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Rücklichter
Metall kreischt. Unter mir. Die Lichter der Straßenlaternen fliehen wie Glühwürmchen in die Nacht. Hinter mir. Vor mir leerer Asphalt. Dunkle Häuser, rechts und links. Ein erleuchtetes Fenster schwebt in der Schwärze. Der Mond? Hängt im Rückspiegel, Dreck an den Scheiben. Vogelscheiße, Schmutz des Winters. Wenigstens kein Schnee mehr. Bald Frühling. Knospen, Blätter, Blüten. Sonne. Warm duftende Luft ...
Ein Passant winkt. Zurückwinken? Zu dunkel. Kann mich nicht sehen. Schon weg. Da hinten ein Kiosk. Nein, Kneipe. Kam der Kerl dort heraus? Ein Bier vorhin oder zwei? Eins am Anfang, das zweite ... Ja, zwei. Nicht viel. Trotzdem nicht erwischen lassen. Wie damals. Lange Busfahrten, Straßenbahn. Rentner, Hausfrauen, Schulkinder. Schrecklich. Schwarz gefahren. Der Kontrolleur war ein Arschloch. Kontrolle. Nicht um diese Uhrzeit. Nicht hier. Nur nicht zu schnell.
Schleifen. Wieder lauter. Vielleicht der Auspuff. Hing schon mal auf der Straße. Noch recht neu. Trotzdem wieder kaputt? Muss dringend in die Werkstatt. Kann ... will es nicht mehr hö... Radio. Nur Rauschen. Der Suchlauf läuft und läuft und läuft. Kein Empfang oder falsches Band? Egal. Lauter. Lautes Rauschen. Auch gut. Übertönt das Schleifen. Metall auf Asphalt. Eindeutig Auspuff. Was auch ... Rückspiegel leuchtet grell. Fernlicht. Wieder aus. An. Aus. An. Aus. Lichthupe. Meint der mich? Wahrscheinlich Funken am Auspuff. Ja, danke, weiß ich schon. Immer noch Lichthupe. Ist gut. Hab’s schon gemerkt. An. Aus. An. Aus. Übertreib’ es nicht. Ignorieren. Weiter.
Das Ortsschild glimmt gelb in der Dunkelheit und verschwindet. Rasende Bäume wachsen im Scheinwerferlicht und vergehen. Hinter mir. Vor mir Landstraße. Hundert jetzt, schneller. Das Schleifen wird lauter, kreischt. Was war das? Hupen? Radio leiser. Ja, Hupen. Immer noch hinter mir. Aufblenden, abblenden, hupen. Verdammtes Arschloch. Hör auf, sonst ...
Sirenen? Scheiße, hoffentlich ... blaues Blinken. Polizei. Vielleicht wollen sie nur ... wie konnten sie ... zwei Bier, nicht mehr. Kein Grund, um ... wollen bestimmt zum Einsatz. Ganz sicher. Licht ist an, nicht zu schnell. Ruhig. Das Blaulicht schert aus, überholt den Wagen hinter mir. Kommt näher. Fahne. Irgendwo noch Pfefferminz? Konzentration. Gerade fahren.
Der Mittelstreifen führt leuchtend in die Nacht hinein. Ein Seil. Nur nicht los lassen. Weiter nach unten. Immer weiter. Die Sirene. Kommt näher. Das Schleifen macht mich wahnsinnig. Weiter. Tiefer. Nur nicht zu schnell. Immer noch hundert? Besser siebzig. Blau blinkende Dunkelheit. Hinter mir. Anhalten? Fünfzig. Nicht zu schnell. Also warum?
Neben mir. Die Sirene brüllt. Kreischendes Schleifen. Gleich in die Werkstatt.
Vor mir. Rotes Starren. Bremslichter. Näher. Größer. Bremsen. Scheiße. Kupplung. Bremsen. Knapp.
Polizisten. Warum so hektisch? Warum ich? Sie kommen. Fenster runter.
„Steigen Sie aus dem Wagen.“ Der eine brüllt mir ins Ohr. Was ist los? Der andere kniet sich hin. Hose im Dreck der Straße, Kopf auf dem Asphalt. Taschenlampenlicht. Auspuff, ich weiß. „Verdammte Scheiße. Der Kleine klemmt noch unter dem Wagen.“ Wer? „Steigen Sie aus, verdammt.“ Die Tür ist verriegelt. Erfolgloses Rütteln. Wie im Film mit ... Hände ans Lenkrad. Highway, Autos, Cops. Nicht bewegen, Blick geradeaus. Was wollen Sie? Was ... „Das Fahrrad auch. Oh Gott, völlig verkeilt. Heilige Scheiße ...“ Er steht auf, beugt sich über den Straßengraben. Was sieht er? Sucht er?
„Großer Gott. Einen Krankenwagen. Ruf’ einen Krankenwagen.“ Würgendes Brüllen. Husten. Warum? Mir geht es doch gut. Besser einen Automechaniker. „Raus aus dem Wagen.“ Nicht bei der Kälte. Gas geben. Weiter. In die Nacht. Vor mir.