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Rückkehr

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14.11.2005
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Rückkehr

Der Klang des Weckers bohrt sich in meine Träume. Einige übriggebliebene, wirre Gedankenfetzen schwirren noch etwas um das kühle Piepen herum, unwillig den Platz zu räumen.
Ich überschreite die Linie, liege wieder in meinem Bett. Alles ist wieder da, steht an seinem Platz, so wie es sich gehört.
Ich liege noch etwas unwillig herum, wühle mich dann aus dem Bett, das mich vor dem Alltag schützt und stehe mitten drin, in der Welt.
Ein erneuter Kampf rüstet sich eigenständig, vermischt Erinnerungen mit gespiegelten Eindrücken und ist bereit, es mit dem Tag aufzunehmen, gleichgültig schließe ich mich ihm an. Eine Wahl habe ich nicht.

Ich beobachte ihn. Jeden einzelne seiner Atemzüge fange ich ein. Ich schmiege mich um ihn. Er kommt wieder. Immer wieder.
Aber ebenso oft verlässt er mich auch. Noch hat er es nicht verstanden, aber wir haben genügend Zeit.
Er wird es begreifen und dann wird er mich nie mehr verlassen. Ich warte auf ihn und werde ihn nicht drängen. Am Ende werden wir zusammen sein, das wissen wir beide.

Jeder Tag hat für mich dieselbe logische Reihenfolge. Ich hasse diese monotone Regelmäßigkeit und bin doch selbst nicht in der Lage sie zu durchbrechen.
Früher habe ich noch gekämpft. Mein Herz hat gegen geschlossene Türen gepoltert, wie ein erfolgloses Mitglied der Zeugen Jehovas: An jeder neuen Tür wurde es abgewiesen.
Und nach und nach wurde es kälter.
In Namibia dachte ich noch, ich könnte etwas bewegen. Ich war wirklich der Meinung, dass das was ich tat Sinn hatte!
Später wurde mir klar, dass ein paar Kinder, die lesen und schreiben können den Gang der Welt nicht umkehren.

Als ich mich anziehe, sehe ich das Fenster. Halb hinter dem Schrank versteckt, hätte ich es fast nicht bemerkt. Eine kleine Scheibe aus milchigem Glas. Verschwommene Umrisse bewegen sich dahinter. Es hat keine Bedeutung für mich, es wird nur ein neuer Teil meines Seins. Vielleicht war es ja auch schon gestern dort oder seit zwei Jahren und ist nie bis in mein Bewußtsein gekrochen. Durch die milchige Scheibe dringt ein käglicher Schimmer. Kein wirkliches Licht, nur eine Ahnung davon.
Helligkeit gibt es hier nur elektrisch und künstlich, von Menschen erzeugt.
Menschen wie ich, die ihre Aufgabe erfüllen und keinen Sinn darin wiederfinden.

Etwas wächst in mir. Ich sträube mich dagegen und noch habe ich genug Kraft, es nicht zuzulassen. Aber es ist stark und er hat es schon bemerkt. Noch misst er ihm keine Bedeutung bei.
Ich habe ihn schon fast soweit, dagegen kann es nichts tun. Er bleibt jedesmal ein bischen länger und geht unter inneren Kämpfen. Er möchte bleiben, bei mir.
Seine eigene Vernunft lässt nach, weil sie nicht mehr weiß, woran sie festhalten soll. Bald wird er sich von ihr trennen. Ganz und gar. Für immer.

Das Licht hat sich der Welt schon entzogen, als ich den Raum wieder betrete. Es war heute anstrengend, Menschen, Bewegungen und Töne haben an mir gezerrt.
Sinnlose Fragen nach ausruckslosen Zahlen schwingen in meinem Kopf nach. Statistiken und Kennzahlen habe ich irgendwie zusammengefegt, so dass sie den anderen gefallen. Wichtige Entscheidungen wurden getroffen, die für mich ebenso bedeutungslos sind wie die Menschen, die sie betreffen.
Dem Fenster schenke ich nur kurz Beachtung und denke mir nichts dabei, dass sich scharfe Konturen abbilden. Vielleicht habe ich sie schon gestern gesehen. Es ist da, genau wie ich. Mehr zählt in diesem kurzen Augenblick nicht.

Es wird größer und größer. Ich muss meine ganze Energie dagegen aufwenden. Ein ständiges Dehnen und Bohren durchströmt mich. Manchmal macht es sich nur durch fast unhörbares Knistern bemerkbar und manchmal rasselt es giftig und aggressiv wie eine Klapperschlange.
Noch hat es nicht gewonnen.

Der Wecker, schon wieder. Zu kurz ist der Schritt hinüber und zu schnell holt der Wecker mich zurück. Irgendetwas ist anders heute morgen. Ich bin mir nicht sicher, woran es liegt, spüle den Gedanken im Waschbecken hinunter. Zufällig wandert mein Blick zum Spiegel, ich habe schon seit langer Zeit nicht mehr hineingesehen aus Angst, ich würde es nicht ertragen.
Ich starre in die unbekannten, braunen Augen. Ihr Blick ist aggressiv, ich kann ihnen nicht standhalten. Aber ich weiß, dass sich Zerbrechlichkeit in ihnen versteckt hält und eine Spur Sanftheit, die weit zurück gedrängt wurde.
Mein Blick wandert zum Fenster. Es nimmt einen Großteil der Wand neben dem Schrank ein und die Scheibe wirkt leicht beschlagen. Umrisse von Häusern und ein schwacher Sonnenschein zeichnen sich dahinter ab.

Es durchzieht mich wie ein Geschwür. Lange werde ich nicht mehr standhalten können. Es beherrscht mich mit einem ununterbrochenen Dröhnen.
Ich muss mich jetzt ganz auf ihn konzentrieren. Er ist mein letztes Ziel.

Als ich zurück bin von meinem Streifzug durch den Tag, sehe ich aus dem Fenster, so, als wäre es ein alte, sich ewig wiederholende Gewohnheit. Es gibt viele Fenster, hinter den meisten ist es dunkel, hinter einigen brennt elektrisches Licht. Lange Zeit blicke ich hinaus. Nach und nach werden die Fenster dunkel, nur hinter einem sehe ich einen flackernden Schein. Jemand hat eine Kerze entzündet.

Zu stark ist es! Es dröhnt, hämmert und bohrt. Ich weiß nicht, wo er ist und was er tut.

Zufriedenheit breitet sich in mir aus, drängt die Melancholie ein Stück beiseite.
Zufriedenheit?
Oder doch nur ein seichter Anflug von Selbstbetrug?
Der ferne Schimmer einer Kerze trügt nicht. Und langsam nehme ich die neue Regung an.

Es ist vorbei.

Am morgen öffne ich das Fenster weit – noch ehe der Wecker mich in den Tag zwingt. Ich kann mein Gesicht sehen, gespiegelt im durchsichtigen Glas eines geöffneten Fensters. Ich sehe Augen, die Schmerz ausdrücken. Und ich sehe ein leichtes Funkeln, dass mich anspornt, die Herausforderungen des Alltags anzunehmen.

 

Herzlichen Willkomen auf KG.de
Kommen wir zu den unwichtigen Dingen hier auf kg, zum Text;)
Keine wirkliche Geschichte, vielmehr wird hier Jemand oder besser sein Leben vorgestellt.
Zum Inhalt: Tja, nicht wirklich mitreißend, nicht wirklich überraschend, keine Spannung so liest sich das Ganze, dann trotz der Kürze etwas zäh. Einfach nicht Interessant aber das kann auch an mir liegen ich steh nicht so auf diese grauen Alltagsbilder.
Was mich angesprochen und, mir gefallen hat, war der leicht lyrische Schreibstil am Anfang,wobei der dritte Satz nah am "reim dich oder ich fress dich"-Klischee vorbeigeht.
Insgesamt sind mir die Sätze jedoch zu lang, teils zu verworren, als dass sie den Lesefluss unterstützen. Lies dir das Ganze noch ma' laut durch und schau' ob du dann nicht einige auffällige Holpersteine wegräumen kannst.
Nicht aufgeben oder Entmutigen lassen.
Trau dich!
Man liest sich
Nice

 

Hallo Nice,

danke fürs Lesen und deinen Kommentar.

wobei der dritte Satz nah am "reim dich oder ich fress dich"-Klischee vorbeigeht

Das mit dem Reim war mir gar nicht aufgefallen und auch keine Absicht, aber jetzt merk ichs auch. :schiel:

Ich denke du hast recht, dass in der Geschichte einfach zu wenig passiert. Es ist mehr eine Entwicklung, als eine wirkliche Handlung.
Der Schwerpunkt sollte eigentlich auf dem Fenster liegen, dass sich quasi eigenständig im Raum entwickelt.

Das ist mir aber wohl nicht so recht gelungen.

Ich werd mal drüber nachdenken, wie es etwas spannender und handlungsreicher werden könnte.

Gruß, Negra

 

aus dem Bett, das mich vor dem Alltag schützt
Gefällt mir.
Ein erneuter Kampf rüstet sich eigenständig
Jemand kann sich rüsten, ein Kampf nicht.
Durch die undurchsichtige Scheibe
Da man zumindest verschwommene Umrisse durch die Scheibe erkennen kann, ist sie definitiv nicht undurchsichtig. Vielleicht milchig oder blind.
und bemerke nicht die Veränderung, die sich in seiner Gestalt vollzieht
Du schreibst in Ich-Perspektive und Präsens. Da kannst Du nicht schreiben, was die Figur nicht bemerkt.
spüle den Gedanken im Waschbecken herunter
hinunter
sehe ich aus dem Fenster, so, als wäre es ein alte, sich ewig wiederholende Gewohnheit. Es gibt viele Fenster
Hier besteht die Gefahr von Verwirrung beim Leser. Das eine Fenster ist ja milchig, man kann nicht wirklich durchgucken. Aus welchem sieht die Figur hinaus? Und von welchen Fenstern ist im nächsten Satz die Rede? Fenster anderer Häuser? Das ist mir etwas zu unklar.
Am morgen öffne ich das Fenster weit – noch ehe der Wecker mich zwingt. Ich kann mein Gesicht sehen, gespiegelt im durchsichtigen Glas
Wie spiegelt man sich denn in einem geöffneten Fenster?
Seit wann zwingt der Wecker zum Öffnen des Fensters? Er zwingt doch nur zum Aufstehen.

Ein schönes, positives Ende.

Aber insgesamt in den Details (siehe meine Anmerkungen) zu undurchdacht, unklare Bilder, und damit für mich fehlender Tiefgang.

Als erste Geschichte hier in Seltsam von Dir aber kein schlechter Einstand, da haben wir hier schon viiiiel schlimmeres gesehen ;)

Uwe
:cool:

 

Hallo Negra!

Auch von mir ein Willkommen!

Den Schwerpunkt, das Fenster, das sich eigenständig entwickelt, hast du doch ganz gut getroffen. Dennoch liest sich der Text etwas langweilig.
Meiner Meinung nach liegt das daran, daß du zu wenig über den Protagonisten sagst. Warum kommt er so schwer aus den Bett? Die Eintönigkeit seines Lebens, ja, aber darauf solltest du näher eingehen. Damit man sich besser in ihn hineinversetzen und dann auch seine Wandlung verstehen kann.

Auch die Welt in der er lebt, bleibt für mich unklar.
"Helligkeit gibt es hier nur elektrisch und künstlich, von Menschenhand erzeugt.
Menschen wie ich, die ihre Aufgabe erfüllen und keinen Sinn darin wiederfinden." - Ich frage mich, lebt er in einer zukünftigen Welt oder ist das nur symbolisch gemeint?

Oh, und übrigens, der Titel. Bezieht er sich nur auf die Rückkehr deines Protagonisten in das Zimmer? Oder symbolisch auf die Rückkehr ins 'echte' Leben?

Als Einsteigergeschichte gar nicht schlecht.

Grüße
Chris

 

Hallo ihr beiden,

ich habe die Geschichte nun noch etwas überarbeitet und eine zweite Perspektive eingebaut. Ich hoffe, dass es dadurch etwas spannender wird.

@Uwe:
danke für deine Tipps, ich habe die meisten davon aufgegriffen.
Der sich rüstende Kampf gefällt mir aber irgendwie in personifizierter Form. Und in der Scheibe eines geöffneten Fensters kann sich schon etwas spiegeln (hab ich grad mal ausprobiert :D )

@Chris:
ich habe nun noch ein bischen mehr über die Person geschrieben, allerdings keine ausführlichen Details. Das möchte ich bewußt nicht, weil es sich eigentlich um jeden handeln kann, der den Sinn im Leben verloren hat. Dafür muss es meiner Meinung nach auch keinen spezifischen Auslöser geben.
Der Titel meint übrigens die Rückkehr ins Leben.

Grüße, Negra

 

Hallo Negra,

ich kenne jetzt nur die neue Fassung deiner Geschichte.
Zum Ersten: Die Idee als solche finde ich interessant. Die Sache mit dem Fenster hast du schon gut umgesetzt und dein Schreibstil gefällt mir auch.

Trotzdem habe ich das Gefühl, dass deine Geschichte noch etwas krankt. Sie liest sich momentan relativ eintönig, dein Protagonist bleibt sehr blass und insgesamt bleiben zu viele Fragen ungeklärt.
Du solltest versuchen etwas mehr Spannung einzubauen, so dass man nicht gleich von Anfang an weiß, worauf es hinausläuft. Eine richtige Idee habe ich jetzt leider auch nicht.
Vom Prot. erfährt man nur, dass er offensichtlich Probleme hat in der realen Welt - auf ihn solltest du tiefer eingehen - wie wirkt sich das aus? Wie ist es dazu gekommen? Wie fühlt er sich dabei?
Insgesamt arbeitest du manchmal zu viel mit Andeutungen, die zwar auf der einen Seite geheimnisvoll sind, aber in deiner Geschichte aufgrund der Menge nervig sind, weil man sich eben alles selbst zusammenreimen muss. Klar, was ich meine?

LG
Bella

 

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