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Rüffel

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11.04.2005
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Rüffel

„Papa, darf ich Fußballspielen gehen?“
„Hast du schon die Hausaufgaben gemacht?“
„Ja klar!“ Peter fügte beinahe unhörbar hinzu: „Fast.“ Der Sohn stand in der Wohnzimmertür, die Fußballschuhe geschnürt, Rückennummer 13. Günther Klöbmann blickte streng hinter der aufgeschlagenen Tageszeitung hervor. „Was heißt hier ‚fast’?“
„Naja, Mathe ist erledigt, Bio auch. Ich muss nur noch eine Seite schreiben.“
„Was für eine Seite? Na komm schon, lass dir nicht wieder alles aus der Nase ziehen. Welches Fach?“
Fußballspielen konnte sich Peter abschminken, der Nachmittag war gelaufen. „Deutsch. Wir sollen eine lustige Kurzgeschichte schreiben.“
„Thema?“
„Ein Erlebnis aus den Ferien. Irgendwas.“
„Na, dann geh sofort hoch in dein Zimmer, setz dich auf den Hosenboden und schreib. Wenn du fertig bist, kannst du spielen gehen.“
„Ach, meia, ich hab aber keine Lust …“ Günther Klöbmann platzte der Kragen. „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!“ Jetzt wurde er so richtig laut. „Du schreibst jetzt sofort diese lustige Geschichte oder es knallt!“ Komisch, dachte Peter, Papas Rüffel knallten eigentlich nie. Er strich sich über den Haarschopf am Hinterkopf, während Mama Renate ein Staubtuch schwingend durch das Wohnzimmer tänzelte. „Reg dich nicht gleich auf, Schatzi. Wo du doch heute Urlaub hast. Hilf doch mal unserem Buben. In Deutsch ist er so schwach.“ Günther war noch immer auf Hundertachtzig und rang nach Luft. „Schwach in Deutsch? Peter ist Deutscher, da wird er ja wohl ein paar ganze Sätze halbwegs fehlerfrei … verdammte Scheiße, nie kann man mal in Ruhe seine Zeitung …!“

Klöbmann schob seinen Sohn die Treppe nach oben in das Kinderzimmer und bugsierte ihn auf seinen Schreibtischstuhl „Also, schreib’! Am besten erstmal die Überschrift. Wie heißt das Thema noch mal?“
„Eine lustige Kurzgeschichte.“
„Dann lass uns mal überlegen. Was Lustiges aus dem letzten Urlaub. Wie wär’s mit der Geschichte, als du beim Schwimmen im Meer auf den Seeigel gestiegen bist und wir tagelang die Stacheln aus deinem Fuß gezogen haben?“
„Das war aber nicht lustig.“
„Wieso nicht? Ich und Mama können heute drüber lachen. Oder fällt dir vielleicht was Besseres ein?“
„Als uns der Sprit ausging und du bei 40 Grad im Schatten zwölf Kilometer zur nächsten Tankstelle gelaufen bist, und die war zu. Und die andere war gleich um die Ecke, und die war offen.“
Peter bekam den ersten Rüffel des Tages in gewohnter Präzision mit der Handfläche über den Hinterkopf gezogen. „Aua!“
„Erinner mich bloß nicht daran! Ich hätte tot sein können in dieser Bullenhitze.“
Kurze Stille bis Günther triumphierend den Finger hob: „Das ist es: als die Mama eine Nacht lang im Gefängnis saß, weil ihr beim Juwelier versehentlich eine Halskette in die Handtasche gerutscht ist.“
„Au ja, Papa, und die haben gedacht, die Mama wollte sie klauen.“
Von unten drang eine schrille Stimme nach oben. „Hast du mich gerufen, Schatzi?“
Günther wandte genervt den Kopf Richtung Treppe. „Nein!“
Peter schrieb:

Wie die Mama fast eine Kette geklaut hätte.

Günther unterbrach. „Das kannst du so nicht schreiben. Das liest sich ja, als wie wenn sie die Kette wirklich klauen wollte. Also schreib: Wie die Mama fast versehentlich eine Kette geklaut hätte.
Renates Stimme von unten: „Schatzi, hast du was zu mir gesagt?“
Günther brüllte Richtung Treppe: „Nein. Und stör uns nicht dauernd! Wir schreiben hier eine lustige Geschichte, verdammt noch mal!“
Peter nutzte den kurzen elterlichen Disput für einen Blick aus dem Fenster. Da draußen spielten seine Freunde Fußball. Der Heiner war eine echte Null im Tor. Peter sah sich selbst in Gedanken im Strafraum lauern. Gleich kam die Flanke. Da flog der Ball heran, direkt in seine Richtung, er hatte eine ideale Position für ein geiles Kopfballtor! Peters Kopf schnellte nach vorne und... „Aua!“
„Konzentrier dich gefälligst und starre nicht zum Fenster raus! Also, wo sind wir?“
„Im Juweliergeschäft.“
„Dann schreibs halt endlich!“

Papa und ich und die Mama sind in ein Juweliergeschäft gegangen.

„Aua!“
„Juwellier mit zwei ‚L’!“
Peter war klar, warum Papa kaum noch Haare am Hinterkopf hatte. Den hatte wohl der Opa blitzblank gerüffelt. Er schrieb weiter:

Da lag eine goldene Kette, die vom Verkaufstisch runterrutschte.

Renate rief trällernd nach oben. „Schatzi, da ist der Paul am Telefon, ob du mitgehst in den Biergarten?“
Günther stand sofort auf und ging Richtung Treppe. „Schreib’ den Aufsatz zu Ende. Weißt ja jetzt Bescheid.“ Er verschwand zuerst nach unten und zwei Minuten später aus dem Haus. Peter sah seine Freunde Fußball spielen. Es war noch genügend Zeit, und er begann eilig zu schreiben.

Wie die Mama fast versehentlich eine Kette geklaut hätte.

Papa und ich und die Mama sind in ein Juwelliergeschäft gegangen. Da lag eine goldene Kette, die vom Verkaufstisch runterrutschte. Niemand hats gemerkt, nur ich. Ich habe die Kette aufgehoben und in Mamas Handtasche gesteckt, so dass ein Stück raushing. Als wir wieder raus wollten, kam die Polizei und hat die Kette aus der Tasche gezogen. Dann haben sie Mama mitgenommen. Alle haben rumgebrüllt. Das war lustig.

 

Hallo nictita,
ich bin begeistert von Deiner so "wahren" :) Geschichte über den Aufsatz des Bengels, dass ich es hinschreiben möchte.
Prima! Hat mir sehr gut gefallen - besonders der Schluss, da wusste man, dass da noch der Hammer nachkommt. :)

LG KaLima

 

Hi nictita,

sorry, ich finde das ja mal so gar nicht lustig :confused:
Der Anfang, Thema Schreibblockade neu umgesetzt, hat mir gefallen. Aber sonst ... und die Pointe ist mMn keineswegs ein Hammer.

Sorry. Aver ich weiß ja, dass du es viel besser kannst :)

Tserk

 

Hallo KaLima und vielen Dank fürs Lob.

Hallo Tserk, sorry, dass ich dieses Mal Deinen Geschmack nicht getroffen habe, wo mir doch immer sehr viel an Deiner Meinung gelegen ist :heul: . Nein, ich gelobe jetzt keine Besserung, höchstens mehr Abwechslung.

Hallo Zerbrösel-Pistole, danke fürs "gut geschrieben". Weiter habe ich vorsichtshalber mal nicht gelesen, weil dann sowas ähnliches kam wie ein "aber" ...

Na gut.

"Genickbruch": Für jede Humor-Story lässt sich natürlich irgendein Witze-Genre finden, das dazu passen würde. Ich persönlich kann über Witze lachen, kann mir aber keine merken und wenn, dann versaue ich immer die Pointe. Die übrigen Anregungen sind sehr anregend und lassen gerade eine Geschichte in mir reifen. Da werden wir uns bei Horror wiedersehen (dauert aber noch):aua: , mein Lieber!

Grüße, nic

 

Hi nictita!

Eines kann man mit Sicherheit sagen: Zum Schmunzeln ist die Geschichte wirklich. Eine ironische Alltagsbetrachtung zum Thema Humor.
Was finden Leute komisch? Nun, hier scheint es vor allem der Schaden der anderen zu sein. Kennen wir ja irgendwo alle, nicht? :D

Gefallen haben mir besonders die Passage, wo sie über den Inhalt der lustigen Geschichte "diskutieren", der Spruch mit "Juwelier mit zwei L", aber auch der Schluss. Verarscht der Kleine doch tatsächlich seine Mami. Hehe.

In puncto Rechtschreibung scheinst du aber ein Problem mit Deppenapostrophen zu haben:

Na kommschon, lass

gehsofort hoch in dein Zimmer, setzdich auf den Hosenboden und schreib.

Sowas wirkt auf einen Ästheten der Sprache wie mich besonders unschön. Wollte ich nur mal angemerkt haben. :bib:

Dafür scheinst du sie an anderen Stellen gern zu vergessen:

Niemand hats gemerkt, nur ich.

Sonst hab' ich nicht's zu meckern. ;)

Ciao, Megabjörnie

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Megabjörnie,

In puncto Rechtschreibung scheinst du aber ein Problem mit Deppenapostrophen zu haben:

zuerst mal danke für die Blumen (die anderen mein' ich ;) ). Ich kann jedoch den Fehler nicht entdecken. Ich habe das gerade mal mit Deiner Geschichte "Flirt in der Kneipe" verglichen. Absolut identische Häkchen oben dran.
Ich habe beim Schreiben in Word auch immer brav die echte Taste mit dem echten Apostroph benutzt (unten links neben der Enter-Taste). Beim Kopieren in kg.de sind dann die jetzt sichtbaren Zeichen entstanden.
Ich habe den Text jetzt nochmal editiert und manuell die erste Stelle neu apostrophiert. Ergebnis: sieht tatsächlich anders aus.

Das letzte Zitat "Niemand hats gemerkt" ist wiederum zitiert aus dem Aufsatz des Knaben, der schreibt auch Juwelier mit zwei "L" ...

Besten Gruß,
nic

P.S:

Sonst hab' ich nicht's :Pfeif: zu meckern

 

Niemand hats gemerkt, nur ich.
Der Duden gewährt Entscheidungsfreiheit, "hats" und "hat's" ist beides korrekt.
Sonst hab' ich nicht's :Pfeif: zu meckern
nictita, du verstehst doch sonst soviel Humor. Beachte Mbs Zwinkersmilie ;)

Tserk

 

hab ja nur zurückgepfiffen um zu zeigen, dass ich ein echter Humorversteher bin.:D

So, jetzt habe ich hochoffiziell bei canoonet nachgeschaut - da kommt fast nirgends ein Apostroph hin.

Erstaunlich, nic

 

Hallo nictita

Ja, so unlustig ist sie auch wieder nicht. Zwar nicht der Hammer, aber doch etwas zum Grinsen.
Mir hats gefallen. :) Etwas Nettes für zwischendurch und das wars auch schon. :Pfeif:

Cu J:baddevil:

 

Hallo nictita,

ja, nette kleine Geschichte. Ich finde du hast den Vater und auch das Kind gut charakterisiert. Auch die Mutter mit ihrem ewigen Generve, ob sie nicht gemeint sei fand ich gut und passte in das Bild. Allerdings, so irre komisch fand ich die Geschichte auch nicht. Zum Schmunzeln alle mal, vor allem als der Junge das mit der Tankstelle erwähnte, aber eben auch nicht die großen Schenkelklopfer.
Alles in allem eine gute kleine Geschichte für zwischendurch.

Gruß
Lemmi

 

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