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Raum 1408
Im Aschenbecher glomm eine Zigarette, von der eine schmale Rauchfahne,
im Zimmer 1408 des verlassenen Wohnblocks, nach oben zog. Die einzigen Möbel waren ein verschmutzter Tisch und ein verblichener Stoffsessel mit Brandflecken auf den Armlehnen.
Es war nur ein Job.
Fünfzehn Riesen für zwei Wochen Arbeit, waren schnelles Geld. In einer Welt ohne Rücksicht und Toleranz kam es au fein paar selbstsüchtige Individuen mehr oder weiniger nicht an.
Fredric O´Neill lebte schon immer auf sich allein gestellt. Natürlich hatte es Zeiten gegeben, in denen er trotzdem das versucht hatte, was allgemein unter dem Begriff „soziale Integration“ bekannt war. Doch das Leben wollte es anders. Laut eines psychatrischen Gutachtens, war es nicht zu verantworten, O´Neill den Dienst an der Waffe zu leisten zu lassen.
Die wenigen Personen, die er als seine Freunde zu bezeichnen gewagt hätte, mieden ihn nun. Doch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten wird nicht nachgefragt, warum sich ein Farmer ein Scharfschützengewehr kauft, wenn er es bezahlen kann.
Spuren hinterließ er nie; Kontakt zu Klienten hatte er nur übers Internet. Schon bald sprach es sich bei diversen Organisationen herum, dass O´Neill ein Mann der Tat war. Zwei Wochen nach dem Auftragseingang war der Job erledigt. Ein einzelner Schuss; das Rad der Zeit abrupt zum Stehen gebracht.
Dieses Mal war ein Auslandsspion. O´Neill hatte sich das Aussehen genauestens eingeprägt. Alles Weitere, Familienstand, Alter und Ansehen waren irrelevant.
19.03 Uhr:
Er war nun schon drei Minuten überfällig. O´Neill schnaubte verächtlich. Er wollte es zu Ende bringen. Den Lauf des Gewehres auf den Fenstersims aufgelegt, beobachtete er durch das Objektiv das Zielgebiet. Er müsste schon hier sein …
Die Abendsonne erleuchtete das gegenüberliegende Gebäude, so dass O´Neill jedes Detail der Drei-Zimmer-Wohnung durch das Objektiv erkennen konnte. Aus dieser Entfernung saß der Schuss sicher.
19.07 Uhr:
O´Neill griff, ohne den Blick vom Objektiv zu nehmen, zu seinen Zigaretten und angelte eine aus der Packung ...
19.09 Uhr:
Die Zigarette war geraucht, der Filter lag noch qualmend zu Füßen O´Neills.
Plötzlich eine Reflexion zwei Stockwerke über dem Zielgebiet. Als Scharfschütze lernt man, sie zu fürchten. Reflexionen bedeuten, dass es noch jemanden in der Nähe gibt.
Im Fall von O´Neill bedeuteten sie seinen Tod. Es war eine simple Falle gewesen. Sekunden bevor die Kugel seinen Schädel zertrümmerte, erkannte O´Neill, dass die Reflexion von einem anderen Visier stammte.
19.14 Uhr:
Drei unauffällig gekleidete Gestalten betraten Raum 1408 und begutachteten O´Neills Leichnam eingehend
„So sieht er also aus“, sagte der erste.
„Kann uns doch egal sein. Wir haben ihn hergelockt und erledigt.“, antwortete der zweite der Männer.
Der Dritte nickte; „Der Job ist erledigt. Lasst ihn verschwinden und räumt auf, wir müssen los!“