Raucherecke
Sie steht neben mir und schaut auf die andere Straßenseite, während ich mir meine Zigarette anstecke. Eigentlich habe ich aufgehört, rauche nur noch in der Schule. Meine einzige Möglichkeit irgendwie den Kontakt zu ihr zu halten, mal ein paar Worte und ein Lächeln von ihr geschenkt zu bekommen.
Erbärmlich das Glücksgefühl, das sie mit dem Nachobenziehen ihrer Mundwinkeln bewirkt, denn was ist ein Lächeln wert, wenn es nur halbherzig hervor getragen, und – sie differenziert nicht sonderlich – jedem ixbeliebigen Menschen entgegen gebracht wird, der mit ihr ins Gespräch kommt.
Ich bin für sie nichts Besonderes, das vergesse ich selbst in den etlichen Tagphantasien nicht. Ich bilde mir ein charmant zu sein, aber ihre Reaktion lassen sich nur dahin gehend deuten, dass sie mich für etwas eigenartig hält.
Wie ich dieses Adjektiv verachte!
Besitzt nicht jeder seine kleinen Eigenheiten?
Nun gut, vielleicht ist es auch mein bescheidenes Äußeres, das das Wirken meiner Art neutralisiert.
Sie fragt mich etwas. Es dreht sich um den Unterricht. Eine Frage gesagt, um die aufkommende peinliche Stille zu zerstören.
Ich gebe ihr eine Antwort, hänge eine – wie ich meine - spitzfindige Anmerkung hinten dran und lächele. Eine unbedeutende Information ist übermittelt.
Doch über welche Themen sollten wir uns schon unterhalten? Wir in unsrer Verschiedenheit. Ein trübes Gemüt wie ich, das nur allzu lieb den Sarkasmus begrüßt, steht einem gegenüber, das – wenn auch nicht frei von Sorgen – allzu banal und naiv denkt. Die Erzählung ihrer Fahrprüfung ließ sie gestern fast in einen Rausch verfallen. So hätte ich über die Frage diskutiert, ob ich mich als nicht hungern müssender, im Frieden aufgewachsener Junge beklagen darf, ohne vor einer höheren Existenz zu sündigen.
Simbabwe, Konzentrationslager im Hinterkopf.
Sie wippt ungeduldig mit dem Fuß.
Mit wem ständest du jetzt lieber hier?
Die Flügeltüre des Hauptgebäudes wird aufgestoßen und zwei Mädchen aus der Parallelklasse treten ins Sonnenlicht und kommen auf die Raucherecke zu.
Ich sehe zu ihr.
Sie hebt ihnen die Hand zum Gruß und ruft ihre Namen.
Mir kommt es vor, als wäre sie fast erleichtert. Aufmerksamkeit bekomme ich keine mehr.
Jetzt habe ich meine Antwort.