Portishead-Phase
Heute habe ich Geburtstag.
Es regnet, im Radio läuft Portishead und mein Herz liegt zerschmettert im Fußraum meines Autos. Obwohl es grau und dunkel ist, trage ich eine Sonnenbrille.
Dumpfe, tiefe Bässe klirren aus den Boxen, bringen die Innenverkleidung meines japanischen Kleinwagens zum erzittern. Meine Gedanken sind Watte, drehen sich im Kreis, immer um einen Satz herum: Es geht nicht.
Es ist eine Portishead-Phase. So wie ich sie früher schon öfters hatte.
Ich dachte eigentlich, ich wäre dem entwachsen, wäre zu alt für den Scheiß.
Immerhin habe ich eine Frau und Kinder ...
Es geht nicht.
Mein Kopf weiß das, weiß, dass es besser so ist.
Was von meinem Herzen übrig geblieben ist, liegt irgendwo zwischen ausgedörrten MacDonalds Pommes und alten Parkscheinen und summt die Melodie von Roads mit.
From this moment
How can it feel, this wrong
Klar, ich weiß das. Aber warum fühlt es sich trotzdem so falsch an?
Mir wird gerade bewusst, dass ich mit 80 KM/H über die rechte Spur krieche.
Ich konnte gestern Nacht nicht schlafen. Habe immer wieder ihr Gesicht gesehen.
Wie sie sich zu mir umdreht, lächelt und ihre Augen vor Verlangen glänzen.
Es kann nicht funktionieren.
Als wüsste ich das nicht selbst.
Kurz und knapp hat sie mir die Abfuhr erteilt.
Vergiss mich, ich war dumm.
Ich hoffe nur sie leidet, wie ich leide.
Hoffe für mich, dass sie nicht einfach nur gespielt, sich verspielt hat.
Ich wünsche mir, dass sie gestern Nacht auch nicht schlafen konnte. Ich wünsche mir, dass sie gerade ihre Radiohead, Coldplay oder von mir aus auch Reinhard Mey-Phase hat.
Ich wünsche mir, dass sie weinen musste.
Alles ist besser, als der Gedanke ich sei ihr eigentlich egal.
Es geht nicht.
Kurz angebunden, Buchstaben, die über einen Bildschirm flimmern, kalt, gefühllos.
Es geht nicht.
Keine Stimme die etwas verrät, kein Gesicht aus dem man lesen kann.
Es ist eine Portishead-Phase.
Ich nehme Anlauf auf dem 3-Meter-Brett meiner Gefühlswelt und springe voller Enthusiasmus in das Selbstmitleid-Becken hinein. Ich tauche ab in selbsteingeredeter Liebe, suhle mich im herbeigeführten Schmerz und genieße die Tatsache, dass ich endlich mal wieder so richtig schön leiden kann.
Es ist besser so.
Natürlich ist es besser so.
Ich weiß das.
Sag das aber mal den Kollegen im Fußraum, die gerade die Violine ausgepackt haben, um den portischeadschen Trauermarsch zu begleiten.
Obwohl ich weiß, dass du es nicht tun wirst, hoffe ich immer noch, dass du dich noch meldest, mir zeigst, dass auch du schwach bist und mein Ego damit wieder aufbaust.
...
Tu es nicht.
...
Es wird nicht funktionieren.
...
Happy Birthday.