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Robert

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09.11.2009
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Robert

Robert steht auf dem Bahnhofsvorplatz. Menschen strömen um ihn herum. Mehrmals wird er angerempelt. Keiner entschuldigt sich, viele schimpfen, dass er im Wege steht.
Robert dreht sich im Kreis, hält Ausschau.
Vorgestern hat er auch Ausschau gehalten. Hat gewartet. Auf den richtigen Moment, die richtige Frau, die richtige Tasche. Darin ist er Meister. Das kann er, die Anerkennung der anderen war ihm stets gewiss.
Auch gestern. Kevin klopfte ihm auf die Schulter, Flori pfiff durch die Zähne.
„Das sind hundertfünfzig Euro!“ Nadine nahm die Scheine aus der Börse, warf den Beutel dann achtlos weg, die Tasche schwamm längst den Fluss hinunter.
Der Nachmittag war toll. Zwei Kinofilme hatten sie sich angeguckt. Der eine war zwar erst ab sechzehn, aber Nadine hatte, stark geschminkt, die Karten für alle geholt.
„Kein Problem, Jungs!“ Sie wedelte mit den Karten und kurz darauf saßen sie im Dunkeln, jeder einen Eimer Popcorn und eine Riesencola auf dem Schoss. Als sie satt waren, bliesen sie das Popcorn mit den Trinkhalmen an die Decke des Kinos.
Robert lachte, sonnte sich in seinem Heldentum.
Die Farbe der Handtasche, das Gefühl des kratzigen Wollmantels am Arm, das Gesicht der alten Frau, all das war längst verschwunden. Hätte man ihn danach gefragt, er hätte die Schultern gezuckt.
Jetzt steht er wieder auf dem Bahnhofsplatz. Diesmal allein, seine Freunde sind in der Innenstadt.
Gestern Abend, als er nach Hause kam, hatten seine Eltern vor dem Fernseher gesessen. Seine Mutter hatte sich kurz rumgedreht, irgendetwas vor sich hingemurmelt, dann wieder auf das Filmern des Bildes gestarrt. Robert hatte sich eine Cola geholt, wollte sich zu den beiden setzen.
„Schuhe ausziehen!“, brummte ihn der Vater an.
Robert guckte auf die schwarzen Schuhe an den Füßen des Vaters. Er wollte etwas sagen, der Vater zischte ihn an:
„Na, wird`s bald!“
Robert zog die Schuhe aus, ließ sie achtlos unter dem Wohnzimmertisch fallen. Die Mutter griff zu einer Zigarette, zündete sie an.
„Wird Zeit, dass du kommst.“, sagte sie ohne den Blick vom Fernseher zu wenden. Sie schob Fernsehzeitung, Gläser und Anderes auf dem Tisch hin und her, fand den vollen Aschenbecher zwischen Papiertaschentüchern und Schokoladenpapier.
Robert guckte auf den Fernseher, ließ die Bilder irgendeiner Nachrichtensendung vorbei ziehen. Hörte mit halben Ohr den Kommentaren von Vater und Mutter zu.
Er war fast eingedöst, als etwas seine Aufmerksamkeit anzog. Eine alte Frau war überfallen worden.
`Na, und, was denn?, dachte Robert, `die hat doch bestimmt genug Kohle, so wie die aussieht`.
Er blickte auf das Bild der alten Frau.
`Sieht aus, wie alle. Gibt es viele von.` Er nahm einen Schluck Cola.
Das Bild verschwand, ein Sprecher in einem Fußgängertunnel tauchte auf, erzählte vom Überfall auf die alte Frau. Robert blieb unberührt.
`Soll sie halt nicht da durchgehen mit Kohle in der Tasche.`
Zeugen wurden befragt, schilderten, wie der alten Frau die Tasche entrissen wurde. Von einem Jugendlichen. Robert wurde aufmerksam.
„Der war höchstens vierzehn, fünfzehn Jahre alt. Hat die arme Frau am Arm gepackt, ihr die Tasche weggerissen und ist da runter gerannt!“
Ein Mann zeigt den Tunnel entlang.
Robert blickt stumm auf den Fernseher.
„Die Frau hat sich erst an die Wand gelehnt, dann ist sie einfach umgekippt. Ich habe sofort den Notarzt gerufen!“ Eine Frau weint in die Kamera.
„Aber, als der Arzt kam, war sie schon tot. Die ist vor Schreck einfach tot umgefallen.“
Robert wurde heiß. Er sah sich den Bericht genau an. Sah, dass es eine andere Stadt war. Sah, dass der Fußgängertunnel ganz anders war, mit vielen unbekannten Geschäften. Er war größer, neuer schöner.
Unser Tunnel ist klein, dreckig beschissen und bepisst``, dachte er. Harnröhre nannten sie ihn.
`Das ist eine andere Omi! Meine hat hinter mir her geschrieen!`
Und mit einem Mal sah er die Frau vor sich. Einen roten Mantel hatte die angehabt. Und ihre Haare waren gar nicht grau gewesen, blond, obwohl sie doch schon alt war. Jetzt hörte er, was die Frau geschrieen hat:
„Du dreckiger Verbrecher, du gehörst ins Gefängnis! Bleib sofort stehen!“
Er stand auf, ging in seine Zimmer, guckte dort lange aus dem Fenster. Wieder und wieder sah er seinen Überfall. Dachte an das, was in der anderen Stadt passiert war. Was wenn seine Frau auch tot war, nur später vielleicht?
Jetzt steht er da, wo er sich gestern als Held gefühlt hatte.
Seinen Freunden ist er aus dem Weg gegangen. Sie haben ihn nicht vermisst. Er stand hinter einem Baum und sah sie gehen. Keine zehn Minuten haben sie gewartet, gestern. Heute sind sie sofort weiter gegangen.
Jetzt steht er auf dem Bahnhofsplatz, wartet auf die Frau, weiß nicht warum. Zweimal schon hat er gedacht, da ist sie. Dann war er sicher, sie hat anders ausgesehen. Nicht so gebeugt, wie die eine, nicht so groß, wie die andere.
`Sehen doch nicht alle gleich aus!`, denkt er, versucht sich seine Großmutter vorzustellen. Eine hat er noch. Er kann sich nicht an sie erinnern, hat sie das letzte Mal als Kindergartenkind gesehen. Dann haben sich die Eltern mit ihr zerstritten.
Da, das ist sie wirklich. Das ist die Frau von gestern. Heute zieht sie eine Einkaufskarre hinter sich her, unter dem Arm trägt sie eine andere Tasche, hält sie heute ganz fest an sich gedrückt. Langsam kommt aus dem Bahnhof schaut hin und her. Dann wählt sie einen anderen Weg, geht nicht durch den Fußgängertunnel, geht außen herum, auch, wenn es weiter ist.
Die Frau geht dicht an den Wänden des Bahnhofsgebäudes vorbei. Die Tasche unter dem Arm, der bleibt dicht an der Hauswand, dann über die Straße, folgt der Straße bis zur großen Kreuzung.
`Hier könnt ich ihr die Tasche noch besser entreißen, kein Mensch weit und breit!`, denkt Robert, grinst für einen Moment, dann wird er rot.
Sie müssen an einer Ampel stehen bleiben. Robert merkt, dass die Frau ihn von der Seite mustert. Ja, sie ist es . Sie hat den gleichen roten Mantel an.
Sie blickt Robert prüfend an, streicht eine Haarsträhne hinter das Ohr, guckt wieder gerade aus auf das Ampellicht. Robert zieht die Kapuze seines Pullovers über den Kopf.
In der Fußgängerzone dreht sie sich mehrmals um. Schließlich bleibt sie stehen.
Robert geht auf sie zu, zögert.
„Hallo, kann ich ihnen helfen, vielleicht ihre Karre ziehen...“
Er will weiter sprechen, da kracht die Handtasche der alten Frau auf seinen Kopf. Einmal, zweimal, er spürt eine Metallschnalle an der Schläfe, duckt sich weg, beim dritten Mal trifft sie nur noch seine Schulter. Er sinkt nieder, sitzt am Boden, hält die Hand an den Kopf, spürt sie nass werden.
Die Frau guckt ihn böse an. Robert sieht, dass sie ihn auch erkennt. Dann geht sie wortlos weiter.
Menschen drängen sich um Robert. Jemand kniet neben ihm, zieht ein Taschentuch heraus, drückt es an seine Stirn.
„Die Alte ist wohl vollkommen verrückt geworden!“
„Beginnt einfach aus heiterem Himmel auf den Jungen ein zuhauen!“
„Ist jemand hinter der her!? Die muss doch festgehalten werden!“
Robert hörte empörte Stimmen um sich herum.
„Lasst sie. Ist schon gut!“, sagt er.
Er spürt etwas über sein Gesicht laufen, denkt, Blut, will es wegwischen. Merkt, es sind Tränen. Eine fremde Frau hält ihn in den Armen.
Tränen, immer mehr Tränen laufen über sein Gesicht. Er weint zum ersten Mal seit Jahren.

 

Hallo Luisa,

und herzlich Willkommen im Forum!

Dein Einstige hat mir gut gefallen. Besonders mochte ich die Szene, als Robert nach Hause kam. Die hatte für mich eine stark bedrückende Intensität.

Für mich liest sich die Geschichte sehr rund und sauber, außer das Ende:

Er spürt etwas über sein Gesicht laufen, denkt, Blut, will es wegwischen. Merkt, es sind Tränen. Eine fremde Frau hält ihn in den Armen.
Tränen, immer mehr Tränen laufen über sein Gesicht. Er weint zum ersten Mal seit Jahren.

Da drückst Du mir im wahrsten Sinne des Wortes zu sehr auf die Tränendrüse. Da wird es irgendwie - gewollt schwermütig, wenn man das so sagen kann. Für mich könnten die dicken Sätze auch weg. Das er nicht der Heultyp ist, kommt für mich auch so raus - aus dem, was Du über ihn sagst.
Und das da ein Tränchen was besonderes ist, das spürt man schon ;).

Für die Optik finde ich `Gedanken` irgendwie befremdlich, klar kann man machen, aber kursiv oder 'Gedanken' empfinde ich augenfreundlicher.

Sehr gern gelesen.

Viel Freude Dir hier bei uns, Lesen, Schreiben, Kommentieren - all das steht im Menü!

Beste Grüße Fliege

 

Danke

Danke für die freundliche Aufnahme und für Deinen Kommentar.
Jetzt, wo Du mich auf den Schluss hin gewiesen hast, sehe ich es ebenso. Ich werde die Streichung vornehmen.
Gruß, Luisa

 

Hallo Luisa,

zuerst mal ist mir aufgefallen, dass Du Deine Geschichte zweimal untereinander gepostet hast. Am Ende habe ich mich gewundert, dass es wieder von vorne losging. Das solltest Du dringend ändern.

Ansonsten fand ich die Geschichte recht lesenswert. Ein Gauner, der nach einem Bericht im Fernsehen Mitleid empfindet und seinem Opfer vom Vortag helfen, etwas wiedergutmachen will.
Gute Idee, gefällt mir, gibt's leider viel zu selten. Bei den Straßenräubern und Taschendieben in den Innenstädten und Unterführungen heutzutage herrscht leider mehr Skrupellosigkeit vor.

Ich finde, Du hast das gut umgesetzt. Die Geschichte liest sich rund, ich hatte nirgends einen Stolperer drin, nur am Ende, siehe oben.

Herzlich Willkommen auf KG.de und liebe Grüße
Giraffe :)

 

Hallo Luisa,

Die Frau geht dicht an den Wänden des Bahnhofsgebäudes vorbei. Die Tasche unter dem Arm, der bleibt dicht an der Hauswand, dann über die Straße, folgt der Straße bis zur großen Kreuzung.
Den Satz fand ich schwierig zu lesen.

Hat er wirklich Mitleid?, ich glaube nicht. Er ist nur schockiert, er will wissen, ob sie lebt. Sein Gewissen würde einen Mord nicht ertragen, aber der Diebstahl kümmert ihn nicht.

Er ist einsam, hat Freunde, die ihn nur ausnutzen, eine Familie, die wohl nicht gerade das wahre ist, und in den Arm genommen zu werden, ist wohl ein besonderes Erlebnis, das zugleich sein Gewissen noch mehr belastet, schließlich kennt er die Wahrheit, warum er mit der Tasche geschlagen wurde, die anderen nicht.

Ich finde Sie gut, sie hat was realistisches, da kann sich der eine oder andere sicher mit Robert identifizieren.

@giraffe: Ich glaube, dass Straßenräuber und Taschendiebe schon immer skrupellos waren, oder haben die früher die Beute zurückgebracht? (nur ein Scherz, nicht böse sein xD ).

LG
Ein Vagabund

 

Hallo Luisa,


Den Satz fand ich schwierig zu lesen.

Hat er wirklich Mitleid?, ich glaube nicht. Er ist nur schockiert, er will wissen, ob sie lebt. Sein Gewissen würde einen Mord nicht ertragen, aber der Diebstahl kümmert ihn nicht.

Er ist einsam, hat Freunde, die ihn nur ausnutzen, eine Familie, die wohl nicht gerade das wahre ist, und in den Arm genommen zu werden, ist wohl ein besonderes Erlebnis, das zugleich sein Gewissen noch mehr belastet, schließlich kennt er die Wahrheit, warum er mit der Tasche geschlagen wurde, die anderen nicht.

Ich finde Sie gut, sie hat was realistisches, da kann sich der eine oder andere sicher mit Robert identifizieren.

@giraffe: Ich glaube, dass Straßenräuber und Taschendiebe schon immer skrupellos waren, oder haben die früher die Beute zurückgebracht? (nur ein Scherz, nicht böse sein xD ).

LG
Ein Vagabund

Hallo, danke für deinen Kommentar.
Das zweimal Einsetzen war natürlich ein technischer Fehler von mir! Ich verbessere das.
Luisa

 

Hallo Luisa,

herzlich willkommen hier - so trifft man sich wieder! Ich bin die helga von der anderen Seite...

Mir hat dein Text auch sehr gut gefallen. Nur, was ich nicht verstanden habe - wieso hats du einen ganz großen Teil ab da, wo er im Menschengedränge steht und sich an die Anerkennung seiner Freunde und seine Heimkehr erinnert, komplett nochmal reingesetzt? Erst dachte ich, das ist ein Stilmittel, du spielst verschiedene Varianten durch, aber dann endet er wieder genauso- die ursprünglich Überfallene schlägt ihn mit der handtasche, er weint...

War das ein versehen? Die Geschichte ist spannend erzählt und man kann sich gut in den kleinkriminellen Jugendlichen einfühlen, ob einem das passt oder nicht. Du hast da ein sehr heißes Eisen aufgegriffen. Sehr gut gelungen!

Viel Spass hier auf dieser Seite weiterhin! Wir sehen uns am Freitag.

LG venusBonn

 
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Hallo Venus-Helga. Danke fpr deinen Kommentar. Das zweimal Einstellen war natürlich ein techischer Fehler,
lag vielleicht daran, dass hier noch nicht so zu Hause bin.
Gruß, Luisa

Hallo Luisa,


Den Satz fand ich schwierig zu lesen.

Hat er wirklich Mitleid?, ich glaube nicht. Er ist nur schockiert, er will wissen, ob sie lebt. Sein Gewissen würde einen Mord nicht ertragen, aber der Diebstahl kümmert ihn nicht.

Er ist einsam, hat Freunde, die ihn nur ausnutzen, eine Familie, die wohl nicht gerade das wahre ist, und in den Arm genommen zu werden, ist wohl ein besonderes Erlebnis, das zugleich sein Gewissen noch mehr belastet, schließlich kennt er die Wahrheit, warum er mit der Tasche geschlagen wurde, die anderen nicht.

Ich finde Sie gut, sie hat was realistisches, da kann sich der eine oder andere sicher mit Robert identifizieren.

@giraffe: Ich glaube, dass Straßenräuber und Taschendiebe schon immer skrupellos waren, oder haben die früher die Beute zurückgebracht? (nur ein Scherz, nicht böse sein xD ).

LG
Ein Vagabund

Hallo, danke für den Kommentar. (War übrigens der gleiche Satz, den mein Schatzi kritisiert hatte - ich merke immer mehr, dass ich mich auf ihn verlassen sollte!)
Natürlich waren Ganoven immer "böse". Ich hoffe, dass ich mit einer solchen Geschichte etwas Verstädnis für die Hintergründe schaffen kann.
gruß und kein Stück böse, Luisa

* *

Liebe Luisa,

bitte auf mehrere Kommentare in einem Posting antworten.

Lieben Gruß Fliege

 

Hallo Luisa,

herzlich willkommen im Forum!

Deine Geschichte ist angenehm zu lesen, fast ein wenig distanziert wird über Robert berichtet. Der Titel verrät nichts über die Handlung, in jede Richtung kann sich der Inhalt erstrecken, langsam kristallisiert sich dann heraus, um was es bei Robert geht.
Gut finde ich auch, dass die Eltern zwar nicht sehr auf Robert eingehen, aber auch nicht als völlig asozial (oder schlimmeres) beschrieben werden, selbst in einer ‚normalen’ Familie kann es ‚Roberts’ geben.
Ebenso ansprechend: Die im Fernsehen gezeigte Frau ist nicht die von Robert überfallene, das wäre zu einfach gewesen.
(Wobei ich den Begriff „Omi“ – „`Das ist eine andere Omi! Meine hat hinter mir her geschrieen!`“ unpassend finde, er ist eher eine liebevolle Verniedlichung).

„Er will weiter sprechen, da kracht die Handtasche der alten Frau auf seinen Kopf. Einmal, zweimal, er spürt eine Metallschnalle an der Schläfe, duckt sich weg, beim dritten Mal trifft sie nur noch seine Schulter. Er sinkt nieder, sitzt am Boden, hält die Hand an den Kopf, spürt sie nass werden.“

Hier fehlt mir die Beschreibung seiner Emotionen, wäre wichtig als Vorbereitung auf das Weinen.

Noch einige Kleinigkeiten:


„Na, wird`s bald!“

„Na, wird’s bald!“

wieder auf das Filmern

Flimmern


`Na, und, was denn?, dachte Robert, `die hat doch bestimmt genug Kohle, so wie die aussieht`.


‚Na, und, was denn?’, dachte Robert, ‚die hat doch bestimmt genug Kohle, so wie die aussieht’.


„Hallo, kann ich ihnen helfen, vielleicht ihre Karre ziehen...“


ziehen …“

L G,

Woltochinon

 

Danke für Deinen Kommentar, ich denke, dass ich deine Anregungen in die Überarbeitung einfließen lasse.
Gruß, luisa

 

Hallo Luisa Wald,

wenn die Welt uns nicht gefällt, schreiben wir sie uns eben schön. Dabei gehen wir noch nicht mal das Risiko ein, jemand könnte uns Realitätsferne vorwerfen, denn wir zeigen die Grausamkeiten ja.
Deine Geschichte gehört für mich zunächst mal nicht in die Rubrik Gesellschaft sondern in die Rubrik Jugend. Dies nicht, weil der Protagonist ein Jugendlicher ist, sondern weil die dargestellte Erlebniswelt in ihrer geringen Differenzierung die eines Jugendlichen ist.
Im Grunde ihres Herzens gute krimininelle Kinder/Jugendliche, die sich der Widrigkeiten des Lebens erwehren, in diesem Fall gleichgültigen Eltern, natürlich Raucher mit vollem Aschenbecher, vor der Glotze hängend, dieses Mal Schokolade statt Chips. Autoritär in den Anordnngen, die sie selbst nicht befolgen. Es jagt ein Klischee das nächste. Das kann man so machen. Corinna Funkes "Herr der Diebe" nutzt diese Klischees auch, sogar noch krasser - nur, ist es eben ein Buch für Jugendliche und Kinder, zu deren Erlebniswelt nun mal auch die Überhöhung "boshafter Erwachsener" gehört.
In einer Kurzgeschichte wird es problematisch, die Läuterung vorzubereiten. Entsprechend unvermittelt zeigt sie sich hier. Ein Beitrag in den Nachrichten (Immerhin sehen diese gleichgültig autoritäten Eltern noch Nachrichten), zunächst in hartem Egoismus von Robert kommentiert, macht ihn später doch nachdenklich. Das mag an der Gewissensspaltung liegen, nach der eine Tat wie Taschendiebstahl noch in Ordnung ist, ein Gewaltverbrechen jedoch nicht. Zwingend geht das aus deiner Geschichte nicht hervor. Was lässt ihn umdenken? Die Angst vor Konsequenzen vielleicht? Was, wenn er mal ertappt und verhaftet würde, was, wenn in den Nachrichten vielleicht ein Hinweis käme, der jugendliche Täter hätte Spuren hinterlassen?
Der Prozess, durch den sich Roberts Härte so wandelt, dass er die Schläge der Frau als "gerecht" empfindet, erscheint mir nicht glaubwürdig, sondern nur als Wunschtraum, als von der Autorin nach eigenen Bedürfnissen gebeugtes Ende sozusagen.
Ich habe nichts gegen diese Läuterung, auch nichts dagegen, sich die Welt, die mir nicht gefällt, schön zu schreiben. Ich empfinde es hier nur nicht als glaubwürdig, da die Geschichte nicht zu diesem Ziel strebt, sondern dahin gebogen wird.

Details:

dann wieder auf das Filmern des Bildes gestarrt.
Da, das ist sie wirklich. Das ist die Frau von gestern.
wenn seine Freunde einmal nach zehn Minuten, einmal gleich gegangen sind, muss der Überfall länger her sein.
Das Problem liegt im Satz zuvor, der Widerspruch in "gestern noch Held" und diesen zwei Reaktionen der Freunde. Da kommt die Rückblendentechnik etwas durcheinander.

Lieben Gruß
sim

 

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