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Phönix aus der Asche

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30.08.2006
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Phönix aus der Asche

"Und wie wäre es mit dem?"
"Vergiss es. Das ist ein Schlappschwanz!"
Der Mann auf dem Foto sah sympathisch aus, irgendwie nett, ähnelte ein klein wenig Julias Vater. Sie nahm den Schnellhefter und legte ihn auf den Stapel mit den aussortierten Kandidaten.
"Und der hier?" Sie reichte David eine weitere Mappe hinüber, dieser warf einen prüfenden Blick auf das Dossier, um nach kurzem Nachdenken dann den Kopf zu schütteln:
"Im Prinzip nicht schlecht, aber zu wenig Biss. Ihm fehlt die gesunde Aggressivität!"
"Es muss doch möglich sein, in einem Land mit zehn Millionen Arbeitslosen jemanden zu finden." Julia hatte mit einem Anflug von Resignation gesprochen. David hob den Kopf, sah hinüber zu ihrem Schreibtisch und sprach in ernstem Tonfall:
"Das Problem ist: Wir suchen nicht irgendjemanden, sondern den Besten. Einen Misserfolg kann ich mir nicht leisten." Das war deutlich genug, Julia nickte.

Frank sah sich um, der Raum wirkte irgendwie zu groß für seinen Geschmack. Ein offener Kamin, die repräsentativ gestaltete Bibliothek, welche eine gesamte Längsseite in Beschlag nahm, teuer wirkende Sitzgarnituren, ein Tisch aus dunklem Tropenholz: Alles kam ihm in der Summe zu protzig, zu nobel vor. Seltsam eigentlich, denn früher hatte er sich hier wohl gefühlt. Was war mittlerweile anders? Er wurde aus seinen Gedanken gerissen als ihn Martin - sein Gastgeber - ansprach:
"Was kann ich dir zu trinken anbieten?"
"Irgendeinen von deinen Single-Malts. Ich gehe mal davon aus, dass du immer noch gut sortiert bist." Martin machte sich auf den Weg und kehrte wenig später mit einem Whiskey-Glas zurück, welches bis über die Hälfte gefüllt war.
"Herzlich willkommen, Frank. Schön dass du da bist." Er übergab das Glas und fügte in jovialem Tonfall hinzu:
"Und, altes Haus, wie geht es dir?"
"Wenn ich ehrlich sein soll: Beschissen. Ich bin am Ende", erwiderte Frank und nahm einen kräftigen Schluck.
"Schieß los, ich habe mir den ganzen Abend Zeit genommen." Martin schien noch der Alte zu sein, seine Stimme hatte ihren warmherzigen Klang nicht verloren. Frank stellte das Glas ab und antwortete:
"Um es auf den Punkt zu bringen: Ich bin Pleite. Mein Verleger gibt vor, mich nicht mehr zu kennen. Und wenn du draußen auf der Straße jemanden anquatschst und fragst 'Was halten sie von Frank Ferger?' dann wird er dir antworten: 'Keine Ahnung, wer ist das?' So sieht's aus, ich bin ein Fall für die Fürsorge."
"Na, aber du hattest doch damals diesen Riesenerfolg, der Bestseller, wie hieß er doch gleich nochmal?"
"Die Nacht in Casablanca."
"Ja, genau der. Da musst du doch prächtig verdient haben dran."
"Das ist über 15 Jahre her. Wie gewonnen, so zerronnen, das weißt du doch." Natürlich wusste Martin das. Er beobachtete, wie Frank zu seinem Glas griff und einen weiteren Schluck nahm. Bald würde er Nachschub holen müssen, vielleicht aber besser keinen 30-jährigen.
"Und warum meldest du dich da erst heute bei mir? Wir sind doch Freunde, Frank!" Martins Stimme, in der Tat klang sie noch wie früher. Freunde hatte er gesagt, waren sie das noch? Auch heute, nach so vielen Jahren? Kein guter Zeitpunkt, um daran zu zweifeln. Ein Ertrinkender fragte nicht nach der Reißfestigkeit von Strohhalmen. Peinlich, es war einfach zutiefst peinlich. Er leerte das Glas, stammelte:
"Ach weißt du Martin, ich weiß nicht recht, wie ich das jetzt sagen soll, also..." Martin, winkte ab.
"Ich hole dir erst noch mal eine Ladung von dem Gesöff und dann wollen wir sehen, was ich für dich tun kann."

Martin kam mit einem gefüllten Glas zurück.
"Frank, ich habe da eine Idee"
Der angesprochene stand vor dem Bücherregal und antwortete: "Habe ich dir damals kein Belegexemplar zukommen lassen?"
"Belegexemplar wovon? Ach, von der Nacht in Dubai. Möglich, vielleicht hat es aber optisch nicht zu den anderen Büchern gepasst."
Das wird es wohl sein, dachte sich Frank und wandte sich ab von der ungelesenen, schweinsledernen Pracht, deren Hauptzweck es wohl war, den Schein von Bildung zu vermitteln.
"Hör mal Frank, ich kenne da ein paar Leute vom Heimatschutzministerium, die wollen so ein Projekt anleiern, vielleicht könnte man dich ja dort unterbringen..."
Das war Martin, wie er leibte und lebte, dachte sich Frank. Nichts hatte sich geändert. Martin, der Netzwerker, Martin der Sunnyboy, Martin der Frauenschwarm, jener Martin, der im Studium immer schlechtere Noten gehabt hatte als er selbst. Nur ein einziges Mal hatte Frank Grund gehabt, sich überlegen zu fühlen: Als von den Käufern jenes emporgejubelt worden war, das Frank aus seiner Bibliothek verbannt oder niemals in sie aufgenommen hatte.

Der Abend verging, Glas um Glas und beide mussten feststellen, dass sich die Jahre in denen sie nichts voneinander gehört hatten, nicht füllen ließen, jedenfalls nicht an einem Abend. Und was auch immer Martin an Erfolgsgeschichten zu erzählen hatte, machte es nicht besser, denn Frank konnte dem nichts Gelichwertiges entgegensetzen. Irgendwann war die Unsymmetrie der Unterhaltung, das Ungleichgewicht der Kräfte unübersehbar geworden. Frank war in die Defensive geraten, nicht mehr in der Lage, den schönen Schein der Höflichkeit aufrecht zu erhalten und in der Position des demütigen Bittstellers zu bleiben. Erfolg und Misserfolg, eine glänzende Karriere und ein Jahrzehnt des Rückzuges waren aufeinandergeprallt. Natürlich hatte letztendlich die Kraft des trockenen Zynismus gegen die Trunkenheit gewonnen. "Ich werde Joshua bitten, dich nach Hause zu fahren", hatte Martin angeboten.
"Der Nigger soll mich nicht anrühren!"
"Frank, ich bitte dich!"
"Ja, ich bin rassistisch. Aber ich bin betrunken. Meine Betrunkenheit gibt mir das Recht, das Recht so zu sein, wie ..." Frank war nicht in der Lage, den Satz zu beenden. Er wurde von Martin zur Tür geleitet, wo er in einem letzten Kraftaufgebot es tatsächlich schaffte, sich nach allen Regeln der Höflichkeit zu verabschieden um sich dann widerstandlos von Joshua zum Wagen begleiten zu lassen. Ein nachdenklicher Martin entließ ihn hinaus in die Nacht, folgte ihm in seinen Gedanken ein Stück auf dem Weg durch die dunklen Straßen der Stadt. Auch Frank war gedanklich noch in der Welt, die er hatte besichtigen und verkosten dürfen, eine Welt der antiken Möbel, des alten Whiskey und der Dienstboten.

David warf die Bürotür zu. Julia sah auf den ersten Blick, dass er wütend war, verärgert, kurz vor der Explosion stand. "Was ist los, David?" Er hielt ein Dossier in Händen, knallte es auf den Tisch, deutete mit dem ausgestreckten Zeigefinger darauf. "Weißt du was das hier ist?"
Julia schüttelte den Kopf. "Nee, keine Ahnung. Ein Lebenslauf?"
"Von so einem Arschloch, das prima Beziehungen hat. Und weißt du, was wir jetzt machen müssen?"
"Eine weitere Einladung verschicken."
"Schlaues Mädchen", knurrte David. Julia wusste, dass man in seiner momentanen Stimmung viel Spaß mit ihm haben konnte und verzichtete darauf, ihn beruhigen zu wollen. "Ich erledige das schon. Einladen können wir ihn ja erst einmal."
"Und dann?"
Julia hob die Schultern und meinte mit aller Seelenruhe:
"Wir werden sehen. Auf jeden Fall haben wir noch ein paar Tage Zeit, das zu überlegen."

"Bitte, nehmen sie Platz, Mr. Ferger. Mein Name ist Julia Bowers. Es dauert nur noch einen Augenblick, dann kommen wir auf sie zurück." Julia hatte den Raum verlassen, Frank sah sich um, ihn umgab die normale Sterilität eines Besprechungszimmers oder das, was er sich darunter vorstellte. Frank fühlte sich unwohl. Es mochte an dem Anzug liegen, in welchem er steckte, der unbekannten Umgebung, daran, dass er nicht den blassesten Schimmer hatte, was ihn erwartete. Dies war eine fremde Welt und der Eindruck, der Zug sei abgefahren für ihn, ließ nicht wegschieben, auch wenn das hier nach einer echten Chance aussah. Was hatte er denn vorzuweisen? Einige, scheinbar ewig zurückliegende Erfolge als Schriftsteller und einen Master of Arts, der noch älter war. Warten, sie ließen ihn warten, natürlich.

Nach einer Ewigkeit der kreisenden, immer gleichen, unverändert hoffnungslosen Gedanken öffnete sich die Tür. Ein Herr trat ein, Mitte vierzig, dynamisch wirkend, ihm folgte Julia.
"Guten Tag. Ich bin David Lieberman und das ist meine Assistentin Julia Bowers." Sein Händedruck verriet Härte, Entschlossenheit.
"Nehmen sie doch wieder Platz, Mr. Ferger."
Frank setzte sich, faltete die Hände und war sich unsicher, ob er die Initiative ergreifen sollte. Die Entscheidung erübrigte sich.
"Wir haben sie eingeladen, weil wir ihren Lebenslauf 'interessant' finden. Ich fasse einfach einmal die wesentlichen Details zusammen: Sie sind Schriftsteller und haben vor einigen Jahren einige erfolgreiche Bücher auf den Markt geworfen. Was die letzte Zeit betrifft, so war nicht sonderlich viel von ihnen mitzubekommen. Man könnte sagen, sie sind irgendwo in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Trifft das ihrer Meinung nach zu?"

"Nun, das mag vielleicht nach außen hin so erscheinen. Natürlich habe ich die Zwischenzeit genutzt, die entstandenen Werke waren jedoch nicht ganz so publikumswirksam."
"15 Jahre sind eine lange Zeit, Mr. Ferger", stellte Julia trocken fest.
War das ein Kreuzverhör? Ein gute Figur, er musste eine gute Figur machen, souverän wirken.
"Es hängt auch damit zusammen, dass ich meine Arbeitsweise geändert habe. Die aktuellen Projekte erfordern einfach deutlich mehr Recherchearbeit."
"Aha", erwiderte David mit der Trockenheit eines Staubtuchs. Frank fühlte wie seine Hände feucht wurden. Was erzählte er hier nur für eine Scheiße? Das würde ihm doch kein Mensch glauben. Er hatte es hier mit Profis zu tun.
"Mr. Ferger, wir wollen doch nicht unsere Zeit miteinander verschwenden. Sie wissen, warum sie heute hier sitzen", setzte Julia das Verhör fort. Einen Moment stand Stille im Raum, die beklemmende Erkenntnis für Frank, dass es nichts mehr zu beschönigen gab, seine Anwesenheit hier lediglich dem Einfluss Martins zu verdanken war.

David hakte nach: "Lassen sie uns zur Sache kommen. Wie belastbar sind sie?"
"Belastbar? Wie meinen sie das, bitte?"
David lächelte. Weidete er sich an Franks Hilflosigkeit? Julia deutete auf das Dossier, das sie mitgebracht hatte.
"Mr. Ferger. Wir wissen alles über sie. Ihre Alkoholprobleme, dass sie in den letzten Jahren keine verkaufbare Zeile mehr zu Papier gebracht haben. Und dass sie Geld brauchen, dringend."
"Und wir hätten da ein Projekt für sie, zugegeben keine leichte Aufgabe, aber mit etwas Engagement...", fügte David hinzu. Seine letzten Worte versanken in einem Nebel, welcher aus dem Boden aufgestiegen war. Mit einem Schlag war sie verschwunden, die imaginäre Scheinwelt der Hoffnungen und Frank war in einer Realität aufgeschlagen, deren auf ihn einstürzende Bruchstücke sich an ihm vorbeidrehten, wie im schlimmsten Rausch seines Lebens. Irgendwo aus der Ferne hörte er eine Stimme, die Stimme einer Frau: "Sehen sie Mr. Ferger, dass sie heute praktisch niemand mehr kennt, die einfachen Verhältnisse, in denen sie jetzt leben, das muss kein Nachteil für das sein, was wir mit ihnen vorhaben... Sie kennen doch den amerikanischen Traum, vom Tellerwäscher zum Millionär..."

Frank saß auf der Bank und genoss, wie ihm die Sonne ins Gesicht schien. Es war ein schöner Spätsommertag, angenehm warm und die Luft hatte eine wunderbare Klarheit welche zugleich Weite bedeutete. Bald würde es Herbst sein, die Tage würden kürzer werden und kälter. Der Hafen, die Silhouette der Stadt in der Ferne, alles das strahlte eine angenehme friedliche Ruhe aus, die nur von Zeit zu Zeit durch das Vorbeihecheln eines Joggers unterbrochen wurde. Frank nahm die Sonnenbrille ab und legte sie neben den Block mit dem Stift. Er öffnete das Buch und las weiter. Manche Bücher waren anstrengend zu lesen, freiwillig hätte er sich niemals mit diesem Werk auseinandergesetzt, aber er hatte keine Wahl. Er brauchte fundierte Hintergrundinformation.

Doch da war noch ein zweiter guter Grund, dieses Buch zu lesen. Auch wenn er sich davor hütete, es sich selbst offen einzugestehen, aber es gab eine unheimliche Verbindung zwischen seinem eigenen Leben und dem des Autors: Das, was der Autor erlebt hatte, würde auch ihn erwarten, wenngleich in zeitgemäßerer Form. Und was der Autor erlitten hatte, hing mit seinem Buch zusammen, so schloss sich der Kreis. Erlitten hatte? Nein, man sollte vielleicht besser von Heldentum sprechen, oder um David Liebermans Worte zu benutzen, von einer nationalen Aufgabe. Die Zeit sei reif für ein Werk, welches die Nation wachrüttle, von jedem verstanden werde und bis in letzte Ghetto vordringe. War es möglich, diesen Ansprüchen gerecht zu werden?

Wie auch immer die Antwort ausfallen mochte, Frank hatte einen Vertrag unterschrieben. Und zugegeben, die Aussicht mit der Unterstützung einer großen Werbekampangne aus tiefster Seele in Ressentiments und Feindseeligkeiten schwelgen zu können, brachten einen unerhofften Glanz in seine alten Tage.

Eine Joggerin lief vorbei, ein der Ferne wurde ein Containerfrachter angeschleppt. Ein Absatz, zwei Absätze, eine Seite. Frank nahm den Block und notierte eine Zeile. Das Buch, in dem er gelesen hatte landete auf der Bank. Salman Rushdie war auf seinem Einband zu lesen, "Satanische Verse" der Titel.

 

Hey Nicole,

eine hübsche, kleine Pointengeschichte. Stilistisch sauber, wenn man auch ab und an mal einen Halbsatz einsparen könnte für meinen Geschmack. Bei so einer Pointengeschichte stützt sich natürlich alles auf die Pointe.

Ich dachte die ganze Zeit, dass sie einfach für eine Reality-Show „irgendeinen“ brauchen, so Comeback-Show-mäßig.
Aufgrund dieser Aussage:

"Es muss doch möglich sein, in einem Land mit zehn Millionen Arbeitslosen jemanden zu finden."
Hier verheimlichst du eigentlich unnötigerweise die Tatsache, dass sie einen Ex-Autoren finden müssen. Denn dass es zehn Millionen Arbeitslose gibt ist ja wurst, es kommt ja nur eine sehr geringe Anzahl an Personen in Frage.
Und ob dann jemand, dessen erfolgreichste Werk „Nacht in Casablanca“ hieß, den „Biss“ hat, ist eine andere Frage. Zumal er sich ja doch noch relativ gesittet benimmt.
In dem Gespräch mit seinem ehemaligen Freund könntest du da mehr Pfeffer reinbringen.
Diese Szene dient ja nur dazu, dem Leser zu vermitteln, dass er eben ein gescheiterter Schriftsteller ist. Hier könnte man ihn schärfer charakterisieren.

Das Thema selbst ist aber sehr ansprechend. Mohammed-Karikaturen, dieser Mini-Jostein-Gaarder-Skandal, Hera Lind, die Grass-Autobiographie. Aktuelles, böses Thema –gut geeignet für eine Satire. Wobei man natürlich wissen muss, was die „satanischen Versen“ sind und welches Leben Salman Rushdie seit der Veröffentlichung führt. Man braucht also außertextliches Wissen, um die Pointe zu verstehen.
Allerdings stimmt meiner Ansicht nach die Gewichtung der Geschichte nicht so ganz. Die Länge ist okay, allerdings wäre es mir lieber gewesen, du hättest nur zwei Szenen genommen (Das Gespräch mit Martin und das Gespräch mit dieser „Agentur“) und dann einfach weitergemacht und wärst richtig in diese Materie eingestiegen. Jetzt hast du viele kleine Szenen drin, die keine richtige Funktion haben, nur als Brückenszenen dienen können, weil du eben relativ wenig Stoff hast: Gescheiterter Schriftsteller – Agentur sucht jemanden wie ihn- Treffen – Pointe auflösen. Sind eigentlich nur vier Szenen.

Da bleibt noch viel Potential ausgenutzt. So hast du auch eine saubere, kleine Pointengeschichte, die mich leider nicht so richtig vom Hocker reißen kann.

Noch ein paar kleinere Anmerkungen:
Julia ist ja die Perspektivträgerin der Agentur-Absätze. Nennt sie ihren Chef wirklich „David“? Das mag dort so üblich sein mit den lockeren Umgangsformen, aber ich würde da trotzdem den „Herr Liebermann“ bevorzugen. Sonst hat man auch auf kurzem Raum drei Namen, Frank, David, Martin und vielleicht schon leichte Zuordnungsschwierigkeiten.

Mr. Ferger
Spielt das in Amerika? Hab mich schon über die zehn Millionen Arbeitslosen gewundert, okay Frank, David, Julia könnte man natürlich alle sowohl deutsch als auch englisch aussprechen, bin trotzdem von einem deutschen Setting ausgegangen und das irritiert mich nun ein wenig, vielleicht das Setting von vorneherein deutlicher machen. Aber dann „Mister“ doch besser ausschreiben.

ein der Ferne wurde ein Containerfrachter angeschleppt
Ein „e“ zuviel.

Natürlich wusste Martin das. Er beobachtete, wie Frank zu seinem Glas griff und einen weiteren Schluck nahm. Bald würde er Nachschub holen müssen, vielleicht aber besser keinen 30-jährigen.
Bisschen unsauber, der Perspektivwechsel im Absatz. Zumal er auch nicht zwingend notwendig ist, das ganze könnte durch Spekulation von Frank auch gut wiedergegeben werden.

und der Eindruck, der Zug sei abgefahren für ihn, ließ nicht wegschieben
„sich“ fehlt.

Einige, scheinbar ewig zurückliegende Erfolge
Ich würde das „scheinbar“ rauslassen. 15 Jahren sind natürlich keine „objektive“ Ewigkeit, aber das muss man nicht noch so genau betonen. Zumal scheinbar/anscheinend immer schwierig ist.

, ihm folgte Julia.
Aus der Perspektive von Frank folgte ihm „Miss Bowers“ oder seine Assistentin.

die imaginäre Scheinwelt der Hoffnungen
Imaginäre Scheinwelt ist schon so ein wenig tautologisch, oder?

die Luft hatte eine wunderbare Klarheit welche zugleich Weite bedeutete
, welche

Gruß.
Quinn

 

Hallo Quinn,

du bist ja wirklich ein hartnäckiger Lektor meiner Geschichtlein. Herzlichen Dank für die Mühe. Wo fange ich an, vielleicht hinten bei der Pointe.

Der Punkt, den du ansprichst, habe ich lange mit mir herumgetragen. Kennt man die "satanischen Verse"? Ich hatte kein ruhiges Gewissen, dachte mir aber Buch und Lebensgeschichte des Autors sind so bekannt, dass man es bringen kann.

Punkt zwei, die Handlung spielt in Amerika. Ich habe mir das kleine Späßchen erlaubt, Namen und Beschreibungen so zu wählen, dass man zwar über die 10 Millionen Arbeitslosen stolpern könnte, über die amerikanische Schreibweise von Whisky, über den farbigen Chauffeur aber letzendlich erst recht spät definitv erfährt, wo alles stattfindet. Die Pointe vor der Pointe sozusagen und anscheinend leicht daneben gegangen, naja.

Und ob dann jemand, dessen erfolgreichste Werk „Nacht in Casablanca“ hieß, den „Biss“ hat, ist eine andere Frage. Zumal er sich ja doch noch relativ gesittet benimmt.

Tja, den rechten Biss hat er eben nicht, bzw. er wäre nie zu dem Auftrag gelangt, hätte da nicht sein alter Freund kräftig nachgeholfen.

In dem Gespräch mit seinem ehemaligen Freund könntest du da mehr Pfeffer reinbringen.
Diese Szene dient ja nur dazu, dem Leser zu vermitteln, dass er eben ein gescheiterter Schriftsteller ist. Hier könnte man ihn schärfer charakterisieren.

Wird gemacht.

Julia ist ja die Perspektivträgerin der Agentur-Absätze. Nennt sie ihren Chef wirklich „David“? Das mag dort so üblich sein mit den lockeren Umgangsformen, aber ich würde da trotzdem den „Herr Liebermann“ bevorzugen. Sonst hat man auch auf kurzem Raum drei Namen, Frank, David, Martin und vielleicht schon leichte Zuordnungsschwierigkeiten.

Du hast vollkommen recht. Wollte ich ursprünglich auch machen, müsste aber dann schreiben Mister Liebermann und dann versaue ich mir den Amerika-Gag.

Die Länge ist okay, allerdings wäre es mir lieber gewesen, du hättest nur zwei Szenen genommen (Das Gespräch mit Martin und das Gespräch mit dieser „Agentur“) und dann einfach weitergemacht und wärst richtig in diese Materie eingestiegen. Jetzt hast du viele kleine Szenen drin, die keine richtige Funktion haben, nur als Brückenszenen dienen können, weil du eben relativ wenig Stoff hast: Gescheiterter Schriftsteller – Agentur sucht jemanden wie ihn- Treffen – Pointe auflösen. Sind eigentlich nur vier Szenen.

Hmmm. Einerseits hast du recht. Andererseits unterschlägst du in deiner Analyse ein Detail. Das Gespräch in der Agentur (meine Intention war eher republikanischer Think-Tank oder eine regierungsfinanzierte Propaganda-Firma)
ist nur zustande gekommen, weil Martin massiv nachgeholfen hat. Ich wollte damit das Thema Filz anreissen. Ob überhaupt ein arbeitsloser Schriftsteller gesucht wurde, bleibt offen. Es könnte auch ein PR-Mann oder Drehbuchautor sein, der "die nationale" Aufgabe wahrnehmen soll.

Kleine Pointengeschichte. Auch hier muss ich dir recht geben. Bin ja normalerweise nicht so recht Fan davon, muss mir aber sonst in der Regel Langatmigkeit vorwefen lassen ...

Auf jeden Dank herzlichen Dank für deine überaus hilfreiche Kritik.

LG,

N

 

Ich hatte kein ruhiges Gewissen, dachte mir aber Buch und Lebensgeschichte des Autors sind so bekannt, dass man es bringen kann.
Hallo Nicole,

Buch und Lebensgeschichte sind so bekannt, dass man es nicht bringen kann, ohne ihnen unrecht zu tun.
Zweifellos hat die verhängte Todesstrafe Buch und Autor populär gemacht. Unabhängug davon bleibt Rushdi aber ein toller Autor, dessen "Satanische Verse" ganz sicher nicht sein bestes, wenn auch populärstes Werk sind.
Aber das Urteil war ganz bestimmt nicht marketingtechnisch einkalkuliert.
Das heißt natürlich nicht, dass nicht Agenturen auf die Idee kommen können, die Geschichte entsprechend der Erfolgsaussichten strategisch zu reproduzieren, nur dem Rushdi mag ich das nicht anhängen. Den stellst du mit dieser Geschichte zu den "Unterschätzten Autoren".
Warum diese Geschichte in Amerika spielt, ist mir nicht einsichtig und ich muss gestehen, dass ich nicht darauf gekommen wäre, dass Martin Frank bei der Agentur vorgeschlagen hat, geschweigedenn auf Filz.
Vermutlich Amerika, weil dort der ANtiislamismus besonders groß ist und man vielleicht am ehesten von einer Wiederauflage der Rushdigeschichte profitieren würde. Aber dort denkt man doch in ganz anderen Maßstäben. ;)

Stilistisch habe ich nichts auszusetzen.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo sim,

erstmal vielen Dank für deinen Kommentar. Habe lange über deine Worte nachgedacht. Knabbere vor allem an dem Punkt mit Unrecht tun. Mir ist klar, dass du eine berechtigte Allergie gegen Nachfragen seitens der Autoren hast, drum einfach meine Sichtweise der Dinge ich erwarte auch keine weitere Reaktion.

Ich glaube wir sind uns einig in Punkto der Unangreifbarkeit Rushdis. Ich wüsste auch nicht, wo ich irgendetwas verbrochen hätte, das ihm zu nahe tritt. Ebenso sind wir uns anscheinend beide einig, dass man auf die Idee kommen könnte, das Ganze neu aufzurollen, wobei ich allerdings nicht an ein Remake gedacht hatte.

Meine Intention war, dass man im Dunstkreis der Leute, deren meistbenuitzte Phrase der "Kampf gegen den internationalen Terror" ist, auf die Idee kommen könnte das Thema "Kampf der Kulturen" medienwirksam, unterhaltend unters Volk zu bringen. Ich denke, dass Amerika für eine solche Idee der bessere Markt ist als Europa, was deinen Worten entsprechen könnte:

Aber dort denkt man doch in ganz anderen Maßstäben.

Dass Martin aus diesem Dunstkreis stammt ist offenbar nicht klar geworden und ein ernsthafter Kritikpunkt an der Story und damit ein guter Grund für eine Überarbeitung. Ich werde mich zeitnah daran machen.

ich muss gestehen, dass ich nicht darauf gekommen wäre, dass Martin Frank bei der Agentur vorgeschlagen hat

Im Original findet sich folgender Satz:

Einen Moment stand Stille im Raum, die beklemmende Erkenntnis für Frank, dass es nichts mehr zu beschönigen gab, seine Anwesenheit hier lediglich dem Einfluss Martins zu verdanken war.

Ich hätte gedacht, das ist deutlich genug.

Liebe Grüße, und danke fürs komplett lesen,

N

 

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