. Auch glaube ich dir sofort, dass dort "Personen-Umlaufzug" auf den Warnhinweisen steht. Wir lieben in diesem Land schließlich überflüssige Bindestriche, die entgegen ihres Namens trennen, was zusammengehört. ;)

Ich habe eine Zeit lang die Gitanes für Weicheier geraucht, die hatten natürlich kein gelbes Deckblatt. Insofern war ich hier wirklich auf der falschen Spur.

Lieben Gruß, sim

 

gefällt mir sehr gut. ist alles drin: paternoster als gleichniss zur tretmühle des alltages, fiese kleine mädchen die den prot mit ihrer klugheiten ärgern. Gut auch die selbstironie "ich sagte etwas lahm..."
Aber das von Michael ende abgekupferte "aber das ist eine andere geschichte und soll ein andermal erzählt werden"würd ich rauslassen.
Auch würd ich nicht gar so viele punkte setzen. Und es fehlt mireine assoziation-denn daran denken wir ja alle wenn wir paternoster hören:der 30er jahre-gangsterfilm, wo der ermordete dann aus dem p. purzelt

Ich kann mich der sprachlichen und text-kritik von sim nicht anschliessen, die von ihm angekreideten pumkte sind net wirklich sprachlich schief oder unverständlich , sondern halt eher geschmackssache. Finde ich.

 

Tempus: Konjunktiv 1 erprobe
also das finde ich jetzt I-tüpfele-gschiss. vergangenheit ist allgemein akzeptiert.
der text wird durch das "erprobte"nicht unverständlich, und obenhin wirkt "erprobe" hoch-gestochen/näsig.

 

jaja Peter du Großer. Steht auf meiner Stirn eigentlich irgendwo "schlagt und tretet ihn"?
Warum um Himmels Willen ist es nicht möglich, dass ich einmal einen Kommentar schreiben kann, ohne dass sich irgendjemand, der anderer Meinung ist, genötigt fühlt, mich persönlich zu beleidigen?
Du bist anderer Meinung, damit kann ich genau so leben wie damit, dass meine Anmerkungen nicht umgesetzt werden. Es sind Anmerkungen, keine Vorschriften. Ich finde es schön, dass du die Geschichte magst, ich mochte sie in ihrer Atmosphäre ja auch.
Was also soll das Nachtreten in Beitrag 6 dieses Threads? Du hast doch in Beitrag 5 schon ausgedrückt, dass du anderer Meinung bist.

Mir vergeht aufgrund solcher Gemeinheiten echt die Lust, überhaupt noch Zeit in Geschichten zu investieren.

Gruß, mis

 

Oh, btw. Folgende Frage eines Neulings:

Kann man hier auch Geschichten einstellen, die man vor längerer Zeit veröffentlicht hat, die aber nicht mehr erhältlich sind, weil der betreffende Buchverlag ersatzlos vom Markt verschwunden ist?

LG DK

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Daniel!

Also ich bin ja Paternoster-Liebhaber. Wenn ich irgendwo einen sehe, muß ich ein paar Mal oben drüber und unten durch, vorher kann ich nicht weitergehen. :D

Irgendwo haben ein paar Irre sogar einen Verein zur Erhaltung der letzten überlebenden Paternoster gegründet. Schon ein seltsames Land, in dem wir da leben.
Würde ich in Deutschland leben, würde ich vielleicht auch zu diesen Irren zählen, denn ich liebe Paternoster nicht nur, ich finde auch, daß sie in Amtsgebäuden etc. einige Vorteile gegenüber herkömmlichen Aufzügen haben. So muß man etwa nicht ewig warten, bis die Kabine kommt – es kommt ja eine nach der anderen, und während der eine in die eine Richtung fährt, kann der andere gleichzeitig in die andere Richtung fahren, muß nicht erst vom dritten Stock ins Erdgeschoß mitfahren, um dann in den fünften Stock zu gelangen. Aber ich will hier nicht versuchen, Dich von den Vorteilen zu überzeugen, sondern nur zeigen, daß man nicht unbedingt irre sein muß, um an Paternostern etwas Gutes zu finden.
Weiters hat die Vereinsgründung, wie ich gelesen habe (übrigens nicht »irgendwo«, sondern ausgerechnet in München), den Grund gehabt, daß bei Euch nicht nur keine neuen mehr gebaut werden dürfen, sondern sogar bestehende und funktionierende Anlagen abgebaut werden sollten. Das wäre ja nun wirklich großer Unfug und ich finde es schön, daß der Verein das verhindert hat, sodaß sie zumindest noch fahren dürfen, bis sie ausgedient haben.
Wirklich ein seltsames Land, in dem Menschen ihre Meinung sagen und verteidigen …
Da hab ich übrigens eine Liste noch in Betrieb befindlicher Paternoster gefunden. Ich war überrascht, wie viele es noch gibt. :)

So, jetzt aber weiter zur Geschichte:

Nur zur Erinnerung: ein Paternoster ist ein Fördermittel, eine Art Lift. Das Ding besteht aus einer endlosen Kette, die von zwei Umlenkrädern - eines im Dach, eines im Keller - angetrieben wird. In die Kette sind offene Tragkabinen eingehängt, eine unter der anderen. So daß man bloß in eines der gemächlich rauf- oder runterfahrenden Kabäuschen springen muß. Und schon geht's dahin. Mehr oder weniger zügig.
Glaubst Du wirklich, daß die Leser nicht wissen, was ein Paternoster ist? – Für den Antrieb sorgt aber natürlich ein Motor, also z. B.: »… einer endlosen Kette, die über zwei von einem Motor angetriebene Umlenkräder läuft – eines im Dach, eines im Keller.«

Gibt nicht mehr viel von der Sorte in Deutschland.
Einerseits würde ich nach »Sorte« einen Punkt machen – warum einschränken? –, andererseits fehlt irgendwie ein »Es« am Satzbeginn, dessen Fehlen ich nicht unbedingt als literarisches Bonbon betrachte.

In den Kabinen sind Zettel mit Vorschriften für einen zweckmäßigen Gebrauch von "Personen-Umlaufzügen" aufgehängt.
Hier hat sim natürlich Recht, wenn er das »einen« beanstandet – auch bei den anderen Anmerkungen stimme ich ihm zu, außer der mit dem Bindestrich bei den Personen-Umlaufzügen.

Man hat jede Menge Zeit, die Vorschriften zu studieren. Weil so eine Paternoster-Kabine ziemlich lange braucht, bis sie im vierten Stock oben ist.
Bei gewöhnlichen Aufzügen steht man halt vor der Tür und wartet, und dann sind schon Leute drin, die erst in ein ganz anderes Stockwerk wollen – so ist man auch nicht schneller.

Wohlverstanden: steht da in ihrem ziemlich blöden Kostüm samt ihrer ziemlich blöden Figur darin. Und ihren gefärbten Haaren. Die grosso modo aussehen, als erprobte sie eben ein besonders flatulenz-resistentes Rezept ihres protestantischen Ressortchefs.
Ich hab das wohl nicht ganz verstanden. Also ihr Vergehen besteht nicht darin, überhaupt da zu stehen und zu rauchen, sondern darin, das in ihrem Kostüm, samt ihrer Figur und mit ihren Haaren zu tun? Oder hat das eher damit zu tun, daß die Geschichte nicht so ganz frei erfunden ist und sich die Dame samt ihrem Ressortchef irgendwie Deinen Zorn zugezogen hat? Das ist natürlich grundsätzlich Deine Sache, aber für die Geschichte fände ich es nur passend, wenn Du den Leser auch aufklärst, warum der Protagonist alles an ihr blöd findet, sonst wirkt es sich eher nachteilig auf den Eindruck aus, den der Protagonist beim Leser hinterläßt. ;)

Was das konkret bedeutet, muß man selbst erlebt haben. An einem heißen Tag. Wenn dem unsensiblen Mitfahrer das Deo ausgegangen ist.
Was willst Du damit sagen? Im Vergleich zur geschlossenen Kabine mit acht Personen ist man doch im Paternoster gut dran.

»Und abends sagt man, wenn man ehrlich ist, "Scheißtag, heute".«
– “Scheiß Tag, heute“ (Adjektiv wie »beschissen«)

»Das Mädel ist um die Zwanzig.«
– klein: zwanzig

Hinter der Schablone kommt ein Piktogramm zum Vorschein. Ein durchgestrichener, roter Kreis, hinter dem eine schwarze Zigarette lustig vor sich hinraucht.
Wie macht sie denn das, daß sie zwei Farben zugleich malt, und das mit einer Schablone? Sie müßte doch wohl erst eine Farbe malen, warten, bis sie getrocknet ist, und kann erst dann mit der nächsten Farbe weitermalen, nicht?

»"So lang ich das Verbot nicht angebracht habe, kann ich rauchen, bis die Backen dampfen."«
– zusammen: Solang

»Ein Augenblick, der einem die Schauer über den Rücken jagt.«
– wieso nicht »der mir die Schauer …«? Man sollte nicht immer von sich auf andere schließen.

»sagt sie, als das gigantische Zahnrad in Sicht kommt.«
– es ist ein »Kettenrad«

»Die Kabine ruckelt seitwärts über ihren höchsten Punkt und beginnt den Sinkflug.«
– daß es da oben ziemlich finster ist, findest Du nicht erwähnenswert?

»Hätt' mich eben nur interessiert, was für ein Namen Ihnen komisch vorkommt."«
– Name ohne n

»"Alles fließt. Heraklit von Ephesus.«
– Ephesos


Während dieser Paternoster jeden lieben Tag so umläuft.
Die korrekte Bezeichnung ist tatsächlich Personen-Umlaufzug. Der Bindestrich sollte gerade dazu dienen, die in der Geschichte beschriebenen Mißverständnisse auszuschließen. Die Kabinen bilden einen Zug und laufen immer rundum, daher Umlaufzug. Beim zitierten Satz ist mir nicht klar, ob der Protagonist das nun verstanden hat, oder ob er sich damit weiter über Nichtverstandenes lustig machen will. Vielleicht kannst Du das ja noch verdeutlichen.
Jedenfalls würde ich Dir dazu raten, es ihn verstehen zu lassen, weil es sonst doch etwas komisch aussieht, wenn ein sprachkundiger Journalist sich von einem Malerlehrling sowas einreden läßt, während sich der Leser die ganze Zeit denkt »was die für einen Blödsinn redet …«.

Liebe Grüße,
Susi :)


Kann man hier auch Geschichten einstellen, die man vor längerer Zeit veröffentlicht hat, die aber nicht mehr erhältlich sind, weil der betreffende Buchverlag ersatzlos vom Markt verschwunden ist?
Gewiss. Wenn die Rechte bei Dir liegen.
Allerdings solltest Du die Geschichten auch überarbeiten, also besser erst einmal mit dieser hier beschäftigen. ;)

 

mich persönlich zu beleidigen?
Gruß, mis

Aber aber, wer wird denn gleich? Wüsste nicht das ich dich persönlich beleidigt hätte, bist ja nicht mein sohn, haha, toller witz.
Jetz aber mal im ernst: du wirst dich doch nicht durch so einen mist auf die palme bringen lassen. Ich hatte einfach lust ein konkretes beispiel zu geben, warum ich im allgemeinen die textkritiken von manchen mitgliedern manchmal zu dogmatisch dudenorientiert finde und darum oft nicht teile. musst ja nicht einer meinung sein.
nix für ungut.

 

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